Anzeige

ESP LTD B-204SM FL Test

Der ESP LTD B-204SM FL Fretless Bass im bonedo-Test – Mit Fretlessbässen ist es so eine Sache. Irgendwie gehören sie zum festen Repertoire eines Bassisten, denn sie eignen sich hervorragend für das gewisse Extra, die ans Herz gehende Ballade, das außergewöhnliche Intro oder ein spezielles Solo. Aber sehr selten verschreibt man sich voll und ganz der bundlosen Kunst, und für den gelegentlichen Gebrauch kann der tiefe Griff in die Geldbörse ganz schön schmerzen. Schließlich soll der Fretless auch gut klingen, und hat man nicht sorgfältig genug auf Verarbeitung und verwendete Komponenten geachtet, ist das hart verdiente Geld schnell zum Fenster hinausgeworfen und man hat sich eine Wohnzimmerleiche geangelt. Wäre es deshalb nicht schön, einen solchen Bass für den Gelegenheitsnutzer zu finden, der professionellen Ansprüchen genügt und dessen Anschaffung nicht gleich den Ruin bedeutet?

ESP_LTD_B204_SMFL_001FIN


Die 1975 in Tokio gegründete Firma ESP (Electric Sound Products) konnte sich dank guter Produkte und namhafter Endorser, vorrangig im Heavy Metal Bereich, globales Ansehen erarbeiten. Mitte der 90er Jahre stellte ESP die preiswerte Produktreihe LTD vor, die bis heute diejenigen bedient, deren Geldbörse unter chronischen Mangelerscheinungen leidet. Nun hat ESP LTD einen Fretlessbass im Repertoire, der mit einem Ladenpreis von unter 400 Euro tatsächlich die angesprochenen Bedürfnisse bedienen könnte. Daher sollten vor allem diejenigen diesen Test bis zum Ende lesen, die schon einmal über die Anschaffung eines Fretlessbasses nachgedacht haben, aber vor dem Preis zurückgeschreckt sind.

Details

Das kleine Budget, zu dem der B-204SM Fretless zu haben ist, erlaubt keine mitgelieferte Schutzhülle, geschweige denn einen Koffer. Damit muss man sich abfinden, denn ein solcher Preis hat auch Grenzen. Nichtsdestotrotz befinden sich natürlich die notwendigen Stellschlüssel im Lieferumfang. Die aufgezogenen Roundwoundsaiten stammen übrigens von der Firma Cleartone aus Kalifornien/USA.

Der bundlose Bass kommt mit Eschenkorpus
Der bundlose Bass kommt mit Eschenkorpus

Der Korpus des in Indonesien gefertigten Basses besteht aus Esche mit naturmatt belassener Oberfläche. Insgesamt wurden beim Testmodell vier Holzteile für den Korpus verleimt – kostensparendes Patchwork sozusagen durch Verwendung kleinerer Holzverschnitte und Resteverarbeitung. Dagegen ist nichts einzuwenden, zumal eine sehr attraktive Decke als Aufleimer verwendet wird. Diese besteht aus sogenanntem “Spalted Maple”. Spalting nennt man den Prozess, bei dem in einem Holz durch bestimmte Pilze eine Pigmentierung oder Färbung erzeugt wird. Wird das Spalting rechtzeitig durch Trocknung gestoppt, wirken sich diese Pilze nicht negativ auf die Zellstruktur des Holzes und dessen Stabilität aus, aber durch die Verfärbungen werden schöne Maserungseffekte sichtbar. So wirkt auch die zweiteilige Ahorndecke des Testbasses, wie der Korpus in Naturfarbe belassen, durchaus attraktiv. Die Verarbeitung der Übergänge zwischen Decke und Korpus ist tadellos, die Oberfläche fühlt sich angenehm samtig an. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für den ebenfalls aus Spaltet Maple bestehenden Aufleimer auf der Kopfplatte, der dem Bass schon ein wenig Boutiqueflair verleiht.

Fotostrecke: 4 Bilder Rückseite

Der sechsfach verschraubte Hals besteht aus fünf Holzteilen, und zwar im Verhältnis von drei breiten Streifen Ahorn zu zwei schmalen Streifen Palisander. Von vorne betrachtet reicht der Hals mit einer attraktiven, asymmetrischen, sich zum Korpus hin verjüngenden Zunge in den Korpus hinein. Beim Blick von hinten hätte man den Hals schöner auf die Korpuseinpassung fräsen können. Das ist jedoch eine rein optisch/ästhetische Kritik, das Spielgefühl wird dadurch nicht negativ beeinflusst. Im Bereich des schwarzen Kunststoffsattels ist der Hals deutlich dicker, denn er ist mit einem sogenannten “Kragen” versehen. Diese Konstruktionstechnik verwendet man, um Hälsen mit angewinkelter Kopfplatte in diesem sehr empfindlichen Bereich zusätzliche Stabilität zu verleihen. Die Kopfplatte mit vier kleinen, geschlossenen ESP-Stimmmechaniken in asymmetrischer 2/2 Verteilung ist extrem schmal und zierlich, was dem Bass eine geringe Kopflast verleiht. Überhaupt ist das Gesamtgewicht sehr komfortabel. Der Zugang zur Stellschraube des Halsspannstabes sitzt oberhalb des Sattels, abgedeckt von einer schwarzen Kunststoffplatte, die von einer Schraube gehalten wird. Das Design der Kopfplatte entspricht dem der kompletten LTD B-Serie und besitzt durch seine nach oben hin spitz zulaufende Form sehr hohen Wiedererkennungscharakter. Der Schriftzug zeigt hier das LTD-Logo und nicht etwa die Marke ESP. Das ESP-Logo selbst finden wir auf dem Kragen der Kopfplattenrückseite und auf den beiden Tonabnehmern wieder.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Griffbrett besteht aus Palisander

Das Palisandergriffbrett ist extrem großzügig ausgelegt, soll heißen, es ist extrem dick. Und zwar dicker, als ich es von den meisten Fretlessbässen her kenne. Selbst wenn man den Bass jahrelang mit Roundwoundsaiten spielen sollte, gäbe es deshalb auch reichlich Raum, das Griffbrett viele Male neu abschleifen und abrichten zu können, sollten sich zu tiefe Kerben bilden. Von kommerzieller Materialeinsparung kann zumindest hier also nicht die Rede sein. Der Hals ist mit einem U-Profil sehr schmal und ergonomisch gehalten, er fühlt sich zierlich an. Die Longscale-Mensur beträgt 34 Zoll bzw. 86,4 cm. Das Griffbrett ist mit 24 weißen Bundmarkierungen versehen, die das Spiel auf einem Fretless auch für weniger Versierte angenehm gestalten. Zwischen dem 12. und 13. Bund sitzt eine Perlmutteinlage im Bereich der A- und D-Saite, die die Typenbezeichnung “B-204SM FL” trägt. Die hätte man sich allerdings besser sparen sollen, denn ein langsamer Slide an dieser Stelle äußert sich aufgrund der Materialbeschaffenheit des Perlmutts durch ein kurzes Schnarren. Wie gesagt, das geschieht nur bei langsamen Slides. Ich gebe also zu, hier Erbsen zu zählen, trotzdem wäre es für einen Fretless konstruktionstechnisch sinnvoller, auf solche optischen Elemente zu verzichten.
Sämtliche Hardware ist schwarzgrau vernickelt, so auch die ESP BB-604 Brücke, eine sogenannte „Thru Body Bridge“, bei der die Saiten durch den Korpus gezogen werden. Diese Konstruktion führt zu einem anderen Resonanzverhalten und bringt mehr „Holz“ mit, als das bei sogenannten Toploader-Brücken der Fall ist, bei denen die Saiten an der Brücke selbst eingehängt werden. Die Saitenführung und Aufhängung der Ballends verläuft durch sauber eingelassene Messingösen auf der Korpusrückseite.

Fotostrecke: 5 Bilder Brücke: BB-604

Als Tonabnehmer finden zwei ESP SB-4 Humbucker Verwendung (SB steht für Soapbar). Bei der aktiven ESP-Dreibandklangregelung finden sich neben Lautstärke- und Tonabnehmerbalanceregler drei kleinere Potiknöpfe zum Anheben bzw. Absenken der Höhen, Mitten und Bässe. Das mit schwarzem Graphitlack abgeschirmte Elektronikfach wirkt sauber und aufgeräumt und die Lötverbindungen machen einen soliden Eindruck. Die aktive Elektronik befindet sich in einem fest eingegossenen Gehäuse, an das mit insgesamt vier (4-Punkt) Steckern die Tonabnehmer- und Potiverdrahtung angeschlossen ist. Ein zweifach verschraubter Deckel sichert das danebenliegende Fach für die 9-Volt-Batterie, die wiederum per Klettband wackelfrei an ihrem Platz gehalten wird.

Anzeige

Praxis

Entscheidend für Sound und Spielgefühl ist bei einem Fretlessbass – mehr als bei Bundbässen – die korrekte Einstellung von Saitenlage und Halskrümmung. Ich war mehr als positiv überrascht, dass ich bei dem ESP LTD B-204SM FL keinerlei zusätzliche Einstellarbeiten vornehmen musste und somit quasi direkt aus dem Karton loslegen konnte. Auch die Roundwoundsaiten von Cleartone lassen keine Wünsche offen. Natürlich ist auch eine tadellose Griffbrettbeschaffenheit eine Grundvoraussetzung, aber auch hier erkenne ich keinerlei Materialmängel oder Unebenheiten, das Griffbrett ist sauber abgerichtet.

Perfekt eingestellt: Fretless-LTD
Perfekt eingestellt: Fretless-LTD

Der Bass fühlt sich komplett anders an, als man es z. B. von Fender Jazzbässen gewohnt ist. Wer also schon einmal einen Fretless der Machart „Jaco Pastorius“ gespielt hat, der wird erst einmal mit den engeren Saitenabständen im Bereich der Brücke und dem nahezu zierlichen Hals zu kämpfen haben. Auch wirkt das gesamte Spielgefühl weicher, selbst wenn man mit der Anschlagshand nahe an der Brücke bzw. über dem hinteren Tonabnehmer spielt. Nun rede ich hier von einer kurzen Umstellungsphase für diejenigen, die bereits andere Bässe gewohnt sind, unvoreingenommene Bassisten können sich auf diesem Bass durchaus sofort zu Hause fühlen. Seitens der Elektronik vernehme ich keine unangenehmen Nebengeräusche oder Rauschen, alles gut soweit. Beginnen wir also mit einem Soundklassiker: Fretlessbass mit Bridgepickup. Durch die Position des Tonabnehmers in diesem Bereich treten vor allem die Mitten hervor und gerade dieser leicht nasale Charakter kommt dem Fretlesston sehr entgegen. Auch die Obertöne profitieren davon und Flageoletts lassen sich sehr leicht erzeugen und sogar spielerisch verschieben, wie es in dem folgenden Beispiel zu hören ist.
Der Bassregler steht neutral in Mittelposition, die Mitten sind angehoben, die Höhen zurückgedreht. Das Resultat:

Audio Samples
0:00
Beispiel 1

Ohne große Anstrengung oder starken Anschlag entlockt man dem Bass über das gesamte Griffbrett einen sehr ausgeglichenen Ton, Deadnotes und perkussive Spielweise sind leicht umzusetzen.
Im nächsten Beispiel hören wir den Bridgetonabnehmer mit leichtem Halstonabnehmeranteil, allerdings mit leicht angehobenen Bässen. Höhen und Mitten sind in Neutralstellung, zusätzlich ist der Sound mit leichtem Chorus und Hall angereichert. Wiederum kann man sehr schön hören, wie klar und warm unser Kandidat klingt.

Audio Samples
0:00
Beispiel 2

Moderner wird es, wenn wir beide Tonabnehmer im gleichen Verhältnis verwenden und Bässe und Höhen anheben. Speziell die Höhen der aktiven Klangregelung sind in einem sehr hohen Frequenzspektrum angesiedelt und wirken sehr „crisp“. Allerdings empfinde ich das nicht als unangenehm, denn gerade für etwas modernere Sounds verleiht das unserem Bass einen durchaus wünschenswerten Aktivsound. Die Melodie, die nach einigen Takten einsetzt, wirkt dadurch sehr direkt und holzig, als hätte man den Bass direkt am Ohr.

Audio Samples
0:00
Beispiel 3

Kommen wir zur weitläufig definierten Kernaufgabe des Fretlessbasses in der Popmusik, der Ballade!
Beide Tonabnehmer auf, Höhen raus, Bässe und Mitten leicht rein, etwas Hall in den Topf und voila, das Rezept geht voll auf. Ich muss sagen, dass ich selbst mit fast zehnmal so teuren Fretlessbässen keinen besseren Sound hinbekomme. Da bin ich in der Tat selbst sprachlos.

Audio Samples
0:00
Beispiel 4

Verwendet man ausschließlich den Halstonabnehmer, bekommt man einen schönen, grollenden Sound, der sich beispielsweise gut für latinoartige Musikstile eignet oder sonstige Anwendungsgebiete, bei denen es etwas weniger nasal oder mittig sein soll.

Audio Samples
0:00
Beispiel 5

Was auch immer man mit diesem Bass anstellt, er bleibt stets durchsetzungsfreudig und schmeichelt dem Ohr. Er liefert stets genau die Frequenzen, die für einen guten Fretlesscocktail benötigt werden, ohne langes Basteln und Fummeln. Begeisterung!

Anzeige

Fazit

Fetter Sound für schlankes Budget! Der ESP LTD B-204SM FL könnte das Instrument für alle diejenigen sein, die sich für einen guten Fretlessbass nicht in exorbitante Kosten stürzen wollen. Aber auch, wer mehr Geld auszugeben bereit ist, sollte unbedingt den Vergleich mit der Konkurrenz wagen und dann selber urteilen. Sound und Spielgefühl liegen jedenfalls weit über dem, was man angesichts des Preises von diesem Fretless erwarten würde.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis
  • zwei Humbucker Soapbar-Tonabnehmer
  • aktive Dreiband-Klangregelung
  • amtlicher Fretless-Sound
  • gutes Spielgefühl, schlanker Hals
  • dickes Griffbrett, mehrfach abrichtbar, falls es notwendig werden sollte
Contra
  • Perlmutteinlage zwischen 12. und 13. Bund bei Slides hörbar
Artikelbild
ESP LTD B-204SM FL Test
Für 629,00€ bei
Sehr guter Fretless-Bass für wenig Geld: ESP LTD B204
Sehr guter Fretless-Bass für wenig Geld: ESP LTD B204
Spezifikationen
  • Modell: ESP LTD B-204 SM FL
  • Korpus: Esche
  • Deckenholz/Kopfplattenaufleimer: Spaltet Maple (Ahorn)
  • Korpus Finish: Naturmatt
  • Mensur: 34″ (86,4 cm)
  • Halsprofil: U
  • Sattelbreite: 40 mm
  • Hals: fünfteilig, drei Streifen Ahorn, zwei Streifen Palisander
  • Griffbrett: Palisander
  • Bundmarkierungen: 24 x Streifenmarkierungen in Weiß
  • Halsfinish: naturmatt
  • Stimm-Mechaniken: 4 x ESP, klein und geschlossen (schwarz vernickelt)
  • Brücke: ESP BB-604 (schwarz vernickelt)
  • Halsbefestigung: 6-fach verschraubt
  • Regler: Volumen, Tonabnehmer Blendregler, aktiver Dreiband-EQ, boost/cut (Höhen, Mitten, Bässe)
  • Tonabnehmer: 2 x ESP Soapbar SB-4
  • Elektronik: ESP ABQ-3 aktiver 3-Band-Equalizer
  • Preis: € 475,– (UVP)
Hot or Not
?
Sehr guter Fretless-Bass für wenig Geld: ESP LTD B204

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Profilbild von Toadie

Toadie sagt:

#1 - 30.07.2013 um 20:36 Uhr

0

Die Soundbeispiele gehen leider nicht...

Profilbild von Martin Zull

Martin Zull sagt:

#2 - 31.07.2013 um 12:42 Uhr

0

Hey, die Soundbeispiele gefallen mir außerordentlich gut und sind für die Einstellungen sehr geschmackvoll gewählt. Daumen hoch!

Profilbild von Fz

Fz sagt:

#3 - 08.05.2022 um 14:43 Uhr

0

Unter 400? 599, bei Musicstore angeblich von 861 herabgesetzt

Profilbild von Raimund

Raimund sagt:

#4 - 03.01.2023 um 17:20 Uhr

0

Hallo , ich habe mir diesen Bass als 5 Saiter vor 3 Jahren gekauft und war begeistert. Allerdings sind hier jetzt DÀddario XL drauf. Seit gerumer Zeit klingt der bass nicht mehr so schön, trotz neuer Saiten. Irgendwie fehlt die Brillianz, die man auch hier so schön hört. Es ist, als hätte ich was in den Ohren.:) Kann mir jemand einen Tipp geben woran das liegen könnte? Sind die Californischen Clearton Saiten bei dieser Aufnahme hier generell brillianter?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Sire Marcus Miller F10-6 NT - Sound Demo (no talking)
  • First notes on the Sire Marcus Miller F10-6 NT #shorts #sirebass #marcusmiller #siremarcusmillerf10
  • First notes on the Marleaux Consat Custom Bolt-On #bassguitar #marleaux #bass #bassbonedo