Blue Ember Test

Das erste Blue, das ich zu hören bekommen hatte, war The Bottle – ein Röhrenmikrofon im Geiste der altehrwürdigen Neumann-Flasche. Dieses Mikrofon war am oberen Ende des Preisspektrums angesiedelt, ein teures Traummikrofon.

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Das Blue Ember hingegen steht für 119 Euro im Laden und somit am genau entgegengesetzten Ende. Konzeptionell ist es Mainstream, für Blue-Verhältnisse erst recht, ist doch der Hersteller bekannt für von manchen „verrückt“ genannte Designs und Namen. Kakteen, Kiwis, Blaubeeren, Babyflaschen, Yetis, Mäuse, Libellen – alles gibt es. Für „Ember“ musste ich tatsächlich das Wörterbuch bemühen: glühende Asche!  

Details

Einfacher Aufbau

Reichlich unprätentiös gibt sich das Blue Ember: Es ist ein einfaches Stäbchenmikrofon mit Kondensatorkapsel in Nierencharakteristik, ohne Vordämpfung, Filter oder sonstigen Sperenzchen. Vielleicht doch anders als gedacht: Als Side-Fire-Mikro wird es nicht axial „von oben“ besprochen, sondern wie die meisten Großmembran-Kondensatormikros von der Seite. Die größte Empfindlichkeit ist dort, wo das Logo zu sehen ist.  

Fotostrecke: 4 Bilder Rückansicht des Kondensatormikros: Von hier besprochen ist es aufgrund der Nierencharakteristik kaum empfindlich.

Wenig Werte angegeben

Blue gibt eine Reihe möglicher Einsatzfelder für das Ember an, von der Stimme über Klavier, Holz-, Blechbläser und Streicher bis hin zum Schlagzeug. Das Manual liefert zu diesem Zweck eine Menge Tipps. Ein Blick in die technischen Angaben des Kondensatormikrofons nennt einen Grenzschalldruckpegel von 132 dB SPL, wenn auch ohne genauere Definition von dann anteiliger harmonischer Verzerrung. Die sonst übliche Angabe des Eigenrauschens oder des Dynamikbereichs fehlt genauso wie ein grafischer Frequenzgang oder eine frequenzabhängige Darstellung des Polardiagramms. Einen numerischen Frequenzgang erhält man, jedoch ebenfalls ohne die zur Interpretation notwendigen Werte des Pegelabfalls und der Abweichungsgrenzen dazwischen: 38 Hz bis 20 kHz. Immerhin der Feldleerlauf-Übertragungsfaktor (12 mV/Pa) und die Ausgangsimpedanz (40 Ohm) sind angegeben, beides sind recht ordentliche Werte. Damit das Mikrofon betrieben werden kann, ist ein Preamp mit 48V-Phantomspeisung nötig.  

Fotostrecke: 2 Bilder Besonders Einsteiger nutzen manche Mikrofone falsch…

Praxis

Äußeres und Klang

Ein ausgesprochen wertig wirkendes Mikrofon hält man in der Hand, wenn man das Blue Ember aus seiner Verpackung nimmt. Es ist gedankenvoll designt und wirklich gut verarbeitet. Dass das robuste Ember ein sehr preiswertes Kondensatormikrofon ist, kann man über sein Äußeres schnell vergessen. Wenn man es in Betrieb nimmt, erinnert es durchaus wieder an sein günstiges Preisschild und reiht sich klanglich genau so ein, wie man es vermuten würde. Es ist ein bezüglich Detaildarstellung sicher sehr großer Schritt von jedem in irgendwelche Devices eingebauten oder auch einfachen dynamischen Mikrofonen. Auch die Höhen werden weitaus deutlicher wiedergegeben, als man es von typischen Bühnen- oder Consumermikros gewohnt ist.  

Blue Ember auf einem Mikrofonstativ
Blue Ember auf einem Mikrofonstativ

Mikro mit Biss

Voll neutral arbeitet das Blue Ember hingegen nicht. Im Signalweg kann man ganz verhalten einen statischen Bestandteil ausmachen, der ein wenig nach Rascheln klingt. Dieser ist jedoch von nur geringem Pegel und eher dann hervortretend, wenn mit sehr klaren, höhenreichen Instrumenten gearbeitet wird, die selbst nur wenig Geräuschanteile besitzen, hohe Blechblasinstrumente oder Eigenschwinger wie Metallofone (Vibrafon, Glockenspiel und dergleichen). Ein wenig vorsichtig muss man insgesamt sein, weil das Mikrofon durchaus „Biss“ hat. Das kann einerseits gut eingesetzt werden, um eher lasche Schallquellen nach vorne zu bringen, andererseits kann es auch anstrengen. Werden etwa Stimmensignale zu kneifend, muss in diesem Bereich mit dem Equalizer ein wenig gegengearbeitet werden oder ein De-Esser zum Einsatz kommen. Dafür ist aber die Durchsetzungsfähigkeit von Sprech- und Singstimme sehr hoch. Und führt man sich vor Augen, dass das Blue Ember wohl in erster Linie dafür eingesetzt werden wird, geht das durchaus in Ordnung.  

Audio Samples
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Sprache, Blue Ember, 5 cm Sprache, Blue Ember, 30 cm Vocals, Blue Ember, 10 cm Vocals, Blue Ember, 30 cm Vocals, Blue Ember, 30 cm, 45 Grad Vocals, Blue Ember, 70 cm Vocals, Aston Origin, 10 cm Vocals, Aston Origin, 30 cm Vocals, Audio-Technica AT5045, 30 cm

Richtwirkung funktioniert

Die Ausblendung rückseitigen Schalls ist hoch, sodass die Richtwirkung gut funktioniert. Der Bereich vor dem Mikrofon, in dem sich eine Schallquelle hin- und herbewegen kann, ohne dass es zu auffälligen Klangfärbungen kommt, ist ausreichend groß. Das ist auch wichtig für den Einsatz am Schlagzeug, wo eigentlich an jeder Mikrofonposition auch seitlich eintreffender Schall einen großen Anteil am Gesamtpegel besitzt – und auch der soll ja gut klingen.  

Nicht zu nah

Bei Mikrofonen mit kleinerer Membran wie dem Ember ist es ratsam, einen nicht zu geringen Abstand zur Schallquelle zu wählen. Spricht man also sehr nah in ein derartiges Mikrofon, erhält man weniger ein dickes, warmes Bassfundament als vielmehr einen etwas dröhnigen Charakter. Positionierungstipp: Zehn, besser zwanzig Zentimeter nicht unterschreiten. Bei Abständen unter dreißig Zentimetern ist ferner ein Poppschutz anzuraten – das Ember vertrug sich im Testzeitraum aber auch gut mit dicken Windschutzschaumstoffen zum Aufstülpen, denn diese minderten gleichzeitig noch etwas die Schärfe. Es gibt zwar die optionale Spinne Blue S3 (die das Mikrofon auch sehr professionell aussehen lässt), doch dank der eher geringen Trittschallempfindlichkeit kann man von dieser zusätzlichen Ausgabe erst einmal absehen.

Dynamisch in Ordnung

Feindynamisch ist das Ember in jedem Fall in Ordnung, Attacks von Instrumenten und Konsonanten der Stimme werden schnell genug und weitestgehend frei von Verschmieren wiedergegeben. Grobdynamisch: Am Schlagzeug wäre bei mancher Mikrofonierung ein Pad wünschenswert, bei sehr leisen Signalen, hohen Abständen und vor allem starker anschließender Kompression zeigt dem User das Blue, dass es durchaus rauschärmere Mikrofone dieser Bauart gibt. Aber wie bei allen Aussagen über das Produkt: Man darf nie vergessen, dass es wirklich ein preiswertes Mikro ist.  

Fazit

Man muss beim Bewerten des Blue Ember aufpassen, dass man über das hübsche, gut verarbeitete Gehäuse nicht vergisst, auf das Preisschild zu schauen – schließlich ist es ein sehr günstiges Mikrofon. Klanglich ist es detailliert, liefert ausgeprägte Höhen, tendiert eher zu Bissigkeit als zu Blutleere und sollte nicht sehr nah besprochen werden. Für etwa 120 Euro ist das Blue Ember durchaus eine Empfehlung als Mädchen-für-alles-Mikro.  

Pro
  • sehr gute Verarbeitung
  • günstiger Preis
  • detailliertes Klangbild
Contra
  • tendenziell etwas beißender Klang
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Features und Spezifikationen
  • Kleinmembran-Kondensatormikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • max. Schalldruckpegel: 132 dB SPL
  • Eigenrauschen: 12 dB(A)
  • Frequenzgang: 38 Hz – 20 kHz
  • Preis: € 119,– (Straßenpreis am 1.5.2019)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • sehr gute Verarbeitung
  • günstiger Preis
  • detailliertes Klangbild
Contra
  • tendenziell etwas beißender Klang
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Blue Ember Test
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