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AMT V1 Test

Ein kleines Team um Firmengründer Sergey Marichev baut im sibirischen Omsk unter dem Markennamen AMT die Pedale, deren wir uns in unserer bonedo-Testreihe näher widmen wollen. Marichev hatte sich während seiner Militärzeit intensiv mit Fernmeldetechnik in Theorie und Praxis beschäftigt und sich diese Kenntnisse dann in der weniger gefährlichen Musikbranche zunutze gemacht. Seinen ersten Phaser baute er bereits 1979 und Ende der 80er Jahre gründete er die Firma Asia, aus der dann 1991 AMT (Asia Music Technologies) wurde. Learning by Doing und experimentieren waren für ihn in den Zeiten des Kalten Krieges angesagt, denn die legendären britischen und amerikanischen Gitarren, Amps und Effekte waren in der Sowjetunion Mangelware, und wenn vorhanden, dann meist unbezahlbar. Also hörte er sich die Platten von Pink Floyd und Led Zeppelin an (damals ebenfalls Raritäten) und versuchte, deren spezielle Sounds mithilfe selbstgebauter Effektgeräte in nachzubasteln.

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Mittlerweile haben sich die Zeiten geändert und auch in Russland erhält man problemlos britische und amerikanische Verstärker, während umgekehrt AMT mit seinen Pedale den Rest der Welt erobert. Vielleicht sind es die Jahrzehnte, in denen sich die sibirischen Tüftler ihr Know-how unter verschärften Bedingungen aneignen mussten, die den Pedalen den besonderen Touch mit auf den Weg geben. Im zweiten Teil unserer Testreihe ist ein Preamp am Start, der für sich in Anspruch nimmt, den legendären Ton des Vox AC 30 zu erzeugen.

DETAILS

Der V1 kommt im stabilen Stahlblechgehäuse, ist schwarz lackiert und auf der Oberseite mit allen Bedienelementen in Form von Reglern und Schaltern bestückt, alle Anschlussbuchsen finden sich an den Seiten. Die Regler mit den schwarzen Gummiknöpfen und weißen Markierungslinien sind in zwei Reihen angeordnet, zwei Potis vorne, drei in der zweiten Reihe. Wie üblich finden wir den Standardschalter in der unteren Hälfte. Dieser verrichtet seine Arbeit zuverlässig und vor allem ohne störende Knackgeräusche. Mit vier Gummifüßen auf der Unterseite hat der V1 stabilen Halt auf allen glatten Oberflächen, für einen Einsatz im Pedalboard müssten diese jedoch demontiert werden, weil sie zu hoch sind, um das Pedal mit Klettband zu fixieren. Für eine Befestigung mit Mounting-Plates stehen die beiden Schrauben zur Verfügung, mit denen auch das Gehäuse zusammengehalten wird. Mit den Maßen 73 x 110 x 58 mm (B x T x H) hat das Pedal in etwa die Größe eines MXR-Effekts und ist deshalb auch recht sparsam im Platzverbrauch; auch das Gewicht von gerade einmal 300 Gramm ist locker zu verkraften.

Was die Anschlüsse betrifft, ist der V1 extrem üppig ausgestattet, die beiden Seiten sind mit ihnen vollgepackt. Auf der rechten Seite finden wir drei Klinkenbuchsen. Zum einen handelt es sich dabei um den Gitarren-Eingang und mit FX-Send und -Return um die Anschlüsse zum Einbinden externer Effekte. Das macht auf jeden Fall Sinn, denn auch wenn unser V1 im Gehäuse eines Bodenpedals steckt, handelt es sich doch um einen vollwertigen Preamp. Und weil dessen Ausgangssignal bei +4 dB liegt und dieser Pegel für die meisten Bodentreter zu hoch ist, empfiehlt es sich auch nicht, ihn in eine Effektkette einzubinden. Neben dem Input gibt es zwei 12V-DC-Anschlüsse, einen für das mitgelieferte Netzteil (IN DC) und den anderen zur Stromversorgung weiterer Preamps (OUT DC). Letzterer bietet sich dann an, wenn man ein mehrkanaliges System fahren möchte.
Dazu stehen auf der linken Seite die beiden Anschlüsse CH Send und CH Return zur Verfügung, über die bei Bedarf ein weiterer Preamp in das System integriert werden kann. In diesem Setup funktioniert allerdings der Schalter nicht mehr als On/Off, sondern schaltet zwischen den beiden Preamps hin- und her. Extrem praxisnah!
Neben diesen beiden Buchsen liegt der normale Ausgang, mit dem man das Pedal an den Amp oder ein Mischpult anschließen kann. In diesem Zusammenhang soll noch einmal erwähnt werden, dass der V1 als Preamp direkt vor die Endstufe gehört. Das geschieht in der Regel über den Return des Verstärkers, denn nur in dieser Position erfüllt er wirklich seinen Zweck. Hierfür muss der nebenstehende Schalter am Pedal auf ‘Amp‘ (+4dB) eingestellt werden. Möchte man das Teil direkt an den Mixer oder das Audio-Interface anschließen, wird der Modus ‘CAB SIM‘ (-10dB) gewählt.

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Die Regelmöglichkeiten sind der Vorstufe des AC30 entlehnt, auch hier stehen zur Klangregelung ein Höhen- und ein Bassregler zur Verfügung. In der unteren Reihe finden wir mit Level, Master Volume und Gain drei Lautstärkeregler, wobei Level dabei die Lautstärke des V1-Sounds bestimmt, Master für die Gesamtlautstärke am Ausgang verantwortlich ist und Gain für den Verzerrungsgrad. Die drei Potis machen vor allem dann Sinn, wenn ein weiteres Preamp-Pedal angeschlossen ist. In diesem Fall hat man mit dem Master-Volume die Kontrolle über die Pegel beider Pedale.

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PRAXIS

V1 direkt am Audio-Interface
Beim Praxistest ist erst die leise Variante mit dem Pedal direkt am Audio Interface gefragt. Dabei ist die Cab. Sim.-Funktion aktiviert und der V1 entlässt das Signal entsprechend frequenzkorrigiert, damit kein Rasierapparat-Sound erzeugt wird. Zuerst wollen wir wissen, wie es bei neutraler Einstellung der Klangregelung und niedrigem Gain aussieht.

GitarreLowHighLevelMasterGain
Stratocaster121217129
Audio Samples
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Line Clean

Der Klang ist in Ordnung, ein klarer, leicht höhenbetonter Cleansound, wie man ihn auch vom britischen Vorbild kennt. Was mich aber etwas stört, ist das Nebengeräusch, ein leichtes Pfeifen bei 2 kHz, das vom Netzteil kommt. Ich habe den V1 an mein Voodoolab Pedal Power angeschlossen und es war Totenstille. Natürlich kann es sein, dass ich mal wieder die Montagsproduktion erwischt habe und dieses Problem nicht bei allen Netzteilen auftaucht, aber beim Antesten vor dem Kauf sollte man diese Sache auf jeden Fall überprüfen.
Bis 12 Uhr tut sich bei den Gain-Einstellungen herzlich wenig, aber das ist normal, denn schließlich ist auch das Original keine Gain-Wunderwaffe, sondern eher in cleanen und angezerrten Klängen zu Hause. Sehr schmatzig wird es in der Kombination mit einer Single Coil Gitarre und dem entsprechenden Attack bei einer Gain-Einstellung von ca. 12 Uhr. Das Pedal kommt langsam in die Gänge und man erhält bei hartem Anschlag einen etwas dreckigeren Ton. Der Klang wird entsprechend scharf und auch das Kompressionsverhalten ist hier schon recht weit vorne, Ghostnotes sind gut zu hören.

GitarreLowHighLevelMasterGain
Stratocaster1213171112
Audio Samples
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Line Dirty

Bisher kann ich nichts Negatives zum speakersimulierten Sound sagen, aber bei Cleansounds gestaltet sich das meist ohnehin etwas unproblematischer. Kritisch wird es erst, wenn gezerrt wird. Und genau diese Situation wollen wir uns jetzt anhören. Eine Gitarre mit Humbucker kommt zum Einsatz und der Gainregler wird etwas weiter aufgedreht. Auch hier gibt es einen ordentlichen Sound mit einer Verzerrung, die sehr gut auf den Anschlag reagiert und etwas bissig klingt, aber nicht in den Ohren klingelt.

GitarreLowHighLevelMasterGain
SG1313171015
Audio Samples
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Line Crunch

Als letzte Soundvariante mit Speakersimulation muss die maximale Zerrstufe mit einer Les Paul herhalten. Hier habe ich den Low-Regler etwas zurückgenommen, sonst wäre es im Bassbereich zu matschig, vor allem bei einem Riff auf den tiefen Saiten. Aber das funktioniert mit der Klangregelung alles recht gut, sie reagiert sehr feinfühlig. Man sollte die 12-Uhr-Einstellung als Ausgangsposition nehmen und diese dann der Gitarre entsprechend anpassen. Beim Aufdrehen des High-Reglers ist etwas Vorsicht angesagt, denn gerade im Bereich zwischen 12 und 17 Uhr passiert noch einiges und es kann schnell bissig werden – aber auch das kennen wir vom AC30. Was den Verzerrungsgrad anbetrifft, sind wir hier bei einem Mid-Gain-Sound angelangt, mehr ist aus der Kiste nicht herauszuholen. Aber das ist lediglich eine Feststellung, auf keinen Fall eine Wertung.

GitarreLowHighLevelMasterGain
LP1013171017
Audio Samples
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Line Max. Gain

V1 am Amp
Jetzt widmen wir uns der zweiten Anschlussmöglichkeit, nämlich der Kombination mit einem Amp über den Return des Gitarrenverstärkers. In diesem Modus wird lediglich die Endstufe angefahren, der Klang wird allein vom V1 erzeugt. Wir setzen ihn deshalb einfach einmal der Konkurrenz mit sich selbst aus: Ich habe die gleiche Einstellung gewählt wie beim ersten Beispiel, und so klingt das Ergebnis, wenn eine Röhrenendstufe mit im Spiel ist.

GitarreLowHighLevelMasterGain
Stratocaster121217129
Audio Samples
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Amp Clean

Da ist auf jeden Fall eine Portion mehr an Schmutz und Leben im Spiel und der Klang ist etwas fülliger im unteren Mittenbereich. Aber trotzdem muss ich an dieser Stelle dem Speaker-Simulations-Sound eine gute Note ausstellen, auch wenn das Pedal erst in Verbindung mit einem (Röhren)-Amp so richtig Spaß macht. Auch die Klangregelung zeigt sich wesentlich effizienter. Bei der Cab. Sim. Funktion können die Höhen schnell synthetisch klingen, wenn man sie weit aufdreht, in Verbindung mit dem Amp wird es zwar auch sehr spitz, aber insgesamt doch etwas harmonischer.

GitarreLowHighLevelMasterGain
Telecaster1316171012
Audio Samples
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Amp Crunch

Für Ansprache und Reaktion gibt es auf jeden Fall die Bestnote. Das Pedal reagiert wirklich sehr feinfühlig und auch das Röhrenfeeling kommt ganz deutlich. Die Übertragung der einzelnen Anschlagsnuancen geschieht sehr definiert, wie man beim folgenden Beispiel hören kann. Ich habe zuerst leicht mit den Fingern, dann leicht mit dem Pick und schließlich sehr hart mit dem Pick angeschlagen. Hier ist von clean bis zum schmutzigen Crunch alles drin und zu 100% mit den Fingern steuerbar. So soll das sein!

GitarreLowHighLevelMasterGain
SG1414171014
Audio Samples
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Amp Dyna Pick

Nun steht die Klangregelung und ihre Wirkungsweise auf dem Prüfstand. Die beiden Frequenzbereiche werden passiv geregelt und beeinflussen sich bei höheren Einstellungen gegenseitig. Wenn zum Beispiel Low weit aufgedreht ist, werden automatisch Höhen- und oberer Mittenbereich leicht abgesenkt. Dadurch ergeben sich etwas erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten. Hier sind zwei Beispiele, bei denen der jeweils im Fokus stehende Regler auf 7, 12 und 17 Uhr eingestellt ist, während der andere permanent auf 12 Uhr steht.

GitarreLowHighLevelMasterGain
SG7-12-1512171014
Audio Samples
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Amp Low EQ
GitarreLowHighLevelMasterGain
SG127-12-17171014
Audio Samples
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Amp High EQ

Externe Pedale
Der Hersteller behauptet, dass der V1 sich sehr gut mit anderen Pedalen versteht und dieser Tatsache wollen wir nun auf den Grund gehen. Zuerst habe ich ganz einfach ein Overdrive Pedal (Boss SD-1) vor den V1 geschaltet und zumindest mit ihm verträgt sich der sibirische Treter tatsächlich sehr gut. Schaltet man einen Overdrive vor einen Preamp, wird der Sound oft etwas matschig, aber das ist hier ganz und garnicht der Fall. Ihr hört zuerst den V1 allein, später kommt der Overdrive hinzu.

GitarreLowHighLevelMasterGain
LP1213171110
Audio Samples
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V1 mit Overdrive-Pedal

Wie die meisten normalen Amps bietet auch der V1 einen Einschleifweg, und an den hängen wir nun ein Delay. Auch hier keine Spur von Anpassungsschwierigkeiten oder Störgeräuschen, es funktioniert alles wie bei einem normalen Amp. Zuerst spielt der V1 allein, dann mit Overdrive und im dritten Durchgang wird schließlich das Delay hinzugeschaltet.

Audio Samples
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V1 mit Drive- und Delay-Pedal
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FAZIT

Auch der V1 vom sibirischen Hersteller AMT kann mit einer Klangqualität überzeugen, die den Charakter des Originals überraschend gut trifft. Das Original ist in diesem Fall ein Vox AC30, und am besten funktioniert das Ganze, wenn man den V1 mit einem Röhren-Amp kombiniert. Resultat ist eine sehr gute dynamische Ansprache und ein crisper Crunchsound mit hoher Durchsetzungskraft. Extrem komfortabel erweisen sich die Anschlussmöglichkeiten mit Effekteinschleifweg und einem Channel Send/Return für einen weiteren Preamp, zudem werden die externen Geräte vom V1 auch noch mit Strom versorgt. Der frequenzkorrigierte Ausgang liefert ebenfalls eine gute Performance, auch wenn er naturgemäß nicht so satt klingt wie die Kombination mit dem Amp. Wer auf der Suche nach Vox-Ton in Pedalform ist, sollte den V1 unbedingt antesten, denn auch der Preis von 139 Euro ist hervorragend.

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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: AMT
  • Modell: V1
  • Typ: Preamp – Bodenpedal
  • Regler: Low, High, Level, Master, Gain
  • Anschlüsse: Input, FX Return, FX Send, Output, CH Send, CH Return, Output, 2x DC Out (12V), DC In (12V)
  • Stromverbrauch: 6 mA
  • Spannung: 12V
  • Maße: 73 x 110 x 58 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 0,3 kg
  • Preis: € 139,- (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sound
  • Anschlussmöglichkeiten
  • Verarbeitung
  • Dynamik, Ansprache
Contra
  • Netzteil mit leisem Pfeifton bei 2kHz
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