edjing Pro für iOS Test

Heute schauen wir und die iOS-App edjing Pro an. Pro steht für professionell und indiziert in der Regel den Zuwachs an Features, dementsprechend erscheint die neue Version schon rein optisch in einem frischen Look: Die Miniaturplattenspieler des kleinen Ablegers edjing ersetzen zwei sehr übersichtliche Wellenformen und auch das Funktionsangebot wurde geschliffen und erweitert, dazu die BPM-Analyse und Synchronisation optimiert. Dies war auch von Nöten, schließlich hatte die Vorversion mit partiellen Latenzen zu kämpfen, mitunter holperten Sync- und Automix. Mein damaliges Testurteil: 3 Sterne. Nun klopft der Nachfolger an die Tür und es wird Zeit, diesen auf Herz und Nieren zu überprüfen. Kann edjing Pro Konkurrenten wie Traktor DJ, MixVibes Cross DJ oder Algoriddim Djay Pro die Stirn bieten? 

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Details

Der App Store listet zwei Downloads der App edjing Pro. Die Vollversion für knapp 10 Euro und die kostenlose Lite-Edition zum „Hereinschnuppern“, bei der ihr auf folgende Features verzichten müsst:

  • Record
  • Color FX
  • Automix
  • Zugriff auf iTunes
  • Deezer und Soundcloud

Für meinen Test darf es die Vollausstattung sein, die entsprechend auf meinem iPad Air erster Generation landet. Nach dem Öffnen des Programms erscheint ein sehr spartanisches Fenster mit der Aufforderung, jeweils einen Track in die beiden Decks zu laden. Prompt zeigt mir die Library Titel meines iTunes Accounts an und auch Soundcloud-Musikstücke stehen bereit, sofern man dort über ein Konto verfügt und eingeloggt ist. Als dritte Option bietet edjing den Streaming-Dienst Deezer an (kostenpflichtig) und darf sich folglich wie schon edjing 5 mit mehr als 50 Millionen „verfügbaren Songs“ brüsten.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Einstieg in die App

Nach dem Laden der Musikstücke wechselt die Software in die übersichtliche Mix-Oberfläche mit zwei farblich abgegrenzten Decks, die über einen Crossfader oder zwei Linefader gemixt werden. edjing zeigt von jedem Track die komplette Wellenform als Übersicht an und visualisiert jeweils zwei Takte der beiden Musikstücke.
Unter „Hot Cue“ verteile ich bis zu vier Cuepoints auf den Track. Mit „Loop“ lassen sich nahtlose Schleifen mit einer Länge von 1/32 bis 16 Beats setzen. Das Loopen von 32 Beats am Stück ist allerdings nicht möglich. Unter „Tempo“ verändere ich die Geschwindigkeit via Pitchfader. Zwei Buttons übernehmen dort das Pitch-Bending, also das Abbremsen und Anschieben der Tracks im Mix. Möchte man Keylock zum Einfrieren der Tonhöhe (de-) aktivieren, einfach auf die Note drücken.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Hot Cues und Loops

Ober- und unterhalb des vergrößerten Wellenformausschnitts lauern drei weitere interessante Features: „Freeze“ friert wie Seratos Slicer-Modus zwei Takte ein und zerlegt sie in acht einzelne Scheibchen, die beliebig gespielt werden können. Bei „BPM“ passe ich das Tempo mittels Tapping und das Beatgrid zum perfekten Sync-Mixen an. Der Kopfhörer erlaubt das Vorhören eines Decks, allerdings nur in der Vollversion.
Links des Playhead-Fensters befinden sich die Sync-Buttons und der Crossfader, rechts davon die Equalizer und Effekte, letztgenannte untergliedert nach Rhythmik und Klangfarbe. Den Beat modifizieren zwei Arten von Loop-Rolls, einmal mit und einmal ohne unterlegtem Filter. „Beatgrids“ setzt die Kicks und Snares eines Tracks in vier verschiedenen Varianten neu. „Color-FX“ färben die Tracks mit einem High/Lowpass-Filter, Reverb, Delay oder Echo Out. Alle vier FX sind per Tab simultan zuschaltbar und über einen Fader stufenlos regelbar.

Schöner Effekt: Die Rolls
Schöner Effekt: Die Rolls

Hinter „EQ“ verstecken sich Regler für die Tiefen, Mitten und Höhen, eine mehrfarbige Pegelanzeige und ein Volume-Fader. Weitere Tabs zum Aufnehmen des Mixes (Record) und für den Automix (Auto) ergänzen die App. Klicke ich auf die kleine Scheibe für den Vinyl-Modus, erscheinen zwei virtuelle Plattenteller. Der Crossfader, Sync und die beiden Wellenformen einschließlich Hot Cues, Loops und Tempo bleiben weiterhin im Bild. Zum Schluss ein kurzer Abstecher in das Setup. Dort werden kurze, informative Tutorials zu folgenden Features gezeigt:

  • Einsatz der Effekte und Freeze Funktion
  • Loops und Hot Cues setzen
  • Editieren der BPM
  • Aktivieren des Pre-Cueing

Der anschließenden Einladung in den edjing-Club folge ich, um von exklusiven Vorteilen und DJ-Tipps zu profitieren.
Das Freischalten der einzigen zugelassen Hardware „Mixfader“ erlaubt im Setup, diverse Audio-Einstellungen wie das Pitch-Intervall vorzunehmen. Besonders hervorzuheben sind die acht einstellbaren Crossfader-Kurven. Neben den Klassikern scharf (Standard), hart (Scratch Cut) und weich (Intermediate) finden sich dort:

  • Dipped
  • Constant Power
  • Slow Fade
  • Slow Cut
  • Fast Cut

Die letzten wichtigen Einstellungsoptionen im Setup betreffen den Automix. Zunächst legt man die Übergangslänge zwischen 0,5 und 60 Sekunden fest, gefolgt vom Zeitpunkt des Einmixens (0 und 60). Ferner lässt sich hier der Shuffle-Modus und Auto-Sync aktivieren.

Fotostrecke: 5 Bilder Klangfarben modulieren mit Color FX und EQ

Praxis

Zunächst schließe ich einen Splitting-Adapter mit zwei 3,5-Millimeter-Klinkenbuchsen an den Audioausgang des iPads an. Die eine verbinde ich mit dem Ausgang des Line-Eingangs meines Pioneer DJM-S9. Der andere Kanal kümmert sich um das Pre-Cueing über den Kopfhörer. Da der Pegel des Mastersignals von der App nicht dem Niveau einer professionellen Software entspricht, kompensiere ich die schwächelnde Lautstärke durch Aufdrehen des Kopfhörerlevels am iPad. Sollte dadurch das Pre-Cueing-Signal zu laut werden, passe ich dies im Setup an. Da ich persönlich über keinen Deezer-Account verfüge, greife ich ausschließlich auf iTunes, als „Meine Musik“ gelistet, und Soundcloud zu. Für Ordnung sorgen die von iTunes übernommen Unterordner:

  • Tracks
  • Playlisten
  • Meine Mixe, die mit edjing aufgezeichnet wurden
  • Künstler
  • Alben
  • Ordner

Um von den Tracks auf Soundcloud zu profitieren, müsst ihr euch zuvor einen Account zulegen, was am schnellsten über ein vorhandenes Facebook-Profil geht. Angemeldet und eingeloggt erscheinen anschließend auch unter Soundcloud fünf Subkategorien:

  • Dein Stream: bisher angehörte Tracks
  • Deine Likes: favorisierte Tracks
  • Deine Tracks: hochgeladene Tracks
  • Deine Sets: eigene Sets
  • Folgen: Künstler, denen ich auf Soundcloud folge

Die Suche in der Library ist wirklich komfortabel, vor allem dank der verschiedenen Ordner, der übersichtlichen Ansicht und auch der Suchfunktion. Das Laden gestreamter Tracks dauert schon einige Sekunden, da Wellenformen einzulesen und die BPMs zu analysieren und zu setzen sind. Etwas versteckt in der Library sind zudem noch Funktionen zu finden, um die Tracks in der Playlist oder Warteliste für den Automix zu bunkern.

BPM und Beatgrids

Da die BPM hundertstelgenau analysiert und angezeigt werden, stehen die Chancen für ein sauberes Sync-Mixen sehr gut. Wer dennoch seiner Beatmatching-Leidenschaft frönen möchte, der wechselt auf den Tempo-Reiter. Beim manuellen Geschwindigkeitsabgleich empfehle ich die Pitch-Range auf maximal zehn Prozent zu beschränken. Ein größerer Umfang geht auf Kosten der Genauigkeit. Aber warum es sich unnötig schwer machen, wenn die App Beatgrids sehr akkurat setzt?
Im BPM-Fenster kann ich diese auch anhand eines Taktes per Finger korrigieren. Einfach den angezeigten Wellenformausschnitt zoomen oder stretchen. Als zweite Möglichkeit gibt es das manuelle Tapping der BPM zum laufenden Track. Falsch gesetzte Beatgrids, etwa bei Tracks mit Half- oder Doubletime-Beats, halbiert oder verdoppelt man einfach. Leider speichert die App diese Änderungen bisher nicht ab. Ärgerlich.

Manuelles Mixing

Bevor ich einen Track in den anderen mixe, setze ich noch einen Hot Cue auf den Down-Beat. Zur Info: Cue-Punkte werden generell stets auf das Taktraster ausgerichtet. Das Spulen im Track läuft in zwei Phasen ab. Zunächst tippe ich grob auf die gewünschte Position in der Wellenform und der Abspielkopf springt dorthin. Zur Feinsuche berühre ich den Wellenformausschnitt und verschiebe den „Abspielkopf“ an die gewünschte Stelle. Ich starte Track A, den anderen höre ich über das Pre-Cueing vor. Kurz das Tempo per Sync-Knopf angeglichen. Das läuft! Allerdings: Um den anderen Track beat- und phasengenau mit dem Hot Cue manuell zu treffen, bedarf es schon etwas Übung. Liegen die Beats nicht ganz in Phase, passe ich sie per Pitch-Bending oder durch erneutes Sync-Drücken an.
Läuft der Mix hingegen phasengenau, gibt es nicht zu rütteln. Ein nettes Detail: Verschiebe ich den Crossfader, verändert sich auch gleichzeitig die Helligkeit des Waveform-Ausschnitts. Ein eingeblendeter Track scheint zunächst dunkler und gewinnt mit zunehmender Präsenz im Mix an Farbe im Display. Das Gleiche gilt umgekehrt für den Mix-Out.

Audio Samples
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Mix manuell Mix mit Sync FX Rolls FX Rolls Filter

Effekte

edjings Effekte laden zu Sound-Spielereien ein. Besonders die Rolls ergeben mit dem darüber gelegten Filter, das innerhalb eines Taktes vom Low- zum Highpass wandert, eine sehr schicke Kombination. Nach vier Zählzeiten sollte man den Effekt jedoch verlassen, denn anschließend springt das Filter wieder direkt vom High- zum Lowpass.
Die vier verschiedenen Beatgrid-Effekte kreieren neue Track-Patterns. Four-To-The-Floor-Stampfer avancieren damit zu Breakbeat-Tracks, allerdings zählt auch hier die wohl überlegte Dosierung, denn auf Dauer kann der Einsatz des Effekts auch nerven. Nur der Vollversion vorbehalten sind die vier Color-Effekte, die ich sogar alle zugleich herausfordern kann. Das Filter funktioniert je nach Fader-Richtung als Low- und Highpass. Reverb, Delay und Echo Out lassen sich mit dem Regler lediglich in ihrer Intensität verstellen.
Zur weiteren Klangmodulation steht noch der Dreiband-EQ (mit Reset) bereit, der beim eingestellten Minimum das Signal nicht komplett killt. Im Freeze-Mode wird die im Playhead-Fenster gezeigte Wellenform förmlich eingefroren und die acht Beats zweier Takte sind anschließend auf dem Display einzeln anspielbar. Der größte Unterschied zum Serato-Slicer besteht darin, dass dieser auch mit dem laufenden Track wandert. edjings Freeze-Beats hingegen verharren an ihrer Position und der Track springt immer wieder an die eingefrorene Stelle zurück. Bevor ich mich nun noch dem Automix widme, teste ich noch schnell den Vinyl-Modus. Eine schöne Spielerei für ein paar Babyscratches, mehr aber auch nicht, wenn ihr mich fragt. 

Audio Samples
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FX Color EQF Freeze Beatgrids

Der virtuelle Automix-DJ mixt meine Playlist recht souverän und die Übergänge klingen bei korrekten Grids gut. Wenn die Software eine Kick mit einer Snare verwechselt oder einen Auftaktschlag nicht beachtet, stellt sich dies natürlich anders dar. Ein weiteres kleineres Manko besteht in der einstellbaren Übergangslänge für den Automix, da sich diese nach der Zeit richtet und nicht nach den Takten oder Phrasen eines Tracks. Was ich mir noch gewünscht hätte: eine Autogain-Funktion zur automatischen Lautstärkeanpassung der Musikstücke.
Nun noch ein kurzes Feedback zur Performance der App. Mit meinem iPad Air der ersten Generation gab es leider ein paar kleinere Probleme. Die Wellenformen ruckelten mitunter, es kam auch schon mal zum Absturz der App. Für „professionellere“ Einsätze empfiehlt sich daher wohl entweder ein neueres iPad-Modell oder eine andere App wie DJAY Pro, MixVibes Cross DJ oder Traktor DJ. Schließlich möchte ich noch die Record-Funktion erwähnen, die euren Mix für die Nachwelt festhält. Zudem unterstützt mich edjing beim Social-Networking, indem es die Datei auf Facebook, Twitter, Google+ teilt und auch per E-Mail verschickt.

Fazit

edjing Pro präsentiert sich optisch und von seinen Features ausgereifter als seine Vorgänger. Das sehr übersichtliche GUI lässt sich sowohl auf dem iPhone, als auch auf dem iPad sehr gut bedienen. Das Handling erschließt sich fast intuitiv. Von den Features überzeugen vor allem die Freeze-Funktion, die Effekte und die mit Soundcloud und Deezer gefütterte Library. Da die App das Tempo der Musikstücke hundertstelgenau analysiert, darf man sich auch auf die Sync- oder die Automix-Funktion meist verlassen. Falsch analysierten  Songs verpasst man per Tapping oder durch Verschieben der Beatgrids das richtige Tempo, doch leider lässt sich dies nicht abspeichern. Auch unterstützt die App keine weitere Hardware außer den Mixfader. Obendrein drosseln das teilweise aufgetretene Ruckeln der Wellenformen und mancher Absturz die Euphorie, sodass die Mix-App letztlich mehr für den Einsatz auf dem Sofa als in einem professionellen Umfeld taugt.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Übersichtliches Layout
  • Einfaches Handling
  • Zugriff auf Soundcloud und Deezer
  • Exaktes Beat-Sync
  • Acht verschiedene Crossfader-Kurven
  • Color-Effekte und EQ für individuelle Klangmodulierung
  • Viele weitere kreative Bordmittel
Contra
  • Kein Auto-Gain
  • Geänderte Beatgrids nicht speicherbar
  • Kein phrasengenauer Automix
  • Keine Controller-Unterstützung (außer Mixfader)
Artikelbild
edjing Pro für iOS Test
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Features:
  • Zugriff auf iTunes-Library, Soundcloud, Deezer
  • Pre-Cueing
  • Vier Hot Cues
  • Beatloops
  • Level-Meter
  • Vinyl-Modus
  • Freeze-Funktion
  • Rhythmik- und Color-Effekte
  • BPM-Sync
  • BPM-Editing
  • Automix
  • Record
  • Mixspeicherung auf edjing-Profil
  • Teilen der Mixe über soziale Netzwerke
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