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Chandler Limited Abbey Road TG Microphone Cassette Test

Praxis

Preamp mit rockigem Timbre

Der Einstieg fällt bei der Preamp-/EQ-Sektion des Chandler Limited TG Mic Cassette nicht schwer, und erst recht nicht, wenn man mit den TG-Konzepten vertraut ist. Hier sitzt alles dort wo es soll, und das bedeutet, dass man schnell und sicher zu guten Ergebnissen kommt. Klanglich bedeutet das, speziell wenn man auf den Preamp schaut, folgendes: Hinter dem TG-Vorverstärker verbirgt sich ein Charaktertier, welches den Spagat schafft, einerseits als „Konsolenpreamp“ recht vielseitig zu sein, andererseits aber dabei sehr viel Eigenklang mitbringt. Von der generellen Topologie her gesehen, was die diskrete Class-A-Transistorschaltung und die Übertrager betrifft, ist Neve artverwandt, auch wenn sich beide Konzepte im Detail sehr stark unterscheiden. Aber diese Art Schaltung bietet einen reich gedeckten Tisch für all das, was man gerne unter „analogem“ Sound subsummiert. Als da wären: Die stets überaus präsenten Mitten, die nicht ganz so reibelig-samtig daherkommen wie beim Neve, sondern dringlicher klingen, nach vorne gehen; die sehr kompakten, klar umrissenen Höhen, die den Vorwärtsdrang des Signals unterstützen, auch wenn hier das eine odere andere luftige Detail dem rockigen Timbre zum Opfer fällt; der ebenfalls kompakte, auf seine Weise fast schon schlanke Bass, der jedoch immer druckvoll bleibt und von unten die anderen Frequenzen voranschiebt. Kurzum: Hier regiert nicht der Schöngeist, sondern der TG bietet einen drahtigen, heißen Sound, der Signale sich im Mix behaupten lässt, und eine so kompakte Körperlichkeit bietet, dass es eine helle Freude ist. In der Tat handelt es sich hier um ein tolles Beispiel für die Qualitäten von Analogtechnik. Wie hier „im Inneren“ des Signals Sound gemacht wird, wie ihm in seinem Kern ein Stempel aufgeprägt wird, das ist schon faszinierend, und das sind auch Klangaspekte, die man solch einem Signal nicht mehr nehmen kann. Ähnlich wie zwei vergossene Metalle eine Legierung bilden, die sich nicht mehr auftrennen lässt, dringt diese Analog-Farbe ins Herz des Klanges durch – und bleibt dort für immer.

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EQ: volle Tone-Shaping-Power

Dieses tight konturierte, mittig vorwärts drängende Signal lässt sich mit dem EQ hervorragend bearbeiten. Gerade die Shelving-Filter erlauben mit beherzten Boosts das Breitwand-Format, das dem nackten Preampsignal vor lauter Midrange manchmal gefühlt etwas fehlt. Auch das zusätzliche Mittenband macht hier eine gute Figur zur Unterstützung. Insgesamt bietet diese Abteilung zwar nicht chirurgische Präzision aber volle Tone-Shaping-Power, und das auf Basis eines der besten EQs der Welt, des Curve Benders. Hier kann all die Offenheit in Bässen und Höhen wiedergefunden werden, welche dem reinen Preamp manchmal etwas fehlt.

Audio Samples
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Vocals U 67, flat Vocals U 67, LC 65 Hz  Vocals U 67, LC 110 Hz  Vocals U 87, flat Vocals U 87, LC 65 Hz  Vocals U 87, LC 110 Hz Vocals U 87, LC 65 Hz, EQ Vocals U 87, LC 65 Hz, EQ, Comp Knee rounded Vocals U 87, LC 65 Hz, EQ, Comp Knee sharp Bass, Original Bass, Comp Bass, Comp, EQ

Kompressor alles andere als gewöhnlich

Der Kompressor hingegen gibt sich auch auf den zweiten Blick etwas sperrig. Um es vorwegzunehmen, auch hier sind hervorragende Resultate möglich, aber man muss sie dem eigenwilligen Design etwas abtrotzen. Da ist zunächst das ungewöhnliche Meter im Zusammenspiel mit dem Hold-Parameter. Auch das Output-Poti ist anders zugeschnitten als das gewöhnliche Makeup-Gain. Hier ist die Unity-Gain-Position nämlich am Rechtsanschlag, und da der Kompressor in den meisten Situationen Pegel hinzufügt, kann man den Ausgangspegel hier wieder auf Neutralität trimmen. Das funktioniert so weit gut, allerdings liegt meine Kritik an ganz anderer Stelle: Selbst wenn der Hold-Parameter an den Rechtsanschlag gebracht wird um minimale Kompression zu erzielen, so findet bei vielen Eingangssignalen bereits Pegelreduktion statt. Man muss also das Signal, das in den Kompressor geschickt wird, extern bisweilen etwas abschwächen um sanfte Kompression zu realisieren – und dann fehlt am Ausgang eine Pegelreserve um wieder auf den Ursprungspegel zu kommen. Verwendet man die Cassette auf Line-Signalen, so kann man einfach den Kompressor vor den Preamp/EQ patchen um wieder auf Pegel zu kommen, aber in anderen Anwendungsfällen besteht diese Möglichkeit unter Umständen nicht. Lernt man mit diesen Besonderheiten umzugehen, so bietet Chandlers Premieren-Opto musikalisch ansprechende Resultate, die sich vielseitig anpassen und klanglich gewinnbringend nutzen lassen können. Der Weg dorthin jedoch ist so steinig wie bei kaum einem anderen Kompressor, den ich jemals in den Fingern hatte. Es ist wahrscheinlich nicht verwunderlich, dass sich in den letzten Jahrzehnten schlussendlich andere Kompressor-Konzepte durchgesetzt haben, aber das heißt, noch einmal, ausdrücklich nicht, dass die Ergebnisse die sich hier erzielen lassen nicht gut wären. Der Weg dorthin ist einfach eher speziell.

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