CG Products Delay1022 Test

Mit dem Delay1022 bietet der Berliner Hersteller CG Products ein analoges Eimerkettendelay als Eurorack-Modul an. Anders als der Name im ersten Moment vermuten lässt, ist dieses Modul aber nicht als Echo-Effekt gedacht, sondern als analoger Klangerzeuger, welcher sich mit 1V/Oct spielen lässt.

Das CG Products Delay1022: analoge Karplus-Strong-Synthese (Bild: CG Products)
Das CG Products Delay1022 klingt hervorragend, ist aber auch ein bisschen eine Diva. (Bild: CG Products)


Der Begriff Karplus-Strong-Synthese taucht in letzter Zeit in der Eurorack-Welt vermehrt auf, und genau dafür ist dieses Modul konzipiert. Karplus-Strong ist ein Verfahren der Klangsynthese, welches besonders geeignet ist, um den Klang von Saiteninstrumenten zu simulieren. Anders als seine Mitstreiter ist das CG Delay jedoch komplett analog. Jeder kennt das: Wenn man bei Delays das Feedback aufdreht, erzeugt das Delay ab einem bestimmten Feedback-Wert einen eigenen Ton. Genau dieses Phänomen wird für Karplus-Strong verwendet, indem ein Delay mit ganz kurzen Delay-Zeiten knapp vor die Selbstoszillation eingestellt wird und dann mit kurzen Signalen (meistens weißes Rauschen oder Trigger) angeregt wird. Dadurch entsteht ein saitenähnlicher Ton, dessen Ausklingphase mit dem Feedback des Delays eingestellt wird. 

Details

Das Modul präsentiert sich in der Version 2 in 12TE und in aufgeräumter Optik, die einen Steam-Punk-Eindruck hinterlässt. Obwohl das Modul im Vergleich zur ersten Version breiter geworden ist, lässt die Fülle an Reglern und Buchsen den Platz ein bisschen eng wirken.
Das Delay1022 beinhaltet gleich zwei analoge BBD-Chips (“Bucket Brigade Device”), wobei man per Kippschalter wählen kann, ob man nur eines oder beide BBDs hintereinander verwenden möchte. Das ermöglicht Delay-Zeiten zwischen 2.5 ms und ungefähr 50 ms. Weiterhin finden wir einen gut klingenden analogen Lowpass-Filter, der dafür sorgt, Störgeräusche der analogen Delays zu unterdrücken. Es gibt zusätzliche Ein- und Ausgänge um eigene Effekte, wie z.B. Filter, in den Feedback-Weg zu schleifen. Der Filter ist nur per Regler und nicht per CV steuerbar, dafür aber das Feedback, das einen eigenen, invertierenden Abschwächer für seinen CV-Eingang spendiert bekommen hat.
Zusätzlich zum 1V/Oct Eingang gibt es einen weiteren CV-Eingang für die Delay-Zeit bzw. Tonhöhe, der sich per Kippschalter invertieren lässt und mit einem Abschwächer ausgestattet ist. Mit einem dritten Kippschalter kann man wählen, ob man das Signal im Feedback-Weg invertieren möchte oder ob man seinen eigenen Effekt in den Feedback einschleifen möchte. Darüber hinaus gibt es einen Mix-Regler, der das Verhältnis von Effekt und Eingang einstellt, wodurch das Delay über die Karplus-Strong-Synthese hinaus einsetzbar ist.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Modul ist 12 TE breit – viel Platz bleibt dennoch nicht. (Bild: CG Products)

Von hinten betrachtet macht das Modul einen ungewöhnlich komplizierten Eindruck. Verwendung finden gleich drei Platinen, welche voll bestückt in Sandwich-Bauweise an ein futuristisches Gebäude erinnern. Es gibt sieben Trim-Regler, die zur Justierung und Kalibrierung am Werk dienen und danach am besten unberührt bleiben. Die Module werden in Berlin per Hand zusammengebaut und gelötet; das merkt man auch an Qualität und Haptik.

Die Module sind mit 3 Platinen ungewöhnlich kompliziert aufgebaut. (Bild: CG Products)
Die Module sind mit 3 Platinen ungewöhnlich kompliziert aufgebaut. (Bild: CG Products)

Praxis

Gleich vorneweg: Das Modul klingt überdurchschnittlich gut und eigen. Es hat einen sehr sauberen und schönen Klang, der durch den integrierten, gut klingenden Filter unterstützt wird. Dieser Filter ist auch notwendig, da analoge Delays rauschen und bei längeren Delay-Zeiten einen sehr hochfrequenten, durchgehenden Ton erzeugen. Nicht nur beim Unterdrücken dieser Störgeräusche macht der Filter einen sehr guten Job, sondern er klingt auch noch sehr hochwertig und ermöglicht dadurch sehr schöne und weich klingende Sounds.
Um das Delay anzuregen, benötigt es ein kurzes Signal. Hierzu wird oft weißes Rauschen durch eine kurze Hüllkurve benutzt, aber auch Trigger oder das Attack-Knacksen von Hüllkurven reichen aus, um gute Ergebnisse zu erzielen. Besonders interessant wird es, wenn man das Triggersignal durch einen Filter laufen lässt, bevor man es in den Eingang schickt. Hierzu eigenen sich Hochpass- besser als Tiefpass- Filter und ermöglichen schöne Variationen der erzeugten Klänge. Die Länge des Triggers oder die Attack-Zeit der benutzten Hüllkurve haben einen noch größeren Effekt auf die Klangerzeugung und bieten eine weitere Möglichkeit, Variationen im Klang zu erzeugen. 

Audio Samples
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CG Delay1022 Sounds 1 CG Delay1022 Sounds 2 CG Delay1022 Sounds 3 CG Delay1022 Sounds 4

Die Tonhöhe wird durch den Regler für die Delay-Zeit bestimmt und das Decay durch den Feedback-Wert. Hier gibt es Anlass zu etwas Kritik, da man entweder kaum Decay erhält oder das Delay gleich in die Selbstoszillation gerät. Man benutzt meistens nur einen ganz kleinen Teil des einstellbaren Regelbereichs und der Regler wird meistens nur minimal verstellt, bis man angenehme Decay-Zeiten bekommt, bevor das Modul in Selbstoszillation gerät.
Das Delay lässt sich sehr gut mit 1V/Oct spielen, wobei es über mehrere Oktaven sauber tracken kann. Dieses ist auch einer der Hauptunterschiede zu herkömmlichen analogen Delays, die sich nicht mit 1V/Oct spielen lassen. Da es im Grunde ein Delay ist, verändern sich die Decay-Zeiten mit gespielter Tonhöhe. Je höher die gespielte Note, desto kürzer das Decay. Genau hierfür ist der abzuschwächende CV-Eingang für das Feedback gedacht. Man steckt die Tonhöhen-CV in den 1V/Oct Eingang und zugleich auch in den Feedback-CV Eingang. Bei vorsichtiger Einstellung spielt das Delay jetzt alle Noten mit gleich langem Decay. Leider gibt es hier ein ähnliches Problem wie beim Feedback. Der Bereich für die Feedback-CV ist viel zu weit gewählt und ermöglicht Feedback-Zeiten, die weit über den Wertebereich des Feedback-Reglers hinausgehen. Er muss somit sehr vorsichtig eingestellt werden. Das gibt einem zwar die Möglichkeit zu interessanten Experimenten, aber benötigt leider auch ein bisschen Geduld um die klassischen saitenähnlichen Klänge zu erzeugen.
Durch den Mix-Regler kann man das CG Delay auch sehr gut für Ambient- und Reverb-Sounds benutzen, wobei es hier sehr eigen klingt und einzigartige Sounds ermöglicht. Auch mit aufgedrehtem Feedback ohne Eingangssignal, wodurch das Delay einen durchgehenden Sound erzeugt, macht das Modul richtig Spaß und übernimmt die Funktion eines Oszillators, der in Verbindung mit dem eingebauten Filter wirklich gut und einzigartig klingt. 

Fazit

Wenn man überlegt, was es in letzter Zeit an analogen Klangerzeugern gab, die mal etwas Neues in der analogen Welt bieten, kommt man schnell ins Grübeln. Und genau hier setzt das CG Products Delay1022 an: Es produziert einen analogen, sehr schönen und vollen Klang, der sich eindeutig von herkömmlichen Oszillatoren unterscheidet. Angesichts der Klangqualität sieht man hier gern über die negativ aufgefallen Punkte hinweg. Die nicht optimal gewählten Regelbereiche machen das Modul mehr zu einem Studio- als Livetool, da man es sehr feinfühlig einstellen muss und es schnell in experimentelle Klänge ausartet. Vergleicht man das Modul mit digitalen Karplus-Strong-Modulen, merkt man auch gleich große Unterschiede. Das CG Delay ermöglicht ein viel größeres Spektrum an Klängen, welche trotzdem sehr hochwertig klingen. Oft klingt es wie ein orientalisches Saiteninstrument, aber auch tiefe Bässe und perkussive Klänge lassen sich mit dem Delay1022 sehr gut erzielen. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • sehr guter Klang
  • Möglichkeit externe Effekte in das Feedback zu legen
  • integrierter, gut klingender Tiefpass-Filter
  • gute Verarbeitung
Contra
  • Wertebereiche zum Teil zu weit gewählt
  • Filter nicht per CV steuerbar
Artikelbild
CG Products Delay1022 Test
Das CG Products Delay1022 klingt hervorragend, ist aber auch ein bisschen eine Diva. (Bild: CG Products)
Das CG Products Delay1022 klingt hervorragend, ist aber auch ein bisschen eine Diva. (Bild: CG Products)
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