Behringer Studio XL Test

Kaum ein Hersteller von Audiotechnik und Musikinstrumenten polarisiert so stark wie Behringer. Während die eine Gruppe Behringers Kopierfreudigkeit, also den „Nachbau“ von historischen und auch aktuellen Geräten einiger Mitbewerber kritisch betrachtet, freuen sich viele Kunden über Behringers preisgünstige Alternativen. Diese ermöglichen oder erleichtern wahrscheinlich so manch einem krisengebeutelten Ton-/Musikschaffenden, weiterhin kreativ und produktiv arbeiten zu können.

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Fakt ist, dass Behringers Studio XL offensichtlich deutlich vom Mackie Big Knob Studio+ inspiriert ist, den wir bereits im Test hatten. Da es sich im folgenden um einen Testbericht um keine Ethikdiskussion handeln soll, gilt es ausschließlich herauszufinden, welche Eigenschaften, Qualitätsmerkmale und Kritikpunkte uns im Test aufgefallen sind und für welche Anwender das Behringer Studio XL interessant sein könnte.

Details

Gerätekonzept des Studio XL

Nach Art eines Schweizer Taschenmessers handelt es sich um ein relativ kompaktes (ca. 33 x 16 x 8cm) Desktopgerät mit einer hohen Funktionsvielfalt und preisbezogen üppigen Ausstattung. Als Kombination aus Monitorcontroller und 2×4-Audiointerface dient das Behringer Studio XL quasi als Schaltzentrale eines Studioarbeitsplatzes und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, Audioaufnahmen (24Bit, bis zu 192 kHz) inklusive rudimentärer Monitoring-Funktionen durchzuführen. Die Verbindung mit dem Computer erfolgt per USB 2.0 (Class Compliant). Rechner mit macOS (10.14+) akzeptieren das Studio XL unmittelbar als Audiointerface, während Windows Computer einen Treiber benötigen, der auf der Homepage von Behringer bereitgestellt wird. Diverse Routing-Optionen der I/Os ermöglichen zudem unter anderem auch das mittlerweile fast übliche Erstellen von Streaming-Inhalten per „Loopback“.

Die vielen Bedienelemente und Anschlussmöglichkeiten versprechen eine attraktive Funktionalität.
Die vielen Bedienelemente und Anschlussmöglichkeiten versprechen eine attraktive Funktionalität.

Kern-Features

Beginnen wir einfach mal damit, was das Studio XL nicht kann: Es gibt keine digitalen I/Os, kein MIDI und auch auf eher „nerdige“ Monitorcontroller-Funktionen wie Phaseninvertierungen und separates Monitoring des linken und rechten Signals wird verzichtet. Die genannten „Defizite“ sind aus meiner Sicht keine Kritikpunkte, sondern für’s Protokoll beziehungsweise zum Überblick gedacht!
Das Studio XL hat nämlich viel zu bieten, wenn man bedenkt, dass es sicher sehr preiswert angeboten werden wird. Drei Monitor Outs mit separatem Trim-Regler sind durchaus profigerecht und eine Talkback-Sektion mit integriertem Mikrofon, der Anschlussmöglichkeit eines externen Mics, Foot-Switch-Buchse und zwei Routing-Optionen besitzt bei weitem nicht jeder Monitorcontroller. Unterhalb des äußerst großzügig dimensionierten VCA-gesteuerten Lautstärkereglers befinden die gängigen Monitoring-Funktionen Mono, Mute und Dim mit einer festen Absenkung von 20 dB.

Fotostrecke: 2 Bilder Monitor Select: Bei Bedarf lassen sich mehrere Monitor Outs gleichzeitig aktivieren.

Hervorzuheben ist die hohe Anzahl an analogen Ein- und Ausgängen, deren detaillierte Auflistung ihr auch am Ende dieses Testberichts findet. Während die Inputs 1/2 als XLR/TRS-Kombibuchsen ausgelegt und mit Midas Mic Preamps bestückt sind, handelt es sich bei den Eingängen 3 bis 6 um Line Inputs, die sowohl für Zuspieler zum Abhören als auch zur Aufnahme genutzt werden können. Beide Stereoeingänge (3/4, 5/6) verfügen über separate Trim-Regler, Input 5/6 lässt sich zudem auf Homerecording-Pegel umschalten. Weiterhin lässt sich Input 5/6 von der Gerätevorderseite per 3,5-mm-Stereoklinke nutzen, wodurch die 6,35-mm-Eingänge auf der Rückseite deaktiviert werden. Dies ermöglicht das unkomplizierte Zuspielen oder Aufnehmen von Smartphones oder Tablets mit entsprechendem Ausgang. Auch Abhörseitig wird zusätzlich zu den genannten Monitor Outs noch einiges geboten. Es gibt zwei Kopfhörerausgänge mit separater Lautstärkeregelung sowie zwei weitere Stereoausgänge. „Studio Outs“, ebenfalls mit separatem Lautstärkeregler, ermöglicht das Anschließen von Lautsprechern (z.B. im Aufnahmeraum) oder eines externen Kopfhörerverstärkers. Außerdem kann dieser Ausgang vom DAW Output 3/4 beschickt werden, während DAW Output 1/2 auf den anderen Ausgängen ausgegeben wird. Zu guter Letzt: Der Ausgang „2-Track“. Dieser Output ist quasi „pre-Fader“ und bietet im Gegensatz zu den sonstigen Line Outs keine separate Lautstärkeregelung.

Fotostrecke: 4 Bilder Bedienelemente der Input-Sektion

Hardware und Verarbeitung

Plastik war gestern! Das überwiegend aus Metall gefertigte Desktopgerät macht einen soliden und studiotauglichen Eindruck, auch wenn die Potis nicht ganz so bombenfest sitzen wie in meinem Portico 5017 von Rupert Neve Designs, der sich während des Tests in unmittelbarer Nachbarschaft befindet. Die Bedienbarkeit und Haptik aller Bedienelemente kann man dennoch als hervorragend bewerten. Bei einem Gewicht von 1,8 kg und vier Gummifüßen an der Unterseite ist das Behringer Studio XL zudem ausgesprochen standfest. Wäre der zweite Kopfhörerausgang nicht auf einer Seite stumm, dann gäbe es absolut nichts zu bemängeln. Ob der genannte Defekt – möglicherweise eine transportbedingte Lötstellenbeschädigung – ein Indiz für potenzielle Verarbeitungsmängel oder schlicht und einfach ein Ereignis mit einer gewissen statistischen Wahrscheinlichkeit ist, das nachweislich auch bei einem Premiumgerät vorkommen kann, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen. Fakt ist: Als Käufer würde man das Gerät umgehend und problemlos austauschen, in meinem Fall hat der Defekt des ansonsten einwandfrei funktionierenden Testgeräts den weiteren Testverlauf nicht negativ beeinflusst. Mit Ausnahme des vorderseitig verbauten und etwas wackeligen Miniklinkeneingangs sitzen alle weiteren Anschlüsse der Vorder- und Rückseite sehr stabil im Gehäuse. Mit einem Blick auf den günstigen Verkaufspreis kann man die Verarbeitungsqualität insgesamt positiv bewerten.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Bedienelemente hinterlassen einen dem angenommenen geringen Preis und dem Einsatzzweck entsprechend soliden Eindruck.

Praxis

Testumgebung und Performance

Der mehrtägige Test des Behringer Studio XL erfolgte mit einem MacBook Pro (macOS 10.14.6) ohne irgendwelche Probleme oder Audioaussetzer, auch beim Abspielen und Bearbeiten komplexer DAW-Projekte. Die Roundtrip-Latenz (Logic Pro X) bei 64, 128 und 256 Samples Buffersize entspricht mit 8,3, 11,2 und 17 ms in etwa den Konkurrenzprodukten in dieser Preisregion und ermöglicht ein praktikables Arbeiten mit Audio- und Musikprojekten. Zur Performance des Studio XL im Verbund mit dem Windows-Treiber kann ich keine Aussage treffen.

Einstieg

Die meisten Funktionen des Behringer Studio XL erklären sich quasi von selbst, sofern man bereits Kontakt mit Studiogeräten hatte. Einige wichtige Details, speziell welches Signal wann wohin geroutet wird und welchem Anwendungsaspekt dies dienlich ist, erschließt sich nicht immer spontan. Hier hätte Behringer für mein Empfinden etwas mehr Liebe und Anwendungsbeispiele in den mehrsprachigen und etwas oberflächlichen Quick Start Guide stecken können, wie ich es bei einigen Mitbewerbern in letzter Zeit häufiger gesehen habe. Ein weiteres Hindernis bei der Einarbeitung war, dass die teilweise graue Beschriftung der Bedienelemente schwer zu entziffern ist. Nun ist der Studioraum, in dem ich den Test durchgeführt habe, nicht unbedingt ausgeleuchtet wie eine Zahnarztpraxis, aber dass ich so häufig zur Taschenlampe meines Smartphones greifen musste, ist mir von anderen Geräten nicht in Erinnerung geblieben.

Die Beschriftungen ließen sich im Test oftmals nur schwer erkennen.
Die Beschriftungen ließen sich im Test oftmals nur schwer erkennen.

Volle Kontrolle

Der unmittelbare und in höchstem Maße praxisfreundliche Zugriff auf fast sämtliche Ein- und Ausgangspegel des Studio XL zählt zu den Highlights des Behringer Studio XL. Besonders die separaten Trim-Regler je Monitorausgang (A, B, C) sind ein nützliches Feature beim Umschalten zwischen verschiedenen Lautsprecherpaaren, die somit in der Lautstärke angleichbar sind, ohne dass man den großen und hervorragend bedienbaren Volumeregler verstellen muss! Dank VCA-Steuerung gewährleistet dieser übrigens einen hervorragenden Stereogleichlauf, selbst bei geringen Ausgangspegeln! Als nicht ganz optimal empfinde ich den Regelbereich der zweifellos kräftigen internen Kopfhörerverstärker. Beim Abhören von pegelstarken Signalen und kräftig spielenden Kopfhörern wie meinem Adam Audio Studio Pro SP-5 muss man die Lautstärke per Poti deutlich reduzieren. Dadurch hat man einen sehr eingeschränkten Regelbereich zwischen „7 und 9 Uhr“, sofern man einen Hörschaden vermeiden möchte. Hier muss man sich ggf. mit einem externen Phones Amp behelfen, der an einem der regelbaren Line Outs angeschlossen werden kann.

Aufnahme

Die Aufnahmemöglichkeit über die Line- und Mikrofoneingänge ist das spektakuläre Extra-Features, das den Anwendungsbereich des Monitorcontrollers erheblich erweitert. Da mein Review ausschließlich an einem MacBook Pro (also ohne Treiber Software) stattfand, entzieht es sich meiner Kenntnis, ob die Windows-Software weitere Monitoring-Features bietet. Beim Recording am Mac erfolgt ein simples aber praktikables und selbstverständlich latenzfreies Direct Monitoring per Balance Poti (Input/Cue), wie es in dieser Preisklasse gängig ist. Hierbei ist die Selektion der Cue Source zu beachten, wobei die Option „USB 3/4“ eine praktische Variante zur Zuweisung der Playbackspuren im Hostprogramm ist. Die entsprechenden Spuren müssen in der DAW lediglich auf Out 3/4 geroutet werden und schon kann zum Beispiel eine Gesangsaufnahme zum Playback erfolgen. Von elementarer Wichtigkeit ist der „REC SRC SEL“-Button auf der Gehäuserückseite. Natürlich wäre eine Platzierung auf der Bedienfront ergonomisch besser gewesen, aber da sich der Button einwandfrei ertasten lässt, ist dies nicht zwingend kritikwürdig. Dieser Umschalter ist jedenfalls für die Zuweisung des Aufnahmesignals wichtig und schaltet zwischen Input 1/2 und den unter 2-TR Source angewählten Eingangsquellen um, wenn man beispielsweise ein Stereo-Line-Signal aufnehmen möchte. Abschließend ist zu erwähnen, dass die Talkback-Sektion einen absolut zufriedenstellenden Job macht. Die Aktivierung erzeugt keine übermäßigen Klackgeräusche, die den Künstler im Aufnahmeraum zusammenzucken lässt und auch das regelbare interne Mikrofon bietet eine zweckmäßige und verständliche Audioqualität.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Talkback-Sektion mit den Routing-Optionen 2-TR und Cue

Sound

Diverse Reviews von Audiointerfaces unterer und moderater Preisregionen, an denen ich in den letzten Monaten gearbeitet habe, haben gezeigt, dass offenbar kaum noch schlecht klingende Wandler oder Mikrofonvorverstärker im Handel sind. Das trifft auch auf Behringers Studio XL zu, an dem ich soundmäßig nichts auszusetzen habe: Weder abhör- noch aufnahmeseitig konnte ich Klangfärbungen benennen. Entlarvend wäre eine Qualitätsminderung bei den gleich folgenden Resample-Audiobeispielen, bei denen ein Audiofile vom Line-Ausgang ausgespielt und über einen weiteren Line-Eingang wieder aufgenommen wird. Beim Hörvergleich kann ich keine Qualitätsminderung feststellen. Auch am allgemeinen Rauschverhalten gibt es nichts zu bemängeln. Das dynamische Shure SM7B beispielsweise rauscht an den Midas-Vorverstärkern in dem tolerierbaren Maß, wie es auch bei anderen, teilweise deutlich teureren Preamps der Fall ist. Dass den Sprachaufnahmen der letzte Profi-Schliff fehlt, liegt neben meiner erkältungszermarterten Stimme in erster Linie am nicht vorhandenen Lowcut bei der Aufnahme der ansonsten unbearbeiteten Takes. Selbst bei einigen reinen Audiointerfaces sind Filter im Aufnahmekanal nicht immer vorhanden, sodass dies eine Feststellung und kein Kritikpunkt ist.

Audio Samples
0:00
Sprache (Neumann TLM 102) Sprache (Shure SM7B) Talkback (internes Mikrofon) Klangbeispiel 1 (Original) Klangbeispiel 1 (Resample) Klangbeispiel 2 (Original) Klangbeispiel 2 (Resample) Analog Synth (Line) iPad Performance (Miniklinke)
Fotostrecke: 2 Bilder Inputs und Trimmer

Fazit

Unter Berücksichtigung der genannten Kritikpunkte ist Behringers Studio XL ein empfehlenswerter Studiohelfer mit nützlichen Ausstattungsmerkmalen, vielen I/Os und guten Audioeigenschaften. Nicht zuletzt aufgrund des sehr wahrscheinlich günstigen Preises wird das Studio XL vermutlich viele Freunde finden!

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • üppige Ausstattung an analogen I/Os
  • insgesamt gute Audioeigenschaften
  • hohe Funktionalität
  • zwei gute Mikrofonvorverstärker
  • zwei separat regelbare Kopfhörerausgänge
  • direkte Regelmöglichkeiten fast aller I/Os
  • praktikable Talkback-Optionen
  • solide Verarbeitung
Contra
  • lieblose Dokumentation
  • die teilweise graue Beschriftung der Bedienelemente ist kaum zu entziffern
  • kleiner Defekt am Testgerät (Phones Out 2 nur 1 Kanal)
  • Miniklinkenbuchse sitzt etwas locker
  • schmaler Regelbereich der Phones-Regler bei lautem Eingangssignal
Artikelbild
Behringer Studio XL Test
Behringer_Studio_XL_B17_Bedienfront
Features und Spezifikationen
  • Monitorcontroller mit USB 2.0 Audiointerface
  • 2 Inputs / 4 Outputs (Interface)
  • Auflösung bis zu 24 Bit/192kHz
  • USB-B Anschluss
  • Class Compliant
  • Systemvoraussetzungen (Interface-Betrieb): macOS 10.14+ / Windows 10 (Treiber erforderlich)
Inputs
  • Input 1/2: 2 x XLR/TRS (Mic: 3kOhm / Line: 1MOhm)
  • Inputs 3 bis 6: 4 x TRS (6,35mm Klinke)
  • Input 5/6 (alternativ): 1 x TRS (Miniklinke Stereo), +4/-10dB
  • Aux Mix: 2 x TRS (6,35mm Klinke)
  • Talkback (extern): XLR
  • 2 Midas Preamps (+48V, 3kOhm)
  • Gain am Testgerät ca. +60dB (keine Herstellerangabe)
Outputs
  • 3 Monitor Outputs: 6 x TRS (6,35mm Klinke)
  • 1 Studio/Phones Amp Output: 2 x TRS (6,35mm Klinke)
  • 1 2-Track Output: 2 x TRS (6,35mm Klinke)
  • 2 Phones Outputs: 2 x TRS (6,35mm Klinke)
  • alle Outputs (außer 2-Track) mit separatem Trim-/Lautstärkeregler
weitere Daten
  • Loopback-Funktionalität für Streaming-Anwendungen
  • VCA Stereo Tracking (Volumeregler)
  • Dim (-20dB), Mute (-60dB), Mono
  • internes Talkback-Mikrofon
  • Talkback per Fußschalter (optional) bedienbar
  • Lieferumfang: USB-B auf USB-A Kabel, Audiokabel (Miniklinke stereo)
  • Maße: 80mm x 328mm x 163mm (H/B/T)
  • Gewicht: 1,8kg
Preis: zum Testzeitpunkt noch nicht abschließend bekanntgegeben, in den USA angeblich 249 US-$
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