Der erste Drumcomputer, den ich mit ungefähr 16 Jahren in der Hand hatte, war ein Alesis SR16, der Nachfolger des legendären HR16. Die Firma Alesis, die Anfang der 90er mit dem digitalen Mehrspur-Bandgerät “ADAT” internationale Erfolge verbuchen konnte, ist bekannt für ihre – dank der Herstellung in Fernost – recht preiswerten Geräte. Mal sehen ob man mit dem Kauf des DM6 ein Schnäppchen machen kann oder ob zu wenig Leistung und Qualität mit dem geringen Anschaffungspreis einher gehen. Im Gegensatz zu manch großem Elektrohandel finde ich: Geiz ist nicht geil!
Das neue DM6 wird komplett verpackt in einem einzigen großen Karton angeliefert. Der Herr Paketzusteller tut mir schon ein wenig leid, als er schwer beladen mit einem riesigen Paket vor meiner Wohnungstür im dritten Stock steht. Ob sich der Aufwand gelohnt hat? Im Voraus lässt sich nichts abschätzen, Alesis präsentiert sich betont selbstsicher. Alles nur Bluff?
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DETAILS Als Herz eines jeden E-Drumset fungiert das Drum-Modul. Im Falle unseres Testkandidaten ist es das DM6, welches mit insgesamt 108 verschiedenen Drum-, Cymbal- und Percussionsounds ausgestattet ist und verschiedene Funktionen hat, auf die ich im Praxisteil noch eingehen werde. Das Modul bietet uns 40 Play-Alongs und 15 vorprogrammierte Drum-Kits mit veränderbaren Einzelsounds an. Man hat also die Möglichkeit, 15 Drumsets nach eigenen Sound- und Lautstärkewünschen zusammenzustellen und zu speichern.
Auf der Rückseite verfügt das DM6 über einen 3,5 mm Klinkeneingang, über den eine externe Audioquelle wie ein CD-Player oder ein iPod angeschlossen werden kann. Daneben befinden sich ein 3,5 mm Kopfhöreranschluss und ein 3,5 mm Output-Ausgang für ein optionales Lautsprechersystem oder eine Aufnahmequelle. Des Weiteren verfügt das DM6 über einen USB-Port für die Verbindung mit einem Computer oder einem anderen USB-Gerät. So kann man via MIDI eine Drummodul-Software wie Reason oder BFD als Soundquelle nutzen. Der kleine, schwarze Kippschalter links neben dem USB-Port bezieht sich auf die Kick-Drum-Funktion und lässt sich entweder auf Switch oder Pad einstellen. Benutzt man einen Fußschalter, wählt man Switch, benutzt man ein Bass-Drum-Pad mit einem handelsüblichen Kickpedal, muss man auf Pad umschalten. An der Trigger-Input-Connection werden die gebündelten Kabel der Pads und des Hi-Hat-Controllers mit dem Modul verbunden. Dann gibt es noch einen Power-IN-Anschluss für das Netzteil und einen Power-ON/OFF-Schalter.
Die Vorderseite ist in drei Bereiche unterteilt. Im unteren Bereich ist das ganze Kit symbolisch abgebildet und schlägt man ein einzelnes Pad an, so leuchtet das entsprechende Symbol rot auf. Der Mastervolume-Regler ist ebenfalls im unteren Teil angebracht und ist der einzige Drehregler des Moduls. Im mittleren Bereich sind verschiedene Schalter zum Bedienen des Moduls angebracht. Mit dem zentral angebrachten Value-Plus/Minus-Schalter kann man die vorher mit dem jeweiligen Schalter ausgewählten Werte wie Tempo/Click/Pattern/Voice/Kit und Volume verändern. Dazu kommt noch ein Start/Stop-Schalter zum Starten eines Patterns oder einer Aufnahme und der Drum-On/Off-Schalter mit dem sich das jeweilige Kit eines Pattern stummschalten lässt. Im oberen Teilbereich ist die LCD-Anzeige platziert, sie zeigt die aktuellen Parameterwerte und stellt übersichtlich dar, welches Kit, Voice und Pattern ausgewählt sind. Das eigentliche Drumset besteht aus unterschiedlichen Pads für Snare, Tom, Bass-Drum und Becken sowie einem Hi-Hat-Controller. Die vier Padtypen sind ausnahmslos anschlagdynamisch, das heißt die Kraft des Anschlags wird mit übertragen und kann Soundparameter wie Lautstärke beeinflussen.
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PRAXIS Das DM6 ist wirklich auffällig günstig, so dass ich nichts wirklich Großes erwarte. Bevor das Set ordentlich getestet werden kann, muss es erst einmal ausgepackt werden. Zum Vorschein kommen, nachdem alle im großen Karton enthaltenen Einzelpakete geöffnet sind: Drei Tom-Pads, ein Dual-Snare-Pad, ein Bass-Drum-Pad, drei Becken-Pads, ein HI-Hat-Controller, sowie die einzelnen Rackteile aus Aluminium mit den dazugehörigen L-Winkeln und Manschetten, Kabel plus Kabelbinder und – aufgepasst – eine Fußmaschine und sogar ein Paar Sticks. Hersteller von E-Drums sind in der Regel bekannt dafür, gerade auf ein Kickpedal im Lieferumfang zu verzichten. Ein Pluspunkt für Alesis. Der Aufbau des Kits versteht sich praktisch von selbst. Nachdem ich die einzelnen Rackteile mit den dafür vorgesehenen Manschetten, die mit Vierkantschrauben versehen sind, verbunden habe, muss ich die L-Winkel, deren Halterungen mit Flügelschrauben versehen sind, am Rack anbringen.
Der nächste Schritt: das Snare-Pad und die drei Tom-Pads auf die L-Winkel schrauben, die Becken-Pads auf den dazugehörigen Metallarmen befestigen und diese am Rack justieren. Anschließend das Modul zwischen den oberen zwei Tom-Pads platzieren, am Bass-Drum-Pad die Fußmaschine befestigen und den Hi-Hat-Controller links neben das Rack auf den Boden legen. Jetzt nur noch die beschrifteten Kabel mit den Einzel-Pads und dem Modul verbinden, fertig. Noch angenehmer hätte sich der Aufbau gestaltet, wenn die zum Verschrauben des Racks benötigten Manschetten mit leicht zu bedienenden Flügelschrauben anstelle von Vierkantschrauben ausgestattet wären. Den Stecker des 9V-Netzteils in die Dose, Power On und los geht’s!
Der erste Gesamt-Eindruck ist gut, alles sieht gut aus, spielt sich ok und klingt. Die einzelnen Pads, der Controller und das Modul erfüllen ihre Funktion, nur beim Dual-Snare-Pad fallen mir gleich Schwächen in der Ansprache auf. Das Spielgefühl des Dual-Pads ist nicht schlecht, doch reagiert es nicht ausreichend auf leise oder schnell aufeinander folgende Schläge. Die Empfindlichkeit des Pads lässt sich leider nicht einstellen, wodurch man sich bedauerlicherweise Ghostnotes schenken kann. Somit erfüllt das Pad die Anforderungen an ein Snare-Pad leider nicht. Durch die Dualfunktion kann man den Rim des Pads mit noch einem zusätzlichen Sound belegen.
Die Tom- und Bass-Drum-Pads reagieren schon viel authentischer auf viele schnelle und dynamische Schläge, was dem natürlichen Spielgefühl akustischer Drumsets schon recht nahe kommt. Die Becken-Pads in ”Vinyloptik” weisen einen verstärkten, bespielbaren Bereich auf, der etwa ein Drittel der Oberfläche einnimmt und auch hier ist das Spielgefühl gut.
Die 40 Play-Alongs bieten von Rock über Funk bis hin zum Reggae unterschiedliche Stilistiken, die Sounds sind zwar nicht die coolsten, doch macht es Spaß durch die verschiedenen Genres zu wandern. Um nun mein eigenes DM6-Kit zu erstellen, drücke ich auf der Bedienseite des Moduls die Kit-Taste, wähle eines der 15 Sets aus und habe die Möglichkeit, nachdem ich die Voice-Funktion ausgewählt habe, einzelne Sounds zu verändern. Hierfür muss ich nur das jeweilige Pad antippen, um dann mit der Value-Taste einen anderen Sound auszuwählen. Die Lautstärke der einzelnen Sounds lässt sich mittels der Volume-Taste variieren. So kann man sich aus den 108 Sounds ein recht individuelles Kit zusammenstellen. Das ist eine erstaunliche Option, die sogar bei high-end E-Drum-Sets eher die Ausnahme ist. Um die Midifunktion zu testen, verbinde ich das Modul via USB mit meinem Laptop, öffne das Programm Reason, richte das DM6 als externes Instrument ein. Es funktioniert reibungslos. Durch die Verknüpfung mit Reason und die damit verbundene Möglichkeit, aus einer viel größeren Sound-Library zu schöpfen, wird der Einsatz des DM6 viel interessanter, da ich die Pads nun mit Klängen aus Reason belegen kann. Nur entsteht durch den Einsatz einer externen Soundquelle eine unangenehme Latenz beim Spielen: Der angewählte Sound folgt hörbar viel zu spät nach dem zugehörigen Schlag, was den Spielspass auf Dauer doch erheblich mindert. Das machen andere Geräte im Direktvergleich spürbar besser!
Als Nächstes starte ich mit der Pattern-Taste eines der 40 Play-Alongs und benutze auch gleich die Drum-Off-Taste, welche die Drumsounds des Play-Alongs stummschaltet. Zusätzlich lässt sich der Klick an- oder ausschalten. Dem User werden dadurch viele Möglichkeiten an die Hand gegeben, sein Timing zu verbessern. Nur ein einziger Platz auf dem Modul, das Pattern mit der Nummer 41, bietet freien Speicherplatz um ein eigenes Rhythmuspattern aufzunehmen. Man muss dazu die Save/Rec-Taste etwas länger gedrückt halten, dann den Klick laufen lassen und Start drücken. Die Möglichkeit, eigene Pattern zu speichern ist eine maßgebliche Errungenschaft in der Historie der Trommel-Computer, und es mutet etwas bastelfaul an, dass Alesis hier die Loop-Freude geneigter Kunden vernachlässigt.
Etwas irritierend ist ein zwar leises, aber merkwürdig raschelndes, digitales Geräusch, das besonderes während des Anspielens einzelner Sounds deutlich zu hören ist. Schlägt man ein Pad an, erklingt zunächst der ausgewählte Sound und dann für etwa zwei Sekunden ein elektronisches Rauschen. Dieses hört sich je nach Sound immer etwas anders an. Spielt man das komplette Set, ist dieses Phänomen weniger auffällig, beim Bearbeiten von Einzelsounds allerdings ein wenig irritierend.
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FAZIT Wer auf der Suche nach einem günstigen E-Drumset für den Einsatz in den eigenen vier Wänden ist, könnte mit dem DM6 gut bedient sein. E-Drums tragen in der Regel einiges zu Erhaltung des Hausfriedens bei und wenn es nur zu Übungszwecken gebraucht werden soll, muss man nicht unbedingt horrende Summen dafür ausgeben. Man darf dann aber im Gegenzug bei diesem Preis auch nicht zu viel erwarten. Das Snare-Pad lässt leider zu viele Wünsche offen und wurde von mir während des Tests durch ein Tom-Pad ausgetauscht. Dieses war für den Snaregebrauch leider auch nicht optimal, das Spielgefühl und die Ansprache aber letztendlich zufriedenstellender als vorher. Trotzdem: Für den Live-Einsatz kann ich das DM6 nicht empfehlen. Empfehlen kann ich das Set Schlagzeug-Anfänger/innen und Trommlern, die noch nie mit einem E-Drumset gearbeitet haben. Man muss nicht erst einen Roman namens Bedienungsanleitung lesen, sondern kann, da sich die Handhabung praktisch von selbst erklärt, schnell loslegen. Den Einsatz im Recordingbereich und den Gebrauch der Midi-Option mit einem externen Computer würde ich aufgrund der entstehenden Latenz nur bedingt empfehlen.
Unser Fazit:
3 / 5
Pro
Preis-/Leistungsverhältnis
einfache Bedienung
Bass-Drum-Pedal im Lieferumfang enthalten
Contra
hohe Midi-Latenz in der Zusammenwirkung mit externen Geräten
Schlechte Ansprache des Snare-Pads
merkwürdiges Rauschen nach dem Anspielen einzelner Pads
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