AKG Perception 170 Test

AKG zählt zu den ganz großen Namen der internationalen Mikrofongeschichte. Im nichtprofessionellen Bereich sind die Österreicher sogar bekannter als die “Piefkes” Neumann und Schoeps. Seit Einführung der Perception-Serie im Jahr 2005 werden preiswerte Mikrofone verschiedenster Bauarten angeboten, um günstige Alternativen zu C 414, D 112 und – wie im Falle der 170er – zum C 451 anbieten zu können.

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Ob das Perception 170 dem großen Namen etwas entgegenzusetzen hat oder nicht, muss ein Pärchen der beiden im bonedo-Testmarathon unter Beweis stellen. Auffällig: Ein einzelnes Mikro ist mit einem unverbindlichen Preis von 119 Euro außerordentlich preiswert!

Details

“Nee, nix Elektret”: Das Herzstück eines AKG Perception 170 ist eine Echtkondensatorkapsel, deren 0,5″ durchmessende, goldbedampfte Membran auch für rückseitig eintreffenden Schall zugänglich ist – es handelt sich also um einen Druckgradientenempfänger. Durch den Umweg, den der Schall durch die seitlichen Eintrittsöffnungen und am breiten Kegelfuß vorbei zurücklegen muss, entsteht die beliebteste und am weitesten verbreitete aller Richtcharakteristiken, die Niere. Ein genauer Blick in das Polar Pattern zeigt jedoch, dass es sich trotz Benennung “Niere” eher um eine “Breite Niere” oder eine “Offene Niere” handelt: Die 180°-Dämpfung geht nicht gegen unendlich (bei 1 kHz sind es nur etwas mehr als 15 dB), bei Besprechung aus 90° sind es bis hinauf zu 10 kHz sogar nur 5 dB. Anders als bei den üblichen Breiten Nieren (wie der Colette-Kapsel MK 21 von Schoeps etwa) kann man aber eine sehr kleine, frequenzunabhängige Pegelanhebung von etwa 5 dB mit 30° Öffnungsradius von der Hauptaufsprechrichtung feststellen. Der grafische Frequenzgang zeigt eine deutliche Höhenanhebung um 10 kHz und leichte Dips bei 5 kHz und 300 Hz. Bei 135 dB SPL liegt der Anteil der im Mikrofon entstehenden Verzerrungsprodukte bei 0,5%, schaltet man das Pad hinzu, gewinnt man 20 dB und kann entsprechend höherpegelige Schallquellen miken. Die Empfindlichkeit des phantomgespeisten Pastellmikrofons liegt mit 12 mV/Pa im Rahmen des Üblichen, das äquivalente Eigenrauschen ebenfalls, wenn man die Membrangröße im Hinterkopf behält: 21 dB(A) sind es dort.

Fotostrecke: 4 Bilder Hinter dem Grill des Perception 170 arbeitet eine Elektretkapsel

Nicht so schnell unterkriegen lassen wird sich das 170 bei “mechanischer Beanspruchung”, wie es so schön heißt. Widrigen Einflüssen entgegenzusetzen hat das 16 cm lange Mikrofon nämlich einen Messingkorpus mit stabilen Gittern über der Membran, die – besonders in Kombination mit dem mutigen Türkis-Metallic – für einen gewissen Fifties-Touch sorgen.
Das Stereo-Set beinhaltet zwei “factory-matched” 170er mit Klemmen. Geliefert werden die Schallwandler in einer Faltschachtel mit ausgeformtem Schaumstoff und allerhand Papierwerk.

Praxis

Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich die ersten Signale von den beiden AKG Perception 170 zu Ohren bekommen habe. Normalerweise folgt auf einen Satz wie diesen im Anschluss ein Absatz, der vollgestopft mit Lobhudelei ist – diesmal nicht. Das, was ich wahrnehme, hat nicht viel mit dem zu tun, was ich aufgrund des Namens AKG und der Daten erwartet habe. Im XY-Verfahren angewendet, lassen es die beiden Stäbchen an Höhen vermissen, die Gitarre klingt dadurch mumpfig und bei weitem nicht so spritzig, wie es die Assoziationen mit der fröhlichen Gehäusefarbe eigentlich erwarten ließen.

Fotostrecke: 5 Bilder Die AKG Perception 170 im Praxiseinsatz

Ich möchte den 170ern durchaus eine gewisse Trägheit unterstellen. Mein geschätzter Kollege Guido Metzen hat es auf den Punkt gebracht, indem er meinte “Das klingt ja eigentlich wie ein dynamisches Mikro …”. Recht hat er: Die feinen Rutschgeräusche, die Textur der schwingenden Saiten, die Rückwürfe aus dem Raum und vom Parkettboden–- all das ist schlecht aufgelöst und ein ziemliches Dickicht, in dem sich die einzelnen Bestandteile nur schwer ausmachen lassen. Natürlich ist das keine Vollkatastrophe und manchen Signalen (Drum-Overheads) kann das sogar zuträglich sein, doch ist es nicht so, als würde man aufgrund dieser Eigenschaften im Mikrofonschrank zu den Kleinmembran-Kondensatormikros greifen.

Audio Samples
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AKG Perception 170 Referenz Schoeps CMC-64

Deutlich höhenreicher geht es genau auf Achse zu, wenn also die 170er frontal von 0° besprochen werden. So ganz deckt sich das nicht mit dem, was man aufgrund der im Manual ausgewiesenen Grafiken erwarten könnte. Dieser Bereich ist allerdings recht klein, kann jedoch dafür genutzt werden, einzelne Schallquellen oder nur Teile davon hervorzuheben; beim Drumkit kann das interessant sein. Im Stereoverbund ist es aber genau diese Eigenschaft, die für Ärger sorgt – denn das will man dort nur eingeschränkt. Doch auch am Schlagzeug, das offenbar auch als typisches Aufnahmeobjekt für die Perceptions avisiert ist (das lässt unter anderem die gut funktionierende Pad-Schaltung erahnen) wird man die Overheads meist stereo mikrofonieren wollen. In diesem Zusammenhang wäre natürlich ein Hochpassfilter nicht falsch, doch tut es hier meist auch das entsprechende Filter am Preamp.
Auch handelt es sich offensichtlich nicht um Montagsmikrofone, denn die beiden Partnermikros, die das Stereopärchen bilden – und das wiederum ist eine gute Nachricht – sind erstaunlich gut gematcht. Ebenfalls keinen Grund zur Beanstandung habe ich, was das Rauschen angeht, das hier niedrig genug und besonders gleichmäßig vonstatten geht. Zahlen erzählen ja nur eine Teilwahrheit, denn sobald zum Beispiel eine Struktur im Rauschteppich erkannt werden kann, wird es ungemütlich.

Fazit

Nun, wie fasse ich das heiße Eisen an… “Die Mikros sehen gut aus?” Nein, das wäre fies. Fakt ist jedoch, dass die AKG Perception 170 vor allem bezüglich der Auflösung und Höhenwiedergabe mit vielen Konkurrenten im sehr umkämpften Preissegment nicht mithalten können. Dadurch ist die Eignung für akustische Instrumente zarterer Natur, darunter so wichtige wie Gitarren und Streicher, deutlich eingeschränkt. Am Drumkit kann die tendenziell vorhandene Behäbigkeit einer Aufnahme zuträglich sein, denn durch den schmalen “Höhenkegel”, den die Mikrofone direkt auf Achse liefern, lassen sich einzelne Signale des Drumkits ordentlich isolieren.

Pro
  • preiswert
  • robust
Contra
  • besonders außerhalb der 0° höhenarm
  • behäbig, schlechte Auflösung
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Unser Fazit:
2,5 / 5
Pro
  • preiswert
  • robust
Contra
  • besonders außerhalb der 0° höhenarm
  • behäbig, schlechte Auflösung
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AKG Perception 170 Test
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