SPL Hermes Test

Vor ein paar Jahren hat SPL begonnen, das Portfolio neu zu strukturieren. Seitdem bietet die deutsche Schmiede mehr High-End-Prozessoren an, flirtet heftig mit dem Hi-Fi-Markt und konzentriert sich auch stärker auf die Mastering-Infrastruktur.

Kleine Punkte neben der Positionszahl verraten uns, dieser Insert ist einen Parallel-Mix zugeordnet!


Angefangen hat alles es mit dem Iron-Kompressor, gefolgt von den beiden EQs PQ und PassEQ, und mündete in der neuen Mastering-Systemlösung mit spezialisierten Teilprozessoren wie der DMC-Kommandozentrale, dem Gemini-M/S-Prozessor und dem heute zum Test geladenen Hermes, einem Mastering-Router.

Details

Götterbote


Der SPL Hermes ist ein Mastering-Router oder auch eine hochflexible Insertier-Matrix für bis zu acht Stereoprozessoren auf einem Stereobus. Wie alle anderen Geräte der neusten Generation kommt auch dieser schicke 19-Zoll-Kasten (2 HE) in den Trendfarben Rot mit schwarzen Inlays, Schwarz mit silbernen Inlays sowie „All Black“ (unser Testexemplar) daher. Alle Bedienelemente fassen sich hochwertig an und sind logisch strukturiert.

Fotostrecke: 3 Bilder Klares Layout, großes Display, hochwertige Bedienelemente – SPL Hermes.


Insert-Matrix Deluxe

Ein Insert bietet die Möglichkeit, Prozessoren in einen bestehenden Signalfluss zu integrieren. Gute Pulte haben dafür einen eigenen Taster, günstige Lösungen hingegen oft nur eine entsprechende Buchse, die meist unsymmetrisch als Y-Split via Klinke realisiert wird. Steckt das Kabel, ist der Insert aktiv – steckt er nicht, ist das Gerät vom Signalfluss ausgenommen. Soweit so gut – und bei professionellen Anwendungen so zu umständlich zu handhaben.
Der nächste logische Schritt wäre es, mehrere Inserts pro Kanal zu integrieren, sodass man verschiedene Geräte in den Signalfluss klemmen kann – oder eben auch nicht, je nach Bedarf. Die bessere Variante wäre es, wie bei einer Patch-Bay auch die Reihenfolge der Prozessoren vertauschen zu können, aber eben ohne das nervige Umstecken sowie die Puristen zum Wahnsinn treibenden Übergangswiderstände aus Buchsen und Kabeln.

Fotostrecke: 2 Bilder Acht Taster, A-H, für acht Inserts sowie je eine 7-Segment-Anzeige darüber, die uns die Position des Inserts im Signalfluss verrät.

Für solche Szenarien gab es bereits einige Konzepte. Beispielsweise die SSL X-Patch, die aber umständlich zu bedienen war und deswegen auch ziemlich schnell aus den Regalen wieder verschwand. Deutlich besser war da schon das Konzept in der SSL Matrix nutzbar, aber auch richtig teuer! Ebenfalls interessant war der Dangerous Music Liaison mit seinen sechs Inserts, die sogar auf zwei Busse verteilbar waren. Speziell für Masteringanwendungen gab es auch noch die Maselec MTC-1 sowie den Quasi-Vorgänger des Hermes, die SPL MasterBay S („discontinued“). 

Fotostrecke: 6 Bilder SPL MasterBay – der Vorgänger vom Hermes, gibt es aber nicht mehr lange!

Ich persönlich habe lange die MasterBay genutzt, verwende aktuell nun eine Kombination aus SSL Matrix und MTC-1. Die Flock Audio Patch sollte man an dieser Stelle ebenfalls erwähnen, auch wenn ich noch keine unter den Fingern hatte. So wie Hermes ist aber keine der vorstellten Lösungen positioniert, allein der Tatsache wegen, dass die meisten Kisten nur vordefinierte Flips bieten oder eine umständliche Software-Bedienung – oder deutlich teurer sind. Hermes hingegen ist hardware-only, super flexibel und bezahlbar. 

Fotostrecke: 2 Bilder Vier Stereo-Send/Returns gibt es via XLR …

Materialschlacht


Um die acht Stereo-Inserts des Hermes zu verwalten und dies klanglich auch so neutral wie möglich zu gestalten, setzt SPL auf eine passive Matrix, die entsprechend viele Relais benötigt. Sehr viele Relais. Ich hab nachgezählt und kam auf über 250! 
Bekanntlich sagt aber ein Bild mehr als tausend Worte, sodass ihr im Folgenden den aufgeschraubten Hermes sowie in viele kleine orangene Kästchen in ihm seht. Letzteres sind die angesprochenen Relais für die rechte Seite, unter der Trägerplatine befindet sich nochmal die selbe Menge für den linken Channel. 

Fotostrecke: 4 Bilder „Relais en masse“: Ohne sie wäre die flexible Verschaltung von bis zu acht Stereo-Prozessoren „passiv“ nicht zu realisieren!

Alle Ein- und Ausgangsstufen sowie die Zusatzfunktionen für Parallel und Gain sind natürlich trotzdem gepuffert, mit den proprietären Op-Amps von SPL realisiert und damit aktiv. Und so wurde auch davon eine schiere Armada verbaut, welche in den Bildern als kleine, aufrecht stehende Platinen zu erkennen sind.
Die hohe Rail-Spannung dieser proprietären Operationsverstärker (120 V = ±60 V) sorgt für mehr Headroom, minimale Verzerrungen und maximalen Rauschabstand sowie maximale Dynamik. Ohne zu viel vorweg nehmen zu wollen: Der Hermes klingt absolut nicht. Also anders gesprochen: Er hat keinen Eigenklang und das ist gut so! Und welche Taste was genau macht, das klären wir lieber in der Praxis.

Karton, Handbuch, Strom: der Verpackungsinhalt hält sich in Grenzen, mehr braucht es aber auch absolut nicht.
Karton, Handbuch, Strom: der Verpackungsinhalt hält sich in Grenzen, mehr braucht es aber auch absolut nicht.

Praxis

Cleveres Bedienkonzept


Die Bedienung des SPL Hermes erschloss sich mir nicht unmittelbar sofort, aber es hat dann wirklich nur einen kleinen Hinweis des Manuals gebraucht und der Rest war dann auf Anhieb klar und somit selbsterklärend: „Durch das Betätigen des Tasters NEW kann eine neue Bearbeitungskette erstellt werden.“ Ach, so!
Fangen wir also an: Unten links gibt es diesen Taster NEW. Diesen drückt man am besten mal als erstes und befindet sich somit direkt im Patch-Mode. Das bedeutet, genau in der Reihenfolge, in der man die Taster A-H drückt – die für je einen der rückseitigen Stereo-Inserts stehen – werden auch die Inserts verschaltet.

Kleine Punkte neben der Positionszahl verraten uns, dieser Insert ist einen Parallel-Mix zugeordnet!
Kleine Punkte neben der Positionszahl verraten uns, dieser Insert ist einen Parallel-Mix zugeordnet!

Simples Beispiel: Drücke ich erst B und dann A, geht unser Signal erst in den Insert B und dann in den Insert A. Um das hübsch zu visualisieren, taucht nun über den Buchstaben eine entsprechende Zahl auf, die nun genau diese Position verrät. Bleiben wir bei unseren simplen Beispiel: Über dem B leuchtet nun eine 1 und über dem A eine 2. Die restlichen Buchstaben bekommen einen Strich, denn sie werden aktuell ja nicht verwendet. Deaktiviert man den NEW-Taster, kann man nun mit den Buchstaben-Tastern per Bypass die entsprechenden Inserts umgehen. Genial! Sich das Ganze analog mit bis zu acht Inserts vorzustellen, sollte nicht weiter schwierig sein.
Jetzt möchte man vielleicht auch verschiedene Reihenfolgen miteinander vergleichen? Kein Problem, dafür sind die drei Speicherplätze 1-3 da. Kurz STORE vorher drücken, einen Speicherplatz auswählen und schon ist das aktuell Szenario safe! Was will man mehr? Vielleicht noch die Inserts beschriften? Auch kein Problem, man kann jeden Insert, der per Default „Device A-H“ heißt, selbst beschriften und die acht 7-Segment-Anzeige merkt sich das. Apropos merken: Trennt man Hermes vom Netzt, merkt er sich trotzdem alle Einstellungen – sehr gut!

Acht Stereo-Inserts sind eine ganze Menge, dafür braucht es einen ordentlich großen Studiotisch!
Acht Stereo-Inserts sind eine ganze Menge, dafür braucht es einen ordentlich großen Studiotisch!
Nochmal zur Sicherheit: Die amber beleuchteten Taster sehen wirklich extrem gut aus, sind wunderbar zu bedienen und zeugen von höchster Qualität. Auch die mehrstellige „Old-School“-7-Segment-Anzeige ist richtig groß, top zu lesen und kein bisschen anstrengend für die Augen. Es gibt auch keine blauen LEDs – danke SPL, danke!
Lediglich zwei blaue Taster gibt es, aber selbst die leuchten dezent. Sie beziehen sich auf die Aktivität der beiden Parallel-Mix-Funktionen. Außerdem gibt es in der Mitte zwei Taster, namens POSITION. Drückt man diese entsprechend oft, werden die Insert-Buchstaben A-H im Display darüber durchgeschalten und die Parallel-Mix-Funktion den einzelnen Inserts zugewiesen. Offensichtlich gibt es also zwei Parallel-Bus-Funktionen und diese können beliebig verteilt werden. Zur Sicherheit bekommt die entsprechende 7-Segment-Anzeige des Inserts auch noch einen Punkt. 
Die M/S-Matrix des Gemini mit seinem Kodierer und De-Kodierer kann man natürlich auch auf je einen Insert des Hermes legen und so hochflexibel auch M/S-Ketten bilden!
Die M/S-Matrix des Gemini mit seinem Kodierer und De-Kodierer kann man natürlich auch auf je einen Insert des Hermes legen und so hochflexibel auch M/S-Ketten bilden!

Absolut cleaner Sound


Und das war es im Prinzip auch schon. Mehr kann die Kiste selbst nicht – aber wie sie es macht, ist schon mehr als beeindruckend! Und um die Frage zu beantworten, was der Hermes mit dem Signal macht, hab ich einfach mal alle Inserts mit kurzen XLR-Kabeln verbunden und so alle Inserts auf Kabel gelegt. Und wie ihr hört, hört ihr keinen Unterschied!
Ebenfalls bemerkenswert: Die Gains aller I/O sowie L und R waren absolut präzise. Der Gain stimmte auf die Kommastelle genau und es gab keine Veränderungen  – egal in welcher Konstellation ich gemessen habe!

Audio Samples
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SPL Hermes in Bypass SPL Hermes with 4 XLR Inserts Cables only

Fazit

Der SPL Hermes macht, was er soll und ist klanglich dabei absolut neutral. Die freie Verknüpfung aller Inserts macht die Benutzung sehr flexibel. Der technische Aufwand dafür ist enorm und der aufgerufene Preis in Anbetracht der hohen deutschen Verarbeitungsqualität gerechtfertigt. Wer ein ernsthaftes Mastering-Setup zusammenstellen möchte, ist mit dem Hermes allein allerdings noch nicht fertig. Und so benötigt man sicherlich auch noch die SPL DMC, um auch mehr als eine Quelle und Senke durch sein Insert-Arsenal schleusen zu können – der Hermes selbst hat leider nur einen I/O. Die DMC übernimmt dann in Kombination auch den durchaus notwendigen L/R-Trim sowie weitere Gain-Anpassungen und das Speaker-/Monitor-Management. Ferner möchte man vielleicht in M/S arbeiten sowie ein elliptisches Filter nutzen, was dann der SPL Gemini bietet. Alles in allem kostet das 3er-Paket rund 12000 Euro und 6 HE – und ist damit nicht so viel teurer als eine Maselec MTC-1, die zwar kompakter, etwas funktionaler (eigene Filter) und etwas mehr „straight forward“ ist – allerdings auch weiter weniger flexibel, etwas reduzierter und vor allem nicht modular daherkommt.

Pro
  • acht hochwertige Inserts
  • 
Signalfluss vollkommen frei definierbar
  • 
zwei Parallel-Mix-Funktionen inklusive Gain Stage
  • 
drei Schnellspeicherplätze für schnelles Vergleichen

  • unkomplizierte Bedienung inklusive digitaler Beschriftungsmöglichkeit
Contra
  • nur ein Master-I/O
Features
  • 
Mastering-Insert-Matrix und -Router

  • acht Inserts für 2-Kanal-Prozessoren mit passivem Routing
  • 
zwei Parallel-Mix-Stufen mit schaltbarer Pegelkorrektur

  • Schnellspeicher für drei Bearbeitungsketten
  • 
Eingabe und Anzeige der Gerätenamen

  • 120V-Technologie
  • 
Gewicht: 9 kg
  • 
Abmessungen: 48,2 x 8,8 x 30 cm (B x H x T, 2 HE)
Preis

  • € 4999,– (Straßenpreis am 23.1.2020)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • acht hochwertige Inserts
  • 
Signalfluss vollkommen frei definierbar
  • 
zwei Parallel-Mix-Funktionen inklusive Gain Stage
  • 
drei Schnellspeicherplätze für schnelles Vergleichen

  • unkomplizierte Bedienung inklusive digitaler Beschriftungsmöglichkeit
Contra
  • nur ein Master-I/O
Artikelbild
SPL Hermes Test
Für 4.990,00€ bei
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Kleine Punkte neben der Positionszahl verraten uns, dieser Insert ist einen Parallel-Mix zugeordnet!

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