Keine Bassmodelle wurden in der Vergangenheit wohl öfter kopiert als die legendären Jazz-und Precision-Bässe von Leo Fender, dem man ohnehin die Erfindung der elektrischen Bassgitarre zuschreiben kann. Zwar erweist sich die Konstruktion dieser Instrumente als recht simpel, aber in ihrer Wirkung sind sie sehr effektiv. So hat sich der charakteristische Sound der beiden Bässe über einen langen Zeitraum in sämtlichen Musikstilen bestens bewährt, im Studio genau so wie auf der Livebühne. Auch im untersten Preissegment orientieren sich deshalb die Instrumentenhersteller an den beliebten Fender Bässen oder versuchen, mit leichten Variationen im großen Geschäft der Einsteigerinstrumente mitzumischen.
Ein Kandidat aus diesem Marktsegment ist der mir für diesen Test zur Verfügung stehende „Hot Rod Bass“, den der Versandhändler Thomann in Fernost für seine Eigenmarke „Harley Benton“ herstellen lässt. Dieser präsentiert sich grundsätzlich im Precision-Style, kann aber neben dem üblichen Split-Coil Pickup an der Halsposition noch mit einem zusätzlichen Single-Coil vor der Brücke aufwarten, der zur Erweiterung des Soundspektrums dienen soll. Erhältlich ist er in nur einer optischen Variante, nämlich Transparent Rot mit braunem Pickguard, wobei Thomann für die Freunde der tiefen H-Saite auch eine 5-Saiter-Version anbietet. In diesem Test muss allerdings erst einmal der 4-saitige „Hot Rod“ zeigen, wieviel BS (Bass-Stärken) er überhaupt auf die Straße bringen kann.
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DETAILS
Zwar gleicht die Korpusform des Hot Rod Basses seinem Vorbild, dem Fender Precision, allerdings schlägt Harley Benton beim Material einen anderen Weg ein. Statt der traditionellen Tonhölzer Erle oder Esche kommt das etwas weichere Lindenholz zum Einsatz, das wegen seines eher mittenbetonten und warmen Klanges auch gerne bei Gitarren verbaut wird. Durch den transparent-roten Lack schimmert sehr schön die Maserung des Korpus, die Lackierung selbst ist durchaus ordentlich ausgeführt und gibt keinen Grund zur Beanstandung. Traditionell bleibt die Holzauswahl bei den restlichen Komponenten, denn der aufgeschraubte Hals mit dem mitteldicken C-Profil ist aus einem Stück Ahorn gefertigt und als Griffbrettmaterial kommt altbewährtes Palisander zur Verwendung. In ihm wiederum sitzen 20 Bünde im Medium Jumbo Format, die ebenfalls ordentlich verarbeitet und gut abgerichtet sind. Ergebnis ist eine niedrige Saitenlage, gute Bespielbarkeit und kaum Nebengeräusche. Auch der Kunststoffsattel ist tadellos gefeilt, die Saiten liegen in den ersten Bünden deshalb schön flach und sind mühelos und ohne viel Druck zu spielen. Einen Kritikpunkt bezüglich der Holzverarbeitung gibt es allerdings: Der Hals sitzt am Auflagepunkt nicht sehr stramm in der Korpusausfräsung. Das Spiel von etwa einem Millimeter an den seitlichen Kanten ist weniger problematisch, solange die Halsrückseite fest mit dem Korpus verschraubt ist. Bei meinem Testbass sitzt der Hals allerdings entweder leicht verdreht in der Ausfräsung oder selbige ist ungenau gefräst und hat folglich auf einer Seite keinen optimalen Kontakt mit dem Korpus. Eine feste Verbindung zwischen Hals und Korpus ist natürlich wichtig für ein gesundes Schwingungsverhalten und unser Kandidat zeigt sich in dieser Hinsicht nicht optimal aufgestellt. Aber behält man den Preis des Instrumentes im Auge, bewegt sich alles noch im Toleranzbereich.
Ungewöhnlich für einen Bass im traditionell klassischen Fender-Gewand sind die gekapselten Stimmmechaniken an der Kopfplatte im Gotoh-Stil, denn üblicherweise findet man bei solchen Instrumenten offene Vintage Mechaniken, so wie sie eben auch bei den alten Fender-Schätzchen zum Einsatz kommen. Aber warum nicht. Die Mechaniken sehen mit ihren kleineren Flügeln etwas dezenter und vielleicht auch schicker aus und laufen auch nicht so geschmeidig wie hochwertige Gotoh-Tuner, verrichten ihren Dienst aber zufriedenstellend und zuverlässig.
Keine Experimente hingegen bei der Brücke, hier hält der klassische und millionenfach bewährte Fender-Blechwinkel die Stellung. Die Saitenreiter haben keine Führungsrillen und lassen sich vertikal für die Saitenlage und horizontal für die Bundreinheit justieren. Komplettiert wird die Hardware selbstverständlich durch zwei herkömmliche Gurtpins und einen Saitenniederhalter für die D- und G-Saite an der Kopfplatte. Die gesamte Hardware ist einheitlich verchromt.
Wie oben bereits erwähnt, wurde dem Hot Rod Bass zusätzlich zum Precisionbass Split-Coil ein Single-Coil Pickup an der Brücke spendiert. Der Spiltcoil in Halsposition sorgt für einen eher sonoren und höhenarmen Ton, ein zusätzlicher Single-Coil Tonabnehmer soll für mehr Soundvariationen mit knackigen Höhen und durchsetzungsstarken Hochmittenanteilen sorgen. Die Pickups selbst sind in der Höhe verstellbar, der Gegendruck wird aber nicht per Metallfeder, sondern relativ weichem Schaumstoff erzeugt. Straffer sitzende Pickups sind leichter zu justieren und für meinen Geschmack auch beim Spielen angenehmer, weil man sie gerne mal als Daumenauflage missbrauchen kann. Falls diese hier gebraucht wird, könnte man problemlos mit etwas steiferem Schaumstoff oder günstigen Federn nachbessern.
Das Cockpit des Hot Rod ist sehr übersichtlich, denn er hat keine aktive Elektronik, sondern das für passive Bässe typische Volume/Volume/Tone Layout, also ein Lautstärkeregler für jeden Tonabnehmer und eine Tonblende zum Absenken der Höhen und Hochmittenfrequenzen.
PRAXIS
Ein vernünftiges Setup ist gerade bei Instrumenten in der unteren und untersten Preisklasse wichtig, weil die Großzahl der Einsteiger mit der Justierung wenig bis gar keine Erfahrung hat und deshalb nicht weiß, warum das neu erworbene Schätzchen so schwer zu spielen ist, geschweige denn, wie man die Bespielbarkeit verbessern könnte. Der Hot Rod Bass kam leider schlecht eingestellt bei mir an. Die Saitenlage, also die Distanz zwischen Saite und Bundstäbchen betrug in der Mitte des Halses 6 mm, damit ist der Bass meines Erachtens unspielbar. Es lag an der sehr großen Halskrümmung, die nicht mit Klimaschwankungen und daraus resultierenden Holzkontraktionen zu erklären war. Allerdings lässt sich diese mit einem beherzten Anziehen des Halsspannstabes beheben. Anschließend konnte ich die Saitenreiter an der Brücke auch noch etwas nach unten schrauben und schon hatte ich einen recht komfortabel zu bespielenden Bass.
Das Gewicht des Hot Rod ist mit 3,5 kg nach meinem Geschmack für einen 4-Saiter optimal, er hängt sehr komfortabel am Körper und ist vor allem kaum kopflastig. Deshalb ist auch kaum Gegendruck mit der linken Hand nötig, um ihn in einer angenehmen Spielposition zu halten. Auch Dead Spots konnte ich keine ausmachen – eine leichte Sustainschwäche zeigte sich lediglich auf der G-Saite um den 5. Bund. Aber auch das ist bei Fender-artigen Instrumenten eher die Regel als die Ausnahme und hält sich auch beim Hot Rod Bass in einem absolut akzeptablen Rahmen. Die Holzkonstruktion hinterlässt generell einen guten Eindruck, der Bass resoniert unverstärkt gespielt gut und hat ein schönes Sustain. Auch am Verstärker macht er eine ordentliche Figur, mit beiden Tonabnehmern voll aufgedreht produziert der Hot Rod einen soliden, wenn auch nicht übermäßig druckvollen Allroundsound, der sich gut durchsetzt und in sämtlichen Stilrichtungen funktioniert.
Die Spezialität eines Precision Basses, dem Vorbild des Hot Rod, ist aber ein knurriger und fetter Halspickup-Sound. Der Split Coil Tonabnehmer des Hot Rod Bass liefert auch einen soliden Halspickup-Rocksound, dem es allerdings ein wenig an Wärme und knurrigen Mitten fehlt. Die Hardware und Tonabnehmer sind bei Budget-Bässen meist die Achillesferse und auch beim extrem günstigen Hot Rod merkt man hier am ehesten, in welcher Preisklasse man sich befindet. Auch der Bridgepickup löst nicht sehr detailreich auf und lässt etwas Wärme im Sound vermissen, produziert aber einen dennoch brauchbaren schlanken und knurrigen Sound für virtuosere Basslinien. Der zusätzliche Single Coil an der Brückenposition ist auf jeden Fall ein Bereicherung und erweitert das Soundspektrum gegenüber einer herkömmlichen Precision-Bestückung mit nur einem Tonabnehmer. Mit der passiven Tonblende kann man sämtliche Sounds in den Höhen beschneiden und erhält einen Vintage-artigen und dumpferen Sound. Diese Höhenblende funktioniert beim Hot Rod auch, wie sie soll, man sollte nur nicht zu heftig davon Gebrauch machen, weil der Sound sonst Grip verliert und undefiniert wird.
Audio
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Beide PUsBridge-PUNeck-PU
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FAZIT
Der Einsteiger bekommt mit dem Hot Rod Bass für sehr wenig Geld ein ordentlich verarbeitetes Instrument mit einer gesunden Holzkonstruktion in die Hand, das in den verschiedensten Musikstilen einsetzbar ist. Unter dem günstigen Preis leidet meist die Qualität der Hardware und besonders der Tonabnehmer, die beim Hot Rod Bass zwar befriedigende Ergebnisse liefern, aber eben nicht auf ganzer Linie überzeugen können. Gemessen am Preis ist die Performance des Hot Rod Basses aber absolut in Ordnung. Darüber hinaus gibt es immer die Möglichkeit, für relativ kleines Geld mit höherwertigeren Tonabnehmern oder einer Elektronik nachzurüsten, denn der Markt mit kompatiblen Produkten ist riesengroß. Beim Setup sollte der Hersteller allerdings etwas mehr Sorgfalt an den Tag legen, der Hot Rod Bass war im Auslieferungszustand nicht spielbar.
Danke für das interessante Review! Da ich ein Anfänger bin und so ein Setup des Basses wohl kaum bewerkstelligen kann, würde ich gerne wissen ob du mir einen Bass empfehlen kannst der günstig ist aber nicht erst eingestellt werden muss?Danke - tolle Seite!
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Ike sagt:
#1 - 16.12.2011 um 21:30 Uhr
Danke für das interessante Review! Da ich ein Anfänger bin und so ein Setup des Basses wohl kaum bewerkstelligen kann, würde ich gerne wissen ob du mir einen Bass empfehlen kannst der günstig ist aber nicht erst eingestellt werden muss?Danke - tolle Seite!