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Rivera Silent Sister Test

Seine Isolation-Box, die der amerikanischen Hersteller Rivera unter dem Namen Silent Sister vertreibt, kann zumindest auf dem Papier mit einigen schlagenden Argumenten für sich werben: Hohe Schallisolierung für den Studio- und Bühneneinsatz und die Möglichkeit, zwei Mikrofone im akustisch optimierten Innenraum zu positionieren. Paul Rivera hat sich lange Zeit primär mit Amps und Cabinets beschäftigt, nun hat er sein Angebot erweitert und lässt sein Know-how auch in den nächsten Part der Signalverarbeitung einfließen.

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Nach dem Cab Simulator mit dem Namen Rock Crusher Recording kommt nun das analoge Gegenstück zur Abnahme des Gitarrenamp-Sounds, eine Isolation Box mit integriertem Lautsprecher und Halterungen für zwei Mikrofone. Wie sie klingt und ob Schalldämmung und Recordingqualität tatsächlich so gut sind, wie der Hersteller verspricht, erfahrt ihr im folgenden Test.

Details

Gehäuse/Optik

Eine Isolation Box ist kein Handtäschchen, so viel ist klar, und auch unsere stille Schwester legt davon Zeugnis ab. Der Kasten misst 406 x 787 x 508 mm (B x H x T) und bringt inklusive Lautsprecher 35,4 kg auf die Waage. Für den Einsatz on the road hat man in weiser Voraussicht zwei Rollen montiert, sodass sie im Zusammenspiel mit dem Griff an der Oberseite gut zu bewegen ist. Selbstverständlich ist das auch im Studio ein Segen. Ansonsten steht die Box stabil auf den beiden Rollen und auf zwei großen Gummifüßen, getragen wird sie an zwei seitlichen Griffen. Das Gehäuse ist aus Hartholz-Tischlerplatten gefertigt und mit schwarzem Vinyl überzogen.

Fotostrecke: 5 Bilder Die stille Schwester bringt knapp 36 kg auf die Waage

Was die Innenraum-Gestaltung anbetrifft, hat man sich bei Rivera ein paar Gedanken gemacht, denn einfach eine Kiste mit ein wenig Schaumstoff auspolstern, reicht bekanntlich nicht. Üblicherweise klingt so eine Konstruktion sehr “boxy”, und durch die parallelen Wände können stehende Wellen auftreten. Um bei der Silent Sister den Druck innerhalb des kleinen “Aufnahmeraums” zu entschärfen und dem Lautsprecher ein normales Schwingen zu ermöglichen, sodass sich der Klang entfalten kann wie in einem großen Raum, hat man seitlich eine Expansionskammer mit einem Luftlabyrinth angebaut. Laut Rivera bekommt man damit die akustischen Probleme einer luftdicht abgeschlossenen Box am besten in den Griff. Zwei Öffnungen an der Unterseite leiten den vom Lautsprecher erzeugten Druck ab. Offensichtlich hat man sich hier tatsächlich eingehende Gedanken zur bestehenden Problematik gemacht. Ob das Ganze aber auch in der Praxis so klingt, wie es die Theorie vorsieht, werdet ihr gleich erfahren. Die Schallkammer ist mit Filz ausgelegt, und zur Bekämpfung von stehenden Wellen sind die Wände nicht rechtwinklig angeordnet. Auch der Lautsprecher ist auf einer schrägen Platte befestigt, ein Celestion G-12T-75, der ab Werk montiert und verkabelt ist. Alternativ können dort laut Hersteller auch ein Vintage 30, ein K100 oder ein G12H-30, allesamt Celestion-Produkte, Platz nehmen.

Sesam öffne dich!
Sesam öffne dich!

Im Innenraum sind zwei Schwanenhals-Halterungen für die Mikrofone verschraubt. Mit den Schwanenhälsen ist man zwar beweglich, aber die Mikrofontypen sind klar eingeschränkt, denn allzu schwer oder groß dürfen sie nicht sein. Ein Neumann TLM-103 mit Spinne ist definitiv zu groß und das Sennheiser MD421 ist so schwer, dass es nur hängend eingesetzt werden könnte. Beim Transport würde ich die Mikrofone auch wieder entfernen, denn durch Erschütterungen wird sich die Position auf jeden Fall verändern. Im schlimmsten Fall knallt das Mikrofon irgendwann gegen den Speaker und beschädigt die Membran. Für den Studioeinsatz, bei dem die Kiste eher weniger bewegt wird, ist das natürlich nicht relevant. Der Innenraum ist sehr gut von oben zugänglich, es gibt eine Klappe, die mit einem stabilen Butterfly-Verschluss dicht verschlossen werden kann.

Fotostrecke: 2 Bilder Innen findet man zwei Schwanenhals-Halterungen samt XLR-Steckern für die Mikrofone

Anschlüsse

Die Anschlüsse befinden sich an der Seite, oben ein Feld mit zwei Neutrik XLR-Buchsen für die Mikrofone und unten das Anschlussfeld mit zwei Klinkenbuchsen für den Lautsprecher. Beide sind verkabelt, belegen sollte man selbstverständlich nur eine.

Fotostrecke: 3 Bilder An diesem Anschlussfeld kann man die Mikrofon-Signale abgreifen

Schalldämmung

Die Schalldämmung funktioniert bei der Silent Sister recht gut. Bei offener Luke habe ich zirka einen Meter über dem Speaker einen Schalldruck von 100 dB gemessen. Wird die Box geschlossen, waren es an gleicher Stelle nur noch ca. 80 dB. Allerdings liefert die Box sehr satte Bass-Vibrationen. Wer das Gerät in der Wohnung nutzen möchte, sollte nicht zu weit aufdrehen, denn die tiefen Schwingungen übertragen sich sehr schnell im ganzen Haus.

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Praxis

Für den Praxisteil kam wieder der The Valve 3|100 Amp zum Einsatz. Damit ihr die Isolation-Cabs direkt vergleichen könnt, habe ich die gleichen Einstellungen und Gitarren wie bei den anderen Tests gewählt. Abgenommen wurde mit einem Shure SM-57, später gibt es noch ein Bändchen-Mikrofon (Beyer Dynamic M160) zu hören. Hier sind erst einmal unsere sieben Disziplinen:

Der Sound des Celestion G12T-75 konnte uns überzeugen
Der Sound des Celestion G12T-75 konnte uns überzeugen

Clean Channel – Strat Picking

Der Cleansound wird gut übertragen, der Speaker hat zwar nicht die seidigen Höhen, die ein Greenback oder ein Blue Bulldog liefert, aber für den Allround-Einsatz ist die Silent Sister sehr gut bestückt.

Audio Samples
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Clean Channel – Strat Picking

Clean Channel – Semi Akustik Jazz

Der Ton kommt warm und klar aus dem Lautsprecher und wird auch so aufgenommen. Bei den Cleansounds, die generell nicht mit hohem Schalldruck gefahren werden, gibt es daher nichts zu beanstanden.

Audio Samples
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Clean Channel – Semi Akustik Jazz

Crunch Channel – Tele Stones Crunch

Es wird etwas lauter beim Crunch Channel, und der G12T-75 macht auch dabei einen recht überzeugenden Job. Die Höhen sind nicht zu scharf, aber jederzeit präsent.

Audio Samples
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Crunch Channel – Tele Stones Crunch

Crunch Channel – SG Classic Rock

Jetzt werden die Mitten etwas weiter aufgedreht und die SG kommt zum Einsatz. Der aufgenommene Sound ist in Ordnung, bei höheren Zerrgraden und erhöhtem Schalldruck im “Aufnahmeraum” werden die Bassanteile allerdings recht stark. Wer gerne seine Amps etwas weiter ausfährt, der sollte die Silent Sister eventuell im Nachbarraum parken. Ich hatte die Box während des Tests im Regieraum stehen, was dazu führte, dass das permanente Basswummern nach einiger Zeit besonders bei hohen Zerrgraden und Lautstärken einigermaßen ermüdend auf das Gehör wirkte. Zum direkten Vergleich habe ich die Grossmann Box mit der gleichen Einstellung angeschlossen, bei der die Bass-Vibrationen nicht auftraten.

Audio Samples
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Crunch Channel – SG Classic Rock
Die Bassfrequenzen finden leider trotzdem ganz gut ihren Weg nach außen
Die Bassfrequenzen finden leider trotzdem ganz gut ihren Weg nach außen

Lead Channel – Les Paul Powerchords

Der Speaker verrichtet seinen guten Allrounder-Job auch bei den höheren Zerrgraden. Die Höhen und oberen Mitten sind (trotz SM-57) nicht zu bissig, allerdings macht sich der eben angesprochene Bassanteil auch in der Kiste bemerkbar. Es wird etwas schwammiger in den tiefen Frequenzen.

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Lead Channel – Les Paul Powerchords

Lead Channel – Baritone

Abhilfe bei dieser Problematik schafft natürlich der Master-Volume am Amp. Je geringer die Lautstärke, desto weniger ist das Basswummern innen und außen festzustellen. Auch mit der Bariton-Gitarre funktioniert es auf diese Art. Der Lautsprecher ist bei hohen Gainsettings und tiefer gestimmten Gitarren auch voll in seinem Metier.

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Lead Channel – Baritone

Lead Channel – Mid Scoop Metal

Mid Scoop Sounds sind eine der Stärken der Box. Ich habe hier ebenfalls das Master-Volume etwas zurückgenommen, um den Bassbereich nicht überzustrapazieren. Wer mit lauten Amps ohne Master-Volume arbeitet, sollte auf jeden Fall zusätzlich einen Power Soak einsetzen, wenn der Amp etwas heißer gefahren werden soll.

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Lead Channel – Mid Scoop Metal
Die Verarbeitung der Iso-Box ist absolut roadtauglich
Die Verarbeitung der Iso-Box ist absolut roadtauglich

Andere Mikrofone

Die Kombination mit dem SM-57 hat mit dem Lautsprecher eigentlich ganz gut funktioniert, jetzt wollte ich aber doch noch einen Alternativsound aufnehmen, und als Gegensatz kam das Beyer Dynamic M160 zum Einsatz. Das hat den klaren Vorteil, dass es ein Bändchen-Mikrofon mit Nierencharakteristik ist. Die Richtcharakteristik der meisten seiner Art ist eine “Acht”, die damit den Schall von vorne und von hinten aufnehmen – bei einer Isolation-Box nicht unbedingt die ideale Lösung. Außerdem ist das Mikrofon ein Leichtgewicht und kann mit dem Schwanenhals problemlos positioniert werden. Das geschah ebenfalls am Übergang von Kalotte und Membran und sorgt somit für etwas mehr Wärme. Hier sind beide Mikrofone einzeln.

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Silent Sister mit Shure SM-57 Silent Sister mit Beyerdynamic M-160

Jetzt habe ich die Signale zusammengemischt und hart im Panorama verteilt. Das SM-57 links, das M160 ist auf der rechten Seite zu hören.

Audio Samples
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SM-57 links, M-160 rechts
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Fazit

Die Rivera Silent Sister bietet eine gute Performance. Sie ist robust gebaut und sowohl für die Bühne als auch für den Studioeinsatz geeignet. Man hat die Möglichkeit, den eingebauten Celestion G12T-75 Speaker mit zwei Mikrofonen abzunehmen, die an fest montierten Schwanenhälsen Halt finden. Allerdings ist man mit dieser Befestigungsart etwas eingeschränkt, denn lange oder schwere Mikrofone können nicht vernünftig positioniert werden. Mit einem SM-57 und bauähnlichen Modellen ist das kein Problem. Der Speaker liefert einen amtlichen Sound, der sich in vielen Klangbereichen beweisen kann. Mir persönlich sagte er am ehesten in höheren Zerrgraden zu. Die Schalldämmung funktioniert gut, allerdings kommen die Bassfrequenzen auch außerhalb der Kiste noch recht stark zur Geltung. Wer das Gerät bei hoher Lautstärke in einer Etagenwohnung nutzt, wird sich in der Nachbarschaft nicht unbedingt beliebt machen. Positiv bemerkbar macht sich die Konzeption des Innenraums mit der zusätzlichen Luftkammer, der aufgenommene Sound klingt recht natürlich und keinesfalls”boxy”. Aber ehrlich gesagt ist mir der Preis für die gelieferte Performance definitiv zu hoch. Wenn die Box in der Preisklasse anderer Vertreter ihrer Gattung angesiedelt wäre, hätte ich ihr vier Sterne gegeben. Aber so sind es leider nur 3,5.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Schalldämmung
  • Sound
  • roadtaugliche Bauweise
  • 2 Mikrofonanschlüsse
Contra
  • Bass-Vibrationen bei höheren Lautstärken
  • hoher Preis
  • Mikrofonhalterungen
Artikelbild
Rivera Silent Sister Test
Für 999,00€ bei
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Die Bassfrequenzen finden leider trotzdem ganz gut ihren Weg nach außen
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Rivera
  • Modell: Silent Sister
  • Typ: Isolation Cabinet
  • Lautsprecher: Celestion G12T-75
  • Belastbarkeit: 75 Watt
  • Anschlüsse: 2x XLR (Mikrofon), 2x Klinke (Lautsprecher)
  • Abmessungen: 406 x 787 x 508 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 35,4 kg
  • Preis: 1.149,00 Euro
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