TSC Tracktion 7 Test

Kaum ein Entwickler schraubt so eifrig an Updates wie TSC. Nachdem wir vor einem Jahr ausführlich über Version 6 berichtet haben, landet mit Version Nummer 7 das nächste Major-Release der Low-Cost-DAW auf dem Schreibtisch. Angesichts der kurzen Zeit scheint die Liste an aufregenden Neuerungen ambitioniert. Ob es TSC gelungen ist, den Grundsatz „Gut Ding will Weile haben‟ zu umgehen? In unserem Test finden wir es heraus!

Tracktion7_Multibrowser
Die synchronisierbaren Browser erlauben Vorhören im Multitrack-Modus.

Details

Mit großen Schritten in Richtung Ziel

Nachdem bei den letzten Updates vor allem kleinere Workflow-Änderungen im Vordergrund standen, liefert Version 7 einen radikaleren Ansatz. Dies liegt vorrangig an der neu gestalteten, modern wirkenden Bedienoberfläche namens „Blue Steel UI‟, die endlich auch mit etablierten DAWs mithalten kann. 

Fotostrecke: 3 Bilder In Version 7 erstrahlt Tracktion dank Blue Steel UI in neuem Glanz.

Hilfen für kleine Bildschirme

Um besonders auf kleinen Bildschirmen mehr Platz zu schaffen, können die Effekt- und Browser-Leisten auf beiden Seiten des Editors ausgeblendet werden. Das funktionierte zwar auch vorher schon, jedoch kann man in Tracktion 7 diese durch Mausnavigation an den linken bzw. rechten Bildschirmrand temporär wieder einblenden. Dieses Prinzip kennen Windows-Nutzer durch das Metro-UI von Windows 8 bzw. 10. Bei Bedarf kann der Dateibrowser ferner an den oberen Bildschirmrand verschoben und angeheftet werden. Das schafft nicht nur mehr Platz zum Editieren, sondern erlaubt auch das gleichzeitige Öffnen mehrerer Browser-Instanzen, indem diese nebeneinander positioniert werden.
Die sperrige Kontrollleiste am unteren Bildschirmrand lässt sich via Button zu einer kompakteren Darstellung reduzieren, wobei der Funktionsumfang gleich bleibt. Die großflächigen Schaltflächen werden einfach als Icons angezeigt. 

Neues Feature: Clip-Layer-Effekte

Mit den Clip-Layer-Effekten bietet Tracktion 7 erstmals ein eigenständiges Feature, das so bei anderen DAWs nicht bekannt ist. Die Funktion gestattet es, Audioclips auf verschiedene Ebenen (Layer) zu duplizieren, um diese dann mit unterschiedlichen Effekten zu belegen. Auf die einzelnen Layer können nun externe VST- bzw. AU-Plug-ins, aber auch die Tracktion-eigenen Effekte angewendet werden. Hierzu zählen neben den in Version 6 bereits vorgestellten Warping-Tools auch ein Pitchshifter sowie Fades, Lautstärkeanpassungen und ein Tape-Stop-Effekt. Somit stellt jeder Layer eine eigenständige Effektspur dar und kann separat mit Automationen oder Effektanpassungen versehen werden. Der Vorteil liegt hierbei vor allem in der besseren Übersichtlichkeit, sofern mehrere Clips pro Spur mit verschiedenen Effekten belegt werden sollen. Dies wäre sonst nur mit erheblichem Automationsaufwand möglich, was mitunter schnell undurchsichtig wird.
Hervorzuheben ist der Step-Volume-Effekt. Er teilt den Clip zunächst in ein editierbares Raster auf. Anschließend lässt sich für jede Rasterzelle der Pegel verändern, wodurch z. B. kreative Stutter-Effekte möglich werden. Abgesehen von den Clip-basierten Effekten bietet Tracktion 7 jedoch keinerlei Neuheiten im Plug-in-Bereich. Hier steht nach wie vor nur das Nötigste zur Verfügung.

Das Layer-Effects-Feature bietet pro Clip eine alternative Darstellung für die Effektbearbeitung.
Das Layer-Effects-Feature bietet pro Clip eine alternative Darstellung für die Effektbearbeitung.

Neue Automationsfeatures

Bei der auch vorher bereits sehr umfangreichen Automation sind die Automation Patterns hinzugekommen. Dabei handelt es sich um vorgefertigte Automationskurven, die per Knopfdruck auf den ausgewählten Clipbereich gelegt werden können. Dazu stehen neben linearen Fades auch Sinus-, Rechteck- und Dreiecksschwingungen zur Verfügung, die sich sogar auf das Tempo synchronisieren lassen. Die Presets dienen auch als Ausgangspunkt für individuelle Automationskurven.

Die Automation Patterns bieten einen Einstiegspunkt für aufwändigere Automationskurven.
Die Automation Patterns bieten einen Einstiegspunkt für aufwändigere Automationskurven.

LFOs überall

Abgerundet wird das Update durch die sogenannten LFO Modifier. Wie bei einer herkömmlichen Automation lassen sich die Parameter eines Klangerzeugers oder eines Effekts mit einem LFO versehen. Neben der takt- oder zeitbasierter Synchronisation lässt sich dabei auch Intensität, Phase und Offset stufenlos regeln. Als Wellenform steht Sinus, Dreieck und Rechteck sowie aufsteigender und abfallender Sägezahn zur Verfügung.

Kleine Verbesserungen

Auch die kleineren Verbesserungen sollen nicht verschweigen werden. So bietet die Software eine visuelle Plug-in-Selektion, für die ein Screenshot des jeweiligen Tools angezeigt wird. Weiterhin wird die Loop-Wiedergabe synchronisiert, wenn mehrere Browser geöffnet sind. Dadurch lassen sich sogar komplette Multitrack-Arrangements temposynchron vorhören. Die ausgewählten Loops können dann wie gewohnt per Drag and Drop in den Sequenzer gezogen werden, wobei sie Tracktion automatisch auf mehrere Tracks verteilt. 
Eine gute Nachricht gibt es schließlich für Linux-User: Neben Ubuntu-Systemen unterstützt Tracktion 7 auch Debian-Distributionen.

Praxis

Simple Installation inklusive Tutorials

Aufgrund der geringen Dateigröße von knapp 20 Megabyte ist Tracktion in Windeseile installiert. Neu ist der Setup-Assistent, der den Benutzer durch das Setup führt. Hier werden zunächst Audio- und MIDI-Hardware abgefragt, bevor ihr Tracktion eure Laufwerke nach Plug-ins und Loops scannen lassen könnt. Neueinsteiger dürfen ferner Tutorial-Videos und Demo-Projekte herunterladen. 

Fotostrecke: 2 Bilder Das Design von Tracktion war bis Version 6 stets ein großes Manko.

Optischer Befreiungsschlag

Die neue Bedienoberfläche ist ein Befreiungsschlag: Die Farbgebung wirkt modern und die Reduktion von Schriftgrößen und Schaltflächen lässt die Software deutlich zeitgemäßer und „slicker“ erscheinen. Über diese GUI müssen wir uns nicht mehr beschweren.
Auch die Kompaktdarstellung des bislang sehr klobigen Transportfensters lässt sich ohne Umgewöhnung bedienen. Gerade kleinere Bildschirme profitieren stark von der Möglichkeit, Seitenleisten nur bei Bedarf einzublenden. So kann man sich besser auf das Herzstück der Software, den Editor konzentrieren. Die DAW-eigenen Effekte profitieren allerdings noch nicht vom Designwechsel. Hier dominiert leider nach wie vor die auf Slidern basierende Bedienung. 

Gemischte Gefühle 

Die Clip-Layer-Funktion hinterlässt gemischte Gefühle. Die Aufteilung eines Clips in mehrere Effektebenen sorgt im ersten Moment natürlich für eine bessere Übersicht bei der Automatisierung. Nutzt man das Feature bei mehreren Clips auf einer Spur wird es aber schnell chaotisch, da jedes Mal ein neuer Layer hinzugefügt wird, der sich dann in die gerade eingestellte Spurhöhe hereinquetschen muss. Um schnell mal eine Änderung vorzunehmen, muss also ziemlich viel hin- und hergezoomt werden, sobald man die Funktion ausgiebiger nutzt.
Nichtsdestotrotz ist es reizvoll, verschiedene Effektkombinationen per Clip und nicht global auf die gesamte Spur anwenden zu können. Zumal das Ganze non-destruktiv funktioniert. Das wird vor allem bei den Effekten Step-Volume, Tape Stop oder den Warping- und Time-Shifting-Funktionen deutlich, wo sich Änderungen direkt im Clip vornehmen lassen. Das spart den separaten Sample-Editor.

Mit dem LFO Modifier von Tracktion 7 lässt sich Tracks mehr Leben einhauchen.
Mit dem LFO Modifier von Tracktion 7 lässt sich Tracks mehr Leben einhauchen.

Mehr Modulation

Gut gelungen sind die neuen Modulationsmöglichkeiten durch Automation Patterns und LFO Modifier. Dabei sind beide Funktionen streng genommen mehr oder minder identisch. Aber auch hier gibt es Luft nach oben. Ganz oben auf der Wunschliste steht das Erzeugen eigener Wellenformen, um aufwendiges Nacharbeiten im Editor zu reduzieren. Ebenfalls wäre die gegenseitige Beeinflussung von Parametern wie z. B. im Modulationssystem von Bitwig eine sinnvolle Ergänzung.
Um den Modifier zu nutzen, wird ein Button von der linken Seitenleiste per Drag and Drop auf das gewünschte Plug-in gezogen. Anschließend muss der zu modulierende Parameter ausgewählt werden. Leider lässt sich diese Auswahl mangels Menü nicht einfach ändern. In diesem Fall muss also ein neuer Modifier erstellt werden. Das können die Entwickler sicher noch verbessern.

Die synchronisierbaren Browser erlauben Vorhören im Multitrack-Modus.
Die synchronisierbaren Browser erlauben Vorhören im Multitrack-Modus.

Bessere Usability

Das wichtigste Feature von Tracktion 7 ist für mich das Öffnen multipler Browser-Fenster. Mehrere Loops als Multitrack vorzuhören habe ich in Ableton beinahe täglich vermisst. Weiterhin arbeitet Tracktions Browser sehr schnell und bietet dank geringem Platzbedarf auch auf meinem kleinen 11” MacBook Air bis zu fünf Instanzen Platz.

Fazit

TSC gelingt es trotz einigen Verbesserungen auch mit Version 7 nicht, den großen DAWs auf Augenhöhe zu begegnen. „Aufholen statt einholen” lautet nach wie vor das Motto, denn fast alle neuen Funktionen gibt es ähnlich, teilweise auch besser bereits in anderen DAWs. Schade ist ebenfalls, dass das karge Arsenal an Effekten erneut kein Update erhalten hat, wodurch ein professionelles Arbeiten allein mit Stock Plug-ins nach wie vor unmöglich ist.
Die neue Benutzeroberfläche wirkt bis auf die Plug-ins modern und das Multitrack-fähige Browsen von Loops ist hervorragend umgesetzt. Von kleineren Kritikpunkten abgesehen machen auch die neuen Features wie Clip Effects, LFO Modifier und Automation Patterns eine gute Figur, wodurch das Update für aktuelle Tracktion-User gerade durch den niedrigen Updatepreis von gerade mal 30 Euro empfehlenswert ist. Neueinsteigern empfiehlt sich das Tracktion 7+ Pack, welches trotz etwas höherem Anschaffungspreis von 100 Dollar das Micro Synth Pack, den Tracktion Master Mix sowie Melodyne Essentials enthält.

PRO
  • modernes, übersichtliches Layout
  • Multitrack-fähiger Browser
  • zahlreiche Modulationsmöglichkeiten für Effekte und Instrumente
  • breite Unterstützung für Linux-Systeme
  • gute Bundle-Angebote
  • günstiger Preis
CONTRA
  • keine Content-Updates
  • einige Neuerungen noch nicht ganz ausgereift
TSC Mackie Tracktion 6 7 GUI Interface Graphics
TSC Mackie Tracktion 6 7 GUI Interface Graphics
Features
  • neue Blue-Steel-UI
  • Clip-Layer-Effekte
  • Setup-Assistent
  • Multi-Browser-Sync
  • Automation Patterns
  • LFO-Generator
  • Systemanforderungen Windows: Windows 7, 8 oder 10, Intel Core i5 2 GHz CPU, 4 GB RAM (8GB empfohlen); Mac OSX:
  • Mac OSX 10.7.5 oder neuer, Intel Core i5 2 GHz CPU, 4 GB RAM (8 GB empfohlen), Linux: Debian 6 oder neuer / Ubuntu 12.04 oder neuer, Intel Core i5 2 GHz CPU, 4 GB RAM (8GB empfohlen)
Preis
  • EUR 60,- UVP
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • modernes, übersichtliches Layout
  • Multitrack-fähiger Browser
  • zahlreiche Modulationsmöglichkeiten für Effekte und Instrumente
  • breite Unterstützung für Linux-Systeme
  • gute Bundle-Angebote
  • günstiger Preis
Contra
  • keine Content-Updates
  • einige Neuerungen noch nicht ganz ausgereift
Artikelbild
TSC Tracktion 7 Test
Hot or Not
?
Die synchronisierbaren Browser erlauben Vorhören im Multitrack-Modus.

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Profilbild von achmed watusi

achmed watusi sagt:

#1 - 22.03.2023 um 14:43 Uhr

0

die links zu Demosoftware und Gratissoftware wäre nett, als Verkaufsförderer seid Ihr Spitze welches DAW hat für wenig Geld 8 gute an Naturinstrumente erinnernde Sample Klänge vergl Garageband p, upright bass, 3 git, wood, brass ich fühle mich bei iMac allerdings angeschissen, dass das logic express, was teuer bezahlt wurde, dann mit einer update Empfehlung den imac 4?1 ?gezielt unbrauchbar machte, die auf dem iMac pro Folgemodell mit Mojave nutzlos wurde Angesichts der Tatsache, dass Windows und Apple nur noch 2Jahres OS in Umlauf bringen, ist der Umstieg zu Linux wohl die Hauptemfehlung, die ihr nicht in die Welt setzt, weil es Euch dann nur noch wenig einbringt??

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)
  • LD Systems ICOA Pro Series - All you need to know!
  • Watch THIS if you use analog gear! Everything you need to know about the Freqport FreqInOut FO1