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Blue Bluebird SL Test

Wenn es einen Mikrofonhersteller gibt, der wirklich breitbandig auf dem Markt vertreten ist, dann wohl das amerikanisch-lettische Unternehmen Blue.

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Von sehr einfachen Mikrofonen für Consumer und Podcaster bis hin zum Röhrenflaggschiff ist alles dabei – mit gering zweistelligen Preisschildern bis zu einem Preis jenseits der 5000-Euro-Marke für „The Bottle“ mit ihrem zugehörigen Kapselarsenal.
Die Flaschenform hat es Blue offenbar angetan, denn dieses klassische Neumann-Design findet sich in vielen Blue-Produkten. So kommt auch das Bluebird SL in diesem Look. Und anders als manch andere Mikrofone der farbenfrohen Firma, ist die Farbe Blau auch tatsächlich Programm – beim Aussehen und beim Namen. 

Details

Feste Niere, aber Pad und Filter

320 Euro zahlt man zum Testzeitpunkt für ein Blue Bluebird SL. Bezüglich der professionellen Mikrofone des Herstellers bewegt man sich damit im untersten preislichen Mittelfeld, eher noch in der „oberen Budgetklasse“. Als Käufer bekommt man dafür durchaus etwas geboten. Es ist zwar nicht umschaltbar, sondern ein reines Nierenmikrofon, jedoch mit schaltbarem Pad (20 Dezibel) und schaltbarem Hochpassfilter (zweipolig bei 100 Hz) ausgestattet. Auch kommt es in einer feinen Holzbox. Gebaut wird das Mikrofon, wie der Preis erahnen lässt, allerdings weder im Baltikum noch in Nordamerika, sondern im Reich der Mitte. 

Fotostrecke: 4 Bilder Hochpassfilter und Pad lassen sich zuschalten.

Werte in Ordnung

Ein Blick in den erfreulicherweise ungeglätteten, aber nicht individualisierten Frequenzgang zeigt, dass man es hier mit einem höhenreichen Mikrofon zu tun haben wird. „Modern, crystal-clear sound“ ist auch der Marketing-Claim des Bluebird SL, wohingegen die Baby Bottle eher auf die intimen, samtenen Vintagesounds abzielt. Als nicht röhrenbetriebenes Mikrofon reicht die Phantomspeisung von 48 V aus dem Mikrofonvorverstärker, dem Pult oder dem Audiointerface zum Betrieb aus. Am XLR-Ausgang liegt mit einer Impedanz von 50 Ohm ein Signal an, dessen Feldleerlauf-Übertragungsfaktor von Blue mit 28,5 mV/Pa angegeben wird. Das ist ein ordentlicher Wert, in diesem Kontext sind auch das Eigenrauschen von 11,7 dBA und der maximale Schalldruckpegel von 138 dB SPL (0,5 % THD+N) absolut in Ordnung. 

Fotostrecke: 5 Bilder Die Kapsel des Bluebird besitzt ein interessantes Profil.
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Praxis

Art-déco-Design gelungen

Das Blue Bluebird SL ist definitiv ein Hingucker. Ob im professionellen Tonstudio oder im improvisierten Aufnahmeort des Bedroom-Producers, das Art-déco-Design des Blaulings fasziniert, ohne dabei zu sehr an Gegenstände aus Haushalt-Dekor-Geschäften für Käufer mit oft doch eher zweifelhaftem Stilempfinden zu erinnern. Ich find’s echt gelungen! Das schreibe ich, weil manche Hersteller – darunter Blue selbst (etwa „Yeti“, „Snowball“, „Mouse“) – auch ganz anders können.

Klassische Linienführung: Kopf-Korpus-Übergang des Bluebird SL.
Klassische Linienführung: Kopf-Korpus-Übergang des Bluebird SL.

Aussehen mit Vintage-Touch, Sound topmodern

Das Bluebird SL macht direkt klar, wo es klanglich langgeht: Geradezu spritzig, ja fast schon hyperaktiv springen mir die Höhen entgegen. Es ist erstaunlich, ein Großmembranmikrofon in klassischem Vintagegewand, das derart modernen Sound übermittelt. Ein wenig sorgt das für Phantomschmerzen, denn das, was das Bluebird SL klanglich ausgibt, stimmt so gar nicht mit dem überein, was es für die Augen zu bieten hat. Nun denn, nach ein paar Minuten wird sich wohl jeder beruhigt haben. Die Auflösung und Detailtreue in den Höhen ist für diese Preiskasse mehr als nur „in Ordnung“, entspricht aber vielleicht nicht ganz dem Selbstbewusstsein, mit dem die Höhen aus dem Mikrofon marschieren. Es ist zwar sicher praktisch, ein höhenreiches Großmembranmikro im Fundus zu wissen, allerdings legt es sich durchaus mit vielen Signalarten an. Die Entschärfung des Zischelbereichs unterhalb von 10 kHz ist nicht für alle Stimmen ausreichend stark, das müsste man im Zweifel also einfach ausprobieren. Stimmen klingen angenehmer, wenn sie nicht allzu nah vor dem Mikrofon sind. Dadurch ist allerdings auch die Bassanhebung durch den Nahbesprechungseffekt wenig vorhanden. Wenn die Signale also einen deutlichen Höhenboost schon bei der Aufnahme gebrauchen können, dann ist das Bluebird SL eine gute Wahl, beispielsweise für E-Gitarren mit viel „Twang“. Die Bassanhebung gelingt ordentlich und die Poppempfindlichkeit ist im normalen Maß – für Vocalaufnahmen ist hier also trotz sehr feinmaschiger Gitter ein Poppschutz nötig.

Audio Samples
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Blue Bluebird SL, 10 cm Blue Bluebird SL, 30 cm Blue Bluebird SL, 30 cm, 45 Grad Blue Bluebird SL, 70 cm Mojave MA-201FET, 30 cm Aston Spirit, 30 cm Audio-Technica AT5045, 30 cm

Die Richtcharakteristik zeigt sich in einem großen Sweet Spot ziemlich stabil, besonders jenseits der 90 und 270 Grad sollte man bei Signalen mit starkem Bleed aber auf Klangfärbung achten, vor allem ab 2 kHz. Gute Nachrichten vom Hochpassfilter und der manuellen Trittschalldämmung via Mikrofonspinne: Dies alles funktioniert sehr ordentlich.  

Retro-Look, frisch-moderner Sound: Nicht jeder wird mit dieser Kombination glücklich sein.
Retro-Look, frisch-moderner Sound: Nicht jeder wird mit dieser Kombination glücklich sein.
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Fazit

Das Blue Bluebird SL kann verwirren, denn es sieht sehr „vintage“ aus, klingt aber nicht so. Es ist ein modern-höhenreich klingendes Mikrofon, welches technisch gesehen ein gutes Signal ausgibt, ästhetisch gesehen aber wie so oft zu Schallquelle und Klangwunsch passen muss. Mit gut 320 Euro ist es kein Superschnäppchen, aber auch nicht überteuert, sondern einfach ein sehr schönes Mikrofon mit ordentlichen Klangeigenschaften zum stimmigen Preis. Wer mit einem der genannten Parameter nicht ganz einverstanden ist: Es gibt noch viele weitere passende Mikrofone mit ähnlichem Aussehen und deutlich anderen Klangeigenschaften im Blue-Arsenal.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • fein auflösend für ein Großmembranmikro dieser Preisklasse
  • moderner, frischer Klang
  • schöne Optik
Contra
  • Höhenlastigkeit für manche Stimmen und Signale zu schrill
Artikelbild
Blue Bluebird SL Test
Für 159,00€ bei
Blue_Bluebird_SL_8
FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz–20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 28,5 mV/PA
  • maximaler Schalldruckpegel: 138 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Schaltfunktionen: Hochpassfilter (12 dB/oct bei 100 Hz) und Pad (20 dB)
  • Preis: € 320,– ( Straßenpreis am 26.10.2017)
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