Anzeige

Knaggs Severn 4 T2 Test

Knaggs? Noch nie gehört? Kein Wunder, das Angebot der noch jungen Marke war für uns Bassisten/innen bisher ziemlich überschaubar. Zwar ist mir der Name schon einmal über den Weg gelaufen, aber nur im Zusammenhang mit Gitarren. So sah ich kürzlich Steve Stevens, Gitarrenlegende und langjähriger Sideman Billy Idols, ausschließlich Instrumente von Knaggs bei seinem Konzert in Frankfurt spielen. Er ist der derzeitige Top-Endorser der amerikanischen Company – und sein Ton spricht für sich. Das macht schon mal neugierig, was die Bässe der Company angeht! Gegründet wurde Knaggs 2009 von Joe Knaggs und Peter Wolf. Beide arbeiteten lange Zeit in der Werkstatt von Paul Reed Smith, Joe sogar ganze 25 Jahre – unter anderem als Chef der Design- und Private-Stock-Abteilung. Erfahrung im Instrumentenbau kann man also getrost voraussetzen. Schon im Gründungsjahr von Knaggs gab es zwei Bassmodelle, aber diese traten zunächst wieder in den Hintergrund. Erst Anfang 2017 beschlossen die beiden, sich endlich vermehrt der tieffrequenten Kundschaft zu widmen. Zur Freude von uns Tieftönern!

Knaggs_Severn_Bass_4_T2_Turquoise_Lam_007FIN

Details

Knaggs-Instrumente gibt es in drei Ausstattungsvarianten: T1, T2 und T3. Die Basis des Instruments ist bei allen drei Varianten gleich. Die Kürzel beziehen sich hauptsächlich auf optische Details, wobei T3 die einfachste Ausführung bezeichnet. Greift man zu T2 oder T1, so bekommt man z.B. aufwendigere Inlays, spektakuläre Decken etc.
Als konzeptionelle Grundlage dient ein Hybrid aus zwei Klassikern. Der Korpus der Knaggs-Bässe lehnt sich stark an den beliebten Jazz Bass an. Beim Hals hat man sich in Profil und Radius am Music Man Stingray orientiert. Das ist jetzt nicht gerade innovativ, aber in Hinblick auf kommerziellen Erfolg stellt sich natürlich die Frage, warum man das Rad neu erfinden soll, wenn ein Großteil der potentiellen Kundschaft bei ihrer Wahl des Instruments zu diesen Klassikern tendiert.
Wer schon einmal eine Gitarre von Paul Reed Smith gesehen hat, wird sich nach dem ersten Blick auf den Severn 4 sofort daran erinnert fühlen. Alleine schon die auffällig edle Optik und die markanten Shapings weisen deutliche Parallelen zu den Modellen des langjährigen Arbeitgebers von Joe und Peter auf.

Fotostrecke: 4 Bilder Das edle Instrument wird in einem …

Der Erlekorpus ist mit einer Decke aus geflammten Ahorn laminiert. Diese ist türkis gebeizt, was die tolle Maserung noch besser wirken lässt. Zum Schutz wurde der Korpus zusätzlich mit einem Klarlack überzogen. Freien Blick auf die spektakuläre Decke gewährt das transparente Schlagbrett, und als Besonderheit laufen die Shapings auf der Vorderseite weit über die übliche Kante als Armablage hinaus.
Fast um den ganzen Korpus herum verflacht sich dieser in Richtung der Zarge. Das ist nicht nur beim Spielen bequem, sondern sieht auch sehr edel aus. Die Decke wird dadurch abermals betont und erhält  eine Art 3D-Effekt. Die Rückseite des Bodies ist dagegen vergleichsweise sehr nüchtern und wurde in einfachem Braun gehalten. Da hätte man für meinen Geschmack etwas konsequenter sein dürfen.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Front des Severn wird haptisch wie optisch von …

Sowohl der Hals als auch das Griffbrett wurden wie die Decke aus geflammtem Ahorn gefertigt. Die Rückseite des Halses ist als Kontrast hingegen etwas dunkler eingefärbt; “karamellfarben” trifft es wohl am besten. 20 Bünde wurden in das Griffbrett eingelassen, dessen Dots passend zur Decke aus türkisem Perlmutt hergestellt wurden. Da zeigt sich die Liebe zum Detail!
Die Kopfplatte ist eine verspielte Interpretation der Jazz-Bass-Vorlage, sie erinnert mit ihrer Form an einen Wellenkamm. Auf ihr befindet sich unter einer Abdeckung (natürlich ebenfalls aus geflammten Ahorn) der Zugang zum Trussrod. Und auch bei den Stimmmechaniken hat man sich aus der obersten Liga bedient: die Gotoh Resolite 350 arbeiten äußerst präzise und sparen dazu noch ordentlich Gewicht.

Fotostrecke: 5 Bilder Schicke Inlays zieren das Fretboard, welches …

Hals und Korpus wurden miteinander verleimt. Der schwierige Übergang dieser beiden Komponenten ist im Gegensatz zu vielen anderen Bässen geschickt abgerundet worden – das schafft Platz für die Greifhand, und auch der 20. Bund wird somit problemlos erreichbar.
Die gesamte Hardware wurde in Gold gehalten, selbst die Schrauben für das Schlagbrett und für die Abdeckung des Trussrod. Leicht an einen Goldbarren erinnert die Omega-Brücke – sie verspricht jedoch mit ihrer massiven Grundplatte ein sehr gesundes Sustain. Hinsichtlich ihres Konzepts lehnt sie sich an die bekannte Badass-Brücke an, die man z.B. von Marcus Millers Bass kennt.

Fotostrecke: 5 Bilder Bequemer Zugriff auf die hohen Lagen – der Übergang …

Die Tonabnehmer stammen aus dem Hause Seymour Duncan. Ihr Beiname “Antiquity” verrät, dass sie klanglich in der Vintage-Ecke angesiedelt sind. Beim ersten Blick ließen mich die vier Regler auf eine aktive Elektronik schließen, doch da lag ich falsch. Der Knaggs Severn ist nämlich passiv und besitzt – ganz klassisch – zwei Volume-Regler plus Tonblende.
Der vierte Regler ist – jetzt kommt’s – eine weitere Tonblende! Meine anfängliche Vermutung war, dass jeder Tonabnehmer seine eigene Tonblende besitzt – leider wieder falsch! Stattdessen sind beide Blenden klanglich anders abgestimmt und sollen auf diese Weise eine noch größere Palette an passiven Sounds bieten.

Fotostrecke: 5 Bilder Tonabnehmer des Traditionsherstellers Seymour Duncan …

Insgesamt macht der Knaggs Severn einen absolut hochwertigen und edlen Eindruck. Auch die Verarbeitung ist wie zu erwarten auf höchstem Niveau – kein Wunder, wenn man die Geschichte der beiden Köpfe dahinter kennt!
Natürlich polarisiert dieser Bass mit seinem extravaganten Erscheinungsbild. Rock’n’Roll-Flair versprüht er nicht wirklich, aber das ist ja auch durchaus so gewollt. Künstlich gealterte und “verranzte” Bässe gibt es schon genug am Markt, da ist der Severn eine erfrischende Ausnahme. Er setzt sich ganz bewusst für eine Zielgruppe in Pose, die klassische Sounds mag, aber einen speziellen Geschmack hat und nach dem Besonderen und Edlen sucht – und natürlich auch das entsprechende Kleingeld übrig hat.

Anzeige

Praxis

Die 3,9 Kilogramm Lebendgewicht des Severn sind sehr gut verteilt. Den größeren Teil davon macht der Korpus aus – der Hals ist auch dank Gotoh-Tuner deutlich leichter. Die angenehme Folge davon ist, dass der Bass zu keinerlei Kopflastigkeit neigt. Im Sitzen kann man ihn bedenkenlos freihändig auf dem Oberschenkel thronen lassen und dabei Brotzeit machen – der Severn verharrt stur und regungslos in seiner Position. Das findet man selten bei einer Jazz-Bass-artigen Konstruktion!
Einen kleinen Beitrag dazu leistet sicher auch die Aussparung für den Oberschenkel. Sie fällt im Vergleich zum Original größer aus und bietet so noch mehr Halt. Im Stehen zeigt sich das gleiche Bild. Kaum umgehängt, pendelt er sich in eine angenehme Spielposition ein, ohne dass man per Hand nachhelfen muss. Ausgewogen hängt er an der Schulter und nichts zieht oder zerrt. Wie schon erwähnt, sind alle Bünde dank gerundetem Hals-Korpus-Übergang und großzügigem Cutaway problemlos erreichbar.

Der Knaggs bringt gerade mal 3,9 kg auf die Waage und wurde perfekt ausbalanciert.
Der Knaggs bringt gerade mal 3,9 kg auf die Waage und wurde perfekt ausbalanciert.

Ansonsten fühlt sich alles sehr bekannt an, der am Stingray angelehnte Hals tendiert in Richtung C-Profil und bietet mit seiner Masse guten Halt für die Greifhand. Die Sattelbreite von 41 mm entspricht auch dem des Music Man Stingrays oder des Fender Precision. Wer mit diesen Modellen vertraut ist, wird sich auch auf dem Severn sofort wohlfühlen.
Ich muss gestehen: Zunächst erschien mir die Idee hinter dem Severn etwas fragwürdig. Von einem Bassbauer dieser Güte erwartet man eigentlich auch ein eigenes Design bzw. Konzept. Knaggs geht da jedoch pragmatischer bzw. kaufmännischer zur Sache und orientiert sich eher am Markt. Und da liegen klassische Formen in der Gunst der Bassisten/innen eben immer noch recht weit vorne. Spielt man den Severn eine Weile, geht das Konzept auch voll auf: Irgendwie geht die Scheu vor dem edlen Teil verloren und man genießt einfach das vertraute und geliebte Spielgefühl – allerdings auf hohem Niveau und mit allen Annehmlichkeiten eines Edelbasses.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Akustisch gespielt unterstreicht der Knaggs sein äußeres Erscheinungsbild. Er klingt sehr definiert und klar, durch das Griffbrett aus Ahorn auch hell und zu keiner Zeit harsch oder bissig – irgendwie “edel” eben – wer hätte das gedacht?! Bemerkenswert ist zudem, wie differenziert der Bass zu Werke geht. Das ist bekanntlich nicht allzu oft die Stärke von Jazz-Bässen und spricht für die hochwertigen Zutaten.

"Nummer 17" - diese handschriftliche Zahl ist ein Indiz für echte Handarbeit!
“Nummer 17” – diese handschriftliche Zahl ist ein Indiz für echte Handarbeit!

Am Verstärker wird der bisherige Eindruck nur bestätigt. Der Severn klingt wie ein Jazz Bass, nur kultivierter und gesetzter. Die Seymour Duncan Antiquitys passen hervorragend zu ihm. Sie sind in den Höhen etwas bedeckter und verhindern so, dass es in Kombination mit dem Ahorngriffbrett zu giftig wird. Der Grundsound wirkt dadurch über das gesamte Spektrum ausgewogen. Durch den massiveren Hals kommt mir der Klang noch etwas kräftiger, straffer und definierter vor als bei einem Jazz Bass mit normalen Maßen.

Audio Samples
0:00
Beide Pickups, Finger Beide Pickups, Slapping Bridge-Pickup Neck-Pickup

Jetzt kommen die beiden Höhenblenden ins Spiel. Eine davon gleicht der vom Jazz Bass bekannten Variante. Die andere bleibt das Geheimnis von Joe und Peter – sie ist nämlich leider wirkungslos! Nur mit viel gutem Willen an der Grenze zur Einbildung ist eine Einwirkung auf den Sound wahrnehmbar. Egal, in welcher Pickup-Konfiguration und wie beherzt ich drehe, so ganz erschließt sich mir der Sinn dieses Reglers nicht. Nun gut, dann beschränke ich mich eben auf die traditionelle Höhenblende, mehr ist meiner Meinung nach bei einem Jazz Bass auch nicht unbedingt nötig.

Audio Samples
0:00
Bridge-Pickup, Tonblende: -70% Neck-Pickup, Tonblende: -70%

Verschiedene Tonabnehmer-Konfigurationen in Verbindung mit der Tonblende ergeben eine breite Palette an beliebten passiven Sounds, die beim Severn allesamt eine vornehme Note haben. Ein frecher Rocker ist er nicht, und das würde seinem Erscheinungsbild auch völlig widersprechen. Ich finde jedoch, die klangliche Abstimmung mit den Seymour Duncan Antiquitys passt bestens zum gesamten Konzept und ergibt ein absolut schlüssiges Gesamtbild.

Dieser Knaggs ist schon ein echtes Traumteil - hat aber leider auch einen entsprechenden Preis!
Dieser Knaggs ist schon ein echtes Traumteil – hat aber leider auch einen entsprechenden Preis!
Anzeige

Fazit

Der Knaggs Severn verpackt klassische Sounds und Design in ein äußerst edles Gewand und meistert diesen Spagat problemlos. Es gibt natürlich viele Firmen, die Jazz-Bässe auf hohem Niveau bauen, in dieser Konsequenz in Bezug auf das exquisite und extravagante Erscheinungsbild aber wiederum wenige. Deshalb finde ich das Konzept auch gelungen und sinnvoll. Der Severn besitzt dadurch ein klares Alleinstellungsmerkmal, obwohl er sich zwei bereits bekannte Klassiker zum Vorbild nahm. Natürlich polarisiert dieser Bass und ist kein Instrument für Jedermann, doch das möchte er auch gar nicht sein! Diejenigen, welche abseits des Mainstreams und Rock’n’Roll-Klischees nach dem Edlen und Besonderen suchen, werden hier bestens bedient. Wem das noch nicht genug ist, kann mit der Ausstattungsvariante T1 noch eins drauflegen. Ein luxuriöser Koffer und Security Locks (natürlich in Gold!) als Beigaben runden das Bild zusätzlich ab.

PRO:
  • sehr hohe Qualität der Hölzer und Hardware
  • 1A Verarbeitung
  • klarer, definierter und kräftiger Ton
  • gelungener Spagat zwischen klassischen Sounds und extravaganter, edler Optik
CONTRA:
  • zweite Tonblende zeigt keine bis wenig Wirkung
  • nüchterne Rückseite des Korpus
Knaggs_Severn_Bass_4_T2_Turquoise_Lam_010FIN
Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Knaggs
  • Modell: Severn 4
  • Herstellungsland: USA
  • Mensur: 34″
  • Korpus: Erle mit Decke aus geflammten Ahorn
  • Hals: geflammtes Ahorn/Ahorn
  • Griffbrett: geflammtes Ahorn/Ahorn mit türkisen Dots
  • Pickups: Seymour Duncan Antiquity JJ
  • Elektronik: 2 x passive Tonblende
  • Hardware: Omega Bridge, Gotoh Res-o-lite Tuner
  • Finish: Torquise Lam
  • Zubehör: Koffer, Security Locks
  • Preis: 4.298,- Euro (Ladenpreis im Dezember 2017)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr hohe Qualität der Hölzer und Hardware
  • 1A Verarbeitung
  • klarer, definierter und kräftiger Ton
  • gelungener Spagat zwischen klassischen Sounds und extravaganter, edler Optik
Contra
  • zweite Tonblende zeigt keine bis wenig Wirkung
  • nüchterne Rückseite des Korpus
Artikelbild
Knaggs Severn 4 T2 Test
Für 3.698,00€ bei
Hot or Not
?
Tonabnehmer des Traditionsherstellers Seymour Duncan ...

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Sire Marcus Miller F10-6 NT - Sound Demo (no talking)
  • First notes on the Sire Marcus Miller F10-6 NT #shorts #sirebass #marcusmiller #siremarcusmillerf10
  • First notes on the Marleaux Consat Custom Bolt-On #bassguitar #marleaux #bass #bassbonedo