Sennheiser HD 800 S Test

Der Sennheiser HD 800 ist seit seinem Erscheinen im Jahre 2009 ein häufig genanntes Modell in audiophilen Foren und ein frühes, herausragendes Beispiel dafür, wozu Kopfhörer mit dynamischen Schallwandlern fähig sind. Unser Testobjekt, der HD 800 S, gilt als Weiterentwicklung des HD 800, welcher sich übrigens nach wie vor im Angebot des deutschen Audiospezialisten befindet.

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“Geschaffen um perfekt zu sein” liest man auf der Homepage des Audiospezialisten, eine konkrete Empfehlung für den professionellen Einsatz des HD 800 S ist nirgends entdecken, was im Übrigen auf viele Kopfhörer zutrifft, denen man unter Ton- und Musikschaffenden begegnet, aber warum sollte sich ein “perfekter” Kopfhörer nicht fürs Mischen und Mastern eignen? Wer im letzten Satz Sarkasmus vermutet, liegt daneben. Aus meiner Sicht ist der Sennheiser HD 800 S wirklich nur eine Haaresbreite davon entfernt, perfekt zu sein. Lest die Details in unserem Testbericht!

Details

Bauweise

Sennheisers HD 800 S ist ein Kopfhörer in offener Bauweise mit dynamischen Treibern und ohrumschließenden Ohrmuscheln. Das Gewicht beträgt vergleichsweise leichte 330 g ohne Kabel, ein Klappmechanismus zu Transportzwecken des opulenten Gehäuses ist nicht vorhanden.

Verarbeitung

Der im auffälligen “RoboCop-Design” gestaltete Kopfhörer besticht durch einen Materialmix aus Metall und Kunststoff, wobei Letzteres optisch dominiert und etwas weniger wertig anmutet als manch ein eitlerer Mitbewerber unseres Testmarathons. Dem Gewicht des HD 800 S scheint dies aber gut zu bekommen, er gehört trotz seiner Größe zu den leichtesten Kopfhörern unseres Testfelds und wird lediglich vom STAX SR-202 und der hausinternen Konkurrenz, dem leichtgewichtigen HD 660 S über- oder besser gesagt “untertrumpft”. Die Verarbeitung ist makellos und auch die dicke Stoffummantelung der mitgelieferten Kabel vermitteln insgesamt das Gefühl, ein solides Stück Audiotechnik in den Händen zu halten.

Mitgelieferte Kabel und Co.

Der Sennheiser HD 800 S besitzt eine beidseitige Kabelführung, deren Kabelenden mit einer proprietären Steckverbindung versehen sind. Direkt nach dem Auspacken des HD 800 S, verwechselte ich voller Tatendrang die Kabel – links und rechts waren vertauscht. Vergeblich suchte ich nach einem Mechanismus zum Lösen der Kabel, sodass nur ein Blick in die Bedienungsanleitung half. Tatsächlich muss man lediglich beherzt daran ziehen, was unproblematisch, aber dann doch etwas ungewöhnlich für so ein Hightech-Gerät ist. Alternativ zum 3 m langen Kabel mit Klinkenstecker (6,35 mm) liegt ein symmetrisches Kabel mit XLR-4-Stecker bei, über welches der HD 800 S an entsprechende Kopfhörerverstärker angeschlossen werden kann. Ein Stereoklinkenstecker oder ein Adapter auf 3,5 mm gehört leider nicht zum Lieferumfang, obwohl die Wiedergabe an mobilen Audioquellen durchaus brauchbar ist. Weiterhin gehören eine umfassende und mehrsprachige Bedienungsanleitung, ein USB-Stick und ein Reinigungstuch aus Mikrofaser zum Lieferumfang. Eine spezielle Transportbox ist nicht vorhanden, allerdings eignet sich die schwere, gepolsterte Box, in welcher der HD 800 S geliefert wird, sehr gut zur Aufbewahrung.

Fotostrecke: 3 Bilder Ein symmetrisches Kabel gehört zum Lieferumfang.

Technik und Kennzahlen

Die dynamischen Wandler des HD 800 S haben einen Durchmesser von beachtlichen 56 mm und sind in Richtung der Ohren leicht angewinkelt. Eine Weiterentwicklung gegenüber dem HD 800 ist die patentierte Absorber-Technologie, welche laut Hersteller Frequenzmaskierungen und Erzeugung von Resonanzen entgegenwirken soll. Die weiteren technischen Angaben, die sich explizit aufgelistet am Ende dieses Testberichts befinden, sind prinzipiell frei von Auffälligkeiten, wobei ich mich nicht daran erinnern kann, jemals dB-Werte bei der Angabe des Übertragungsbereichs bei Kopfhörern gesehen zu haben. Somit erlauben die Angaben 10 bis 44100 Hz (-3 dB) sowie 4 bis 51000 Hz (-10 dB) gegenüber anderen Kopfhörern erstmalig Rückschlüsse über die Linearität bei der Wiedergabe. Lediglich 3 dB Abweichung zwischen 10 und 44100 Hz klingt schon einmal vielversprechend und macht auf die klangliche Beurteilung gespannt, die im Praxisteil dieses Testberichts folgt. Mit einer Impedanz von 300 Ohm folgt der HD 800 S nicht dem inzwischen verbreiteten Trend zum niederohmigen Kopfhörer. Dennoch spielt er mit einer durchaus respektablen Lautstärke und ohne auffällige Klangeinbußen an meinem iPhone SE.

Die dynamischen Wandler haben eine Impedanz von 300 Ohm.
Die dynamischen Wandler haben eine Impedanz von 300 Ohm.

Praxis

Verwendungszweck

Seine offenen Bauart prädestiniert den Sennheiser HD 800 S für den stationären Betrieb. Der Einsatzort kann sowohl das Wohn- oder Musikzimmer eines Musikliebhabers als auch der Regieraum eines Tonstudios sein, wozu der HD 800 S aufgrund seiner grandiosen Wiedergabe absolut geeignet ist.

Tragekomfort

Der Sennheiser-Kopfhörer passt sich perfekt meiner Kopfform an und sitzt sehr sicher, ohne dass ein nennenswerter Anpressdruck zu bemängeln wäre. Die Polsterung des Kopfbügels und der Ohrmuscheln besteht aus Mikrofaser-Gewebe, das sich sehr angenehm auf der Haut und auf meinem Haupt trägt. Wie bereits erwähnt, fällt auch das Gewicht des HD 800 S sehr moderat aus, sodass man dem Testmodell einen insgesamt tadellosen Tragekomfort attestieren kann.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Ohrpolster sind nicht auffallend dick, aber dennoch äußerst komfortabel und luftig.

Klang

Testbedingungen
Über die Notwendigkeit des “Einspielens” von Kopfhörern findet man unterschiedliche Aussagen und selten konkrete Informationen. Einige Hersteller geben beispielsweise an, dass ihre Wandler bereits eingespielt sind, andere bitten vor einer Beurteilung darum, den Kopfhörer einzuspielen. Dritte sind der Meinung, dass eine eventuell empfundene Klangverbesserungen nach der “Einspielphase” ein nicht messbarer, psychologischer Gewöhnungseffekt ist. Nichtsdestotrotz habe ich den Sennheiser HD 800 S vor diesem Test mehrere Tage an meinen alltäglichen DAW-Tätigkeiten teilhaben lassen und auch zwischendurch musikalisch beschallt.
Der Test erfolgte an den folgenden Kopfhörerausgängen/Verstärkern:

Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW-Tätigkeiten) habe ich einen stilübergreifenden Mix vertrauter Eigen- und Fremdproduktionen über den HD 800 S angehört und analysiert.
Der erste Eindruck
Obwohl vorher noch kein HD 800 oder HD 800 S auf meinem Kopf Platz gefunden hatte, herrschte sofort eine zufriedene Vertrautheit zwischen dem Sennheiser-Kopfhörer und mir. Die, auch für unser elitäres Testfeld außergewöhnlich natürliche Raumabbildung sowie eine Frequenzwiedergabe, die frei von Färbungstendenzen ist, fallen unmittelbar auf!

Der HD 800 S klingt auffallend natürlich.
Der HD 800 S klingt auffallend natürlich.

Frequenzgang
Wie soeben bemerkt, zeichnet sich die Frequenzwiedergabe des HD 800 S durch ein bemerkenswert hohes Maß an Natürlichkeit aus. Als Leser einschlägiger Foren war mir bereits bekannt, dass beide 800er häufig als “hell abgestimmt” beschrieben werden, was ich bestätigen kann, allerdings darf man hell nicht mit grell verwechseln. Die detaillierte und absolut hochaufgelöste Darstellung hoher Frequenzen ist alles andere als plakativ oder gar störend, fügt sich perfekt ins gesamte Geschehen ein und ist nicht zu vergleichen mit dem zum Mischen/Mastern allenfalls eingeschränkt geeigneten Höhenboost eines Fostex TH900mk2 oder Beyerdynamic DT 1990 Pro. Die Mitten sind lebendig und plastisch, ohne den Hauch einer Färbung, was tontechnische sowie kreative Beurteilungen und Aktionen begünstigt. Kommen wir zum Bassbereich. Zum reinen Musikgenuss empfinde ich die Abstimmung als homogen und geschmackvoll, zur kritischen Beurteilung, um beispielsweise Missstände aufzudecken, fehlt mir etwas Quantität, zumindest im Subbass. Das schließt eine professionelle Beurteilung nicht aus, allerdings ist hierzu eine erhöhte Aufmerksamkeit sowie Vergleichs- und Einhören mit dem HD 800 S erforderlich. Fazit: fast perfekt!
Impulsverhalten
Impulse und Transienten werden mit einer Präzision auf Referenzniveau wiedergegeben. Ein unmittelbarer Vergleich zur elektrostatischen, magnetostatischen und dynamischen Konkurrenz in Form des AKG K812 offenbart, dass der Sennheiser HD 800 S den Spitzenmodellen unseres Testmarathons “Referenzkopfhörer fürs Studio” mindestens ebenbürtig ist. Mit dieser Fähigkeit eignet sich der Sennheiser-Kopfhörer für jegliche Einsatzszenarien im Studio, wie etwa Dynamikbearbeitung und Editing.
Räumliche Abbildung
Die Raumabbildung des Sennheiser HD 800 S entspricht zu 100 Prozent meinen persönlichen Hörpräferenzen. Mit seiner gemäßigt breiten Stereobühne erreicht der Sennheiser-Kopfhörer eine Natürlichkeit, die man mit anderen Modellen nur unter Einsatz einer Crossfeed-Funktion erreicht, wie man sie aus verschiedenen Kopfhörerverstärkern kennt. Somit ist der Sennheiser HD 800 S der Teilnehmer unseres Testmarathons, welcher der Wiedergabe über Lautsprecher am nächsten kommt. Die Separierung einzelner Mixelemente ist nicht ganz so ausgeprägt wie beim in dieser Beziehung extrem analytischen AKG K812, allerdings begünstigt dies die realistische Raumanmutung des HD 800 S, dessen Phantommitte zudem perfekt ausbalanciert ist und beispielsweise Gesangsstimmen so darbietet, wie man es von guten Studiomonitoren kennt.

Der HD 800 S zählt zu den Top-Empfehlungen für Mix, Mastering und Musikgenuss!
Der HD 800 S zählt zu den Top-Empfehlungen für Mix, Mastering und Musikgenuss!

Fazit

Der Sennheiser HD 800 S hält, was der legendäre Ruf verspricht! In vielen Wiedergabeparametern liefert der HD 800 S herausstechende Resultate, sodass der stolze Preis des Kopfhörers absolut gerechtfertigt ist. Bleibt die Frage nach dem Bassbereich. Im professionellen Bereich sind mir Kollegen bekannt, denen der Sennheiser-Kopfhörer zu wenig Bass bietet, gleichzeitig kenne ich ebenfalls Tonschaffende, denen die Bassabbildung des HD 800 S wahrscheinlich entgegenkommt. Mir persönlich fehlt eine Prise Subbass, um sagen zu können, dass der Sennheiser HD 800 S der perfekte Kopfhörer für mich ist. Beurteilungen und Bearbeitungen tiefer Frequenzen sind durchaus möglich, allerdings wird man auf Missstände nicht so sehr mit der Nase gestoßen, wie es bei anderen Modellen der Fall ist. In der Summe seiner Eigenschaften ist der HD 800 S eine Top-Empfehlung für Tonschaffende, die in den Bereichen Mix und Mastering tätig sind!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • überragende Wiedergabeeigenschaften
  • beeindruckend natürliche Frequenzabbildung
  • ultrapräzise Wiedergabe von Transienten
  • Raumabbildung auf Referenzniveau
  • hoher Tragekomfort
  • austauschbare Kabel
  • hochwertige Verarbeitung
Contra
  • für EDM-affine Anwender möglicherweise etwas zu wenig Subbass
Artikelbild
Sennheiser HD 800 S Test
Sennheiser_HD_800_S_B01_Test
Technische Spezifikationen
  • High-Resolution-Kopfhörer
  • offen
  • dynamisch
  • ohrumschließend
  • Polster aus Mikrofasergewebe
  • Aufbewahrungsbox
  • USB-Stick
  • abnehmbares Kabel (OFC, 3 m)
  • beidseitige Kabelführung
  • 6,35mm-Klinkenstecker/XLR4 (2. symmetrisches Kabel)
  • Gewicht: 330 g (ohne Kabel)
  • Nennimpedanz: 300 Ohm
  • Übertragungsbereich: 4–51000 Hz (-10 dB), 10–44100Hz (-3 dB)
  • Schalldruckpegel: 102 dB (1 Vrms/1 kHz)
  • Nenndauereingangsleistung: max 500 mW (nach EN 60-268-7)
  • Klirrfaktor:
Preis: € 1599,– (Straßenpreis am 15.03.2018)
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