MasterSounds Linear 4V Test

Kaum ein Jahr ist es her, da stellte die Mischpultschmiede MasterSounds aus Großbritannien einen Vierkanal-Mixer für Rotary-Fans vor, den mit analogem Schaltungsdesign und adretter Optik bei uns im Test für gut befundenen Radius 4. Bald darauf folgte eine zweikanalige Ausgabe. Nun hat man sich seitens des Herstellers entschlossen, das Portfolio mit einem Fader-Pult abzurunden, das on-top mit vier Röhrenverstärkern ausgerüstet wurde. Der Name ist Programm: Linear 4V (V steht für Valve). Klar, dass auch eine Rotary-Version nicht fehlen darf.

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Analoger DJ-Mixer mit Röhrenverstärkung: MasterSounds Linear 4V


Integrierte Effekte haben diese Mischpulte nicht anzubieten, folglich serviert der Hersteller seine eigene externe Effektbox „MasterSounds FX“ (hier im Test), die sich als Erweiterung für sämtliche Radius-Mixer, aber auch für Pulte der Konkurrenz empfehlen möchte. Preislich ordnen sich die Produkte in der DJ-Oberklasse ein. 1.985,– Pfund Sterling sind für den Mischer zu entrichten, wohingegen das FX mit 495,– Tacken zubuche schlägt. Macht summa summarum rund 2.800 Euro plus Shipping, ein stolzes Sümmchen, so ist das wohl bei handgefertigten Produkten. Gelingt es MasterSounds, den Rotary-Analog-Hype auf ihr erstes Fader-Konzept zu übertragen?

Details

Der MasterSounds Linear 4V kommt in einer einfachen Kartonage gut in Styroporformteile verpackt zum Test. Brauner Karton mit Logo – kein Schnickschnack, das Mischpult ist die schwarze Edition, es gibt auch eine silberne Variante im Online-Store des Herstellers. Der DJ-Mixer mit dem herrlich schönen „oldschool meets nuschool“-Design legt partielle Anlehnungen an die Xone-Mixer-Serie an den Tag, zum Beispiel die Schalthebel, die der Crossfader-Zuweisung dienen oder die V6-ähnlichen Knobs. Dazu statt Master-LED-Ketten zwei VU-Meter, das sieht schon klasse aus.
Das Pult selbst ist 35 Zentimeter breit und 28 Zentimeter tief. Es kommt auf eine Höhe von 8 Zentimetern, wiegt 4,75 kg und steht auf vier fest verschraubten, mit 35 Millimetern Durchmesser recht groß geratenen Standfüßen sehr sicher. Zum Lieferumfang gehören neben dem Pult ein externes Netzteil und eine Betriebsanleitung. MasterSounds Linear 4V legt eine solide, wertige Verarbeitung an den Tag und fasst sich gut an, ist aber aufgrund der integrierten Röhren sicher etwas, was sich nicht unbedingt für den rauen On-the-road-Transport empfiehlt.

Der Kartoninhalt des analogen Röhrenmixers MasterSounds Linear 4V
Der Kartoninhalt des analogen Röhrenmixers MasterSounds Linear 4V

Die Firma Union Audio wurde 2014 von Andy Rigby-Jones, der bis dahin mehr als ein Jahrzehnt als Designmanager für die Xone-Serie bei Allen & Heath tätig war, ins Leben gerufen. Er war auch am Prototypen des Richie Hawtin Mixers Model One beteiligt.  Ryan Shaw von MasterSounds vertreibt Turntable-Zubehör und baut Technics-Plattenspieler um, die dann als MasterSounds SL Edition angeboten werden. Ferner sind auch analoge Mischpulte im Online-Store erhältlich wie der Radius 2 und der Radius 4, die wir hier bereits getestet haben.

Front und Backpanel

An der Vorderseite ist lediglich ein Kopfhöreranschluss in Form einer Standardklinke auszumachen. Etwas mehr los ist hinten am Backpanel. Dieses offenbart eingangsseitig vier Paar vergoldete Cinch-Buchsen, je einmal zum Anschluss von Phono- und Line-Gerätschaft. Jeweils zwei der vier Kanäle teilen sich eine Erdungsschraube, die groß und griffig geraten ist. Außerdem sind hier zwei XLR-Mikrofoneingänge vorzufinden. Zur Verbindung mit PA, Monitorboxen oder der heimischen DJ-Anlage stehen XLR und Klinke zur Auswahl, die separat geregelt werden können. Dazu gesellt sich ein vom Master-Pegel unabhängiger Record-Out bei -6 dBU. Schließlich wäre hier noch der Send/Return/Insert-Bus mit der Insert-On-Taste für das passende „MasterSounds FX“-Effektgerät zu nennen, dazu später mehr. Eine Buchse für das externe 18-V-Netzteil mit Power-Schalter beendet den Rundgang über das rückseitige Anschlussfeld.

Fotostrecke: 2 Bilder Vorn gibt’s einen Kopfhörerausgang, …

Hauptkanäle und das rechte Mixerdrittel

Jeder der vier Hauptkanäle erwartet einen zuoberst mit dem Aux-Send und Trim-Regler (+10dB), gefolgt von einem Dreiband-EQ. Das ist gegenüber Radius 2 und 4, die in den Einzel-Kanälen lediglich eine Hochpassfilterung zur Klangregelung anbieten, schon ein beträchtlicher Unterschied in Sachen Klanganpassung. Rot illuminierende Vorhörtasten schicken den jeweiligen Kanal auf die Cue-Schiene. Ein silberner Kippschalter weist die Crossfader-Seiten zu oder schließt den Kanal davon aus. Die Channelfader sind mit „Studiocaps“ besetzt und lassen sich sehr grazil bewegen. Den anliegenden Pegel visualisiert ein neunsegmentiges LED-Meter (–25 bis +9 dB) in grün-orange. Die zehnte PK-LED signalisiert Übersteuerung. 

Fotostrecke: 2 Bilder Der MasterSounds Linear 4V offeriert einen Dreibänder …

Sämtliche vier Kanäle sind mit Ausnahme der Mikrofonschaltung an 1 und 2 funktional identisch ausgerüstet. Wie gehabt findet sich in der Master-Sektion der Dreiband-Master-EQ/Isolator. Es gibt separate Master- und Booth-Ausgänge und Regelmöglichkeiten. Die Kopfhörersektion wartet mit Split-Funktion und Add-Mix-Regler (Cue-Mix) auf für die Blende zwischen Ausgabe und Vorhörsignal. Der Kopfhörerverstärker ist schön laut und dazu transparent im Sound. Ein EQ noch an dieser Stelle und es gäbe Szenenapplaus.

Fotostrecke: 2 Bilder MasterSounds Linear 4V Master-Isolator

Praxis

Auf den Tisch mit dem Kleinod britischer Handveredlung und ran an die Verkabelung, deren Einzelheiten ich euch an dieser Stelle ersparen möchte, außer dass zwei DJ-typische Vestax-Turntables mit Ortofon-Concorde-Systemen und CDX-Player des gleichen Herstellers sowie das MSFX-Gerät angedockt werden.  Auch wenn das Gewicht des Linear 4V von 4,75 Kilo vielleicht nicht nach „Megabrocken“ klingt, so steht er doch rutschsicher auf Position und wartet auf seinen Einsatz.  Dabei lassen Lüftungsschlitze an der Oberseite einen dezenten Blick auf die im Betrieb blutrot LED-beleuchteten Röhren zu. Schick.
Laut Herstellerangaben sind im Linear 4V hochwertige TKD-Fader verbaut, beim Radius 4V werden stattdessen Alps-Pots genutzt. Dazu gesellt sich ein butterzarter Penny&Giles-Crossfader mit einstellbarer Kurvencharakteristik von mix bis cut. Für authentischen Turntable-Klang und amtlichen Sound sorgen vier aufeinander abgestimmte Doppel-Trioden-Röhren, ein Paar „Burson V6 Classic“-Verstärker, eine neu entwickelte RIAA-Stufe und JFET-Vorverstärker. Zwar sind heutzutage vielleicht die Turntable-Wizards, die mit mindestens 3 Plattenspielern auflegen, rar gesät, allerdings gibt es auch nicht mehr so viele Pulte, die satte 4 Phono-Inputs anbieten, und hieraus ergibt sich natürlich die höchstmögliche Flexibilität beim Zuspieler-Ringelpiez. Die Vorverstärkerstufen sind dabei passend aufeinander abgestimmt.
Wer auf der Suche nach einem analogen Fader-Mischpult ist, das schön klassisch in Erscheinung tritt und dazu einen warmen, analogen Röhrensound mitbringt, findet beim MasterSounds Linear 4V somit eigentlich fast alles, was das Herz begehrt. Ich persönlich hätte noch gern einen Kanalfilter gesehen, so wie z. B. bei den Radius2/4-Mischern.

MasterSounds Linear 4V in Begleitung des Effektgeräts MasterSounds FX
MasterSounds Linear 4V in Begleitung des Effektgeräts MasterSounds FX
Audio Samples
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Phono-Preamps MasterSounds Linear 4V Phono-Preamps DJM-900 Nexus Phono-Preamps Vestax PMC05 Pro 4

Mikrofon

Für die ausschließlich via XLR anschließbaren Mikrofone gibt es zu vermelden: Sie müssen fummeligerweise hinten eingeschaltet werden und setzen bei Betätigung den jeweiligen Phono-Kanal außer Gefecht, solange die Mic-On-Taste aktiviert bleibt. Wenn zwei Mikes genutzt werden sollen, müsst ihr also zwei Kanäle opfern. Dann kann das Signal mit den Bordmitteln des Channel-Strips bearbeitet werden. Also auch einer CF-Seite zugewiesen und in den FX-Weg geschickt werden. Nachstehend ein Audiobeispiel, aufgenommen mit einem HeilSound PR-22.

Audio Samples
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MasterSounds Linear 4V Mike & FX

Master und Channel-EQs

Klanglich spielt der MasterSounds fett auf. Die Equalizer in Channel 1-4 helfen DJ dabei, feine Nuancen aus dem am Kanal anliegenden Track anzupassen und zu formen oder ganze Frequenzbereiche für den Mix oder einen Übergang abzusenken. Die klangliche Anpassung übernimmt ein Dreibänder, der im Lowshelf bei 100 Hz ansetzt. Der MidQ setzt bei 1 kHz an, der HiQ greift bei 5 kHz. Was den Cut/Boost angeht, erlaubt der Mischer eine maximale Absenkung von –20 dB und eine Verstärkung des entsprechenden Bandes von höchstens 6 dB. Musikalisch statt Full-Kill und Megaboost, könnte man sagen, Gefühl ist gefragt. Die griffigen Pots drehen entsprechend geschmeidig, die EQs besitzen eine einrastende Mittelstellung.
Kommt es im Mix zu einer Übersteuerung, warnen einen nicht nur die Channelmeter (Peak-LED) sondern auch die VU-Meter, die sowohl den Summenpegel, wie auch das Cue-Signal oder beides im Split visualisieren können, leuchtet ab +6 dB tiefrot statt gelb, wenngleich das ganze natürlich auch von einem zu starken Master-EQ-Boost oder einem FX-Gerät herrühren kann.
Die Crossover-Frequenzen der Master-Isolatoren (12 dB/Octave-Filter) liegen bei 350 Hz und 3.5 kHz. Sie dirigieren das Klangbild des Summensignals auf den Punkt und hier könnt ihr dann aus dem vollen Schöpfen und das Master-Signal mit bis zu 12 dB in den Höhen, Mitten oder Bässen boosten. Bypassen kann man ihn nicht, wie es z. B. beim Rane-Rotary-Mixer der Fall ist. Damit die Schrauberei möglichst filigran vonstattengeht, gibt’s drei extrafette Knobs, die respektable 25 mm im Durchmesser betragen. Shape it baby.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich dabei, dass sich der Mixer als äußerst übersteuerungsfest erweist. Trotz sattem Gain im Phono-Kanal und resultierendem Spitzenausschlag zugehöriger LED-Kette, angereichert mit einer Prise Master-Isolator-Boost, der Sorge zu tragen hatte, dass auch ja ordentlich rot auf der VU-Anzeige auftritt, gibt sich das Pult gelassen ohne den Sound arg in Mitleidenschaft zu ziehen. Alle Achtung.

Fotostrecke: 2 Bilder Hier ist noch alles in Butter, aber wenn man den Kanal zu stark aussteuert, dann …
Audio Samples
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MasterSounds Linear 4V Channel-EQs MasterSounds Linear 4V Isolator

Effekte

Hier muss man grundsätzlich unterscheiden, ob man mit einem Master-Insert-fähigen Produkt wie dem Mastersound Multi-Effektgerät arbeitet oder einem „Standard-Effekt“ wie dem lokalen Pioneer EFX-500 etc. Dementsprechend ist auch die Schaltung am Mischpult vorzunehmen. Für meinen „Klassiker“ ist der Insert deaktiviert und es wird ausschließlich mittels Aux-Bus gearbeitet. Pre/Post-Schalter erlauben das FX-Signal reinzuschieben, auch wenn der Fader unten bleibt.
Mit dem nachstehend abgebildeten MasterSounds-Effektgerät lässt sich die „obere“ Haupt-Effektsektion via Kanal-Send beschicken, dazu kommt ein Multimode-Filter als Insert, betrifft also den kompletten Master-Mix. Ausgeklügelt. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass das Bundle aus Mischer und Klangschredder füreinander bestimmt ist. Nachstehend das Lowpass-Filter und ein Pitch-Delay. Der vollständige „MasterSounds FX“-Test ist hier vorzufinden.

Fotostrecke: 2 Bilder MasterSounds FX…
Audio Samples
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MasterSounds FX LPF MasterSounds FX Pitch Delay

Eines noch vor dem Fazit: Wenn man von einem im direkten Vergleich üppiger ausgestatteten, und dichter besiedelten DJM-900NXS2-Mischfeld (so sehr „dicht besiedelt“ auch hier eigentlich gar nicht passt) kommt, bemerkt man erst, wie „frei“ einem der Linear 4V im ersten Moment vorkommt. Ich finde ja schon den EQ-Abstand von über 30 Millimetern in der vertikalen und 20 Millimetern in der horizontalen beim Nexus absolut fingerfreundlich, doch der 4V legt hier noch eins drauf. Satte 45 Millimeter trennen die Pots in der Horizontalen voneinander. Dafür habt ihr allerdings im Channel nur 10 Millimeter zwischen den Bändern. Hier muss dann schon oben mit den Fingerspitzen zu Werk gegangen werden, damit man nicht den Ober- oder Untermieter streift. Das Pult fordert nun mal auch rund 25 Prozent weniger Tiefenstellplatz ein als der DJM, und irgendwo muss sich dies ja auch bemerkbar machen, sollte aber bei „Riesenpranken“ testgefahren werden.
Nichtsdestotrotz bereitet das Mixen mit dem Linear 4V viel Freude. Der Sound ist toll, das Bedienkonzept und das Layout sind gelungen, und wenn ihr mich fragt, ist das FX der passende FX-Kompagnon besonders für technoid-elektronische Klänge à la Ritchie und Co. Der hat allerdings seinen eigenen Mixer (ebenfalls in Kooperation mit Andy Jones) konzipiert, dessen Test ihr hier vorfindet. Das führt mich zum …

Fazit

MasterSounds Linear 4V ist ein gelungenes Analogmischpult für Design- und Soundliebhaber, die auf Röhrenverstärkung schwören und zu ihren Channel-EQs auf einen Master-Isolator nicht verzichten wollen. DJs jedweder Couleur – wer nicht auf Fader steht, greift halt zur Rotary-Version – können sich auf vier Kanälen austoben. Der Clou sind hier die vier Doppeltrioden-Röhren, die dem Signal Wärme einhauchen, sowie die speziell für das MasterSounds FX ausgelegte Effektschleife mit Send/Return und Master-Insert. Allerdings kostet besagte Kombination auch fast 2.500 Pfund Sterling, der Mixer allein veranschlagt davon 1.985 Pfund, womit sich da Testkandidat weit oben in das Ranking der Boutique-DJ-Mixer einreiht. Klingt gut, mixt gut, fasst sich gut an. Von mir gibt es 4,5 Sterne.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Layout und Workflow
  • weicher, warmer Klang
  • lauter Kopfhörerausgang
  • Insert- und Send/Return-FX
  • umfangreiche Anschlussmöglichkeiten
  • vier Phono-Anschlüsse
  • VU-Meter leuchten bei Übersteuerung rot
  • satter Master-Isolator
Contra
  • kein Kanalfilter
  • enges EQ-Layout in der Vertikalen
Artikelbild
MasterSounds Linear 4V Test
Analoger DJ-Mixer mit Röhrenverstärkung: MasterSounds Linear 4V
Analoger DJ-Mixer mit Röhrenverstärkung: MasterSounds Linear 4V
Technische Spezifikationen
  • Vierkanal DJ-Mixer
  • Röhrenverstärkung pro Kanal
  • Master-Isolator
  • Dreiband-EQ pro Kanal
  • Insert- und Send-Return-FX
  • Penny&Giles-Crossfader mit Curve-Control
  • Cuemixing mit Split-Option
  • Summen-EQ
  • Preis: 1985 GBP
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