Mit der Real to Reel SDX erweitert Toontrack den Superior Drummer 3 – aufgenommen hat sie Produzentenikone Kevin Killen in den Real World Studios. Für Fans von Peter Gabriel ist die Library damit ein Pflichtkauf. Ob die insgesamt acht Drumsets auch klanglich überzeugen, finden wir im Test heraus.

Eine Besonderheit der Real to Reel SDX: Fast alle Samples gibt es in zwei Varianten – einmal clean, direkt auf Festplatte aufgenommen, und einmal gefärbt mit Umweg über Tonband. Das gilt für alle drei Teile der Library, die aus unterschiedlichen Räumen der Real World Studios stammen. Das äußert sich natürlich auch im Klang und sorgt für Vielfalt und Flexibilität.
Das Konzept der Aufteilung in abgeschlossene Libraries für verschiedene Räume kennt man bereits von mehreren SDXs – zum Beispiel von der Stories SDX oder der Fields of Rock SDX. Thematisch schließt die Real to Reel SDX zudem an die Hitmaker SDX von Hugh Padgham an, der ebenfalls mit Peter Gabriel, aber auch mit Phil Collins arbeitete.
DETAILS & PRAXIS
Die Real to Reel SDX – Facts
Mit einem Umfang von 161 GB gehört die Real to Reel SDX zu den größeren Erweiterungen für den Superior Drummer 3. Über die drei Teil-Libraries für den Big Room, den Wood Room und die Wood Booth der Real World Studios verteilen sich stolze acht Drum-Kits – allesamt mit klassischen Drumsticks bespielt. Wer auf der Suche nach Samples mit Besen, Rods oder Mallets ist, sollte sich zum Beispiel die Jazz Sessions SDX genauer ansehen.

Wie immer gibt es in jedem Raum reichlich alternative Sounds für Kick und Snare. In zwei der Räume befinden sich außerdem eigene Slots für Side-Snares. Schon allein durch die Position von Overheads und Raumkanälen im Stereo-Panorama ist das eine interessante Option.
Außerdem bietet die Real to Reel SDX für jeden Raum Extras wie Rototoms, Octabans, Concert-Toms und Kleinpercussion. Die Auswahl der Instrumente ist insgesamt sehr vielfältig.

In Sachen Detailgrad bewegen sich alle aktuellen SDXs auf höchstem Niveau. Die Real to Reel SDX geht sogar noch ein Stück weiter und stellt bei den geschlossenen Hi-Hats für linke und rechte Hand verschiedene Artikulationen zur Verfügung. Auch Samples von verschiedenen Positionen auf dem Schlagfell von Snare und Toms findet man im Sample-Pool.
Was Toontrack hier betreibt, ist schon wirklich extrem und kommt so bei keinem anderen Hersteller vor. Interessant ist das alles hauptsächlich für E-Drummer, deren Kit Positional-Sensing unterstützt. Aber auch für detailverliebte Programming-Nerds, die in feinste Nuancen abtauchen wollen, werden maximale Freude haben.
Die rund 50 Presets stammen von Kevin Killen selbst und dienen als hervorragende Startpunkte für weiteres Mixing. Statt wie in manchen anderen SDXs Bezüge zu klassischen Aufnahmen herzustellen, liegt der Schwerpunkt auf Kategorien wie „Dry“, „Ambience“ oder „1980s“. So weiß man schon vor dem Laden eines Presets immer recht genau, was einen erwartet. Und natürlich gehört auch eine Groove-Library dazu, die wie immer für die Audiobeispiele genutzt wurde.
Kevin Killen und die Real World Studios
Kevin Killen hat maßgeblich am Sound einiger Meilensteine der Rock- und Pop-Geschichte mitgewirkt. Im Zusammenhang mit Peter Gabriel fällt einem zuerst das wegweisende Album „So“ mit Songs wie „Sledgehammer“ und „Don’t Give Up“ ein. Weiterhin ist der irische Audio-Engineer, Produzent und mehrfache Grammy-Gewinner für seine Arbeit mit U2, Elvis Costello, Kate Bush, Tori Amos und dem späten David Bowie bekannt – um nur ein paar Namen zu nennen.

Die Real World Studios waren Killens erste Wahl bei der Aufnahme der Real to Reel SDX. Er selbst setzte über Jahrzehnte hinweg viele seiner Projekte mit diversen Künstlern dort um. Der Studiokomplex entstand Ende der 1980er in einer umgebauten Wassermühle in der kleinen englischen Ortschaft Box.
Gründer und Eigentümer Peter Gabriel ließ dort den ungewöhnlich konstruierten Big Room anbauen, der Aufnahmeraum und Regieraum kombiniert. Der Wood Room befindet sich dagegen im ursprünglichen Teil des Gebäudes. Die Wood Booth ist als Aufnahmekabine in den Wood Room integriert.

Der Big Room ist das Aushängeschild der Real World Studios. Mit einer Fläche von gut 180 Quadratmetern, den auffällig großen Fensterfronten und dem hohen Betonanteil im Inneren liefert er einen eigenständigen, großen und hellen Klang, der dabei kompakt bleibt.

Beim Default-Kit des Big Room handelt es sich um ein Ludwig Vistalite aus Acryl, hier „Clear View Kit“. Es liefert einen offenen Rocksound. Die beiden anderen Sets bewegen sich eher in Richtung eines dunkleren Vintage-Klangs, ohne dabei trocken oder dumpf zu werden.
Mit jeweils einem Satz aus drei zusätzlichen Rototoms oder alternativ drei kleinen Concert-Toms erhält man charaktervolle zusätzliche Farben.

Bemerkenswert ist, dass man die Größe des Raums in den Overheads nicht übermäßig stark bemerkt. Die Presets aus der Kategorie „Dry“ wirken in der Tat recht trocken – sie eröffnen damit aber einen großen klanglichen Spielraum und eine gute Kontrolle im Mix.
Die Sounds sind weitgehend unbehandelt, und nur bei einigen Raumkanälen nehme ich eine deutliche Kompression wahr. Stilistisch lassen sich die Sounds vielfältig einsetzen. Vom sanften Singer-Songwriter-Pop bis zum Heavy Rock ist diesseits von Metal alles machbar.
Wood Room: Klingt größer als der Big Room
Der Wood Room ist ein mittelgroßer Aufnahmeraum, der sich über zwei Stockwerke erstreckt und entsprechend hohe Decken hat. Seinen Namen verdankt er primär dem Holzboden und mehreren durch den Raum verlaufenden Balken.
Die Wände sind dagegen aus Stein, und auch wenn es etwas kontra-intuitiv erscheint: Im direkten Vergleich mit den unbehandelten Samples klingt der Wood Room größer und dichter als der Big Room. Damit eignet er sich tendenziell besser für einen großen rockigen Sound.

Die zwei Kits des Raums sind echte Hingucker mit jeweils fünf Toms. Das Stonewood-Kit ist das originale Drumset, das Manu Katché bei Aufnahmen für Peter Gabriel gespielt hat. Auch die höhere Anzahl von Splash-Becken passt in die Klangsprache des Ausnahme-Drummers. Ein von Manu Katché inspiriertes Kit gibt’s übrigens auch in der Hitmaker SDX, dort heißt es „Real World Kit“ – was für ein Zufall!

Das Bumblebee Kit ist dagegen vollständig mit Concert-Toms ausgestattet, geht ein wenig in Richtung 1980er-Rock/Pop und erzeugt damit einen deutlichen Kontrast. Der Grundklang fällt aufgrund der fehlenden Resonanzfelle der Conert-Toms knackiger aus und hat weniger Sustain. Als Extra bietet der Wood Room zudem einen Satz aus vier Octabans.
Wood Booth: trocken bis experimentell
Die Wood Booth ist eine in den Wood Room integrierte Aufnahmekabine mit grundsätzlich eher trockenem Klang. Da die Türen zum Wood Room beim Recording geöffnet blieben, liefert der Mixer aber auch einige groß und diffus klingende Raumkanäle – eine interessante Kombination, die zu Experimenten einlädt!

Die Wood Both schafft aber nicht nur mit ihrem Raumklang, sondern auch mit ihren Instrumenten einen starken Kontrast zu den anderen beiden Räumen. Das Flagship-Kit aus den 1930ern mit Calfskin-Fellen und das stark bedämpfte Avalon Kit aus den 1950ern bewegen sich nun ganz eindeutig in Richtung Vintage-Sound und lassen eine jazzig-funkige Note durchscheinen.

Das Dritte Kit im Bunde hört auf den Namen Waterfall Kit und ist wohl das kurioseste Set, das Toontrack jemals im Rahmen einer SDX aufgenommen hat. Eine Snare mit Tischtennisbällen, zwei gestackte Snares mit aufgelegtem Tambo als Standtom, ein Ride mit aufgelegten Percussion-Instrumenten – hier darf man sich bedienen, wenn man Drums sucht, die „anders“ klingen.
Außerdem beherbergt der Raum einige Percussion-Instrumente: unter anderem Agogos, Vibraslap und Tambo. Mit dem umfangreichen Percussion-Arsenal der Stories SDX legt sich die Real to Reel SDX allerdings nicht an.
Mixerkanäle: Clean vs. Tape
Die Aufnahme der Real to Reel SDX lief in allen drei Räumen parallel auf Festplatte und einer Studer A820 Bandmaschine. Und in eben dieser doppelten Form stehen euch die meisten Kanäle im internen Mixer des Superior Drummer 3 zur Verfügung. Es gibt jedoch einige Ausnahmen – beispielsweise beim Direktkanal der Hi-Hats. Den findet ihr in allen Räumen nur in einer Clean-Version.
Und auch einige Raumkanäle sind betroffen. Grundsätzlich habt ihr durch die Verdopplung aber ziemlich viele Kanäle – im Big Room sind es 45! Den Rekord von 52 Kanälen von der auf Metal spezialisierten Area 33 Origins SDX erreicht die Library damit zwar nicht ganz, dafür enthält sie aber auch keine 13 Toms pro Kit.

Ob sich der hohe Ressourcenbedarf durch den Nutzen der separaten Kanäle rechtfertigt, ist Ansichtssache. Der Superior Drummer 3 hat mit seinen Libraries eigentlich noch nie versucht, besonders effizient zu sein. Dazu gibt es schließlich den schlanken EZdrummer. Beim Superior Drummer geht es um Details – und da liefert die Real to Reel SDX ab.

Der Vergleich von Default-Presets und Tape-Default-Presets zeigt, dass die Unterschiede tatsächlich nur Nuancen betreffen. Vor allem bei höheren Pegeln/Anschlagstärken wird der Sättigungseffekt des Tonbands deutlich: Der Bass wird etwas dicker, das High-End etwas weicher und die Signalspitzen sanft komprimiert und abgerundet. Die cleanen Varianten bleiben dagegen etwas präsenter. Rauschen ist bei keiner der Varianten ein Problem.
Beachten sollte man beim Vergleich, dass es sich hier um zwei verschiedene Mixes handelt. Auch bei den offiziellen Default-Presets von Toontrack können kleine Pegelunterschiede einzelner Kanälen vom eigentlichen Unterschied ablenken.
Über die Mixerkanäle der Real To Reel SDX könnte man ein ganzes Buch schreiben. Mehr zu den Hintergründen des Recordings gibt es im offiziellen Mic-Walkthrough.
FAZIT – Real 2 Reel SDX Test
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Real to Reel SDX ein wenig in Richtung der späten 1980er-Jahre tendiert. Trotzdem geht die Library weit über den Sound von Peter Gabriels Album „So“ hinaus. Im Gegenteil – die insgesamt acht Kits aus den drei Räumen und die vielen Extras lassen sich in den unterschiedlichsten Genres nutzen. Das ist auch dem weitestgehend naturbelassenen Klang zu verdanken.
Die doppelten Mixerkanäle für die direkte und die Tonbandaufnahme setzen dem hohen Detailgrad des Superior Drummer 3 das Krönchen auf. Die zusätzlichen Spielweisen zur Unterstützung von Positional-Sensing auf E-Drums und ultra-realistisches Programming sind echte Luxus-Features – und das zum üblichen Listenpreis. Ich würde Real to Reel SDX auch dann ruhigen Gewissens volle fünf Sterne geben, wenn ich selbst kein Fan von Peter Gabriel wäre.
Features
- Erweiterung für Superior Drummer 3
- Aufgenommen von Kevin Killen in den Real World Studios
- 161 GB große Sample-Library
- Acht Drumsets mit vielen Extras und Kleinpercussion
- 50 Presets
- WEBSEITE: toontrack.com/product/real-to-reel-sdx
- Preis: 179 € (Stand: 09/2025)
- Hochgradig flexible Drum-Library
- Acht vielseitige Drumsets
- Viele Extras wie Rototoms, Octabans und Kleinpercussion
- Clean/Tape-Kanäle im Mixer
- Extremer Detailgrad bei Spielweisen
- kein Contra
