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the t.bone Retro Tube II Test

DETAILS
Das Wort “Mikrofonkoffer” passt auf das Behältnis des t.bones absolut perfekt. Ich würde darin problemlos sämtliche Utensilien für einen kurzen Urlaub unterbringen können. Es fehlen eigentlich nur noch die Aufkleber von diversen Airlines und bereits besuchten Urlaubszielen an diesem „Trümmer“. Doch statt Kulturtasche, Socken und ergaunerten  Hotelhandtüchern beinhaltet der schwere Klotz Netzteil, Netzkabel, siebenpoliges Mikrofonkabel (zehn Meter lang!), Metallspinne, Windschutz und eine Holzschatulle, in welcher das eigentliche Mikrofon in roten Samt gebettet ist. Das Äußere des Mikrofons erklärt eigentlich von selbst, wie es zum “Retro” in der Produktbezeichnung kommt. Das “Flaschendesign” geht auf Neumanns CMV3-Korpus zurück, welcher verschiedene Kapseln tragen konnte. Seit einigen Jahren ist dieses Design wieder en vogue, besonders Blue, der Hersteller exotischer Mikrofone, hat mit seiner “Bottle” zu dieser Renaissance beigetragen.

Das t.bone Retro Tube II hat mit 22 cm Höhe jedoch viel geringere Dimensionen als das alte, deutsche Original mit ungefähr 40 cm, dennoch ist die optische Verwandtschaft unverkennbar: Auf dem runden Metalltubus, welcher die Elektronik beinhaltet, prangt die Mittenkontakt-Doppelkapsel hinter einem runden Korb aus Drahtgeflecht. Im Gegensatz zur Neumann-Flasche lässt sich diese Kapsel jedoch nicht wechseln – der beim t.bone recht dicke Hals verbindet beide Einheiten des Mikrofons fest miteinander.

Da die Richtcharakteristik naturgemäß am Netzteil umgeschaltet wird, beschränken sich die Schaltmöglichkeiten am Korpus auf die Pegelabsenkung (hier um 10 dB) und das Hochpassfilter, für welches leider nicht die Grenzfrequenz, geschweige denn die Flankensteilheit und das Filterdesign angegeben wird. Die Vorderseite des Mikrofons informiert weiterhin über den Hersteller und die Produktbezeichnung. Auf der Rückseite kann man durch interessant geformte Aussparungen die Röhre beim Glimmen beobachten. Harte Schale, harter Kern: Wenn der untere Metallring abgeschraubt wird, kann der anthrazitfarbene Tubus komplett abgezogen werden, was den Blick auf die Platine freigibt. Den Fuß des Mikrofons bildet eine Buchse, die das siebenpolige XLR-Kabel aufnimmt und mit ihrem Außengewinde die Verbindung zur mitgelieferten Mikrofonspinne ermöglicht. Diese Spinne besteht aus zwei schalenförmigen Bauteilen, die über elastische Bänder miteinander verbunden sind. Sicher angenehm: Der Platzbedarf der Spinne ist nicht ausufernd, was bei Instrumentenabnahmen je nach Platzierung sehr vorteilhaft sein kann.
Durch seine Hammerschlag-Optik rechtfertigt alleine das Netzteil schon den Begriff “Retro” im Produktnamen des Mikrofons. Das mit einem klassischen Koffergriff ausgestattete Stahlblechgerät verfügt auf einer Seite über den Netzanschluss via Kaltgerätekabel, einen Spannungswahlschalter, den Netzschalter und eine Prismenleuchte, die über Aktivität informiert. Untrüglich “unretro” und topaktuell ist jedoch deren Farbe: Blau ist schließlich das neue Rot, zumindest, was Lichtlein an elektronischen Geräten angeht… Die andere Seite des Speisenetzteils ist spannender: Dort wird das mehrpolige Kabel des Mikrofons angeschlossen, dort kann auch das Signal mittels dreipoligem XLR-Kabel weitergeschickt werden. Außerdem ist es dort möglich, die Signale der vorder- und rückseitigen Membranen in unterschiedlichen Verhältnissen und Phasenlagen miteinander zu mischen. Will heißen: Hier wird die Richtcharakteristik eingestellt. Insgesamt neun Einstellungen von Kugel über Niere zu Acht stehen hier zur Auswahl.

Der Frequenzgang wird in genauer Form nicht mitgeliefert, lediglich die klassische Angabe “20 Hz bis 20 kHz” ist zu finden. Wer ein paar Kenntnisse über diese Zusammenhänge besitzt, der weiß, dass diese Zahlen ohne die Nennung weiterer Daten nur wenig Aussagekraft haben. Wer dieses Wissen hat, dem sollte jedoch auch genauso bewusst sein, dass technische Daten die eine, der Klang eine ganz andere Sache ist. Dies gilt prinzipiell auch für die Hörbarkeit des Eigenrauschens, welches mit 20 dB(A) nicht gerade im “Mucksmäuschen-Bereich” liegt (Was ich übrigens immer schon einmal wissen wollte: Wie sehen diese Tiere eigentlich aus?). Allerdings haben wir es hier auch mit dem prinzipiell etwas stärker rauschenden Röhrendesign zu tun. Und einige schier unbezahlbare Oldtimer-Mikrofone rauschen wie die Niagarafälle nach einem Dauerregen – und werden dennoch bei den hochkarätigsten Produktionen eingesetzt. Der Übertragungsfaktor liegt mit 25 mV/Pa im ordentlichen Mittelfeld, Verzerrungsprodukte von 0,5% werden bei 134 dB(SPL) erreicht.

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