Samson C02 Test

Bevor der Test über das Samson C02 geschrieben werden konnte, galt es erst einmal herauszufinden, wie das Kondensatormikrofon übehaupt korrekt buchstabiert wird. Die Schreibweise von Samson ist klar, sie ist die gleiche wie die des gemütlichen, etwas lethargischen Problembärs aus der Sesamstraße meiner Kindheitstage oder wie die der ebenso behaarten und bärenstarken Gestalt aus der Bibel. Ich musste jedoch erst einmal typografisch abklären, ob es sich bei dem Buchstaben zwischen “C” und “2” um den Buchstaben O und somit “CO2” handelt oder um eine Null, also um “C02”. Es ist eine Null, also haben sich meine zurechtgelegten Wortspielchen mit Kohlendioxid leider schon mal erledigt.  

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Nun verdiene ich meine Brötchen nicht in erster Linie mit Wortspielchen (sonst wäre ich wohl in der Werbebranche gelandet), sondern damit, tontechnisches Equipment zu prüfen. Samsons C02 ist ein Stereoset mit zwei Kleinmembran-Mikrofonen, das in der Featureliste eigentlich keine Außergewöhnlichkeiten aufweist. Die Auffälligkeit befindet sich in einem etwas anderen Feld: Das schicke Köfferchen mit zwei Mikros, elastischen Halterungen und Windschützen darf man im Tausch gegen einen Hunderteuroschein aus den Musikläden tragen. Es stellt sich dementsprechend die Frage, was man als Gegenleistung für diese doch recht geringe Investition erhält.  

Details

Genauso wenig auf den ersten Blick erkennbar wie die Antwort auf die Frage, ob es sich in der Bezeichnung um ein O oder eine Null handelt, ist die Richtcharakteristik. Während man auf Samsons Webseite unter “Overview & Features” die Information “SuperCardiodid” findet, ist in den Manuals von Niere die Rede, was auch das Polardiagramm zeigt. Der Aufdruck auf den Mikros selbst hingegen sieht wieder eher nach Superniere aus. Um es abzukürzen: Im Versuch zeigte sich die maximale Auslöschung nicht ganz bei 180°, aber eben auch nicht bei 120 und 240°, wie für Supernieren üblich, zudem war die Frequenzabhängigkeit in der Off-Axis sehr deutlich. Das C02 liegt also irgendwo zwischen N und SN, wir haben es dennoch mit überprüft und dabei die ganz leicht verstärkte Richtwirkung berücksichtigt. Und: Bei Mikrofonen für 50 Euro das Stück interessieren sich die meisten User in der Regel nicht für die detaillierten Eigenschaften, wenngleich es beispielsweise für die korrekte Nutzung von Öffnungswinkeln im Stereoverfahren sinnvoll wäre, verlässliche Daten und eine höhere Frequenzkonstanz (wie etwa beim Sanken CU-41) zu haben. Nun gut.

Fotostrecke: 2 Bilder Kapsel eines Samson C02-Mikrofons

Die grazil wirkenden Stäbchen sind aus Messing gefertigt, die Oberflächen in mattem Nickelfinish scheinen ordentlich verarbeitet zu sein. Auf dem Schaft sind Firmenname und das Produktkürzel C02 zu lesen, die seitlichen Schalleintrittsöffnungen sind schmal gehalten und das feinmaschige Gitter an der Kopfseite ragt zum Schutz der darunterliegenden 12mm-Membran etwas aus dem Gehäuse hervor.
Explizit ist es nicht ausgewiesen, doch ich gehe davon aus, dass das Kondensatorprinzip nicht durch externe Vorspannung zustandekommt, sonder durch ein Elektret. Die Empfindlichkeit des phantomgespeisten Schallwandlers ist im Datenblatt mit 10 mV/Pa angegeben, der Noise-Level mit 22 dB(A). 134 dB SPL soll es brauchen, bis bei 1 kHz 0,5% THD erreicht sind. Die Übertragung beginnt laut Manual bei 40, laut separatem Datenblatt bei 50 Hz, allerdings ohne konkrete Angabe zum Pegelverlust. Wirft man einen Blick in den grafischen Frequenzgang, erübrigt sich aber meine Tester-Haarspalterei, denn wichtiger ist das “Big Picture”: Bei etwa 100 Hz beginnt der Abfall zu den Tiefen mit einer Steilheit von ungefähr 3 dB/oct. Auf dem Papier sehen die Mitten sehr linear aus, wie eigentlich bei allen Kleinmembranern dieser Preisklasse gibt es einen “Buckel” mit Centerfrequenz kurz unter 10 kHz. In Richtung des Air-Bands geht es wieder dem Pegelkeller entgegen. Mit 170 Gramm drückt ein C02 die Waagschale gen Erdmittelpunkt, mit je 15 Zentimetern sind die Mikrofone recht lang, mit 2 cm Durchmesser zudem recht dünn – gerade so, dass die mit vergoldeten Pins ausgestattete XLRm-Buchse Platz findet.    

Praxis

Es ist nett, dass Samson den beiden C02 Shockmounts beilegt, aber so richtig zwingend notwendig finde ich diese Halterungen nicht. Vor- und Nachteile klanglicher Art hin oder her, es ist etwas mühselig, die langen Kondenser dort hineinzufriemeln, bei bereits angeschlossenem Kabel geht das sogar nur mit dem Kopf voran. Althergebrachte Klammern reichen im Regelfall völlig aus. Durch ihre Baugröße sind die Mikros nicht ganz so bequem auszurichten wie manche ihrer Kollegen, doch kann das Format bei XY- oder Äquivalentverfahren auch Vorteile mit sich bringen, da man sich dadurch mit der Kapsel weit von der Stereoschiene entfernen kann. Apropos: Eine solche, gerne auch einfacherer Bauart, hätte ich den elastischen Halterungen vorgezogen.
So viel zur groben und leicht nachvollziehbaren Physik, nun zu ihrem weitaus spannenderen Teilbereich, der Akustik.

Fotostrecke: 4 Bilder Samson C02 im Praxistest

Es ist schon fast so, dass ich bei Reviews von Kleinmembran-Kondensatormikrofonen der unteren Preisklasse vorgefertigte Textbausteine verwenden könnte, wie es die meisten ach so kundenorientierten Unternehmen in ihrem Post-Sales-Support verwenden. Auf den ersten Blick sind die Audiosignale, die die Stäbchen liefern, höhenreich und klar, doch nach einiger Zeit, mit gewisser Hörerfahrung oder der Vergleichsmöglichkeit mit besseren Systemen fällt auf, dass die Höhen nahe der oberen menschlichen Wahrnehmungsgrenze erstaunlich schwach sind – nur darunter findet man im Klangbild den Boost, den man schon im Frequenzgang ablesen konnte. Zwar ist der Eindruck dadurch höhenreich, doch leidet insgesamt die Luftigkeit, die Natürlichkeit sowie die Darstellung der feinen Obertronstrukturen und Geräuschkomponenten der Signale. Zudem ist es eine physikalische Gesetzmäßigkeit, dass Transienten – also schnelle Anstiege und Abfälle im Signal – nur mit einem nach oben sehr weiten Spektrum gut dargestellt werden können. Es “schmiert” zwar auch bei Samsons C02 ein wenig, aber wenn man die Preisklasse und die für diese Beträge möglichen technischen und klanglichen Eigenschaften nicht vergißt, kann man eigentlich zufrieden sein. Für die Darstellung graziler Signale wie Akustikgitarren, Streicher oder größerer Klangkörper wie Chöre oder sogar Orchester ist das Set daher weniger geeignet. Im Stereobetrieb müsste das Matching zudem besser beziehungsweise überhaupt einmal vorhanden sein.

Audio Samples
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Samson C02 Referenz Schoeps CMC-64

Bei Kleinmembranern der Einsteigerklasse sind es meist nicht nur die Fragen nach dem Frequenzgang und der Auflösung, sondern etwas handfestere Parameter, die das Ergebnis verhageln können. Bei Samson ist diesbezüglich alles in bester Ordnung, denn sie rauschen nicht übermäßig und zeigen sich tatsächlich sehr pegelfest. Das ist beides nicht unwichtig, wenn diese Werkzeuge von tontechnisch noch nicht allzu erfahrenen Personen genutzt werden.

Fazit

Samsons C02-Stereoset ist nun tatsächlich eines unter vielen, denn Kleinmembran-Kondensatormikrofone im Niedrigpreissegment gibt es eine Menge. Die beiden Stäbchen sind zwar keine Kandidaten, die irgendwen zu Begeisterungsstürmen hinreißen ließen, dazu sind die typischen Probleme wie ein schwaches Air-Band zu auffällig, doch sie liefern ein recht ordentliches Signal. Wer wirklich nicht viel mehr als einen Hunderter berappen kann (was er bei der Anschaffung eines Nieren-Kleinmembranpärchens aber möglichst sollte!), begeht mit den Samsons zumindest keinen groben Fehler.

Pro
  • preiswert
  • ordentlich verarbeitet
Contra
  • typische klangliche Probleme preiswerter Kleinmembraner
Gehen für den Preis in Ordnung, aber auch nicht mehr: Samson C02
Gehen für den Preis in Ordnung, aber auch nicht mehr: Samson C02
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: (recht schmale) Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 50 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 10 mV/Pa
  • THD+N: 22 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 134 dB SPL (0,5% THD)
  • Preis (Pärchen): € 129,-(UVP)
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • preiswert
  • ordentlich verarbeitet
Contra
  • typische klangliche Probleme preiswerter Kleinmembraner
Artikelbild
Samson C02 Test
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Kommentieren
Profilbild von Roland

Roland sagt:

#1 - 09.08.2013 um 17:08 Uhr

0

Offenbar ist bei der Audio-Datei des C02 schon nach kurzer Zeit nur noch ein Mikro zu hören und nicht mehr das Stereo-Set...?

Profilbild von Nick (bonedo)

Nick (bonedo) sagt:

#2 - 10.08.2013 um 15:58 Uhr

0

Hallo Roland, tatsächlich: Da ist beim Bounce wohl was schiefgelaufen. Ist jetzt gefixt. Danke für die Aufmerksamkeit und Grüße, Nick

Profilbild von Philip Mzee

Philip Mzee sagt:

#3 - 17.06.2016 um 19:15 Uhr

0

yo auch wenn es sich um eine Null handelt, würde ich den Namen dennoch C"o"2 aussprechen, so wie es z.B. bei Telefonnummern (digits) im Englischen auch üblich ist. ;-)

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