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Sabian XS20 Performance Plus Set Test

Ich erinnere mich noch sehr genau an meine erste eindrucksvolle „Begegnung“ mit der Firma Sabian. Es war anno 1984, als ein gewisser Phil Collins – neben seiner Eigenschaft als Schmusesänger bekanntlich auch ein exzellenter Schlagzeuger – sein langjähriges Paiste-Endorsement kündigte und die damals noch junge Firma Sabian zu seinem neuen Metall-Lieferanten auserkor. Und da die ganze Welt erfahren sollte, was in seinen neuen Becken so drinsteckte, schnappte sich Mr. Collins einen Sänger namens Phillip Bailey und nahm mit ihm im selben Jahr den Song „Easy Lover“ auf. Als ich dieses Lied damals im Radio hörte, dachte ich: „Netter Song, tightes Schlagzeug, Drumsound typisch Collins, … aber oho, was für ein phänomenaler Becken-Sound!!“.

Die klangvolle Metall-Legierung der auf der Aufnahme zu hörenden Becken trägt den weniger klangvollen Namen „B20“ und wurde damals wie heute zur Herstellung der AA- und HH-Serien von Sabian verwendet. Bereits im Jahre 1623 erkannte ein junger Armenier namens Avedis, dass sich dieses Metall in idealster Weise zur Herstellung von Becken eignet, und seitdem gilt es als eine Art Zauberformel für die Herstellung hochwertiger Becken. Wer übrigens bei dem Namen Avedis an Zildjian denkt, liegt natürlich goldrichtig, denn die Nachfahren des Herrn Avedis haben 1929 die „Avedis Zildjian Co.“ gegründet, die ihre Top-Serien nach wie vor aus dem B20-Material fertigt. Es handelt sich hierbei um eine Bronzelegierung, die zu 80% aus Kupfer und zu 20% aus Zinn besteht. Sie lässt sich wesentlich schwerer verarbeiten als zum Beispiel B8-Bronze (bestehend aus 92% Kupfer und 8% Zinn). Daher sind B20-Becken im Allgemeinen auch verhältnismäßig teuer. So teuer, dass die Produktentwickler im Hause Sabian sich überlegten, ob man den Herstellungsprozess eventuell vereinfachen und so auch das mittlere Preissegment mit diesem edlen Material bedienen könnte. Die Herren Ingenieure tüftelten sage und schreibe 10 Jahre lang an einer Lösung und konnten dann endlich im Jahre 2003 die XS20-Serie der Weltöffentlichkeit präsentieren. Damaliger Werbeslogan: „The best bronze at the best price”. Und der Preis war und ist in der Tat attraktiv, denn er liegt satte 30% unter der AA-Serie. Im B20-Bereich gibt es mit der Anatolian Ambient-Serie zurzeit nur einen einzigen Konkurrenten, der noch etwas günstiger ist. Sieben Jahre nach ihrer Einführung gibt es die XS20-Becken neben dem bisherigen Natural Finish nun auch als „Brilliant“-Ausführung. Daher stellte mir der Sabian-Vertrieb M&T für den folgenden Test freundlicherweise das „Sabian XS20 Performance Plus Set Brilliant“ zur Verfügung. Es setzt sich aus einer 14“ Medium Hi-Hat, 16“ und 18“ Medium Thin Crashes sowie einem 20“ Medium Ride zusammen. Neben diesen Modellen, die selbstverständlich auch einzeln erhältlich sind, gibt es noch folgende Varianten: 13“ Medium Hi-Hat, 14“ Rock Hi-Hat, 14“ Medium Thin Crash, 16“ und 18“ Rock Crashes, 18“ Crash Ride, 20“ Rock Ride, 10“ und 12“ Splashes, 18“ Chinese sowie verschiedene Orchesterbecken.

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Details

Vom Material her sind die XS20-Becken identisch mit den AAX-, HHX-, Paragon- sowie allen weiteren Top-Serien im Sabian-Programm. Und auch der Herstellungsprozess ist zunächst einmal derselbe. Für jedes Becken wird ein einzelner Rohling gegossen, welcher mehrfach gewalzt und danach in Form des jeweiligen Beckentyps gepresst wird. Anschließend erfolgt je nach Beckenserie die manuelle oder maschinelle Bearbeitung. Mit seinen stark ausgeprägten Rillen ähnelt das Abdrehmuster der XS20-Becken dem der teureren AA-Serie – auch beim Brilliant-Finish sind kaum Unterschiede auszumachen.

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Verarbeitungstechnisch gibt es ebenfalls keinerlei Beanstandungen, hier gelten offenbar dieselben strengen Qualitätskontrollen wie bei den Top-Serien. Und so fragt man sich tatsächlich: Wo wurde hier denn nun gespart? Über die „neue, innovative und zugleich kostensparende Technologie“, von der in der Vertriebsinfo die Rede ist, kann man leider nirgends Genaueres erfahren. Es drängt sich aber der Verdacht auf, dass hier schlicht und einfach weniger Handarbeit im Spiel ist, wodurch sich der Herstellungsprozess deutlich verkürzt. Wenn man die Becken genauer ansieht, fallen in diesem Zusammenhang auch zwei Besonderheiten auf: Zum Einen sind die Abstände der Rillen gleichmäßiger als bei der AA-Serie, was ein klarer Hinweis auf maschinelles Abdrehen ist. Zum Anderen ist keine Hämmerung erkennbar, wodurch man sich natürlich einen entscheidenden Arbeitsschritt spart. Zusammen mit der recht kleinen Modellpalette sind dies die entscheidenden kostensenkenden Faktoren. Das Profil der XS20-Becken ist relativ flach, wobei die Kuppen klein gehalten sind. Flache Profile bewirken naturgemäß einen tiefen Grundton, durch diese Maßnahme soll vermutlich der eher höhenlastigen Tendenz von ungehämmerten Becken entgegengewirkt werden. Man hat also bei der XS20-Serie auf das zeit- und kostenaufwendige Feintuning per Hämmerung verzichtet und stattdessen das Profil variiert, um zu einem ähnlichen Ergebnis zu gelangen. Im Praxistest will ich nun herausfinden, ob – und wenn ja: wie sehr – sich die Sparmaßnahmen auf den Sound der Becken auswirken …

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Praxis

Die Hi-Hat-Becken sind über die gesamte Fläche sehr gleichmäßig abgedreht, wobei die Tiefe der Rillen zur Kuppe hin abnimmt. Auf die Bezeichnungen „Top“ und „Bottom“ wurde, wie bei dem kanadischen Hersteller üblich, verzichtet. Dafür erkennt man aber am XS20-Logo, welches Becken wohin gehört. Beim Top-Becken ist das Logo auf der Oberseite, beim Bottom auf der Unterseite aufgedruckt. Darüber hinaus ist das Bottom natürlich auch spürbar schwerer, sodass man auch ohne die kleine „Hilfestellung“ keine Probleme mit der Zuordnung haben sollte. Und da ich das Gewicht immer gerne ganz genau weiß, mussten die Kandidaten auch diesmal die übliche Prozedur des Wiegens über sich ergehen lassen. Das Ergebnis lautet in diesem Fall: Top 1095 Gramm, Bottom 1340 Gramm. Auch wenn es auch keine allgemeinen Richtlinien für die Gewichtsbezeichnungen gibt, bewegen sich die Becken damit meines Erachtens eher am oberen Ende der „Medium“-Kategorie. Folglich ist ein Sound mit guten Allround-Eigenschaften bei starkem Durchsetzungsvermögen zu erwarten.

Bei getretener Spielweise offenbart sich dann auch tatsächlich ein satter, kräftiger Chick-Sound mit sehr guter Präsenz im oberen Frequenzbereich. Öffnet man die Hi-Hat kurz nach dem Treten, sodass beide Becken ausklingen können, so offenbart sich ein harmonischer Gesamtsound. Die tonale Abstimmung der Becken ist also gelungen. Angecrasht reagieren die Hi-Hats trotz des Gewichts sehr direkt, sodass die typischen Open-Closed-Pattern mühelos zu spielen sind. Halboffen gespielt kommt der helle Klangcharakter deutlich zum Vorschein, wobei die Becken aber nie metallisch, sondern immer sauber und kontrolliert klingen. Und auch bei geschlossener Spielweise dominieren die feinen Höhen, gleichzeitig ist aber auch der untere Frequenzbereich gut vertreten. Die Becken scheinen eine Art eingebauten „Loudness“-Effekt zu haben: oben und unten etwas mehr, in der Mitte etwas weniger. Durch das reduzierte Mittenspektrum mangelt es ihnen zwar ein wenig an Charakter, aber gerade im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten dürfte das kaum ins Gewicht fallen, denn dort können die Hi-Hats mit ihren brillanten Sound vollends überzeugen.

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Hi-Hat getreten Hi-Hat solo Hi-Hat Groove 1 Hi-Hat Groove 2 Hi-Hat Groove 3

Das 20“ Medium Ride zeigt das gleiche Abdrehmuster wie die Hi-Hat-Becken und ist mit 2600 Gramm gewichtsmäßig mit einem Zildjian A Custom Medium Ride vergleichbar. Durch die verhältnismäßig kleine Kuppe ist der Spielkomfort natürlich etwas eingeschränkt, aber vermutlich standen die klangtechnischen Aspekte bei dieser Entscheidung im Vordergrund.

Als ich das Becken zum ersten mal angespielt habe, geisterte sofort der Begriff „sweet“ in meinem Kopf herum. Und wenn der Name „Sweet Ride“ nicht schon vergeben wäre – dieses Becken hätte ihn verdient. Da fällt mir übrigens gerade eine Istanbul-Werbebroschüre aus den 80ern ein, in der auf einem Becken einige Stücke dieser rosafarbenen türkischen Süßigkeit “Lokum” (oder “Turkish Delight”) lagen. Vielleicht eine Anregung für die nächste Sabian-Kampagne ? Wie wäre es mit Becken in kanadischem Ahornsirup ?? O.K., Quatsch beiseite und zurück zu den Fakten. Das XS20-Ride entfaltet jedenfalls einen seidenweichen, filigranen Sound, der eher im hohen Bereich angesiedelt ist und durch sein relativ langes Sustain wunderbar tragende Qualitäten hat. Der Stick-Sound ist kristallklar und wird unterlegt von einem vollmundigen, harmonischen Grundrauschen, das bei normaler Spielweise immer kontrollierbar bleibt. Wenn man etwas kräftiger rein langt, kann das Becken zwar leicht aufschaukeln, aber für die Prügelknaben hat Sabian in der XS20-Serie ja auch das Rock Ride im Angebot. Aufgrund der leichten Ansprache kann man schöne Crash-Akzente während des Ride-Spiels setzen, ohne dass diese gleich alles komplett dicht machen. Der Bell-Sound ist trotz der kleinen Kuppe erstaunlich kräftig und setzt sich gut durch. Alles in allem ist das 20“ Medium Ride ein sehr schönes Allround-Becken für Rock- und Pop-Musik.

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Ride solo Ride Groove 1 Ride Groove 2

Das 18“ Medium Thin Crash ist mit 1580 Gramm eigentlich eher Medium als Thin. Ich habe zum Vergleich mal mein 18“ Paiste Signature Full Crash, ein klassisches Medium-Becken, gewogen und festgestellt, dass es mit 1500 Gramm sogar leichter ist als das XS20. Insofern finde ich die Bezeichnung „Medium Thin“ etwas irreführend. Aber da beim Beckenkauf sowieso immer die Ohren entscheiden sollten, ist dieses Detail nicht allzu gravierend. Von der Optik her entspricht das 18“ Medium Thin Crash den anderen Becken der Serie: gleiches Profil, gleiche Bearbeitung. Aufgrund der Größe und Masse spricht es natürlich nicht übermäßig schnell an, aber dafür setzt das Becken, wenn es „da“ ist, ein klares Statement. Der Sound ist sehr voluminös mit einem langen Sustain, wodurch es sich auch für lautere Rockmusik eignen dürfte. Bei kräftigem Anschlag ist der Attack-Sound hell und explosiv mit großer Projektion. Interessanterweise dominiert aber in der Ausklangphase ein etwas dunklerer, warmer Klangcharakter, der zwar nicht mit einem handgehämmerten Becken zu vergleichen ist, aber gegenüber den Hi-Hats und dem Ride mit ihren hellen Sounds doch überrascht. Gerade beim Spiel mit Mallets tritt diese dunklere Note schön hervor. In meinen Augen ist den Sounddesignern bei Sabian mit diesem Becken eine perfekte Symbiose aus hellem Attack und dunklem Grundsound gelungen. Aufgrund seines angenehmen Klangcharakters kann ich mir das 18“ Medium Thin Crash, mit dünnen Sticks gespielt, auch als Crash-Ride in ruhigerer Musik vorstellen. Genau wie das Ride ist dies also ein Becken mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten.

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18″ Crash Stick 18″ Crash Mallet 16″ Crash Stick 16″ Crash Mallet Groove HH, CR 16″, CR 18″

Das 16“ Medium Thin Crash erscheint vom Spielgefühl her etwas leichter als das 18“ Modell. Es wiegt 1090 Gramm und ist damit vergleichbar mit einem Zildjian A Custom Crash. Bezüglich der Tonhöhe liegt es aufgrund des geringeren Durchmessers natürlich höher als das 18“ Crash, bildet aber zu diesem eine gute tonale Ergänzung. Vom Gesamtcharakter her klingen die beiden Becken allerdings recht unterschiedlich. Das 16“ Becken bietet eine raschere Ansprache und klingt deutlich heller als das 18“ Modell. Allerdings ist die Dynamik nach oben hin etwas begrenzt und das Sustain verhältnismäßig kurz geraten. Dadurch setzt sich das Becken in lauterer Musik nicht so gut durch, wie man es aufgrund der Tonhöhe vermuten könnte. Wenn es um pures Volumen geht, wäre das Rock Crash aus derselben Serie vermutlich die bessere Wahl, allerdings muss man da dann wieder Abstriche bezüglich der schnellen Ansprache machen. Nun bedeuten geringere Lautstärke und kompakterer Sound natürlich prinzipiell nichts Schlechtes. Das 16“ Medium Thin Crash klingt so, wie man es von einem ordentlichen Mittelklasse-Becken erwartet und kann den meisten B8-Becken dieser Preisklasse locker das Wasser reichen. Aber wenn man die beiden Größen im Zusammenhang hört, wird deutlich, dass das 18“ Becken einen komplexen, dynamischen, eigenständigen Sound hat, während das 16“ Modell eher eindimensional klingt. Diese besondere Mischung aus hell und dunkel, die das 18“ mitbringt, fehlt hier leider.

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Wer sich bislang auf dem B8-Mittelklasse-Terrain bewegte, kann mit den Sabian XS20-Becken sein Set deutlich aufwerten, und das nicht nur im akustischen, sondern auch im optischen Sinne. Durch das Brilliant Finish und die exzellente Verarbeitung machen die Becken einen absolut professionellen Eindruck, auch der Sound ist nicht von schlechten Eltern. Das B20-Material hat einfach von Haus aus mehr Potenzial als die B8-Legierung, wobei der Art der Bearbeitung aber ein ebenso großer Anteil am Sound zuzuschreiben ist. In den XS20-Becken steckt weniger Bearbeitungsaufwand als zum Beispiel in der AA-Serie von Sabian, daher ist der Sound auch nicht ganz so komplex und vielschichtig. Vor dem Hintergrund aber, dass es sich hier um eine Serie im mittleren Preissegment handelt, darf man auch keine Wunder erwarten. Die XS20 sind grundsolide Becken, eher im hellen Klangbereich angesiedelt, und mit dem 20“ Medium Ride und dem 18“ Medium Thin Crash sind sogar zwei Modelle dabei, die qualitativ durchaus auch in einer höheren Liga mitspielen könnten. Bevor man sich verschiedene Einzelbecken aus der Serie zulegt, sollte man übrigens unbedingt prüfen, ob nicht eventuell auch ein Set infrage kommt. Der Komplettpreis des hier vorgestellten Sets liegt nämlich derzeit „auf der Straße“ sogar im Bereich der Einzelpreise für das 16“ Crash und die 14“ Hi-Hats. So gesehen bekommt man beim Kauf des Sets die beiden besten Becken gratis dazu! Wenn das nichts ist …

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis
  • Verarbeitungsqualität
  • 20“ Ride und 18“ Crash klingen herausragend
Contra
  • 16“ Crash dynamisch etwas begrenzt
Artikelbild
Sabian XS20 Performance Plus Set Test
Für 359,00€ bei
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Spezifikationen
  • Material: B20 Bronze
  • Stärke: Medium – Thin
  • Finish: brilliant
  • Stimmung: Mid – High
  • Stil: modern, warm, clean
  • Preis (14“, 16“ + 18“ CR, 20“ RD): EUR 594,- (UVP)
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