Rode NT1000 Test

Den Rode NT1000-Test habe ich mit „Studiomikrofon ohne Firlefanz“ betitelt. Das trifft es tatsächlich sehr gut, denn die Richtcharakteristik ist ein festes Polar-Pattern Niere, Hochpassfilter, Vordämpfung und dergleichen sucht man am Body des Rode NT1000 vergebens

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. Rode kann auch anders, wie man es am NT2000 zeigt, wo (meiner Meinung nach reichlich praxisferne) komplett freie Einstellbarkeit von Pattern, Hochpassfilterung und Vordämpfung (!) im Bedieninterface zur Verfügung stehen. Das Rode NT1000 ist also einfachst aufgebaut, mit 1-Zoll-Membran und simpler, klarer Elektronik ohne Übertrager oder gar Röhren.  

Details

Rode NT1000 mit 1“-Echtkondensatorkapsel

Den Kondensator, der die Schwingungen der Luft letztlich in ein elektrisches Signal umsetzt, besteht zu einem Teil aus einer goldbedampften Membran – diese ist nicht in der Mitte mit Schraube und Käbelchen kontaktiert, sondern ihre Spannung wird über den Rand abgegriffen. Die im Gegensatz zur Membran nicht schwingfähige Gegenelektrode macht die 1“-Kondensatorkapsel komplett. Es kommt kein Elektret zum Einsatz: Dadurch, dass die 48 Volt der Phantomspeisung vom Mikrofonvorverstärker zum Aufbau der Kapselvorspannung benutzt werden, darf sich die Konstruktion stolz „Echtkondensatorkapsel“ nennen.  

Ist fest auf die beliebteste und verbreitetste Richtcharakteristik für Mikrofone eingestellt: Das Nierenmikrofon Rode NT1000.
Ist fest auf die beliebteste und verbreitetste Richtcharakteristik für Mikrofone eingestellt: Das Nierenmikrofon Rode NT1000.

Das Rode NT1000 hat Richtcharakteristik Niere

Die Richtcharakteristik ist eine feste Niere. Zur Verzögerung und Auslöschung des rückseitigen Schalls wird beim Rode NT1000 jedoch keine Passivmembran auf der Rückseite verwendet, sondern ein mechanisches Laufzeitglied. Das Polardiagramm, welches dem Mikrofon mitgegeben wird, strotzt nicht gerade vor Informationsgehalt: Es finden sich lediglich Graphen für 0,5 kHz, 1 kHz und 4 kHz, dabei wären besonders die Höhen interessant. Zudem scheint das Diagramm ordentlich geglättet und gemittelt zu sein.  

Kapselrückseite: Aus dieser Richtung ist das Rode NT1000 am wenigsten empfindlich.
Kapselrückseite: Aus dieser Richtung ist das Rode NT1000 am wenigsten empfindlich.

Der Pegelfrequenzgang hingegen zeigt eine leichte Abschwächung unterhalb von etwa 100 Hz, die angesichts des wahrscheinlichen Messabstands von einem Meter aber absolut sinnvoll ist. Bei etwa 12 kHz ist ein Boost von etwa drei Dezibel auszumachen, unter 10 kHz ein kleiner Dip. Dieser wird gerne in Mikrofone „hinein-engineert“, die für die menschliche Stimme verwendet werden. Sonst ist das „S“ schnell mal zu bissig. Zwischen 2 und 5 kHz ist es leicht wellig, aber das muss kein Manko sein.

Die Unterlagen weisen das NT1000 als ein sehr höhenreiches Großmembranmikrofon aus.
Die Unterlagen weisen das NT1000 als ein sehr höhenreiches Großmembranmikrofon aus.

Rode NT1000: geringes Rauschen

Die Impedanzwandlung und Verstärkung des Kapselsignals für den Weg durch das Mikrofonkabel übernimmt eine Transistorschaltung, die mit einem JFET arbeitet. Das Mikrofon gibt etwas mehr als 15 mV/Pa aus, erstaunlich ist das geringe Rauschen: 6 dB(A) sind wenig. Meine Aufmerksamkeit hat in diesem Zusammenhang die Dynamik bekommen, denn diese liegt laut Unterlagen bei 134 dB! Na gut: Der maximale Schalldruckpegel von 140 dB wird für 1% THD+N angegeben, üblicher wären nur 0,5% Verzerrungs- und Rauschanteile am Gesamtsignal. Wirklich „gemogelt“ ist das nicht, aber 0,5% haben sich doch eingebürgert und würden etwas seriöser rüberkommen.  

Aufgeräumte Platine: Das Rauschen des NT1000 ist als sehr gering angegeben.
Aufgeräumte Platine: Das Rauschen des NT1000 ist als sehr gering angegeben.

Verarbeitungsqualität des Rode NT1000: in Ordnung

Rodes „Signature Dot“, der kleine Metallpunkt auf allen Rode-Mikros (dessen Namen ich hier gerade einfach mal frei erfunden habe) zeigt die Hauptaufsprechrichtung unterhalb des fast blickdichten Metallgewebekorbs. Die gesamten Metallteile von Korpus und Bügel des Studiomikrofons sind vernickelt und satiniert. Die Qualität der Ausführung von Oberflächen, Korbgittern und Gewinden ist in Ordnung. Sicher, mein genau zehnmal so teures Microtech Gefell ist diesbezüglich wertiger, doch kommt an die Qualität deutscher, japanischer und dänischer Oberklassemikrofone diesbezüglich meist niemand heran.
Übrigens gibt es das Rode NT1000 auch als Rode NT1000 Black Edition, also komplett in Schwarz. Ein Blick auf die spärlich bestückte Platine (das ist gut!) zeigt eine hohe Verarbeitungsqualität des australischen Mikrofons.

Das Mikrofon ist aus Australien, die Verarbeitungsqualität entsprechend ordentlich.
Das Mikrofon ist aus Australien, die Verarbeitungsqualität entsprechend ordentlich.

Kein Koffer, keine Spinne von Rode im Lieferumfang

Mit dem Rode NT1000 kauft man ein einfaches Mikrofon. Nicht mehr: Zum Lieferumfang gehören kein Koffer und keine Spinne. Die Rode PSM1 wäre optional erhältlich (Euro 33,–), genauso ein Schaumstoff-Windschutz Rode WS2 (Euro 14,90). Stattdessen kommt das N1000 ganz profan mit einer Kunstledertasche und einem einfachen Mikrofonhalter im Verkaufskarton. Immerhin weiß man, dass man sein Geld für ein Mikrofon ausgibt und nicht – ich erinnere an die Überschrift des Testberichts – für irgendwelchen Schnickschnack.

Praxis

Pad beim NT1000 meist nicht nötig

„Ein schlichtes Werkzeug“ kommt mir beim ersten Handling mit dem Rode NT1000 während des Tests in den Sinn. Den ersten Pluspunkt heimst das Großmembran-Kondensatormikrofon dafür ein, dass es geradlinig ist: Wer ein Mikrofon haben will, das für wenig Geld gut klingt, der verzichtet möglichst auf alles, was nicht zwingend nötig ist (hier im Kaufberater für sehr preiswerte Mikros dargestellt). Ein Pad wäre nur beim Einsatz vor der Bassdrum, anderen Schlaginstrumenten oder (zu) nah an der Trompete nötig, aber da reicht oft schon ein Mikrofonvorverstärker, der sich auf 0 dB Gain einstellen lässt – es ist eher schwer, den JFET des NT1000 so zu treten, dass die Verzerrungen allzu fies werden. Und zum „fehlenden“ Hochpassfilter komme ich gleich noch.

Die Ausstattungsarmut des Testgeräts schränkt die meisten Standard-Recordingsituationen nicht ein.
Die Ausstattungsarmut des Testgeräts schränkt die meisten Standard-Recordingsituationen nicht ein.

Das Rode NT1000 ist nicht nur auf dem Papier rauscharm

Das Rauschen ist vorbildlich. Nicht nur, dass es tatsächlich gering ist, was nicht zuletzt auf den kurzen, einfachen Signalpfad zurückzuführen ist. Es ist auch schön homogen und „analog“, es spielen keine Einstreuungen oder Signalabhängigkeiten mit hinein.  

Leichte Höhenanhebung des NT1000 sorgt für Frische

Im Betrieb zeigt das Rode NT1000, dass es nicht auf absolute Natürlichkeit getrimmt ist, sondern durch eine leichte Höhenanhebung Frische ins Signal bringt. Das absolute Höhenband um die 20 kHz kommt nicht mehr so extrem in diesen Genuss, dazu wäre ein Kleinmembranmikrofon auch besser geeignet. Glücklicherweise wirkt der Boost recht vorsichtig und ist nicht auffällig gehypt – er wird als Signalbestandteil wahrgenommen, nicht als aufgesetzte Korrektur. Das gelingt vielen preiswerten Mikrofonen nicht. Das leichte „Sparkling“ auf den Höhen macht Signale wichtig und lässt das NT1000 eher modern klingen. Das passt nicht immer zu allen Signalen, es ist daher durchaus ratsam, ein dunkleres Mikrofon im Fundus zu haben – ich denke an dynamische Tauchspulen- oder Ribbon-Mikrofone.  

Audio Samples
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Rode NT1000, 10 cm, ohne Poppschutz Rode NT1000, 10 cm, mit Poppschutz Rode NT1000, 30 cm Rode NT1000, 30 cm, 45 Grad Rode NT1000, 70 cm Mojave MA-201FET, 10 cm Mojave MA-201FET, 30 cm Mojave MA-201FET, 30 cm, 45 Grad Mojave MA-201FET, 70 cm Audio-Technica AT5045, 10 cm Audio-Technica AT5045, 30 cm

NT1000: Frisch, wenig bissig – aber nicht mix-ready

Zwar ist der Klangcharakter des Rode „frisch“, aber gleichzeitig auch durchaus sanft: Die Präsenzen sind etwas zurückgefahren. Der Vergleich mit dem (teureren) Mojave MA-201FET offenbart, dass dieses gar nicht so extrem anders, vor allem aber bei gleichen Besprechungsabständen etwas „fleischiger“ klingt und dem Signal mehr Körper verleiht. Das Audio-Technica AT5045 zeigt deutlicher seine höhere Qualitätsklasse, denn dieses ist vor allem in den Mitten und den Höhen deutlich natürlicher und zeichnet das Signal auch zackiger.  

Obwohl das Rode NT1000 keinen Übertrager besitzt, meint man eine feine Körnigkeit wahrnehmen zu können. Diese ist wohl eher in der Art und Weise begründet, wie im Bereich zwischen 2 und 10 kHz mit Pegel und Phase umgegangen wird. Besonders die S- und T-Laute von Stimmen, aber auch Anblas- und Anschlaggeräusche verschiedener Instrumente werden etwas „größer“, die Bissigkeit mancher Signale wird gleichzeitig etwas genommen. Das Mikrofonsignal ist insgesamt zwar in dem Sinne etwas „vorbereitet“, als dass es schon ein wenig in die Richtung geschoben wird, die man im Mix mit dem Equalizer, dem EQ und auch einem De-Esser XLINKX wahrscheinlich einschlagen wird. Diese vorgegebene Richtung passt nicht immer zu allen Situationen, aber kein Mikrofon passt zu allen Aufgaben.

Das Rode NT1000 ist ein Kondensatormikrofon ohne Übertrager.
Das Rode NT1000 ist ein Kondensatormikrofon ohne Übertrager.

Polar-Pattern des Rode NT1000 ist in gewisser Hinsicht interessant

Das Polar-Pattern bricht bei 45 Grad schon etwas ein: Der Höhenhype ist weg. Bei manchen Mikros kann man diesen Umstand für die Klangbalance missbrauchen, indem man die Aufsprechrichtung etwas versetzt. Aber die Nutzbarkeit für das Direktsignal ist beim Rode NT1000 etwas geringer, weil schon leichte Phasigkeiten zu erkennen sind. Das bedeutet auch, dass bei sehr räumlichen Signalen oder beim Aufnehmen allzu ausgedehnter Klangkörper besonders darauf geachtet werden sollte, was das Rode mit dem nicht komplett frontal eintreffenden Signal anstellt. Ich schreibe „darauf achten“ und meine damit nicht, dass es nicht geeignet sei: Nicht automatisch ist das „schlecht“. Und dass das Rode NT1000 nicht selten bei der Mikrofonierung von Klavieren und Flügeln, aber auch als Overhead- oder Front-of-Kit-Mikro verwendet wird, spricht eine klare Sprache. Interessant: Während im Direktvergleich das MA-201FET in kontrollierter Umgebung bei aus einem Winkel kommendem Schall deutlich kompletter klingt, ist auch das NT1000 dann gut aufgestellt, wenn wesentliche Signalanteile aus so gut wie allen Richtungen auf die Kapsel treffen.  

Betrieb ohne Spinne: Das geht in den meisten Fällen trotzdem gut.
Betrieb ohne Spinne: Das geht in den meisten Fällen trotzdem gut.

Trittschall- und Poppempfindlichkeit des Rode NT1000

Nah besprochen, beginnt das NT1000 nicht stark zu wummern. Damit ist es für nahe Instrumentenmikrofonierung geeignet, besonders aber für die Nutzung in akustisch nicht idealen Umgebungen, in denen eher sehr geringe Abstände verwendet werden, also vor allem im Homerecording. Was die Poppempfindlichkeit angeht, kann ich ein schnödes „OK“ notieren. Das Metallmesh hinter dem Grill ist recht dicht, Trittschallstöße im Signal recht gering. Ich habe das nicht nur mit einem Triad-Orbit-Stativ getestet, das fast so viel kostet wie das Rode NT1000 selbst, sondern auch mit einem normalen, einfachen Stativ.  

Fazit

Das Rode NT1000 zeigt, was ein Mikrofon dieser Preisklasse an Ausstattungsmerkmalen und Besonderheiten mitbringen sollte: so wenig wie möglich! Eine gute Kapsel, eine ordentliche Mechanik und Herstellungsqualität sowie eine vernünftige Abstimmung durch erfahrene Ingenieure. Das ist das „Geheimnis“ eines guten Mikrofons zum kleinen Preis und auch der Grund, weshalb sE 2200, Lewitt LCT 440 Pure, Aston Origin und Konsorten so gut performen. Für unter 300 Euro bekommt man ein absolut profitaugliches Mikrofon aus australischer Fertigung.  

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • für den Anfänger wie Profi passendes Signal
  • stimmiges, weil einfaches Gerätekonzept
  • sehr rauscharm
  • sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis
Contra
  • keins
Artikelbild
Rode NT1000 Test
Für 349,00€ bei
Rode_NT1000_Test_5
Die Unterlagen weisen das NT1000 als ein sehr höhenreiches Großmembranmikrofon aus.
FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Wandlerprinzip: Echtkondensator
  • Empfängerprinzip: Druckgradient
  • Membrangröße: groß (1“)
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Empfindlichkeit: 16 mV/Pa
  • maximaler Schalldruckpegel: 140 dB(SPL) (1% THD)
  • Preis: € 299,– (Straßenpreis am 06.09.2018)
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Die Ausstattungsarmut des Testgeräts schränkt die meisten Standard-Recordingsituationen nicht ein.

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Michael Schmidt sagt:

#1 - 06.12.2022 um 18:13 Uhr

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Ich nutze dieses Mikrofon schon eine ganze Weile für Gesang und finde es ausgesprochen angenehm. Jetzt hab ich es mal als Front-of-Kit-Mikro für's Drum benutzt und bin begeistert, dass ich es hier vorgeschlagen kriege. Das Mikro klingt echt gut, als nächstes stell ich es vor einen Gitarrenamp, mal sehen, wie das so wird.

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