Peluso 2247 „Shortbody“ Test

Die Urahnen oder Vorbilder der Peluso-Kondensatormikrofone sind an den Zahlenkürzeln („P87“, „P67“…) recht gut abzuleiten, die 2247-Serie ist aber etwas komplizierter. Neben 2247SE und 2247LE gibt es auch noch das 2247 – ohne weiteren Buchstabenzusatz.

Peluso_2247_Short_Body_1

Während sich LE und SE vor allem durch ihre verwendete Röhre unterscheiden, fällt beim hier getesteten Peluso 2247 die kürzere Bauform auf. Das gab es zwar auch beim über ein halbes Jahrhundert alten Neumann-Original aufgrund veränderter Bauteile, doch ist der wesentliche Unterschied beim Peluso-Mikrofon ebenfalls auf die Röhre zurückzuführen. Anders als bei LE, SE und dem Original ist diese nämlich nicht aus Stahl, sondern eine Glas-Doppeltriode.

Details

Röhre: alter Bekannter

Neben der kürzeren Bauform ist es besonders die Vakuumröhre, die dieses Peluso 2247 von den 2247SE- und 2247LE-Modellen des Herstellers unterscheidet. Die 6072A ist ein Glas-Vakuumkolben, der als Doppeltriode zwei Triodenschaltungen vereint. Dieses Bauelement wurde und wird heute noch in vielen Geräten der Tontechnik eingesetzt. 6072-Röhren findet man etwa im sagenumwobenen AKG C12, dem daraus entwickelten ELA M 251, aber auch beispielsweise dem Fender Bassman und dem Universal Audio 610. 

Fotostrecke: 4 Bilder Im 2247 arbeitet eine 6072A.

Röhren-Netzteil

Um diese Röhre herum ist eine klassische Elektronik im ebenso klassischen Gehäuse in Tubusform mit Drahtgitterkorb mit Feingaze-Einlage gebaut. Erstere nutzt natürlich einen Mikrofon-Ausgangsübertrager und ist auf ausgelagerte Technik angewiesen: Im mitgelieferten Netzteil werden sowohl die Betriebsspannungen aus dem Stromanschluss transformiert als auch die Signale beider Kapselseiten miteinander verschaltet: Insgesamt neun Richtcharakteristiken stehen zur Verfügung.

Mylar-Membran

Die Kapsel baut nicht wie sehr frühe Neumann-Mikros auf einer PVC-Folie, sondern wie der Großteil der heutigen Kondensatormikrofone auf Mylar auf. Die beiden Membranen sind mittenkontaktiert und am Rande verschraubt, auch das entspricht dem heutigen Standard.

Der Größenunterschied zu 2247LE und 2247SE ist erheblich.
Der Größenunterschied zu 2247LE und 2247SE ist erheblich.

Geringes Eigenrauschen

Als maximalen Schalldruckpegel nennt Peluso schlicht „140 dB“, was sich in Ermangelung weiterer Angaben nicht genauer bestimmen lässt. Allerdings wird dies ohne Pad gelten, da ein solches genau wie ein Hochpassfilter nicht existiert – das wäre bei einem Mikrofon in 47er-Nähe auch eher verwunderlich. Das Eigenrauschen ist mit 12 dB(A) recht niedrig für einen Schallwandler dieser Machart, die Impedanz von 200 Ohm ebenso. Der Frequenzgang ist nur für die Achse bei Richtcharakteristik Niere grafisch mit angegeben, die Angabe „20 Hz – 22 kHz“ erfolgt ohne Nennung des Abfalls an diesen Punkten. Die verfügbare Grafik erscheint ungewöhnlich breit aufgestellt, also trotz Großmembran-Druckgradientenempfänger, Röhre und Übertrager mit nur geringem Einbruch in den Höhen bis 15 kHz und annähernd linearem Verlauf bis hinunter zu den dort dargestellten 40 Hz. Das sieht sehr nach Hi-Fi aus, was mich doch verwundert. Und ein U 47 hat ganz andere („schlechtere“) Werte…

Das 2247 rauscht weniger als die Stahlröhren-47er.
Das 2247 rauscht weniger als die Stahlröhren-47er.

Spinne, Schatulle, Netzteil und Koffer

Das Peluso 2247 wird mit einer typischen Spinne komplettiert, in die das Mikrofon eingeschraubt wird, einer Holzschatulle, dem angesprochenen Netzteil sowie einem Metallcase, in welchem die aufgezählten Bestandteile Platz finden.

Praxis

Harmonisch

Auffällig ist direkt nach dem ersten Anschließen, dass das Peluso 2247 das Signal stärker mit Harmonischen anreichert als ich erwartet hätte. Dick und groß klingen Stimmen, die mit diesem Röhrenmikrofon aufgenommen wurden, mancher User wird den Charakter mit Sicherheit abfeiern. Schon mit einem cleanen Mic-Preamp verstärkt, erhält man ein Audiosignal, welches nicht wie viele andere nach weiterer Bearbeitung schreit. Ob es nun zu Stimme und Produktion passt, muss natürlich früh genug überprüft werden, nutzt man einen Preamp wie einen 1073 oder einen 610, kann die Färbung schnell zu viel des Guten werden und Platz für andere Signale rauben. Meine Assoziation ging übrigens sofort zum Telefunken AR51, welches sehr ähnliche Eigenschaften aufweist. Die Nähe zum U 47 hingegen ist deutlich geringer als bei den beiden anderen Pelusos, die dieses Claim führen. Besonders in den unteren Mitten merkt man dem zum Vergleich herangezogenen MG UM 92.1S die Erbfolge der M7-Kapsel-Mikrofone (zu denen auch das frühere U 47 zählt) an.

Ohne LE- oder SE-Zusatz: Das 2247 hat einen anderen Charakter als die Longbody-Mikros.
Ohne LE- oder SE-Zusatz: Das 2247 hat einen anderen Charakter als die Longbody-Mikros.

Nah und intim, trotzdem nicht überbasst

Die Bässe werden durch den Proximity Effect auch dann nicht zu stark überbetont und indifferent, wenn man sich der Schallquelle stark nähert, das ist sehr angenehm. Aber trotzdem erzeugt das 2247 eine angenehme Nähe und Intimität, wie man sie bei manchen hochwertigen Bändchenmikros finden kann. Diesen Eindruck verstärkt bei allen aber auch die spürbare Abwesenheit ausgeprägter Höhen. Aber nicht vergessen: Es muss nicht schlecht sein, ein weniger brillant abgestimmtes Mikrofon für Vocals einzusetzen, im Gegenteil. Wer jazzige, nahe Stimmen einsetzen will und auf deutlichen „Schmatz“ und „hauchigen“ Charakter steht, kann mit dem 2247 Shortbody sicher eine Menge anfangen.

Reibende Präsenzen

Die leicht vorhandene „dunkle Wärme“ eines Neumann U 67 lässt sich zwar im 2247-Signal feststellen, doch gibt es eine Klangeigenschaft, die man vor allem hierzulande beim Aufnehmen von Stimmen besonders vorsichtig beachten sollte: Das Mikrofon produziert zwar “fertig gemixt” klingende, breite und reiche S- und T-Konsonanten, reibt dabei aber recht stark – das gefällt mir weniger. Bei sehr „deutscher“, also spitzer und scharfer Aussprache kann das störend wirken, weil es ein wenig aufgesetzt und unnatürlicher klingt, auf der anderen Seite verbessert sich dadurch die Durchsetzungsfähigkeit im Mix. Dynamisch zeigt sich das Peluso insgesamt zwar offen, bei sehr hohen Pegeln ist es vor allem der Bereich zwischen 2 und 10 kHz, in welchem die Dichte über die Maßen zunimmt – auch das kann bei „lauter“ Musik durchaus praktisch sein, wenngleich weniger gut steuerbar als im Mix mit einem Kompressor (den man ja dann eh einsetzen wird).

Audio Samples
0:00
Peluso 2247, Niere, 10 cm Peluso 2247, Niere, 40 cm Peluso 2247, Niere, 70 cm Peluso 2247, Acht, 40 cm Peluso 2247, Kugel, 40 cm Peluso 2247, Niere, 40 cm, 45 Grad Microtech Gefell UM 92.1S, Niere, 40 cm Audio-Technica AT5045, Niere, 40 cm

Die Niere ist die beste Richtcharakteristik des Peluso 2247

Sehr offensichtlich ist die Optimierung des Mikrofons auf den Klang der Niere. Das gilt allerdings nicht nur für die Hauptachse, denn selbst seitlich eintreffender Schall wird gebührlich behandelt und färbungsarm übertragen. Kommt die hintere Membran ins Spiel, ist es ein wenig anders. Die Kugel ist in den Bässen und unteren Mitten erstaunlich straff, hat gleichzeitig aber sehr weiche Präsenzen. Das ist eine interessante Kombination, will in meinen Augen aber nicht so recht zusammenpassen. Auch die Acht steht der Niere qualitativ etwas nach, sie dürfte etwas konkreter und griffiger klingen. Toll ist aber, dass man hier viel mit den Zwischenpositionen von Kugel, Niere und Acht regeln kann.

Power!

Der Output des 2247 Shortbody ist signifikant höher als der von 2247LE und 2247SE, gleichzeitig ist das Rauschen angenehm gering. Hier macht sich die Verwendung der neueren, modernen Röhre also eindeutig bezahlt. Was viele vergessen: Bei Kompressionsverhältnissen moderner Mischungen kann Rauschen vor allem bei leisen Vokalisten zum ausgewachsenen Problem werden, wenn stark rauschende Vintage-Mikrofone eingesetzt werden. Das Peluso 2247 erlaubt besser als die beiden Longbody-Mikros den Betrieb an schwächeren Preamps. Natürlich gilt das auch für die vielen Gain-armen Vorverstärker in Audio-Interfaces (wobei das geradezu ein Frevel wäre!), aber beispielsweise ein Chandler REDD.47 mit seinen deutlich unter 60 dB Gain kommt in Betracht.

Fazit

Das „Shortbody“-2247 von Peluso ist konzeptionell, aber auch klanglich weiter von klassischen 47ern entfernt als die Longbody-Varianten 2247SE und 2247LE, die jeweils um eine Stahlröhre herum aufgebaut sind. Das hier getestete 2247 ist nicht nur das kleinste, sondern auch das preisgünstigste, aber eben auch das am fettesten klingende Großmembran-Röhrenmikrofon der drei Pelusos. Das ist natürlich Geschmackssache, ich finde es für viele Anwendungen schon ein wenig zu viel und würde mich eher für eine der „leichteren“ Varianten entscheiden. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • preiswerter als 2247SE und 2247LE
  • reicher Klangcharakter
  • sehr gut steuerbarer Nahbesprechungseffekt
  • nah besprochen intimer, aber dennoch konkreter Sound
Contra
  • reibender Charakter der Präsenzen
Artikelbild
Peluso 2247 „Shortbody“ Test
Für 1.744,00€ bei
Peluso_2247_Short_Body_4
FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Membrangröße: groß (1“), mittenkontaktiert
  • Empfängerprinzip: Doppelmembran-Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristiken: Kugel, Niere, Acht mit jeweils drei Zwischenstufen (9 insgesamt)
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: über Speisenetzteil
  • Frequenzgang: 20 Hz – 22 kHz
  • Übertragungsfaktor: 12 mV/Pa
  • THD+N: 12 dB(A-bewertet) bei Nierencharakteristik
  • maximaler Schalldruckpegel: 140 dB (keine THD+N-Angabe)
  • Besonderheit: Röhre: 6072A
  • Lieferumfang: Netzteil, Spinne, Multipin-Kabel, Holzkoffer, Flightcase
  • Preis: € 1679,– (UVP)
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