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Mexicusa oder Usaxico ? Test

Wie schon in unserem Special „The history of bass“ angesprochen, zählt der Fender Precision Bass weltweit zu den unangefochtenen Spitzenreitern unter den E-Bässen und hält sich seit nunmehr über 50 Jahren konsequent auf den vordersten Plätzen der Verkaufscharts. Seine Markteinführung feierte der Fender Precision im Jahr 1951 – damals noch mit einem Singlecoil-Tonabnehmer ausgestattet. 1957 verpasste man ihm,  im Windschatten der brandneuen Fender Stratocaster Gitarre, ein neues Bodyshaping und den legendären Splitcoil-Tonabnehmer – und genau so kann man ihn heute noch erwerben. Hergestellt wird der Bass in unterschiedlichen Ländern  – unter strenger Fender-Herrschaft. Neben Fertigungsstätten in Japan und Indonesien sind es zur Zeit wieder die Produkte aus der Heimat USA und dem Werk in Mexico, die großes Aufsehen erregen.

Man fragt sich, warum eine Firma wie Fender eigentlich stets eine eigene Konkurrenz züchtet, indem sie Billigprodukte im Ausland unter dem Fender-Logo herstellen bzw. montieren lässt. Würde Fender nicht besser fahren, wenn man ausschließlich USA-Produkte herstellen und im High Price Bereich verkaufen würde? Offensichtlich hat man sich entschieden, jeglichen Kopier-Versuchen  anderer Hersteller von vornherein zu begegnen, indem man eigene „Kopien“ der Originale herstellt und dann als „Original Copy“ anbietet.  „Markentreu“ versteht sich, denn  auch auf den preiswerteren,  im Ausland gefertigten Modellen prangt stets das Original-Fender-Logo  – was dem User ungemein wichtig zu sein scheint. Diese Herangehensweise ist clever und ermöglicht eine Produktbindung vom Einsteiger mit kleinem Geldbeutel aufwärts –  und so wird die Welt nach wie vor systematisch „fenderized“.

Stellt sich fast zwangsläufig folgende spannende Frage: Macht es bei einem so einfachen Bass wie dem Fender Precision wirklich einen dermaßen großen Unterschied, ob er (wie in unserem Test) aus den USA oder aus Mexiko stammt, so dass sich  ein Preisunterschied von nahezu 100% rechtfertigen lässt? Klingt ein nahezu identischer USA Preci wirklich doppelt so gut wie ein Mexikaner, der fast zum halben Preis im Laden steht? Wir wollten es wissen.

Heißt doppelt so teuer gleichzeitig automatisch auch doppelt so gut?
Heißt doppelt so teuer gleichzeitig automatisch auch doppelt so gut?
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Noch einmal zum Mitschreiben: Wir haben zwei Fender Precision Bässe vor uns.

  1. American Standard USA S1 SB mit Ahorn-Hals und -Griffbrett sowie Erle-Korpus (geliefert mit Hardshell Case)
  2. Mexican Standard 57er Vintage mit Ahorn-Hals und -Griffbrett sowie Erle-Korpus (geliefert mit Gigbag)

Stellt man beide Bässe nebeneinander, so gibt es keine prägnanten Unterschiede zu entdecken –  außer, dass der USA-Bass über eine Bridge verfügt, bei der man die Saiten auch durch den Korpus führen kann. Diese Option fehlt beim Mexican 57 Vintage Modell.

Rein Äußerlich betrachtet unterscheiden sich die beiden Bässe nur marginal durch unterschiedliche Sunburst-Färbungen und die Helligkeit der Hälse. Der Mexican Vintage 57 hat einen deutlich dunkleren Hals, der dadurch gealtert wirkt – eben Vintage-Style. Außerdem ist der mexikanische Hals glänzend lackiert, der Hals des USA-Basses kommt dagegen in einem matten Finish daher. Während der Mexikaner ein gold eloxiertes Aluminium-Schlagbrett hat, wird der Korpus des Amerikaners durch ein weißes Plastikschlagbrett geschützt.

Der Detailblick verrät dann schon etwas mehr. Bemühen wir uns also, die feineren Unterschiede herauszuarbeiten. Der wohl wichtigste Unterschied zwischen den beiden Precisions besteht in der Halskonstruktion. Während der Mexiko-Preci in bester Vintage-Manier einen einteiligen Ahornhals hat, bei dem der Halsstab während der Herstellung durch eine Öffnung auf der Rückseite eingelassen und anschließend mit einem Holzstreifen versiegelt wurde, kommt der US-Bass mit aufgeleimtem Ahorngriffbrett – die Aussparung für den Halsstellstab wurde also erst in die Halsbasis gefräst, der Stab eingesetzt und das Ganze anschließend durch Aufleimen des Griffbretts verschlossen. Zudem ist der Hals des USA-Precis graphitverstärkt. Bei dieser Technik wird dem Hals durch eingearbeitete Graphitfaser zusätzliche Stabilität verliehen. Gleichzeitig wird die Halsmasse und somit das Gewicht reduziert. Das Resultat ist, neben einer allgemeinen Gewichtseinsparung, eine Verbesserung der Kopflastigkeit und ein etwas ausgewogneres Klangbild.  Die Halsstellschraube beider Bässe ist korpusseitig zugängig. Der Mexican verfügt über eine Kreuzschlitzschraube, sein amerikanischer Bruder über eine Inbusschraube.

Während der Mexikaner ein gold eloxiertes Aluminium-Schlagbrett hat...
Während der Mexikaner ein gold eloxiertes Aluminium-Schlagbrett hat…
..., wird der Korpus des Amerikaners durch ein weißes Plastikschlagbrett geschützt.
…, wird der Korpus des Amerikaners durch ein weißes Plastikschlagbrett geschützt.

Der Hals des USA-Basses ist mit 20 Medium Jumbo-Bünden beschlagen, der Mexiko-Bass kommt mit 20 dünneren Vintagestyle-Bünden. Der Hals des American Standard ist am Sattel etwas schmaler als beim Mexikaner. Vom Spielgefühl her ist dieser Unterschied aber kaum spürbar.

Der nächste Unterschied liegt in der Bridge-Konstruktion. Der Mittelamerikaner hat eine Standard-Fender-Bridge mit vielen fein geriffelten Saitenführungsfräsungen in den Böckchen, während die Reiterchen beim US-amerikanischen Bass jeweils nur drei, dafür aber größere und rutschsichere Fräsungen pro Böckchen aufweist. Zusätzlich hat man beim amerikanischen Bass die Möglichkeit, die Saiten entweder standardmäßig durch die hinteren Bridgeöffnungen einzuhängen oder aber alternativ durch den Body zu führen, was den Saitenzug verstärkt. Letzteres ist vor allem dann hilfreich, wenn man den Bass zum Beispiel komplett einen Halbton herunterstimmen möchte, was durchaus eine beliebte Praxis im Blues- oder Rock-Genre ist.

Der nächste feine Unterschied findet sich bei der Betrachtung der Mechaniken. Mexiko verwendet Vintage-Reverse-Mechaniken, das heißt man muss die Mechanikflügel entgegengesetzt drehen, um die Saite hochzustimmen. Der USA-Bass hat dagegen leichtgängige, halbgeschlossene Mechaniken, die in Standardrichtung ausgelegt sind.
Der nächste feine Unterschied findet sich bei der Betrachtung der Mechaniken. Mexiko verwendet Vintage-Reverse-Mechaniken, das heißt man muss die Mechanikflügel entgegengesetzt drehen, um die Saite hochzustimmen. Der USA-Bass hat dagegen leichtgängige, halbgeschlossene Mechaniken, die in Standardrichtung ausgelegt sind.

Zuletzt bietet der USA Standard S1 noch eine Push-Funktion am Volume-Regler. Drückt man das  Volumen-Poti herunter, werden die zwei Spulen des Splitcoil-Tonabnehmers von Reihen- auf Parallel-Betrieb geschaltet. Dadurch wird das Signal etwas dünner, weist also weniger Bassanteile, und dafür mehr Höhen auf. Grundsätzlich eine nette Sache, allerdings nicht so effektiv, dass man das Fehlen dieses Features vermissen würde.

Zur Erklärung: Der so genannte „Precision Splitcoil“-Tonabnehmer wurde 1957 eingeführt. Sein Erfolg beruht auf der Tatsache, dass man aus einem einzigen Singlecoil-Pickup zwei kleine, getrennte Tonabnehmer macht. Verdrahtet man die beiden Tonabnehmer nun miteinander (normalerweise hintereinander in Reihe), ergibt das einen Doppelspulen-Tonabnehmer, allerdings mit der Besonderheit, dass nicht beide Spulen zur Abnahme aller Saiten verwendet werden, sondern eine Spule zur Abnahme der E- und A- Saite und die zweite Spule zur Abnahme der D- und G-Saite. Verdreht man nun zusätzlich die Magnetpole des zweiten Tonabnehmers, so ergibt sich ein „Humcancelling-Effekt“, das heißt der Tonabnehmer ist unempfindlich gegen Einstreugeräusche. Obwohl im Prinzip also für jede Saite zur Abnahme der Schwingungen nur eine Spule zur Verfügung steht (Single Coil), ergibt sich durch das Aufspalten und den Trick mit der Polumkehrung eines der Magneten ein Humbucker: Daher auch die Bezeichnung Split-Coil Humbucker.

Typischer Precision Split-Coil Pickup
Typischer Precision Split-Coil Pickup
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PRAXIS

Die Verarbeitung ist beim USA-Modell minimal besser, die Saitenführung ist absolut akkurat. Bei der  mexikanischen Variante kommt es zu einem häufig zu beobachtenden Phänomen: Die Saiten laufen nicht exakt in der Mitte über die Pickup-Polepieces. Bei diesem Modell betrifft es speziell die D- und G-Saite. Zwar sind die Bridgereiter geriffelt und sollten es gestatten, die Saiten entsprechend seitlich zu verschieben, doch läuft man dann Gefahr, dass sie bei etwas härterem Anschlag wieder in eine darunter liegende Fräsung zurückspringen. Das wäre alles kein Problem, hätte man den D-/G-Saiten Pickup von vornherein etwas weiter nach unten versetzt. Es bleibt für mich ein unerklärliches Geheimnis, warum man nach 50 Jahren immer noch solche Fehler macht. Glücklicherweise hat dieser kleine Fehler keine großartig hörbaren Auswirkungen auf den Sound.

Mexico-Bridge mit kleinen Schwächen
Mexico-Bridge mit kleinen Schwächen

Das nächste Dilemma in der Abteilung Mexiko ist jedoch die Klinkenbuchse. Die ist nämlich so ausgelegt, dass man den Klinkenstecker des Instrumentenkabels nur mit sehr hoher Kraft hineinbekommt. Auch das muss wirklich nicht sein. Ein Klinkenbuchsentest, selbst bei Massenfertigung, dauert im Endeffekt ca. fünf Sekunden.

Das war es dann aber auch mit den kleinen negativen Unterschieden zwischen David und Goliath. Ab jetzt treten die beiden Bässe nämlich in der Praxis gegeneinander an, und was dabei zu Tage tritt, ist wirklich erstaunlich.

Beide Bässe klingen ultimo prossimo „gut“. Ohne große Klangmodifikation direkt ins Pult oder den Amp gespielt und schon geht die Post ab – genau das ist es, was man von einem Precision Bass erwartet. Kein Geschnörkel, kein Hi-Fidelity, einfach ein grundsolider Bass-Sound.

Der Mexikaner klingt dabei im Tiefbassbereich  minimal stärker und wirkt etwas bissiger und rauer, während sich der USA Preci eine Spur ausgeglichener, komprimierter und ziviler präsentiert – eine Eigenschaft, die ich dem graphitverstärkten Ahornhals zuschreibe.

Der Clip zeigt ein achttaktiges Riff mit Fingern gespielt. In Takt 1-4 hört man den Mexiko Preci, in Takt 5-8 den USA Preci. Beide Bässe gingen dabei direkt ins Pult, ohne Klangregelung, passiver Ton-Poti voll auf. Wie man hört, lässt sich kaum ein Unterschied ausmachen. Beide Bässe sind komfortabel bespielbar. Dabei ist es Geschmackssache, ob man das Spielgefühl  beim glanzlackierten Mexiko-Bass oder dem mattlackierten USA-Bass bevorzugt. Der Mexiko-Bass fühlt sich etwas labbrig an, da die Saitenspannung etwas geringer ist als bei der USA „string through body“ Konstruktion. Die Lackierung des Mexiko-Ahornhalses lässt den Sound leicht scheppriger erscheinen.

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Takt 1-4 Mexiko, Takt 5-8 USA

Jetzt folgt ein Beispiel mit Plektrum, bei dem man hören kann, dass der Mexiko-Bass etwas mehr Tiefbassanteile liefert, dafür aber auch einen Tick unausgewogener klingt als sein amerikanischer Bruder, der sehr klar und präzise rüberkommt.  Takt 1-10 Mexiko Bass, Takt 11-20 USA.

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Takt 1-10 Mexiko, Takt 11-20 USA

Zuletzt noch ein Beispiel bei dem das Tone-Poti komplett zugedreht wurde. Dies ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn man Sounds a la Motown oder Traditional Country erzeugen möchte. Auch hier behalten beide Bässe Würde und Form, wiederum mit leichten Pluspunkten in Puncto  Transparenz für den USA-Kollegen. Takt 1-5 Mexiko, Takt 6-10 USA.

Der USA-Bass verfügt über einen zusätzlich Push-Schalter am Volumen-Poti. Betätigt man den Schalter, wird der Sound merklich leiser, dünner und schärfer. Das war es dann aber auch schon – wirklich der Brüller ist dieses Feature in meinen Augen nicht.

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Takt 1-5 Mexico, Takt 6-10 USA
Stellt sich die spannende Frage: Wie fällt das Fazit dieses ungleichen Kampfs aus?!
Stellt sich die spannende Frage: Wie fällt das Fazit dieses ungleichen Kampfs aus?!
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Grundsätzlich lässt sich beiden getesteten Fender Precision Bässen ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis bescheinigen. Während man beim Fender Mexico minimale Mängel an der Klinkenbuchse und einem nicht ganz exakt sitzenden Splitcoil-Pickup unter der D-/G-Saite in Kauf nehmen muss, präsentiert sich der US-Kollege gänzlich mängelfrei. Generell klingt der USA Fender etwas ausgewogener und im Sound kontrollierbarer. Das Spielgefühl des mattlackierten USA Ahornhalses erscheint mir persönlich angenehmer, als der glanzlackierte Mexiko-Ahornhals, was aber reine Geschmackssache ist.

Beide Bässe liefern einen absolut amtlichen Precision-Sound. Auch wenn man sich die Beiden noch so intensiv vornimmt, sind sie in Sachen Sound und Bespielbarkeit kaum voneinander zu unterscheiden. Der Mexico Bass, die beschriebenen minimalen Mängel mal außer Acht lassend, kann dem USA-Modell auf der ganzen Linie Paroli bieten. Auch mit dem wesentlich günstigeren Mexiko-Modell macht man also nichts verkehrt: ein grundsolider Bass, der einem sicherlich wenig Probleme bereiten wird. Am liebsten würde ich beide Bässe kaufen. Den Mexiko-Bass liebe ich wegen seiner etwas aggressiveren Note und dem rauen Tiefbassanteil. Wegen des etwas ausgewogeneren Sounds und der daraus resultierenden besseren Kontrolle im Studio, würde ich persönlich aber dem USA-Modell den Vorzug geben –  trotz des höheren Preises. Dazu sei erwähnt, dass der Käufer des teureren USA Bass automatisch auch in den Besitz eines soliden Hardshellcases, eines Gitarrengurts und eines Kabels kommt.
FENDER 50S PRECISION BASS 2TSB (MEXICO)

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
Contra
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Mexicusa oder Usaxico ? Test

FENDER AM S1 SERIES PRECISION BASS SB (USA)

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
Contra
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Mexicusa oder Usaxico ? Test
SPECS FENDER 50S PRECISION BASS 2TSB (MEXICO)
  • 4-Saiter
  • 57 Style Vintage Precision Bass
  • Erle Korpus
  • einteiliger Ahornhals, glanzlackiert
  • 20 Bünde (dünn, Vintagestyle)
  • 1 Precision Split-Coil Tonabnehmer
  • Volume Control
  • Passive Tone Control
  • Vintage Style offene Mechaniken (Reverse, entgegengesetzte Laufrichtung)
  • Vintage Bridge (mehrfach geriffelte Saitenauflage pro Reiterchen)
  • Nickel/Chrom Hardware
  • Gold eloxiertes Aluminium Schlagbrett
  • 34“ (Zoll) Mensur
  • 2- Colour Sunburst
  • Inkl. Soft-Gigbag
  • Preis ca. 640,- €
SPECS FENDER AM S1 SERIES PRECISION BASS SB (USA)
  • 4-Saiter
  • Standard Precision Bass
  • Erle Korpus
  • Ahornhals, mattlackiert, graphitverstärkt
  • aufgeleimtes Ahorn Griffbrett
  • 20 Bünde (dicke medium Jumbo-Bünde)
  • 1 Precision Split-Coil Tonabnehmer
  • Volume Control mit S1 Schalter zum Umschalten zwischen Reihe-/Parallelschaltung
  • Passive Tone Control
  • halboffene Mechaniken
  • String through Body Konstruktion
  • Fender Bridge, Option Saiten durch den Korpus oder über die Bridge zu führen.
  • Dreifachfräsung für Saitenauflage pro Reiterchen
  • Nickel/Chrom Hardware
  • Weißes Plastik Schlagbrett
  • 34“ (Zoll) Mensur
  • 3-Colour Sunburst
  • inkl. Hardshell Case
  • Preis ca. 1.120,- €
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