Harley Benton JB75 SB Vintage Series Test

Der Harley Benton JB75SB Vintage Series im bonedo-Test. – Der Fender Jazzbass ist ohne Zweifel der beliebteste E-Bass in der noch relativ jungen Geschichte dieser Instrumentengattung und wird dementsprechend von unzähligen Herstellern mehr oder weniger präzise kopiert. Besonders für Anfänger sind vor allem die preiswerten Kopien ein Segen, weil sie nicht nur finanziell einen relativ schmerzfreien Einstieg in die Welt der tiefen Töne erlauben. Jazzbässe bieten außerdem mit ihrem schlanken Hals eine angenehme Bespielbarkeit, und der klare Sound der beiden Tonabnehmer setzt sich in allen Musikrichtungen bestens durch.

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Trotz kleiner Abzüge in der B-Note: Der Harley Benton JB75 kann voll überzeugen


Kein Wunder also, dass sich auch der deutsche Musikalienhändler Thomann mit seinem Budget-Label Harley Benton dem amerikanischen Erfolgsmodell annimmt und seine Interpretation zu einem fast unglaublichen Kurs anbietet. Unser Testkandidat hört auf den Namen Harley Benton JB75 SB Vintage Series und kostet nicht einmal 130 Euro. Aber wieviel Qualität, Sound und Alltagstauglichkeit bekommt man wirklich zu einem solchen Preis?

Details

Bei vielen Instrumenten der unteren Preisklasse wird der Korpus aus preisgünstigen Hölzern wie beispielsweise Linde oder bestimmten Kiefernarten gefertigt. Harley Benton hat sich beim JB75 allerdings für die schwere amerikanische Esche entschieden, um bei der vielleicht wichtigsten Komponente, dem Ton, möglichst wenig Kompromisse machen zu müssen. Auch bei der Form des Korpus hält sich unser Kandidat an die Vorgaben des Fender-Originals mit seinem zum Klassiker gewordenen asymmetrischen “Off-Set”-Design. Klassisch geht’s auch in Sachen Finish weiter: Der Korpus ist mit einer schönen 3-Tone Sunburst-Hochglanzlackierung versehen und wird optisch mit einem 3-lagigen Tortoise Pickguard komplettiert. Zum typischen Stil von Jazzbässen aus den 70er Jahren gehörte ein eingefasstes Griffbrett und rechteckige Blockinlays als Lagenmarkierungen, und auch der preisgünstige JB75 kommt mit dieser Ausstattung und unterstreicht so seinen Vintage-Look.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Korpus des JB75 besteht aus amerikanischer Esche – einem bewährten Tonholz

Der Hals ist aus einem Streifen kanadischen Ahorns gefertigt und mit einem schönen dunklen Palisandergriffbrett versehen, sein Profil ist Jazzbass-typisch schlank und liegt gut in der Hand. Direkt hinter dem Sattel liegt die obligatorische Einstellschraube, sodass zur Justierung der Krümmung nicht der komplette Hals abgeschraubt werden muss, wie es bei einigen Vintage-Bässen der Fall ist. Die Saiten laufen über den weißen Kunststoffsattel zur Kopfplatte und den vier Vintagemechaniken in traditioneller Chrom-Optik. Apropos Saiten, Harley Benton stattet seine günstigen Budget-Bässe mit Markensaiten aus dem Hause D’Addario aus – der aufgespannte Satz besitzt die Stärken 045-100 und kann im Fachhandel jederzeit nachgekauft werden.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Ahornhals ist geschraubt

Am Korpusende werden die Saiten von einer typischen Vintage-Brücke im Fender Stil aufgenommen, die in Fachkreisen auch unter dem etwas despektierlichen Begriff “Blechwinkel” bekannt ist. Die Saitenreiter sind aber immerhin aus Messing und die Schräubchen laufen geschmeidig und gewährleisten die Funktionalität der einfachen, aber bewährten Stegkonstruktion.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Vintage-Brücke im Fender-Style

Nicht nur bei den Saiten, auch in Sachen Tonabnehmern setzt Harley Benton auf Markenware und verbaut im JB75 zwei Singlecoils mit Alnico-Magneten aus dem Hause Wilkinson. Das Cockpit umfasst je einen Lautstärkeregler für jeden Tonabnehmer und einen Regler für die Fender-typische Tonblende bei passiven Instrumenten.

Fotostrecke: 4 Bilder Der JB75 kommt mit Alnico-Singlecoil-Pickups von Wilkinson: Hut ab!

So viel zum Thema Hardware, und eines ist schon jetzt sicher: Der JB75 ist im Verhältnis zu seinem Preis wirklich sehr gut ausgestattet. Schwächstes Glied sind vielleicht die Stimmmechaniken, sie verrichten zwar ihren Dienst und halten die Stimmung, laufen aber etwas schwer und hakelig. Betrachtet man sich die Verarbeitung des Instrumentes etwas näher, sieht man erwartungsgemäß Licht und Schatten. Die Lackierung ist sehr schön und tadellos ausgeführt und sieht man von ein paar rauen Stellen an der Kopfplatte ab, geht auch die Holzverarbeitung in Ordnung.
Die 20 Jumbo-Bünde meines Testbasses haben keine scharfen Kanten und sind ordentlich abgerichtet, allerdings nur unzureichend oder gar nicht poliert, allesind matt. Aber das sind eher kleine kosmetische Mängel, mit denen man bei einem Budget-Bass durchaus leben kann und letztendlich auch muss. Verbesserungspotential sehe ich aber mit Blick auf den nicht optimal gefertigten Sattel. Diese Sattelkerben sind sehr ungleich gefeilt, sodass die E- und G-Saiten in den tiefen Lagen unkomfortabler zu spielen sind als die beiden anderen beiden. Ein anderer Mangel betrifft die Schrauben, mit denen die Tonabnehmer befestigt sind. Sie sind bei den beiden Singlecoils so schief in den Korpus gedreht, dass sie sich verkanten, wenn man die Höhe der Pickups verändern will, eine Justierung ist nur sehr schwer möglich. Das sind Fehler, die die Funktionalität des Instruments beeinträchtigen und gerade Einsteigern mit wenig Erfahrung nicht zugemutet werden sollten. Hier sollte auch der günstige Preis nicht als Rechtfertigung gelten.

Praxis

Trotz der oben erwähnten kleinen Defizite beim Sattel ist die Bespielbarkeit des Schnäppchen-Jazzbasses aus dem Harley Benton Sortiment in Ordnung. Der Hals kam mit einer minimalen Krümmung, die ich korrigierte und dabei die Saitenlage sogar noch eine Spur tiefer justieren konnte – der JB75 spielt sich so eingestellt wirklich komfortabel und die Saiten schnarren dank der ordentlichen Bundierung in keiner Lage. Für schmale Hemden ist der ausgewachsene Jazzbass allerdings nicht die erste Wahl, seine mehr als 5,1 Kilosind für einen Viersaiter wirklich schwer und er zerrt schon deutlich an der Schulter. Das ist wohl der Preis, den man in dieser Preisregion für den Korpus aus echter amerikanischer Esche bezahlen muss, denn die macht es auch schwer möglich, auch noch großes Augenmerk auf Abspeckmaßnahmen zu legen. Aber viel bringt ja manchmal auch viel und vielleicht wirkt sich die Masse ja positiv auf den Klang des Instrumentes aus. Auf jeden Fall bemerkt man schon beim ersten Spielen ohne Verstärker, dass die Konstruktion sehr gesund und schwingungsstark ist, der Bass spricht schnell an und hat ein tolles Sustain über das gesamte Griffbrett.

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Auch am Verstärker macht der JB75 eine gute Figur und präsentiert sich als waschechter Jazzbass mit überraschend positiven Klangeigenschaften. Der definierte Ton setzt sich hervorragend durch und eignet sich als unaufdringlicher Begleitsound für sämtliche Spieltechniken und Musikstile. Dabei bietet unser Testobjekt natürlich auch die Jazzbass-typische Vielseitigkeit. Besonders gut gefällt mir der Harley Benton mit den hinteren Tonabnehmer im Solomodus.

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Steg-Pickup

Durch das 60er Spacing, bei dem der Stegtonabnehmer ungefähr einen Zentimeter weiter nach vorne rückt als beim typischen 70er Spacing, produziert der Bass einen angenehm knurrigen Mittensound, der trotzdem ausreichend Bässe hat und sich wärmstens für virtuose Fusionspieler empfiehlt.
Wer es eher traditioneller und rockiger mag, der setzt den Halstonabnehmer ein und wird mit Precisionbass-ähnlichen und sehr fundamentstarken Klängen belohnt.

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Neck-Pickup

Auch in dieser Disziplin schneidet der JB75 gut ab, der Sound ist schön rund und bleibt definiert und gut ortbar.
Die Wilkinson Tonabnehmer machen ihren Job wirklich gut, und wenn ich etwas zu kritisieren hätte, dann wäre es der Höhenbereich. Die oberen Frequenzen sind im Klang zwar sehr präsent, könnten aber für meinen Geschmack etwas natürlicher und offener klingen. Aber mal ehrlich, wir reden hier über Feinheiten, die man in dieser Preisklasse normalerweise völlig zu vernachlässigen hat. Und eigentlich zeigt es nur, dass ich nicht wirklich etwas zu meckern habe – der JB75 hat mich in Sachen Sound auf ganzer Linie überzeugt.
Bevor es ans Fazit geht, habe ich noch zwei weitere Hörbeispiele auf Lager.

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Beide Pickups Tonblende zu

Fazit

Harley Benton bietet mit dem JB75 SB Vintage Series vor allem für Bass-Einsteiger oder Gelegenheitsspieler und -recorder das ideale Werkzeug. Der preisgünstige Jazzbass klingt erstaunlich lebendig und überzeugt mit seiner Jazzbass-typischen Vielseitigkeit in allen möglichen Einsatzbereichen, zudem ist die Ausstattung mit Tonabnehmern und Saiten von Markenherstellern absolut bemerkenswert. Wer mit dem hohen Gewicht und kleineren Verarbeitungsmängeln leben kann, bekommt mit dem JB75 von Harley Benton sensationell viel Bass für nicht einmal 130 Euro!

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • toller Klang
  • große Klangvielfalt
  • sehr gute Ausstattung
  • sensationelles Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • sehr hohes Gewicht
  • Tonabnehmerschrauben verkanten
Artikelbild
Harley Benton JB75 SB Vintage Series Test
Für 179,00€ bei
Trotz kleiner Abzüge in der B-Note: Der Harley Benton JB75 kann voll überzeugen
Trotz kleiner Abzüge in der B-Note: Der Harley Benton JB75 kann voll überzeugen
Technische Daten
  • Hersteller: Harley Benton
  • Model: JB75 SB Vintage Series
  • Mensur: 864 mm Long Scale
  • Korpus: Amerikanische Esche, 3-Tone-Sunburst Lackierung, Tortoise Pickguard
  • Hals: geschraubt, kanadischer Ahorn, Palisandergriffbrett, Block-Inlays, Binding, 20 Jumbo-Bünde
  • Tonabnehmer: 2 Wilkinson Alnico Vintage JB -Style Singlecoil
  • Regler: Volume/Volume/Tone
  • Hardware: Vintage-Brücke, offene Classic PB-Style Mechanik, Saitenniederhalter, komplett verchromt
  • Saiten: D’Addario 045-100
  • Zubehör: Einstellschlüssel
  • Gewicht: ca 5,1 kg
  • Preis: 129,00 Euro
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Der Korpus des JB75 besteht aus amerikanischer Esche - einem bewährten Tonholz

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Lauris sagt:

#1 - 16.06.2014 um 13:50 Uhr

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With a little help from google translate i am now convinced of buying this bass as my first one! The squier basses costs almost twice as much and i could not beleive that chinese made bass could ever sound this good! Big plus is a good quality PUs and strings that come in stock. Only downside is the weight, but i can live with that ;)Excellent review! The pictures and sound samples are great and detailed, description is very well made and detailedThank you!

Profilbild von Bogumil

Bogumil sagt:

#2 - 06.12.2016 um 13:34 Uhr

0

I'm also after lecture of this test (without translator - I know german good enough) - I hope it is really honest... Unfortunately I don't earn in euro or dollars, so for me this bass is probably 4 times more expensive that for all of German bondeo readers - but it is still cheaper than squier. I really don't know what to take. Harley Benton PB-50 is also beautifull. And for me sounds great...

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