Guerilla-Gigging #3


Liebe Erstleser,

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Ihr Begünstigten, Liebevollen, Verständnisvollen oder wie wir es auch gerne nennen: “Ihr”! Was für einen herrlichen Unsinn wir mit unseren Instrumenten veranstalten, könnt Ihr jetzt lesen. 5… 4… 3… 2… 1… (oder wie es unser Precussionist Frank Groener gerne nennt: Ready-Steady-bin-ich-dran?):

Nachdem wir in den vergangenen beiden Ausgaben die Grundzüge des Guerilla-Giggings erläutert haben, geht es nun ans Eingemachte für Down-Stroke-Fetischisten. Wir wissen, dass unsere bisherigen Tipps für ein “anständiges Rockstar-Dasein” einigen Lesern geholfen haben, die Bretter, die das Geld bedeuten, rocken zu können. Hail, hail! Vertiefen wir also die Grundkenntnisse und wenden uns der oft unterschätzten Punkte “Mobilität und Catering” zu.

Redange/Luxembourg: Luxembourgs berühmtester Jazzclub “L’Inoui” ruft uns an und bietet uns ein zweitägiges Engagement an. Termine sind schnell gefunden. Los geht es durch Deutschland-Belgien-Deutschland-Luxembourg-Belgien-Luxembourg. Beschließen umgehend, einen Kartographen in unsere Band aufzunehmen. Freudige Überraschung im “L’Inoui”: 20,00 Euro eintritt, ein 250 qm großes Künstlerappartment und eine sensationelle Verpflegung. Paul und Shlomith, die Besitzer des Clubs, haben eines der edelsten Küchenteams in Europa. Voilà! Das Publikum klatscht uns auf die Bühne und zu den ersten leisen Akkorden von “Letters from tue Bayou” füllen die Töne meiner Ovation Pinnacle den Raum und lassen die Zuhörer still sein. Ooops! Jazz-Publikum! Der letzte Ton verklingt – die Dielen unter meinem Hocker knarren und wirklich erst als der Sustain meiner Gitarre erloschen ist, fängt das Publikum an zu applaudieren. Naja, geht doch. Feuern zwei Stunden lang unser Set ab, heizen noch mit Konfettikanonen (Pyro anplugged!) die Stimmung an und beschließen in einem furiosen Finale diesen Abend.

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Am darauffolgenden Tag hat sich herumgesprochen, dass eine etwas wildere Band mit ihren Akustikgitarren aus Deutschland da ist. Wieder begleitet uns Applaus auf die Bühne. Deutlich mehr Leute als am Vorabend. Rock’n’Roll liegt in der Luft. Das Publikum lässt es richtig krachen, plündert den Garten des “L’Inoui” und überreicht uns Blumen. Luxembourg, wir lieben Dich! PS: Susa, ruf mich an!

Musikmesse/Frankfurt: Die Welt gibt sich ein Stelldichein. Tolles Wetter, tolle Leute, tolle Stimmung. Auf dieser Messe ist alles Musik. Wild, laut, roh, leise. Und wir mittendrin. Haben doch tatsächlich die Erlaubnis, unsere Down-Stroke-Show zu präsentieren. Halten es mit unserem großen Idol Homer Simpson und schreien erst mal “Juhuuu!”. Ein Platz für unsere erste Show ist schnell gefunden. Wir bauen vor dem Agora-Zelt auf. Das Pflaster ist unsere Bühne. die ersten Messegäste scharen sich um uns.

Fotostrecke: 2 Bilder Showcase vor der Agora-Stage

Und die ganze Band lässt es gerade rocken, als KM42-Journalist und Grimme-Online-Preisträger Jörg Pfeiffer aus Berlin um die Ecke biegt. Obwohl wir gehört haben, dass man im Fernsehen immer fünf Kilo dicker aussieht, lassen wir uns auf einen Bericht über uns ein. Ich rücke mit Hilfe der Ovation-Doppelhals meine Proportionen etwas zurecht, während sich der Rest der Band – um allgemeine internationale Anerkennung bemüht – in Position wirft.Ein lustiges Interview. Den Beitrag findet man auf spiegel-online.de. Nehmen Herrn Pfeiffer dann gleich zum nächsten Kneipengig nach Ettlingen ins “Cavallino” mit. Das Restaurant sieht aus wie eine explodierte Ferrari-Werkstatt und der Besitzer Joe macht die beste Pizza nördlich von Kapstadt. Und wenn wir zwischen den Tourneen kein Geld haben, können wir dort mit unseren Songs immer Pizza, Salat und ein paar Flaschen Lambrusco freispielen.

(weitere Messe-Impressionen folgen auf der nächsten Seite)

Wenn Guerilla, dann aber richtig. Entern also den ersten Stand in Halle 4.0. Relativ ungläubige Blicke auf eine Band, bewaffnet mit Akustik-Gitarren und einer Cajon. Bauen schräg gegenüber vom Marshall-Stand auf, spielen unsere Show und sind danach in unzählige Diskussionen mit E-Gitarristen verwickelt. Unsere Haltung ist relativ klar: Das mit der Röhre ist schon richtig, lieber Jim. Aber: Die Röhre gehört in die Gitarre und nicht in den Amp! So machen es schließlich die Jungs von Takamine.

Guerilla Gigging at it`s best!
Guerilla Gigging at it`s best!

Die Messe ist groß und bietet viele Möglichkeiten. also geht es mobil und motiviert weiter. Ich ziehe noch schnell neue Saiten auf meine Gitarren, zähle ein und … “Sir” Hiram Bullock steht im Publikum. Zu spät für Skalenübungen, einen klar definierten Ton und wie war das noch mal mit der enharmonischen Verwechslung? Naja, wenn’s ballert, wird’s schon gut sein.
Verschnaufpausen werden mit Anstehen zur Autogrammstunde bei Michael Schenker genutzt (der hat mir nämlich tatsächlich einen Satz Saiten geschenkt als ich 15 war!). Kollegen, Helden, Götter. Wir treffen viele! Gruß an Sören Jorden!

Zurück zum Thema “Mobilität”. Die Messeleitung hat für verdiente Musiker, CEOs und Prominente einen Shuttle-Service mit der Firma Euler arrangiert. Dicke BMWs und pfeilschnelle Minis stehen für die etablierten Rock’n’Roller zur Verfügung. Was liegt näher als sich durch verrückte Hüte, Chucks und eine Ovation Doubleneck als Rockstar zu legitimieren? Gesagt, getan. Sitzen im Mini und machen die “Meola”-Gedächtnistour. bitten den Fahrer also, uns zu einem Discounter gleichlautenden Vornamens zu fahren und kaufen dort Talentwasser. Ahmed, unser Fahrer ist etwas verwirrt. Aber wer weiß schon, was in angehenden Rockstars vorgeht.

Platz zum Chillen gibts überall - auch direkt neben der Messe!
Platz zum Chillen gibts überall – auch direkt neben der Messe!

Von 4.0 bis Torhaus-Eingang spielen wir jeden Tag acht Shows. Wer uns sehen und hören will, muss einfach nur der Konfettispur folgen. Natürlich werden wir jeden Tag wegen der Doubleneck angesprochen. Aber die eigentliche Sensation ist meine Pinnacle. Nein, es ist kein Frank Heydthausen Signature Modell; die Gitarre ist mir vor zwei Jahren von einer Bühne aus zwei Metern Höhe abgerauscht und wurde von mir liebevoll mit Blattgold repariert(?), kaschiert(?) oder renoviert(?). Nja, sieht toll aus, klingt toll und ist “Rockstar proof”.

Fahren nach jedem Messetag in unsere Unterkunft nach Mannheim. Der Chef-Caterer des “Rock im Park”, Herr Guido Asch, bekocht uns im “Geiger & Salber”. Die Herren Götter des Rock’n’Roll meinen es gut mit uns. Unterwegs im Auftrag des Herrn schießen wir jeden Morgen um 6.30 Uhr zur Messe zurück. am 31.03.2007 lauern uns auf der Jungbuschbrücke Paparazzi auf. 06:49 Uhr, der Hut sitzt.

(weiter gehts auf der nächsten Seite)

ER31-Festival/Rhede: Dass wir eine etwas andere Band sind, wussten wir schon immer. Aber deswegen gleich unplugged auf einem NuMetal-Festival spielen? Klar doch! Oder was glaubt Ihr, warum Ernie Ball 13er-Sätze macht? Sind mal wieder eingeladen, auf diesem wunderschönen Festival unseren Beitrag zu leisten. Kommen schon einen Tag früher an und spielen am Freitagabend für das Team eine “Pre-Opening-Show”. Nach einem wilden Acoustic-Bullriding-Contest werden die Jams etwas verhaltener.

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Um 6.00 Uhr morgens ist Augenhöhe gleich Kniehöhe. Der Festivaltag beginnt. Da wir nichts anderes zu tun haben, als auf unseren Auftritt um 21.30 Uhr zu warten, errichten wir eine improvisierte Alterna Stage. Unglaublich, wie viel Punks mit blauen Haaren und NuMetal-Fans mit Arch Enemy-T-Shorts “Country Roads” mit Hingabe zelebrieren. Musiker aus Holland, Deutschland und England geben sich an unserer Guerilla-Bühnesprichwörtlich die Gitarre in die Hand. Was für ein Festival. Schlafen unter freiem Himmel und füttern mit unseren “Meola”-Cevapcici (Ihr erinnert Euch an den Discounter?) die Kollegen durch. Das Schlagwerk Booster-Set wird von den Metalheads sofort mit einer Doublebass-Maschine bestückt und durchgehuddelt. Ich wette: Kerry King probt zuhause auf einer Akustikgitarre.

Werne an der Lippe: An manchen Tagen prüfen die Götter des Rock’n’Roll die, die sie lieben, und geben also einer 67jährigen Frau aus Wuppertal die Eingebung, jetzt einen Mittagsschlaf zu halten. Unglücklicherweise auf der Autobahn. Unglücklicherweise auf der Überholspur. Unglücklicherweise auf Höhe unseres Equipment-Anhängers. Die gute Frau biegt also nach rechts ab, wo es leider keine Abbiegespur gibt, kommt mit ihrem roten Corsa auf den Reifen unseres Hängers und hebt ab.

Unser Gefährt kommt ins Schlingern, der Corsa steigt in die Luft, überschlägt sich zweieinhalb Mal und bleibt kreiselnd auf dem Dach liegen. Unsere Fahrerin Tanja P. (nicht die Schwester von Ollie!) bringt unser schlingerndes Gefährt auf dem Standstreifen zum Stehen. Die ganze Band rennt zu dem hinter uns liegenden Corsa und befreit die beiden Insassen aus ihrem Auto. Unglaublicherweise hat keiner der Unfallbeteiligten auch nur eine Schramme. Weird? Nein, ein Touareg hat mir auf unserer Tour durch West-Afrika gesagt, dass Musiker auf Reisen gesegnet sind.

Warum wir auf unseren Flügen nach Moskau und Krasnodar für die Ovation Doubleneck “Riffbratlinge an E-Moll-Jus und Kapodasterkeimlingen” bestellen, der Chef der Moskauer Taxi-Gewerkschaft unser bester Freund ist und was es alles mit unserem Auftritt im Hard Rock Café Köln und Moskau auf sich hat, erfahrt Ihr beim nächsten Mal

Mit musikalischen Grüßen
Frank Heydthausen
– socialplastic –

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