ESI uniK 05 Test

PRAXIS

Ausgepackt und aufgebockt das Teil! Es geht wiedermal auf meine Stative ins 1m Stereo-Dreieck. Da es keine Filter gibt, geht die erste Konfiguration recht schnell von statten: Level-Poti auf „Null“, Strom rein, XLR rein – fertig! Die Stecker sitzen angenehm fest, allerdings hätte ein zusätzliche Verriegelung an den XLR-Buchsen sicherlich nicht geschadet.  

Die Aussparung für eine XLR-Sicherung wäre zumindest vorhanden gewesen.
Die Aussparung für eine XLR-Sicherung wäre zumindest vorhanden gewesen.

Mit fällt sofort auf, dass die Box nur so laut aufgedreht werden kann, wie sie es auch verträgt. Das ist gut, denn so kann man die Quelle ordentlich laut machen und der Störspannungsabstand bleibt maximal – gesunde Selbsteinschätzung nenne ich das. Von daher ist es auch nicht schlimm, dass es keine weiteren, zumindest offensichtlichen Schutzschaltungen gibt, die im Überlastfall die Belastung der Treiber oder Endstufe begrenzt.
Bassmäßig hat man auch gut konfiguriert und auch hier die tatsächliche Boxengröße nicht aus den Augen verloren. Demzufolge ist dieser Speaker im Vergleich zu manch anderen auf den ersten Blick vielleicht etwas schwach im Bass, also trotz Bassreflexbauweise nicht zu tief abgestimmt. Dafür bleibt der wiedergegebene Bass aber präzise und natürlich, so gut es eben für ein Gehäuse dieser Größe geht. Die Speaker verfallen somit auf der Jagd nach ein paar Hz mehr nach unten nicht in ein schwammiges Bassport-Dröhnen.
Besonders bemerkenswert: Der Bassport bleibt tatsächlich frei von Turbulenzen, was bei vielen Speakern leider oftmals nicht der Fall ist, wie auch unsere Testmarathons eindrucksvoll zeigte. Selbst das Gehäuse bleibt überraschend frei von Eigenresonanzen, obwohl ich keine zusätzlichen Verstrebungen im Inneren des Gehäuses finden konnte. Auch das war im Testmarathon ein etwas größeres Problem bei vielen anderen Herstellern. Von daher: Sehr gut gemacht!

Die Neugier siegte und ich musste die Box auch mal aufschrauben. Alles wurde ordentlich und sauber verarbeitet.
Die Neugier siegte und ich musste die Box auch mal aufschrauben. Alles wurde ordentlich und sauber verarbeitet.

Am Rande der Hinweise, dass große Boxen logischerweise immer mehr Bass erzeugen als kleine, allerdings sollte man auch den zu beschallenden Raum bei seiner Planung nicht aus dem Auge verlieren. Große Boxen in zu kleinen Räumen wummern und drücken zwar gerne sehr schön, mit Hinblick auf die Reproduzierbarkeit auf anderen Audio-Systemen ist diese Art von Bassinformation allerdings absolut wertlos. Deshalb an dieser Stelle der Hinweis an alle Bedroom-Producer: Nicht übermütig werden!
Kommen wir nun zu den Mitten und Höhen: Auch hier bin ich überrascht, wie viel Auflösungsvermögen, Detailreichtum und Präzision in einer so kleinen Box stecken können, vor allem in Anbetracht des immer noch verhältnismäßig schmalen Preises.
Die Box ist also ziemlich linear abgestimmt, was mir persönlich sehr gut gefällt. Nur in den Höhen, ab ca. 5 kHz, finde ich es ein Stück zu viel des Guten. Allerdings klingen die Höhen nicht zu scharf und unangenehm, sondern nur etwas lauter, was gerade bei Hi-Hats und Shakern in Musikmaterial auffällt: Sie rutschen zu weit nach vorn. Bei TV und Videomaterial trägt das natürlich auf der anderen Seite zu einer sehr guten Sprach-Verständlichkeit bei und macht das Ohr sensibel für Störgeräusche und Rauschen, beim Mixing muss man allerdings aufpassen, nicht zu sehr zu kompensieren, damit der Mix im Endergebnis nicht zu „muffig“ und indirekt wird. Weiterhin fällt mir eine leichte Unterbetonung der unteren Mitten auf, aber die ist nicht sonderlich tragisch. Kompensieren kann man allerdings nicht, da es ja keine Filter gibt. 
Die Gruppenlaufzeit und die Tiefenstaffelung der Box ist in Ordnung, aber auch nicht sonderlich beeindruckend. Dafür spielt die Box gut in der Breite auf, der Sweetspot ist demzufolge schön groß und selbst die Phantom-Mitte sitzt bombenfest. Auch das Impulsverhalten bleibt bis zu humanen Pegeln gut und macht Spaß! 
Abgesehen von den fehlenden Angabe zu optimalen Hörabständen und Wandabständen, ist das Handbuch recht detailliert gehalten und bebildert auch die wichtigsten Aufstellungsvarianten. Ein Messdiagramm findet sich indes nicht. Erinnere ich mich an meinen Test der ESI nEar 05 Experience im Rahmen unseres Testmarathons, kommen mir direkt die dort beigelegten, äußerst fragwürdigen, glattgezogenen „Bildchen“ in den Sinn. So gesehen ist es schon besser, keine Messdiagramme als nutzlose beizulegen. Und weil wir gerade beim Meckern sind, auch mit der SPL-Angabe im Handbuch kann ich nicht so wirklich viel anfangen: „89 db +/- 3 dB @ 1 W/ 1 M 300. 400. 500. 600 Hz.“ Bitte? Ich sag es mal so: 90 dB SPL nach IEC 268-1 sind das ganz sicher nicht und die Vergleichbarkeit bleibt somit auf der Strecke. Aber auch das ist durchaus klassentypisch, wie unser Vergleich damals zeigte. 

Auszug aus dem Handbuch. Und wie groß sollte X denn nun praktisch sein?
Auszug aus dem Handbuch. Und wie groß sollte X denn nun praktisch sein?

Sinnvoller ist da schon der Hinweise im Handbuch, die Boxen niemals auf die Seite zu legen, obwohl man eine Erklärung schuldig bleibt. Ich will da aber mal nicht so sein und kläre entsprechend gerne auf: Die Hochtonspeaker bündeln in den Höhen vertikal sehr stark, was in akustisch weniger optimalen Räumen äußerst günstig ist, da so Reflexionen an Boden und Decke vermieden werden. Die horizontale Bündelung ist indes eher breit angelegt. 

Auszug aus dem Handbuch. Bitte keine lebenden Tiere in der Mikrowelle trocknen...
Auszug aus dem Handbuch. Bitte keine lebenden Tiere in der Mikrowelle trocknen…

In der Konsequenz muss man sich also vor allem bei der Positionierung in der Höhe beziehungsweise des Neigungswinkels schon etwas mehr Mühe geben, wird dafür dann auch aber mit einem entsprechend präzisen Klangeindruck belohnt. Ich kann es also deshalb nicht oft genug sagen und werde es deshalb auch wieder an dieser Stelle explizit tun: Kauft euch ordentliche Stative für eure Boxen und achtet darauf, dass ihr in der Abhörposition vertikal nicht zu sehr von der Mitte abweicht – und sei es dadurch, dass ihr die Lautsprecher neigt.
Demzufolge haben, so gesehen, auch die nicht vorhanden Filter etwas Gutes: Zuallererst können sie nicht minderwertig sein und zweitens muss man sich schon allein deshalb intensiver mit der Positionierung auseinandersetzen, was bei erfolgreicher Findung allerdings auch die besser Klangbalance bietet als krumme Filterkurven. Boxen nur deshalb irgendwo hinzustellen, weil es „optisch passt“, ist übrigens eine denkbar schlechte Idee. Da muss man schon mal ein Weile probieren und Zeit investieren. Macht das auch eurer besseren Hälfte klar, wenn ihr das Wohnzimmer klanglich aufwerten wollt. Grober Richtwert: In etwa 0,5 bis 1 Meter Abstand zur Wand hinter den Speakern und wenn möglich auch mindestens 1 m Abstand zu den Seitenwänden einhalten.

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