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Electro-Voice ND68 Test

Electro-Voice? Neues Bassdrum-Mikrofon? Also ein RE20-Update? Nein, das ND68 ist nicht der Nachfolger des berühmten RE20, es ist vielmehr der Nachfolger des weniger berühmten N/D 868.

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Dass es dieses Mikrofon gab, wissen einige Drummer und Tonleute gar nicht, assoziert man als Mikro-Fan den Namen Electro-Voice doch meistens dem gerade genannten riesigen Schallwandler. Tatsache ist, dass das neue ND68 weder grau und lang ist noch auf die bewegte Karriere des legendären Kollegen zurück blicken kann.
Eigentlich ist der Vergleich auch unfair, denn das RE20 ist gar kein spezialisiertes Bassdrum-Mikrofon, es wurde primär als Sprechermikrofon für den Rundfunk konzipiert. Außerdem ist es fast doppelt so teuer wie das ND68. Unser Testkandidat hingegen soll sich tatsächlich insbesondere in der Bassdrum und allgemein an bassbetonten Instrumenten bewähren. Schon ein Blick auf den Frequenzgang macht klar, dass Höhen oberhalb von 10000 Hertz nicht sein Metier sind, auch den Mitten rückt das ND68 begrenzend zu Leibe. Wir haben es also mit einem „geschneiderten“ Schallwandler zu tun, der den Griff zum EQ bei basshaltigen Instrumenten auf ein Minimum reduzieren soll. Der Vorgänger des ND68, das N/D868, trat mit dem gleichen Konzept an, war allerdings etwas natürlicher ausgelegt als die mächtige Konkurrenz vom Schlage eines Shure Beta 52A oder AKG D112. 

Details

Das ND68 überzeugt mit kurzer Bauform und stabiler Konstruktion

Ein modernes Mikrofon, welches die längste Zeit seines Daseins in Bassdrums fristet, sollte entsprechend gebaut sein. Dass der Griff in die mitgelieferte Kunststofftasche ein relativ kurzes und sehr robust wirkendes Gerät zutage fördert, sorgt also für einen positiven ersten Eindruck. Auch ein Halter gehört zum Lieferumfang, in der kleinen Pappschachtel finde ich zudem eine gedruckte Bedienungsanleitung sowie das für europäische Mikrofonstative nötige Reduziergewinde. Die XLR-Anschlussbuchse befindet sich am hinteren Ende des Mikrofons, was eine für die meisten Ausrichtungsvarianten problemlose Position darstellen sollte. Auch beim Gewicht zeigt sich das ND68 als praxisorientierter Zeitgenosse, obwohl es etwas größer und schwerer geworden ist als sein Vorgänger. 380 Gramm dürfen trotzdem als sehr stativfreundlich gelten, bedenkt man, dass der berühmte Bruder RE20 fast 1,5 Kilogramm wiegt. Auch der direkte Konkurrent Shure Beta 52A kann mit 600 Gramm nicht gerade als Federgewicht bezeichnet werden.

Fotostrecke: 4 Bilder Das Mikrofon für tiefe Frequenzen ist mit einer praktischen Halterklammer ausgestattet.

Ein Neodym-Magnet und eine Mylar-Membran übernehmen die Schallwandlung

Technisch handelt es sich beim ND68 um ein dynamisches Großmembran-Tauchspulenmikrofon, die Buchstaben im Namen weisen – wie schon beim Vorgänger N/D 868 – auf das leichte (und relativ teure) Neodym hin, welches Electro-Voice in den Magneten verwendet. Die Membran selbst besteht aus einem leichten Mylarfilm, welche laut EV eine besonders schnelle Transientenübertragung ermöglichen soll. Bei der Richtcharakteristik hat man sich für die Superniere entschieden. 20 Hertz bis 11 000 Hertz gibt EV als nutzbares Frequenzband an, ein Blick auf das Messdiagramm zeigt die für spezialisierte Bassdrum-Mikrofone typische Kurve, welche an einen Smiley erinnert: Es gibt Peaks bei etwa 70 und 5000 Hertz zu bestaunen, also dort, wo der Tiefbass und der Anschlags-Sound des Beaters liegen. Die Mitten werden demnach weniger betont übertragen, was einem modernen Bass- und Bassdrumsound entgegen kommen soll. Dass man sich über zerstörerische Schalldrücke beim ND68 keine Gedanken zu machen braucht, zeigen die 144 dB SPL, denen man das Mikrofon im Extremfall aussetzen kann.

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Praxis

Zwei Bassdrums und ein Floortom dienen als Schallquellen

Wie die meisten modernen Bassdrum-Mikrofone ist das ND68 ein Plug-and-Play-Teil ohne Allüren. Lob verdient der Clip, welcher das Mic am hinteren, verjüngten Teil umschließt und daher nicht dessen Gesamtbreite vergrößert. Das minimal größere Gehäuse fällt ebenfalls nicht negativ auf, zumal die Korbbreite identisch zum Vorgängermodell ist. Praktischerweise verwende ich das alte 868 selber seit Jahren, weshalb der direkte Vergleich naheliegt. Als weiteres Referenzgerät kommt ein für die Bassdrum-Abnahme optimiertes Großmembran Kondensatormikrofon zum Einsatz, das Sontronics DM 1-B. Obwohl für den Bassdrum-Einsatz vorgesehen, würde ich beide Modelle eher zu den neutaleren Vertretern ihrer Art zählen. Um den Test abzurunden, habe ich alle Soundfiles zudem mit einem Subkick eingespielt, ein zu einem Subbass-Mikro umfunktionierten Lautsprecher der Firma Solomon. Als Klangquellen dienen mir zwei unterschiedlich gebaute Bassdrums, einmal eine kleinere Buchen-Variante der Firma Wahan in 20×14 Zoll sowie eine große Acryl-Bassdrum in 24×13 Zoll, ebenfalls vom Mainzer Trommelbauer. Beide Instrumente sind nur wenig bedämpft, wobei die kleinere Holz-Bassdrum eher als Allrounder zu verstehen ist, während die große Acryl-Wumme ordentlich Luft bewegt und einen eher klassischen, mittigen Ton erzeugt. Am Standtom kamen sowohl das ND68 als auch der Vorgänger zum Einsatz, hier diente mir ein Pearl Masters Tom aus Birkenholz mit Verstärkungsreifen als Sound-Quelle. 

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Das ND68 formt den Sound weniger vor als einige Konkurrenten

Schon der Soundcheck offenbart es: Das neue ND68 ist weder ein Allrounder nach Art des RE20 oder Sennheiser MD 421, noch ein brutaler „Sound-Former“ vom Schlage eines Beta 52A oder gar Audix D6. Electro-Voice verfolgen offenbar weiter den Weg, den sie mit dem N/D 868 eingeschlagen haben: Vorformung ja, extreme Kick- und Bassanhebung nein.

Klangbeispiele mit der 20 Zoll Wahan Buche Bassdrum

Die kleinere Holz-Bassdrum ist mit einem klaren, eher tief gestimmten Powerstroke 3 Schlagfell sowie einem Renaissance Ambassador Resonanzfell mit sechs Zoll großer Ventilationsöffnung ausgestattet. In dieser Öffnung wurden auch die Mikrofone positioniert. Im Inneren der Trommel liegt ein Stück Schaumstoff, welches beide Felle leicht bedämpft. Insgesamt liefert das ND68 einen runden, aufgeräumten Ton mit schneller Ansprache. Sehr gut gefällt mir persönlich die Natürlichkeit und Dynamik, die es offen und realistisch klingen lassen. Im Vergleich mit dem 868 muss man zunächst genauer hinhören, um einen Unterschied wahrzunehmen. Dann wird aber deutlich, dass das ND68 straffer in den Bässen und etwas aufgeräumter in den Mitten und Höhen rüber kommt. Gerade bei den Übersprechungen von Snare und Hi-Hat hat das 868 etwas mehr „Dosencharakter“. Im Verbund mit den anderen Mikros wirkt die aktuelle Version etwas frischer und sauberer, wenngleich es sich hier wirklich nicht um Welten handelt. In Kombination mit dem Subbass Solomon klingt das Sontronics am natürlichsten, für welches Mikrofon man sich aus dem Trio in diesem Fall entscheidet, bleibt allerdings eine Frage der konkreten Anwendung und im Übrigen Geschmackssache. Hier habe ich euch alle Mikros jeweils solo, im Kontext mit Overheads sowie mit dem Solomon Subkick aufgenommen. 

Audio Samples
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ND68 in 20er solo ND68 in 20er Set ND68 in 20er Set mit Subkick EV ND 868 in 20er solo EV ND 868 in 20er Set EV ND 868 in 20er Set mit Subkick DM 1-B in 20er solo DM 1-B in 20er Set DM 1-B in 20er Set mit Subkick

Klangbeispiele mit der 24 Zoll Wahan Acryl-Bassdrum

An der großen Acryl-Bassdrum habe ich eine klassische Fellbestückung gewählt, mit klaren Ambassadors auf Schlag- und Resonanzfellseite. Auch diese Bassdrum ist leicht bedämpft, klingt durch die Größe und etwas höhere Stimmung allerdings offener und mittiger als die kleine Holz-Bassdrum. Es gibt außerdem ein vier Zoll großes Luftloch, die Mikrofone stehen allerdings vor dem Resonanzfell mit einem Abstand von etwa fünf Zentimetern. 

Verschiedene Mikros des Tests, hier versammelt vor der Holz-Bassdrum
Verschiedene Mikros des Tests, hier versammelt vor der Holz-Bassdrum

An der großen Bassdrum klingt das Mikrofon ebenfalls relativ natürlich

Auch hier wird sofort deutlich, dass es sich beim ND68 nicht um eine komplette Neuentwicklung oder gar eine Alternative zum alten N/D 868 handelt. Beide Mikrofone besitzen im Grunde die gleiche Sound-Charakteristik, interessant ist, dass eine mittige Störfrequenz des Resonanzfells vom neuen Modell klarer übertragen wird. Ein kürzlich getestetes Sennheiser e602 II hat diese Tuning-Unsauberkeit stark kaschiert, im Falle des heutigen Kandidaten hätte der Tonmensch zum EQ greifen müssen. Das ist natürlich nicht dem Mikrofon anzulasten, denn der natürlichere Klang ist schließlich gewollt. Er bedeutet im Umkehrschluss, dass zur Bearbeitung mehr Möglichkeiten vorhanden sind als bei einem stark mittenbegrenzten Modell wie eben dem genannten Sennheiser oder auch dem Audix D6. Das ND68 kann also als Alternative für all jene Drummer und Sound-Leute betrachtet werden, die es mögen, wenn ihnen das Mikrofon an der Bassdrum ein bisschen EQ-Arbeit abnimmt, ohne den Klang zu stark in Richtung Subbass und Attack vorzuformen.

Audio Samples
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ND68 in 24er solo ND68 in 24er Set ND68 in 24er Set mit Subkick EV ND 868 in 24er solo EV ND 868 in 24er Set EV ND 868 in 24er Set mit Subkick DM 1-B in 24er solo DM 1-B in 24er Set DM 1-B in 24er Set mit Subkick

Am Floortom betont das ND68 den Körper der Trommel

Sehr gut gefällt mir das ND68 auch am Test-Floortom, welches mit einem klaren Ambassor auf der Resonanz- und mit einem beschichteten Emperor-Fell auf der Schlagseite ausgestattet ist. Der Attack klingt weich und natürlich, der etwas straffere Charakter im Gegensatz zum 868 macht sich hier deutlicher bemerkbar als an den Bassdrums. Im Kontext entsteht ein luftiger, groß klingender Tomsound, der den Körper der Trommel betont, ohne aufgesetzt zu wirken. 

Audio Samples
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ND68 Floortom solo ND68 Floortom Groove DM 1-B Floortom solo DM 1-B Floortom Groove
Der Testkandidat und der Vorläufer am Floortom
Der Testkandidat und der Vorläufer am Floortom
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Fazit

Der Ansatz, den Electro-Voice mit dem EV ND68 verfolgt, ist klar: ein moderat „vorgeschneidertes“ Bassdrum-Mikrofon anzubieten, welches der Quelle seinen Charakter lässt, ohne den Anschlag und den Tiefbass zu prominent heraus zu stellen. Damit ist es für all jene Drummer und Sound-Leute interessant, denen der aggressive Klang mancher Konkurrenzprodukte zu viel des Guten ist, die aber trotzdem nicht auf den Komfort einer bassdrumgerechten Frequenzkorrektur verzichten möchten. Dass der Testkandidat auch ganz hervorragende Ergebnisse am Floortom liefert, ist ebenso ein Pluspunkt wie die gute Handhabbarkeit und die robuste Verarbeitung. Weniger geeignet dürfte das ND68 für diejenigen unter euch sein, die möglichst „schraubfrei“ einen fertigen Metalsound von ihrem Bassdrum-Mikrofon erwarten. Allen anderen sei ein persönlicher Test wärmstens empfohlen.

Pro
  • ausgewogener, nicht zu stark vorgeformter Sound
  • kompakte Bauweise mit praxistauglicher Halterung
  • robuste Verarbeitung
  • Contra
Electro_VOice_EV_ND68_Bass_Drum_Mikro_17
Features und Spezifikationen
  • Hersteller: Electro-Voice
  • Bezeichnung: ND68
  • Wandlerprinzip: dynamisches Tauchspulenmikrofon
  • Richtcharakteristik: Superniere
  • Impedanz: 150 Ohm
  • Frequenzgang: 20-11000 Hz
  • Finish: mattschwarz lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: 14,3 x 6,0 Zentimeter
  • Gewicht: 380 Gramm
  • Zubehör: Tasche, Anleitung
  • Herkunftsland: USA
  • Preis: € 236,81 (UVP
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • ausgewogener, nicht zu stark vorgeformter Sound
  • kompakte Bauweise mit praxistauglicher Halterung
  • robuste Verarbeitung
Contra
  • keins
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