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Electro-Voice ND44 Test

Wer Mikrofone zur Abnahme eines Schlagzeugs sucht, stößt mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann auf den Namen Electro-Voice.

Electro_Voice_EV_ND44_4 Bild

Der Grund dafür ist nicht nur die Tatsache, dass man mit dem Bassdrum-erprobten RE20 einen seit Jahrzehnten gebauten Klassiker erster Güte im Programm hat, auch die aktuelle Produktpalette bietet einige interessante Modelle zur Aufnahme perkussiver Instrumente, zum Beispiel innerhalb der neuen ND Serie, welche EV kürzlich als Nachfolger der N/Dym Modelle vorgestellt hat.
Beim Testkandidaten ND44 handelt es sich um eines von insgesamt drei dynamischen Tauchspulen-Mikrofonen, die EV speziell für die Live- und Studioanwendung am Drumset konstruiert hat. ND steht übrigens für Neodym, das leichte Material, das in Magneten der dynamischen Varianten der Reihe verwendet wird. Das soll allerdings nicht das einzige Alleinstellungsmerkmal der Modellreihe sein, daher hat man sich bei Electro-Voice verstärkt Gedanken um optimale Praxistauglichkeit gemacht. Herausgekommen sind verschiedene konstruktive Details, die dem Anwender im oft hektischen Recording-Betrieb die Arbeit erleichtern sollen. Wie gut diese funktionieren und wie das ND44 im Vergleich mit seinem Vorgänger, dem N/Dym 468, klingt, lest ihr in den folgenden Zeilen. 

Details

Ein Gelenk im Mikrofon soll die Positionierung des ND44 erleichtern

Zum Lieferumfang des ND44 gehören eine kleine Nylon-Transporttasche, eine Bedienungsanleitung sowie eine Spannreifenklemme aus Kunststoff. Ich gebe zu, dass ich mir das Mikrofon selbst sogar noch kompakter vorgestellt habe, so richtig klein ist es auf den ersten Blick nicht. Da fällt mir wieder ein, dass im Datenblatt von einer „large diaphragm“ die Rede war. Wie soll so eine schon in ein Miniaturgehäuse passen? Die weitere Inspektion fördert allerdings ein Detail zutage, was meinen ersten Eindruck etwas relativiert: ein Gelenk im Mikrofonkörper. Dieses soll nicht nur die Ausrichtung der Kapsel auf das Fell erleichtern, geknickt verkürzt es auch die Gesamtlänge des Testkandidaten. Dazu kommt, dass das Teil insgesamt sehr platzsparend konstruiert ist, denn nur der Kopf des ND44 ist vergrößert, dahinter verjüngt es sich zum schlanken Tubus mit den Dimensionen eines Pencil-Mikrofons. Hinter dem Gelenk lässt sich die mitgelieferte DRC-2 Spannreifenhalterung befestigen. Diese besteht aus Kunststoff und ist ebenfalls mit einem Gelenk versehen. Der obere Teil besteht aus einer normalen Kunststoffführung, welche das Mikrofon halb umschliesst, der untere hingegen erinnert an eine Vogelkralle mit angesetztem Ring auf der Unterseite. Der obere Teile der Kralle besitzt vier Führungen, von denen man eine an der oberen Kante des Spannreifens aufsetzt. Anschließend zieht man mithilfe des Ringes die Kunststoffkonstruktion so weit auseinander, bis der untere Teil der Kralle das untere Ende des Spannreifens erreicht und dort „einrastet“. Damit soll das Mic sicher an der Trommel sitzen. 

Der Clou: Der Kopf des EV ND44 kann geneigt werden!
Der Clou: Der Kopf des EV ND44 kann geneigt werden!

Das ND44 besitzt eine enge Nieren-Charakterisik

„Aggressive and punctuated“, also aggressiv und akzentuiert soll das ND44 laut Electro-Voice klingen. Die Richtcharakteristik ist recht eng ausgelegt, das Datenblatt zeigt eine schmale Niere. Für Snaredrums und Toms ist das eine gute Wahl, denn das Mikrofon „hört“ so verstärkt, was direkt vor ihm passiert und ist weniger anfällig für Einstreuungen von der Seite. Die Schallwandlung teilen sich eine große Membran aus Mylar sowie ein Neodym-Magnet. Beim Frequenzgang gibt EV 80 Hz als untere und 16,5 kHz als obere Grenzfrequenz an, womit sich der Einsatz als (alleiniges) Bassdrum-Mikrofon nicht unbedingt aufdrängt. Hier wird eben die Spezialisierung auf Toms und Snaredrums deutlich, zumal man für niederfrequente Aufgaben das ND68 (LINK) im Angebot hat. Das Frequenzdiagramm beschreibt eine sanft ansteigende Kurve, die bei etwa 4 kHz ihren Peak erreicht, anschließend leicht abfällt, um bei etwa 10 kHz eine erneute Anhebung zu erfahren. Mit 2,4 mV/Pa ist das ND44 – für ein dynamisches Mikrofon – genügsam, was die Gain-Reserven des Preamps angeht. 140 dB SPL Grenzschalldruckpegel sollten es unbeeindruckt selbst von kräftigsten Schlägen auf die Felle lassen. 

Fotostrecke: 3 Bilder Das Mikrofon hat eine untere Grenzfrequenz von 80 Hz – das schließt den Einsatz als (einziges) BD-Mike quasi aus.
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Praxis

Gelenke und Halterung erlauben ausreichende Flexibilität

Im Einsatz überzeugt die DRC-2 Halterung des Electro-Voice ND44 mit festem Halt, die beiden Gelenke an Mikrofon und Kunststoffklaue erlauben eine gute Bandbreite möglicher Kapselpositionen zum Fell. Dass besonders große Abstände des Testkandidaten zur Schlagfläche nicht möglich sind, liegt in der Natur der Sache, wer hier experimentieren möchte, sollte zu einem Stativ greifen. Etwas irritiert hat mich zunächst der relativ hohe Kraftaufwand, mit dem welchem man die Klaue mit dem Kunststoffrings auseinander ziehen muss, um sie am Spannreifen zu befestigen. Dafür packt sie allerdings auch zuverlässig zu und man muss nicht befürchten, dass Korrekturen an der Kapselposition zum Abfallen der Konstruktion führen. 

Fotostrecke: 3 Bilder Die Klemme verrichtet sehr gut ihren Dienst und erlaubt flexible Einrichtung.

Klanglich gibt sich das ND44 angriffslustig

Eine Snare, ein Racktom sowie ein Floortom mussten sich als Schallquelle für den Soundcheck zur Verfügung stellen. Um den Klang des ND44 im Kontext beurteilen zu können, habe ich an den Toms das Vorgängermodell N/Dym 468 als Referenz verwendet, an der Snare zusätzlich noch das – für die Anwendung sehr beliebte – Beyerdynamic M201TG. Beide Vergleichsmikrofone decken einen weiteren Frequenzbereich ab und besitzen gleichzeitig etwas linearere Frequenzgänge als das ND44. Daher verwundert es nicht, dass sie von den Herstellern auch für einen größeren Einsatzbereich empfohlen werden. In allen drei Disziplinen liefert das neue ND44 einen Höhen-betonteren Sound als die anderen Modelle. Die Transienten sind zwar nicht schneller, die Betonung bei 5000 Hertz stellt allerdings die Anschläge deutlicher heraus.

An der Snare liefert das ND44 mehr Präsenz als die Vergleichs-Mics

An meiner Noble & Cooley Solid Cherry Snaredrum in 14×5 Zoll mit mittelhoch und offen gestimmtem Remo CS Schlagfell und Ambassador Hazy Resonanzfell klingt das ND44 frisch und präsent. Im Vergleich zum – vom Gesamtklang ähnlichen – N/D 468 fällt die deutliche Einstreuung der Hi-Hat und der gleichzeitig schärfere Attack auf. Hier zeigt sich der Peak bei 10000 beziehungsweise 4000 Hertz, der dem Signal zudem einen leicht unnatürlichen Charakter verleiht. Das M201 zeigt, wie man den Spagat zwischen Natürlichkeit und Präsenz besser hinbekommt, zumal es auch den „Bauch“ der Trommel deutlicher herüberbringt. Dass derartige Unterschiede am Ende weniger Relevanz besitzen als bei der Beurteilung der Einzel-Soundfiles, zeigen die Beispiele im ganzen Set. Hier würde ich mit allen Mikrofonen gute Ergebnisse hinbekommen, das ND44 tendiert einfach etwas mehr zu Fokus und Präsenz. Wer es runder und ausgewogener mag, sollte zu einem anderen Modell greifen. Hier hört ihr alle drei Mikrofone jeweils solo und im Zusammenhang mit den Overheads, dem Bassdrum- sowie einem Front of Kit-Mic. 

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EV ND44 Snare solo EV ND44 Snare im Kit EV ND468 Snare solo EV ND468 Snare im Kit Beyerdynamic M201 Snare solo Beyerdynamic M201 Snare im Kit

Auch an den Toms dominiert der Attack den Körper der Trommeln

Was an der Snare zu hören war, findet sich ebenso bei den Toms wieder. Ich habe für den Test zwei Pearl Masters Studio MBX Toms aus Birkenholz verwendet, beide mit klaren Ambassador-Fellen auf der Resonanzseite ausgestattet. Das 12×10 Racktom besitzt oben ein mittelhoch gestimmtes, beschichtetes Ambassador-Fell, das 14×11 Floortom ein eher tief gestimmtes, ebenfalls beschichtetes, Emperor. Im Hörtest wird klar: Das ND44 hebt auch hier wieder den Anschlagston der Trommeln hervor, der mittige „Bauch“ und die Bässe werden dem untergeordnet. Die Höhenbetonung sorgt außerdem dafür, dass übersprechende Becken und Hi-Hats deutlicher abgebildet werden als beim N/D 468. Das Konzept einer engen Niere wird dadurch also von den Präsenzen im Frequenzgang etwas konterkariert. Mir persönlich gefällt das alte N/D 468 in diesem Szenario besser, es wirkt auch im Kontext mit den anderen Mikros plastischer und verhilft den Toms auch ohne den „Trick“ der Frequenzanhebungen zu einem großen und durchsetzungsstarken Sound. Aber auch hier gilt natürlich: Wer bei schnellen Schlagfolgen oder dichten, aggressiven Arrangements die maximale Präsenz braucht, ist mit dem ND44 sicherlich gut beraten. Auch live dürfte diese Eigenschaft schnell zu brauchbaren Ergebnissen führen. Hier könnt ihr euch anhören, wie beide Mikrofone an den Toms alleine und im Set klingen.

Audio Samples
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EV ND44 Tom solo EV ND44 Tom im Kit EV ND468 Tom solo EV ND468 Tom im Kit EV ND44 Floor-Tom solo EV ND44 Floor-Tom im Kit EV ND468 Floor-Tom solo EV ND468 Floor-Tom im Kit
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Fazit

In der überarbeiteten ND-Reihe nimmt das Electro-Voice ND44 eine logische Position ein. Anders als sein Vorgänger, das N/D 468, möchte es weniger ein ausgewogener Allrounder als vielmehr ein spezialisiertes Tom- und Snare-Mikrofon für moderne Soundvorstellungen sein. Mit seiner Betonung der Attacks ist es für viele Anwendungen fast schon „mix-ready“, erkauft wird diese Eigenschaft allerdings mit Abstrichen bei der Natürlichkeit sowie mit einer recht deutlichen Darstellung der Übersprechungen von Becken und Hi-Hats. Fans eines ausgewogenen, eher natürlichen Snare- und Tomsounds sollten sich woanders umsehen, wer hingegen ein durchsetzungsstarkes, Transienten-betonendes Mikrofon sucht, welches zudem über die praktische Befestigungsmöglichkeit verfügt, die die mitgelieferte DRC-2 Halterung bietet, sollte sich das ND44 auf jeden Fall mal genauer anhören. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • attackreicher, durchsetzungsstarker Sound
  • kompakte Bauweise mit praxistauglicher Halterung
  • robuste Verarbeitung
Contra
  • die Präsenzanhebung betont Übersprechungen von Hi-Hats und Becken
  • etwas zu schlanker Bass- und Tiefmittenbereich an den Toms
Artikelbild
Electro-Voice ND44 Test
Für 149,00€ bei
Electro_Voice_EV_ND44_3 Bild
Features und Spezifikationen
  • Wandlerprinzip: dynamisches Tauchspulenmikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Impedanz: 350 Ohm
  • Frequenzgang: 80-16500 Hz
  • Finish: mattschwarz lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: 13,9 x 2,1 Zentimeter
  • Gewicht: 195 Gramm
  • Zubehör: Tasche, Anleitung, DRC-2 Klemme für Spannreifen
  • Herkunftsland: USA
  • Preis: 149,– (UVP)
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Das Mikrofon hat eine untere Grenzfrequenz von 80 Hz – das schließt den Einsatz als (einziges) BD-Mike quasi aus.

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