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t.bone SCT-800 Röhren-Großmembran-Mikrofon Test

Es sind die alten Geschichten über die finanziell harten Zeiten des Musikmachens in schimmeligen Proberäumen mit zu wenig, zu schlechtem und zu teurem Equipment, die, so haarsträubend sie auch sein mögen, von Kollegen an einem geselligen Abend mit Leichtigkeit reihum getoppt werden. Und genau diese Erinnerung an bescheidene Anfänge lässt mich des Öfteren die geläufige Weisheit unserer Großeltern ins Gegenteil drehen und behaupten, dass früher alles schlechter war. Aber so pauschal lässt sich ein Klischee natürlich nicht durch ein anderes ersetzen, denn wieso sollten sonst manche Vintage-Geräte und -Instrumente heute zu astronomischen Preisen gehandelt werden.

Tatsache allerdings ist, dass High-End-Geräte schon immer einen hohen Wiederverkaufswert hatten und sich in den oberen Qualitäts- und Preisregionen recht wenig verändert hat. Im Gegensatz dazu sind die Auswirkungen der Globalisierung im unteren und mittleren Preissegment nicht zu übersehen. Hier machte die Qualität in den letzten Jahren einen deutlichen Sprung nach oben, während sich der Preis stetig nach unten bewegte.

 Aber irgendwo muss die Grenze des Machbaren, des Sinnvollen und des Vertretbaren doch erreicht sein. Liegt ein Großmembran-Röhrenmikrofon für weniger als zweihundert Euro über oder unter dieser Linie? Unser Testkandidat, der in der Thomann-Eigenmarke The t.bone zu Hause ist, gehört genau in diese Kategorie. In diesem bonedo-Test gilt es herauszufinden, ob und welche Abstriche man bei einem Mikrofon wie dem SCT-800 gegenüber teureren Geräten in Kauf nehmen muss, oder ob vielleicht sogar der “Schnapp” des Lebens winkt.

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Details

Noch einmal zum Mitschreiben: Das t.bone SCT-800 ist ein Großmembran-Röhren-Kondensatormikrofon, das für ganze 198 Euro den Besitzer wechselt. Kein Bausatz, kein erster Monatsbeitrag für ein zweijähriges Mikrofon-Abonnement und auch kein Nettopreis, auf den noch Mehrwertsteuer, Zoll, Versand und Trink- und Schutzgeld addiert werden müssten. 198 Euro überweisen und ein paar Tage später einen dicken Koffer erhalten, in dem sich ein Speisenetzteil, eine Metallspinne, Kabel und natürlich das Mikrofon selbst befinden. Und das zeigt sich nicht sonderlich dezent, sondern erweist sich als Eye-Catcher. Der Mikrofonkorb ist samt Bügel in auffallendem Goldton gehalten, der Korpus soll mit leuchtendem Blau einen Kontrast erzeugen und eine edle Gesamterscheinung bewirken.

Wird ein Druckgradientenempfänger mit einem “Laufzeitglied” (einem kleinen Umweg für rückwärtig auf die Membran treffenden Schall) ausgestattet, verändert sich die Charakteristik von der eigentlichen Acht zur Nierenform. Die “normale” Niere ist die am häufigsten eingesetzte Richtcharakteristik, so auch beim SCT-800. Die ein Zoll durchmessende Membran ist goldbedampft und mit Mittenkontakt ausgestattet. Im Inneren des Tubus werkelt eine 12AT7-Röhre. Dieser auch als ECC81 bekannte Glaskolben ist eine Doppeltriode, die auch in Gitarrenverstärkern zahlreich Verwendung findet und demnach recht preiswert verfügbar ist. Wie bei Röhrenmikrofonen üblich, gibt auch unser Testkandidat sein Signal nicht direkt über den dreipoligen XLR Anschluss aus, sondern muss per 7-pol-XLR mit einem externen Speisenetzteil verbunden werden. Das Spezialkabel hat eine Länge von fünf Metern, an seinem Ziel lässt sich außer “On/Off” nichts einstellen, weder umschaltbare Charakteristiken noch Pad oder Hochpassfilter.

Mit einer Empfindlichkeit von 32 mV/Pa ist der mehr als 20 Zentimeter hohe Knochen gut aufgestellt. Das A-bewertete Eigenrauschen liegt mit 20 dB in einem, für ein Röhrenmikrofon, üblichen Rahmen. Bei 120 dB SPL wird bei 1 kHz ein Zerranteil von 0,5% erreicht. Den Übertragungsbereich gibt man mit den in HiFi-Kreisen gerne genannten 20 Hz – 20 kHz an. Eine übliche Referenz, die landläufig der Frequenzspanne des menschlichen Gehörs zugeordnet wird und eine tolle Bandbreite und somit Audioqualität suggeriert. Wie bei vielen HiFi-Geräten fehlt auch beim SCT-800 der Hinweis darauf, mit welchem Pegel die tiefen und hohen Extremwerte im Vergleich zu den Mitten noch übermittelt werden. Häufig ist dies so gering und die Unterschiede im Bereich zwischen ihnen derart hoch, dass die Aussage 20 Hz – 20 kHz schlicht und einfach nutzlos ist. Sinnvoll wäre die Angabe des Toleranzbereiches (z.B. “+/- 3 dB”) oder gar ein Frequenzdiagramm, aber selbst dieses liefert noch keine verlässliche Aussage über den Klang. Eines meiner Lieblingsmikrofone stammt aus alter DDR-Produktion und hat ein Messdiagramm, das aussieht, als hätte ein Kleinkind seine ersten Malversuche vom Weihnachtskalender für die Omi in ein Koordinatensystem verlegt. Es klingt aber hervorragend!

Eine Röhre im Signalweg verspricht immer auch ein Plus an Wärme. Im Wesentlichen liegt dies daran, dass Röhren in der Lage sind, besonders bei höheren Pegeln bestimmte Verzerrungen zu generieren, die auf unser Gehör angenehm wirken. Dieses “angenehm” assoziieren wir mit der Sinnesempfindung eines anderen Sensoriksystems des Körpers – denn ein Audiosignal hat schließlich keine „Temperatur”, die erhöht werden könnte. Teure Röhrenmikrofone veredeln das Kapselsignal auf komplexe Art und Weise. Es gilt also im Praxisteil nicht zuletzt darum, herauszufinden, wie “röhrig” das Röhrenmikrofon nun wirklich röhrt.

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Praxis

Das Erscheinungsbild des SCT-800 mag manchen gefallen, mir persönlich erscheint es etwas übertrieben. Aber gut, das ist Ansichtssache. Keine Ansichtssache ist allerdings die Qualität der Goldlackierung. Das eigentlich glänzende Metall ist an manchen Stellen matt, blind und streifig. Dadurch wirkt es aus der Nähe betrachtet überhaupt nicht mehr edel. Auffällig ist dies von der Haupt-Aufsprechrichtung (also “vorne”) im Bereich des Nierensymbols sowie auf gleicher Position am Stirnband. Natürlich und glücklicherweise hat dies keinen Einfluss auf das Klangverhalten, und so gilt: Besser bei Optik und Verarbeitung Abstriche machen, als bei der Audioqualität, oder? Ansonsten gibt es keine Mankos, denn der Gitterkorb, der blaue Metalltubus, die Spinne und das Speisenetzteil sind allesamt ordentlich verarbeitet.

Das nicht gerade leichte Mikrofon lässt sich in der Spinne gut fixieren, die Gewinde sind allesamt sauber geschnitten, und die Seilspannung der elastischen Halterung ist hoch genug, um das Mikrofon auch über Kopf aufhängen zu können. Der Goldkopf hat nun die Aufgabe, seine gewandelten Luftbewegungen über Preamps und DAW bis in meine Ohren zu pumpen. Als Signal-Quellen stelle ich bonedo-Autor und Gitarrist Bassel El Hallak und Sängerin Lana Quish davor und lasse den Klang auf mich wirken. Die Stahlsaitengitarre klingt durch das Mikro tatsächlich etwas “warm”, allerdings liegt dies weniger am angenehmen Röhrenklang denn an einer doch recht auffälligen Höhenarmut. Das SCT-800 wirkt wenig brillant, was jedoch nicht mit den “seidigen Höhen” teurer (Vintage-) Mikrofone verwechselt werden sollte. Nicht, dass in einer Mischung diese Frequenzbalance nicht auch sinnvoll sein könnte, aber mit dem EQ kann man ein Zuviel immer noch begrenzen. Etwas, was nicht da ist, lässt sich auch mit Exciter & Co nur unbefriedigend herzaubern. Der Vergleich zum Signal eines Vintagemikrofons (keine Röhre) auf gleicher Position könnte es besser nicht zeigen. Dabei zählt das alte Kondensatormikrofon beileibe nicht zu den Königen der Höhen. Wie so oft macht sich die Nylongitarre vor einem eher mittigen Mikrofon wie dem SCT-800 recht gut: Es bedarf bei den beiden Signalen nur noch leichter Änderungen mit dem EQ, wenn überhaupt: Hochpassfilter, Raum drauf, Limiting und fertig. Es zeigt sich wieder einmal, dass die Mikrofonauswahl wesentlich für den entstehenden Sound ist. Dies kann ein SCT-800 im Fundus natürlich rechtfertigen, die generelle klangliche Leistung alleine täte sich damit schwer.

Audio Samples
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Steelstring Steelstring Referenz Nylon Basis Nylon Solo Nylon Mix

Was bei den Saiteninstrumenten noch nicht sonderlich auffällig ist, kommt bei der Stimme besonders ans Tageslicht. Mit einem höherwertigeren Mikrofon hätte ich in die Bearbeitungskette der Nylongitarre eventuell noch den Kompressor mit aufgenommen. Die Dynamik unseres Kandidaten ist etwas gedrungen, was dem Sound ein wenig an Spritzigkeit raubt. Nicht, dass diese Kompressionsartefakte per se schlecht wären, allerdings schränkt ein impulsarmes und die Dynamik komprimierendes Mikrofon die Breite des Einsatzbereiches deutlich ein. Im für Sprache und Gesang so wichtigen mittleren Frequenzbereich ist das SCT-800 allerdings erstaunlich ausgewogen. Es dröhnt nichts, es gibt keine auffälligen Löcher: Klasse! Im Nahbereich setzt sanft ein angenehmer Nahbesprechungseffekt ein, ohne das Signal übertrieben zuzubassen. Lediglich auf Luftstöße durch Popp-Laute muss geachtet werden, denn selbst mit Poppfilter sollte die Mikrofondisziplin des Vokalisten so ausgeprägt sein, dass er oder sie derartige Stoßwellen seitlich an der Membran vorbeischickt.

Audio Samples
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Vocals 30 cm Vocals 10 cm Vocals 10 cm Referenz Vocals Röhrenpreamp Song

Die oftmals als “Zuviel des Guten” abgetane Kombination von Röhrenmikrofon und Röhren-Vorverstärker macht sich beim Testkandidaten ganz gut. Dies ist möglicherweise auch der Tatsache geschuldet, dass sich von der Röhre klanglich nicht sonderlich viele Charaktereigenschaften auf das Audiosignal übertragen. Wie so oft wird wahrscheinlich die Röhre nicht mit dem Pegel angefahren, der ihre Attribute auch richtig nutzt. Eventuell hätte sogar der Verzicht auf Röhrentechnik dem Mikrofon recht gut getan – bis auf das Marketing-Schlagwort “Röhre”. Mein Redaktionskollege Guido Metzen hat es in unserem Testmarathon einst vortrefflich formuliert: Gerade im unteren Preissegment sollte man auf alle Besonderheiten, allen voran Röhrenschaltung und Doppelmembrantechnik, lieber verzichten. Mir persönlich ist auch noch kein wirklich hervorragendes Röhrenmikrofon unter 1000 Euro unter die Schrauberhände gekommen, “passable” hingegen einige. Ab 500 Euro wird es “vernünftig”. Allerdings erkauft man sich den Zusatz “Röhre” oftmals mit einigen klanglichen Nachteile. Glücklicherweise hält sich beim SCT-800 vor allem das sonst oft kritische Rauschen in einem wirklich angenehmen Bereich.

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Wer auf der Suche nach einem preiswerten Mikrofon ist, der sollte sich grundsätzlich die Frage stellen, ob es wirklich Röhre sein muss. Der Aufwand für eine Röhrenschaltung samt externem Netzteil ist doch recht hoch, wodurch sich für hochwertige Röhrenmics eben auch ein entsprechender Preis ergibt. Wenn man selber nur ein eingeschränktes Budget zur Verfügung hat, sollte man beim Mikrofon vielleicht eher auf Features wie Röhrenschaltung oder verschiedene Richtcharakteristika verzichten und das restliche Geld in zusätzliches Equipment (wie gute Kabel und einen Preamp) investieren. Wer wirklich für ganz wenig Geld ein Röhrenmikrofon sein eigen nennen möchte, den wird das t.bone SCT-800 nicht unbedingt enttäuschen. Klanglich liefert es Mittelmaß. Und da das preisliche Mittelmaß für ein Röhrenmikro bei etwa sechshundert Euro liegt, ist das Preis-Leistungsverhältnis sogar als sehr gut zu bezeichnen. Wer eine preiswerte Alternative zu einem vielleicht manchmal etwas spitzen und schnellen Kondenser sucht, der kann die Anschaffung des SCT-800 in Erwägung ziehen. Vor allem im für Sprachaufnahmen wichtigen mittleren Frequenzbereich zeigt es sich fehlerlos und sehr ausgewogen und liefert einen klasse Job. Wer allerdings plant, sich sein erstes und einziges Mikrofon zur Aufzeichnung vor allem von Gesang anzuschaffen, der sollte eher auf Modelle ohne Röhrentechnik zurückgreifen – oder ein Vielfaches an Budget bereitstellen.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Preis-Leistungsverhältnis (Ladenpreis)
  • Rauscharmut
  • ausgewogene Mitten
Contra
  • belegte Höhen, impulsarm
  • Qualität der Goldbeschichtung
Artikelbild
t.bone SCT-800 Röhren-Großmembran-Mikrofon Test
Für 199,00€ bei
TECHNISCHE DATEN
  • Großmembran-Röhren-Kondensatormikrofon
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger (mit Laufzeitglied)
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator (nicht vorpolarisiert)
  • Betriebsspannung: durch das Speisenetzteil
  • Frequenzgang: ca. 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 32 mV/Pa
  • THD+N: 20 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 120 dB(SPL) bei 0,5% THD
  • Ausgang: 7-pol XLR am Mikrofon, 3-pol XLR am Speisenetzteil
  • Preis: 398,- Euro UVP, 198,- Euro Ladenpreis
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Kommentieren
Profilbild von Leonard

Leonard sagt:

#1 - 20.11.2013 um 22:49 Uhr

0

Welches Mikro habt ihr als Steel Referenz verwendet?

Profilbild von Nick (bonedo)

Nick (bonedo) sagt:

#2 - 21.11.2013 um 00:53 Uhr

0

Hallo Leonard, das war das Røde K2. Gruß, Nick

Profilbild von Zoo

Zoo sagt:

#3 - 15.07.2014 um 07:36 Uhr

0

Welches Mikro habt ihr als Vocal Referenz verwendet?

Profilbild von BonedoMalte

BonedoMalte sagt:

#4 - 15.07.2014 um 12:04 Uhr

0

Hallo Zoo,danke für dein Interesse!Ich würde dich der Einfachheit halber auf den vorangegangenen Post unseres Autors Nick verweisen.Vielen Dank für deinen Input!
Malte

Profilbild von js

js sagt:

#5 - 14.08.2021 um 19:17 Uhr

0

Hatte das Mikrofon. War klanglich extrem geil bei den ersten vielleicht 5 bis 20 Aufnahmen. Wurde dann relativ schnell dumpfer. Hatte aber nicht den Eindruck, dass sich dieser Zustand dann über die Jahre sonderlich verschlechtert hat. Alles rein subjektiv! Dieses "Saugeil-Gefühl" von den ersten Aufnahmen war aber weg. Ich denke das kann man schon dem verhältnismäßig niedrigen Preis zuschreiben... bzw. dem, was den geringen Preis möglich macht ;-)

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