Sennheiser e 914 Test

Das Sennheiser e 914 im bonedo-Test – Das Sennheiser e 914 gehört zur Evolution-Serie des traditionsreichen Unternehmens. Diese Serie feiert mit zahlreichen Mikrofonen grandiose Erfolge, denn die Mikrofone gelten als zuverlässig, gutklingend, langlebig, angenehm im Preis und werden – keine Selbstverständlichkeit unterhalb des Luxussektors – in der Nähe von Hannover in Deutschland gefertigt.

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Natürlich sitzt bei Sennheiser keine Armada an Ingenieuren in weißen Kitteln an Werkbänken aus Eichenholz, die jedes Mikrofon in Handarbeit zusammensetzt: Im niedersächsischen Wedemark werden in einer hochspezialisierten Produktionsstraße vollautomatisiert Schwingspulen gewickelt, auf Membrane geklebt und alle weiteren Schritte erledigt, die zur Herstellung eines Mikrofons notwendig sind. Auch unsere beiden Kleinmembran-Kondensatormikrofone erlebten ihre Geburt in einer derartigen Maschine. Wir haben ein Stereopärchen e 914 zum großen bonedo-Testmarathon gebeten. Sowohl Kleinmembran-Kondensatormikrofonen als auch Hannoveranern sagt man ja gerne unprätentiöse und bescheidene Charaktereigenschaften nach. Gehören auch die Kleinmembraner aus dem Umland von Hannover zu dieser Spezies?

Details

Nierenkapsel in Elektrettechnik

Die Kondensatorkapsel in den Sennheiser e 914 bezieht ihre Polarisationsspannung nicht aus der Phantomspeisung, sondern aus der Elektret-Backplate, die permanent das Kondensatorprinzip aufrecht hält. Dennoch wird die 48-Volt-Speisespannung eines Mikrofonvorverstärkers benötigt, um den Stäbchen Leben einzuhauchen, da der Impedanzwandler, der für die 100 Ohm am Ausgang sorgt, aktiv betrieben wird. Die doppelten Schallschlitze an der Flanke des Mikrofons lassen vermuten, dass es sich um eine stärker richtende Charakteristik handelt als die Niere, doch dem ist nicht so: Das Polardiagramm zeigt ein recht lang frequenzstabiles Cardioid-Pattern und nicht etwa Super- oder Hyperniere.

Pad, Roll- und Cut-Off

Zwei Drehschalter, die dank Schlitz zum Beispiel bequem mit dem Leatherman-Schraubendreher bedient werden können (mit etwas Geschick auch per Finger), aktivieren jeweils zweistufig die Vordämpfung und die Filter. Das Pad kann mit 10 oder 20 dB Dämpfung dafür sorgen, dass der 0,5%-Grenzschalldruckpegel des nur 7 mV/Pa sensiblen Mikrofons von 137 auf bis zu 157 dB SPL steigt – in diesem Fall sinkt die Empfindlichkeit auf Tauchspulenmikrofon-Niveau: 0,7 mV sind es dann.

Fotostrecke: 3 Bilder Die e 914 haben Nierencharakteristik

Viel Bass, wenig Air – zumindest auf dem Papier

Ohne Beeinflussung durch eine der beiden HPF-Schaltungen liegt die Dämpfung des Frequenzgangs selbst bei 40 Hz noch bei etwa 0 dB, bassarm ist das Sennheiser-Mikrofon also beileibe nicht. Mit einer äußerst sanften Schulter, die ab etwa 3 kHz auffällig wird, endet die bis dahin herrschende Linearität des Frequenzgangs, um bei 6 kHz Mittenfrequenz in einer leichten Überhöhung zu münden. Nach einem leichten Einbruch zwischen 5 und 10 kHz folgt bei etwa 12 kHz ein deutlicher Boost, dessen Flanke zu 20 kHz abfällt und dort mindestens 6 dB Verlust gegenüber dem Pegel bei 1 kHz hat. Sennheiser gibt den Störschall gehörangepasst mit 19 dB an.

Praxis

Unter den Sennheiser-Mikrofonen gibt es – entsprechend dem Vorurteil aus dem Intro – tatsächlich einige, die recht verhalten vorgehen und den zu wandelnden Signalen keinen dicken Charakterstempel aufdrücken. Ausnahmen wie das dynamische MD 421 bestätigen diese Regel. Das e 914 gehört definitiv der erstgenannten Gruppe an, denn der erste Höreindruck zeigt, dass man es hier mit einem sehr ausgewogenen Werkzeug zu tun hat. Die Akustikgitarre klingt unaufgeregt und authentisch, wird gleichzeitig sehr fein gezeichnet. Besonders die Konzentration auf Geräusche durch das Gleiten der Finger auf den Saiten oder auf die Obertonstruktur nach dem Anschlagen verdeutlicht dies sehr gut. Mit “gut” habe ich gerade das richtige Wort verwendet, denn “gut” ist das wirklich. Es gäbe nichts, was in einer Session – vorausgesetzt, ich möchte nicht schon mit dem Mikrofon den Sound des Instrumentes (samt Einfluss der Spielweise, des Raumes, der Mikrofonierungsposition) in eine andere Richtung pushen – dafür sorgen würde, dass ich mich nach Alternativen umsehen würde. Wenn ich jedoch einfach Interesse an den feinen Unterschieden hätte, würde ich mich weiter auf die Suche machen, einen geduldigen Gitarristen vorausgesetzt. Ja, man kann Kritikpunkte finden: Den Höhenbereich des Mikrofons habe ich, genau wie mein Kollege Guido, während des Testmarathons als etwas wellig beschrieben, tatsächlich ohne zuvor den Blick in den Standardfrequenzgang zu werfen. Man muss jedoch dazu sagen, dass auch ein Pegelfrequenzgang von dem allgemeinen Klangeindruck deutlich abweichen kann, weil insbesondere die Geschwindigkeit, mit welcher Transienten durchgegeben werden können, und der Phasenfrequenzgang deutliche Auswirkungen haben. Diese Unebenheiten halten sich aber in Grenzen, besonders der Pegelverlust im Air-Band hat keine so negativen Auswirkungen auf den Klang des Mikrofons, wie man nach Ansicht der Frequenzgang-Grafik möglicherweise befürchten könnte. Eher auf Dauer zu bemerken ist, dass die beiden e 914 dazu neigen, dem Signal eine leicht reibende Komponente hinzuzufügen. Dies geschieht der Beobachtung nach in den Präsenzen und klingt leicht “fisselig”. Gut nachvollziehen lässt sich dieses Phänomen, wenn man das Sennheiser-Audiofile mit dem Referenzmikrofon vergleicht und beim Hören an ein kontinuierliches “Fffffff” denkt:

Audio Samples
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Sennheiser e 914 Referenz Schoeps CMC-64

Hört man sich in diesem Bereich ein, fällt dieser Kritikpunkt auf, und als Hauptmikrofonsystem für sehr fragile Signale würde ich deshalb die Sennheiser e 914 nicht unbedingt saubereren (und in der Regel natürlich teureren!) Mikros vorziehen. Aber das ist keinesfalls ein gravierender Makel: Die beiden Stäbchen lassen sich für eigentlich alle Zwecke einsetzen, in denen Kleinmembran-Kondenser gefragt sind. Und was nach dem Hören der Beispielaufnahme sicher klar ist: Ruinieren kann man mit den e 914 nun wirklich nichts, es handelt sich um Nuancen. Die Detailtreue des Signals ist erstaunlich, die Reaktion auf die Dynamik der Schallquelle sogar wirklich verblüffend. Bedenkt man, dass man mit dem Roll-Off und dem Cut zwei wirklich sinnvolle (und sehr sauber arbeitende) Zusätze an Bord hat und man darüber hinaus auch noch dank des zweistufigen Pads enorm hohe Schallpegel verzerrungsfrei (bzw. -arm) zum Vorverstärker gekabelt bekommt, wird klar, dass die e 914 echte Allrounder sind. Diese Lastesel kann man wirklich für vieles gebrauchen. Ist im Nahbereich eines Schlaginstruments etwa der Pegel zu hoch und aufgrund des Nahbesprechungseffekts der Bass überbetont, lassen sich, noch bevor das Mikrofonkabel das Signal zu Gesicht bekommt, die wichtigsten Korrekturen bewerkstelligen. Bedenkt man den Preis für ein Pärchen, ist die Welt also trotz der kleinen Kritik für die Evolution-Kondensatormikrofone vollkommen in Ordnung. Zu den 8040, den High-End-Kleinmembran-Nieren von Sennheiser ist es qualitativ natürlich ein klarer Schritt, finanziell aber durchaus ein Sprung, denn das Preisschild für ein derartiges Pärchen ist vierstellig und beginnt mit der Zahl 2.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Evolution-Sennheiser im Praxistest an der Akustikgitarre

Fazit

Die beiden Sennheiser e 914 konnten im Test durchaus überzeugen. Begeistern hätten sie können, wenn der Frequenzgang zur oberen Hörgrenze hin etwas ausgewogener gewesen und vor allem der ganz leicht schleifende Charakter im Präsenzband nicht vorhanden wäre. Das Rüstzeug, um Technikern zu erfreuen, haben die beiden Kleinmembran-Kondensatormikrofone sonst nämlich mitgebracht: Sie folgen dem Schall äußerst schnell und erstellen dadurch ein recht genaues Bild der Schallquelle. Es sind aber insbesondere die beiden in der Praxis sehr hilfreichen Filter unterschiedlicher Flankensteilheit und das zweistufige Pad, die ein Stereoset der beiden Kleinmembraner zum flexiblen Arbeitswerkzeug werden lassen.

Pro
  • Auflösung
  • Dynamik
  • Ausstattung (Filterauswahl und Vordämpfung)
Contra
  • leicht reibende Präsenzen
Insgesamt gute Wahl: e 914 aus Sennheisers Evolution-Serie
Insgesamt gute Wahl: e 914 aus Sennheisers Evolution-Serie
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 7 mV/Pa
  • THD+N: 19 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 137 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Vordämpfung: 10 dB, 20 dB
  • Filterung: 130 Hz (6 dB/oct), 85 Hz (18 dB/oct)
  • Preis (Paar): 633,- € (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Auflösung
  • Dynamik
  • Ausstattung (Filterauswahl und Vordämpfung)
Contra
  • leicht reibende Präsenzen
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Sennheiser e 914 Test
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