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Orange O-Bass MKII Test

Die britische Verstärkerschmiede Orange ist seit nahezu 50 Jahren im Geschäft. Fast jeder Tieftöner kennt heutzutage die knallig-orangefarbenen Amps oder hatte vielleicht sogar schon das Vergnügen, über eines dieser fett klingenden Orange-Stacks zu rocken. Seit 2016 hat Orange allerdings nicht mehr nur Amps, Boxen und Pedale, sondern auch einen viersaitigen E-Bass im Programm. Dabei handelt es sich um den sogenannten O-Bass, der mit seiner extravaganten Retro-Optik bereits viele Fans in der Tieftönergemeinde gefunden hat. Mittlerweile ist die leicht überarbeitete, zweite Generation des in China gefertigten Orange-Basses auf dem Markt. Wir haben uns vom deutschen Vertrieb eines dieser begehrten Exemplare ins Testlabor liefern lassen.

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Details

Auch die zweite Version des O-Bass kann wahlweise entweder mit einer Lackierung in Orange, mit dem eher unauffälligem Off-Black-Finish, oder in der klassischen Teardrop-Sunburst-Ausführung unseres Testbasses geordert werden. An den erhältlichen Finish-Varianten hat sich also im Vergleich zur ersten Generation des O-Bass-Modells nichts geändert.
Gleich geblieben sind auch die Bodyform und die grundsätzliche Konstruktion des Long-Scale-Viersaiters. Im Grunde handelt es sich beim O-Bass um eine Kreuzung einer Les-Paul-Gitarre mit einem Precision-Bass. Der relativ kleine Single-Cut-Korpus erinnert in seine Konturen nämlich zweifellos an den Gibson-Klassiker, und als Tonabnehmer verbaut Orange einen Preci-typischen Splitcoil-Humbucker.

Fotostrecke: 6 Bilder Erstaunlich für ein Budget-Instrument aus Fernost: der Orange O-Bass …

Für den Korpus dieses Modells verwendet Orange allerdings keine der bei Vintage-Bässen üblichen Holzarten wie Erle oder Esche, sondern Okoume, das oft als preiswerte Alternative zu Mahagoni gehandelt wird. Auf den Okoume-Korpus wurde ein Furnier aus Linde geleimt, und als Finish kommt bei meinem Testbass eine Hochglanzlackierung in dem besagten Teardrop Sunburst zum Einsatz.
Für das amtlichen Retro-Design darf eine weiße Einfassung an der oberen Korpuskante natürlich nicht fehlen. Das passende Pickguard – ebenfalls in Weiß – komplettiert den klassischen Look des O-Bass. Erstaunlicherweise liefert Orange sogar jeden O-Bass mit einem zweiten Pickguard in einer anderen Farbe aus, sodass jeder sein Schätzchen optisch an den eigenen Geschmack anpassen kann. Die Sunburst- und die Off-Black-Modelle kommen mit weißen Pickguards (in meinen Augen eher ein Altweiß bzw. Creme) und Tortoise, und beim orangefarbenen O-Bass hat man die Wahl zwischen Schwarz und Weiß.

Fotostrecke: 2 Bilder An der Korpuskante findet sich ein schickes Binding.

Der an vier Punkten aufgeschraubte Ahornhals endet in einer leicht abgeschrägten Kopfplatte, die auf der Vorderseite weiß lackiert und mit einem Orange-Schriftzug in Schwarz versehen wurde – ein optisches Highlight, das dem O-Bass wirklich gut steht! Die Rückseite der Kopfplatte und der Halsrücken sind hingegen komplett schwarz lackiert.
Für das Griffbrett verwendet Orange beim O-Bass MKII Ebenholz – das Palisandergriffbrett der ersten O-Bass-Generation musste also weichen, was vermutlich auf die aktuellen Cities-Bestimmungen zurückzuführen ist. Geblieben ist allerdings die weiße Griffbretteinfassung, und auch die Ausstattung mit 20 Bünden im Medium-Jumbo-Format sowie die runden Einlagen zur Orientierung hat Orange vom Vorgängermodell übernommen.
Die Hardware-Ausstattung des O-Bass würde ich als “simpel und funktional” bezeichnen. Auf der Kopfplatte sitzen in einer 2:2-Anordnung vier offene Vintage-Mechaniken, und als Steg kommt eine standardmäßige Winkelbrücke zum Einsatz. Die Saitenreiter sind durch jeweils zwei Führungsrillen gegen seitliches Wegrutschen gesichert, und die Saitenabstände wurden mit Kerben auf angenehme 19 mm fixiert.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Hals wurde vierfach mit dem Korpus verschraubt – Unterlegscheibe inklusive!

Den Sound übernimmt beim passiven O-Bass, wie eingangs bereits erwähnt, ein Preci-typischer Splitcoil-Tonabnehmer. Dieser sitzt beim Orange O-Bass allerdings etwas näher am Hals als bei dem altbekannten Fender-Klassiker, wodurch noch mehr tiefe Frequenzanteile übertragen werden. Justiert wird der Sound mit einem Lautstärkeregler und einer passiven Tonblende zum Absenken der Höhen.

Fotostrecke: 3 Bilder Ein klassischer Splitcoil-Humbucker ist für die Abnahme des Sounds zuständig, …

Ausgeliefert wird der Orange O-Bass übrigens in einer leicht gepolsterten Gigbag, mit der sich das Instrument bequem zum Proberaum oder zum Gig tragen lässt – das ist in dieser Preisklasse keinesfalls selbstverständlich! An der Verarbeitung meines Testbasses gibt es zudem absolut nichts zu meckern: Der Hals sitzt passgenau in der Ausfräsung, die Lackierung weist keinerlei Fehler auf, und alle Bünde wurden sauber und ordentlich abgerichtet.

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Praxis

Keine Frage, der O-Bass besitzt schon ein sehr eigenständiges und durchaus charmantes Design, welches garantiert vielen Tieftönern gefallen wird. Beim Blick auf den preisgünstigen Viersaiter im Retro-Look wird aber auch schnell klar, das den Orangen-Entwicklern das Design deutlich wichtiger war als eine gute Ergonomie oder hoher Spielkomfort. Im Klartext: Der O-Bass bringt eigentlich alle Zutaten mit, die zu einer formidablen Kopflastigkeit führen! Auf der Kopfplatte sitzen schwere Vintage-Mechaniken und der relativ kleine und leichte Korpus schafft dazu nur wenig Gegengewicht. Darüber hinaus sitzt der vordere Gurtpin aufgrund des fehlendes Korpushorns sehr weit rechts, sodass der Neck-Dive abermals verstärkt wird.
Die schlechte Balance führt dazu, dass man beim Spielen ständig mit dem rechten Unterarm auf den Korpus drückt, um den Bass in eine passable Spielposition zu bringen. Die Korpuskanten des O-Bass sind aber leider wenig abgerundet, sodass diese Taktik auf lange Sicht nicht wirklich aufgeht – nach längerer Spieldauer kann der Druck auf den Unterarm schon mal durchaus unangenehm werden!

Neck Dive inklusive - wer sich für den Orange-Bass entscheidet, muss mit Kopflastigkeit leben!
Neck Dive inklusive – wer sich für den Orange-Bass entscheidet, muss mit Kopflastigkeit leben!

Wenig zu meckern habe ich dagegen beim Hals des Orange O-Bass. Das relativ flache Profil liegt wunderbar in der Hand und mit den Saitenabständen von 19 mm an der Brücke lassen sich sämtliche Spieltechniken bestens umsetzen. Auch die dicke Hochglanzlackierung auf dem Halsrücken geht für mich vollkommen in Ordnung, obwohl ich zugegebenermaßen eher ein Fan von dezenten Satin-Finishes oder naturbelassenen Hälsen bin. Und die Lackierung beim O-Bass fühlt sich erfreulicherweise nicht so klebrig an, wie bei vielen anderen Budget-Bässes aus fernöstlicher Fertigung.

In Sachen Verarbeitung gibt es beim O-Bass nur wenig zu beanstanden!
In Sachen Verarbeitung gibt es beim O-Bass nur wenig zu beanstanden!

Beim Thema Setup gibt es bei meinem Testkandidaten Licht und Schatten. Halskrümmung und Saitenlage waren durchaus passabel eingestellt, sodass ich den O-Bass direkt nach der Auspackzeremonie spielen konnte. Verbesserungsbedarf sehe ich allerdings beim Sattel: Die Kerben der zwei höheren Saiten wurden nämlich nicht tief genug gefeilt, was zur Folge hat, dass sich vor allem die ersten Lagen der betreffenden Saiten nicht übermäßig komfortabel greifen lassen.
Einsteiger oder Amateure werden das Sattelproblem in der Regel nicht als Ursache der schlechten Bespielbarkeit identifizieren können, und so bleibt leider oft nur der kostenaufwändige Gang zur Gitarrenwerkstatt des Vertrauens. Mit etwas mehr Sorgfalt bei der Endkontrolle könnte man dem geschätzten Kunden derartigen Ärger leicht ersparen.

Die Sattelkerben unseres Testbasses hätten etwas tiefer gekerbt sein können.
Die Sattelkerben unseres Testbasses hätten etwas tiefer gekerbt sein können.

Aber genug gemeckert, jetzt kommen wir zu einem sehr erfreulichen Kapitel im Test: Dem Sound des kultigen Orange-Basses! Wohin die Richtung grob geht, dürfte den meisten beim Blick auf den Splitcoil-Tonabnehmer schon klar sein. Selbstverständlich liefert der O-Bass einen simplen und soliden Grundsound, wie wir ihn vom klassischen Fender Precision kennen. Durch die (im Vergleich zur Position beim Fender Precision) leichte Verlagerung des Pickups in Richtung Hals bekommt der O-Bass allerdings zusätzlichen Tiefbass-Schub und klingt insgesamt wirklich sehr wuchtig.
Dem Sound fehlt es aber gleichzeitig nicht an Transparenz, denn auch der Höhenbereich wird etwas deutlicher abgebildet als bei einem typischen passiven Vintage-Preci. Hierzu trägt unter Umständen auch das harte Ebenholzgriffbrett beim O-Bass MKII seinen Teil bei. Wie auch immer, mir gefällt der fette Preci-Sound mit der dezent-modernen Note wirklich sehr gut, und auch die Abstimmung der Tonblende finde ich durchaus gelungen. Auf ihrem Reglerweg liegen viele tolle Klangvariationen, und selbst mit komplett abgesenkten Höhen liefert der O-Bass noch einen brauchbaren Sound.

Auch der O-Bass der zweiten Generation klingt wuchtig und fett - gleichzeitig fehlt es ihm aber nicht an Klarheit in den Höhen.
Auch der O-Bass der zweiten Generation klingt wuchtig und fett – gleichzeitig fehlt es ihm aber nicht an Klarheit in den Höhen.

Ich sehe den O-Bass deshalb nicht nur in den klassischen Rockgenres, sondern auch in anderen Stilrichtungen, wie etwa Soul oder Motown, wo mildere und dumpfere Basssounds mit Preci-Charakter gut passen. Damit ihr euch einen Eindruck vom Klang des Orange O-Bass MKII machen könnt, habe ich wie immer einige Audiobeispiele aufgenommen:

Audio Samples
0:00
Tonblende offen Tonblende 50% Tonblende geschlossen Tonblende offen, Plektrum
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Fazit

Der Orange O-Bass MKII im coolen Retro-Look macht richtig Spaß und klingt absolut klasse! Mit seinem fetten Preci-Sound kann er in zahlreichen Musikrichtungen eingesetzt werden. Und das Beste ist, dass er mit einem Preis von unter 400,- Euro auch für junge Einsteiger oder Bassisten mit schmalerem Budget absolut erschwinglich ist. Orange zeigt sich sogar beim Zubehör spendabel und liefert den O-Bass mitsamt Gigbag und mit einem zweiten Pickguard mit anderer Farbe aus – da kann man wahrlich nicht meckern! Wer sich für den O-Bass entscheidet, muss allerdings Kompromisse in Sachen Ergonomie in Kauf nehmen, denn das Modell ist recht kopflastig und besitzt auch keinerlei Korpus-Shapings. Längere Gigs würde ich persönlich mit dem Viersaiter von Orange deshalb nur ungern absolvieren. Wer damit leben kann, bekommt mit dem Orange O-Bass allerdings eine ordentlich verarbeitete und wirklich ernstzunehmende Preci-Alternative mit Auffallgarantie und hohem Spaßfaktor zu einem sehr fairen Preis.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • gelungenes, eigenständiges Design
  • tadellose Verarbeitung
  • wuchtiger, transparenter Precision-Sound
  • Gigbag und zweites Pickguard im Lieferumfang
  • sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • starke Kopflastigkeit
  • keine Shapings am Korpus
  • Sattel des Testbasses benötigt Nacharbeitung
Artikelbild
Orange O-Bass MKII Test
Für 379,00€ bei
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Deutlich sieht man auf diesem Bild die …
Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Orange
  • Modell: O-Bass
  • Herstellungsland: China
  • Mensur: 34 Zoll
  • Korpus: Okoumé, Hochglanzlackierung Teardrop Sunburst
  • Hals: Ahorn, vierfach geschraubt, schwarz lackiert, Ebenholzgriffbrett, Binding, runde Dot Inlays, weiß lackierte Kopfplatte, 20 Medium-Jumbo-Bünde
  • Hardware: Winkelbrücke 2D, offene Vintage-Mechaniken
  • Tonabnehmer: 1 x Splitcoil passiv
  • Regler: Volume, passive Tonblende
  • Zubehör: Gigbag, Einstellwerkzeug, zweites Pickguard in Tortoise
  • Gewicht: 3,6 kg
  • Preis: 389,- (Ladenpreis im Januar 2019)
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