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Harley Benton MS-60 PB Test

Die Harley Benton MS-60 PB, eine weitere E-Gitarre der Musikhaus-Thomann-Hausmarke, präsentiert sich zumindest äußerlich als attraktive Vertreterin ihrer Gattung mit einem deutlichen Sechziger-Jahre Vintage-Touch. Wer auf diese Art Gitarren steht, der sollte auch wissen, dass die blaue Singlecoil-Diva mit dem großen Perloid-Schlagbrett schon für weniger als 150 Euro den Besitzer wechselt.

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Der Begriff Vintage drängt sich unter anderem auch deshalb auf, weil sich die Formen der Solidbody-Gitarre deutlich an der Fender Mustang orientieren. Steht uns mit der MS-60 PB wieder einmal eine Harley Benton Überraschung ins Haus?

Details

Optik/Verarbeitung

Geliefert wird das Instrument im Pappkarton, in dem sich außerdem ein Schlüssel zum Einstellen des Halses befindet. Und das geht auch so in Ordnung, denn angesichts des Preises hätte ich auch keinen exklusiven Formkoffer erwartet. Der Korpus und auch die Kopfplatte sind in Pacific Blue lackiert, als optisches Schmankerl zieren drei weiße “Rallyestreifen” die abgeschrägte Armablage. Bis auf kleine Unregelmäßigkeiten in diesen Streifen ist das Finish tadellos ausgeführt und gibt keinerlei Grund zur Kritik.

Fotostrecke: 5 Bilder Diese Gitarre versprüht rein Äußerlich schon mal einen Sechziger-Jahre Vintage-Touch

Der Korpus besteht aus Linde, einem Tonholz, das auch bei teuren Instrumenten zu findend ist, und das dreilagige, weiße Perloid-Schlagbrett beheimatet zwei Wilkinson WVSC Vintage Style Singlecoils, die schräg zum Saitenverlauf angebracht sind. Beide Pickups lassen sich jeweils mit einem schwarzen Schieberegler An- und Ausschalten, der Lautstärke- und Klangregelung dienen zwei Potis mit griffiger Metallkappe, die für beide PUs gleichzeitig zuständig sind – allesamt auf dem Schlagbrett montiert.

Fotostrecke: 5 Bilder Schalter, Potis und Pickups finden auf dem weißen Perloid-Schlagbrett Platz

Die Saiten werden in eine verchromte Tune-o-matic Brücke eingefädelt, Harley Benton verwendet dafür einen Satz D’Addario .009 -.042 – sehr gut! Wie gewohnt lässt der Steg ein Vor- und Zurückschrauben der Saitenreiter zu, um das Instrument optimal einstellen zu können. Für die Kommunikation zwischen Gitarre und Amp steht eine Klinkenbuchse bereit, die ebenfalls auf dem Pickguard auf ihren Einsatz wartet. Zwei Gurtpins mit Filzunterlagen an gewohnter Stelle dürfen natürlich auch nicht fehlen, womit wir auch schon beim Hals angelangt wären.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Saiten werden in eine verchromte Tune-o-matic Brücke eingefädelt

Und der ist mit vier Schrauben bombenfest mit dem Korpus verbunden, wie ein Blick auf die Rückseite der MS-60 zeigt. Seine Basis bildet kanadischer Ahorn, dem ein Palisandergriffbrett aufgeleimt wurde; die Rückseite des Halses ist sehr dünn mit Klarlack versehen. Das Griffbrett beherbergt 22 Medium-Jumbo-Bünde, die tadellos eingesetzt, aber leider nicht perfekt entgratet wurden. Das lässt sich aber relativ leicht mit ein wenig Sandpapier beheben – eine Maßnahme, die ebenfalls unter dem Gesichtspunkt eines 139-Euro-Verkaufspreises in Ordnung geht, so lange der Rest stimmt. Und wenn man schon mal dabei ist, kann man die Bünde auch gleich noch mit feiner Stahlwolle nachpolieren. Weiße Punkteinlagen im Griffbrett und an der Halskante sorgen für die nötige Orientierung, wobei diese Arbeiten keinerlei Anlass zur Kritik bieten. Auf dem Weg in Richtung Mechaniken laufen die Saiten über einen weißen Graphitsattel, und wo ich gerade dort angelangt bin, halte ich schnell ein Lineal an und siehe da, die Sattelbreite beträgt recht schmale 41 Millimeter! Von dort geht es dann zu den geschlossenen DLX-Mechaniken, die einen geschmeidigen und präzisen Stimmvorgang ermöglichen. D-, G-, H- und die hohe E-Saite werden zusätzlich mit zwei Saiten-Niederhalter auf das Niveau der Mechaniken heruntergedrückt, da die Kopfplatte etwas versetzt zum Hals läuft. Letztere ist, wie bereits erwähnt, in Korpusfarbe lackiert und erinnert in ihrer Form an den Headstock einer Strat.

Fotostrecke: 5 Bilder Ahorn-Hals mit Palisander-Griffbrett

Der zum Lieferumfang gehörende Schlüssel zum Einstellen der Halskrümmung kann ganz unkompliziert hinter dem Sattel zum Halsstab geführt werden, eine Abdeckplatte hat sich Harley Benton dort gespart. Wie die Fender Mustang kommt auch die Harley Benton mit einer Mensur von 610 mm, eine Tatsache, die in der Regel für ein komfortables Spielgefühl sorgt, dazu aber im Praxisteil mehr. An der Verarbeitung des 3376 Gramm schweren und in China hergestellten Instrumentes ist bis auf die beiden oben genannten Punkte weiter nichts einzuwenden, daher geht es ohne Umwege direkt in den Praxisteil.

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Praxis

Sound/Bespielbarkeit

Der Hals liegt sehr angenehm in der Hand und besitzt genug “Fleisch”, um punktgenaue Bendings zu realisieren. Auf dem Schoß zeigt sich die Harley Benton etwas kopflastig, was aber nicht weiter ins Gewicht fällt, denn sobald man sie spielt, ruht der rechte Arm auf dem Korpus und alles ist sprichwörtlich im Lot. Am Gurt tritt die Kopflastigkeit übrigens weit weniger auf. Durch ihre Mensur von 610 mm ist ein ausgesprochen entspanntes Bespielen möglich, dank der sehr guten Einstellungsarbeiten scheppert auch nichts, alle Saiten schwingen lang und gleichmäßig aus.
Aufgrund der individuellen An-/Aus-Schalter der beiden Pickups sind drei Positionen wählbar, allerdings empfinde ich den Vorgang als etwas umständlich, denn es müssen meist beide Schalter betätigt werden. Auch wenn dies beim Original abgeschaut ist, hätte man es bei unserer Kandidatin meiner Meinung nach mit einem Dreiwegschalter galanter lösen können. Aber das sehen traditionsbewusste Musiker sicherlich anders.

Ich schließe die MS-60 an meinen JVM 410 Marshall an, der eine 2×12″ Box mit Vintage 30 Speaker antreibt, die mit einem SM57 abgenommen werden. Weitere Klangveränderungen finden natürlich nicht statt!
Los geht es wie immer clean und durch alle drei Pickup-Positionen, beginnend am Hals-PU.

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Clean: Alle 3 PU-Positionen, Picking

Die MS-60 macht einen ausgesprochen guten Eindruck am cleanen Amp, denn alle drei Positionen klingen amtlich. Der Hals-PU liefert einen schönen runden Ton, die Kombination aus beiden Tonabnehmern bietet den typischen glasigen Sound, der dem einer Strat sehr nahekommt und auch der Kollege am Steg drückt seinen markanten, mittigen Sound aus den Speakern. Allerdings ist ein hörbarer Lautstärkeunterschied beim Wechsel vom Hals- zum Steg-Pickup vernehmbar, der auch durch ein Verändern der Pickup-Höhe nicht wirklich in den Griff zu bekommen ist.
Weiter geht es mit derselben Einstellung am Amp, jetzt jedoch gestrummt.

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Clean: Alle 3 PU-Positionen, Strumming

Im Vergleich zum vorherigen Beispiel klingen die Pickups jetzt insgesamt etwas härter und dünner, was kein Nachteil sein muss, denn je nach Abschlagshärte lässt sich so ein recht breites Spektrum an verschiedenen Klängen realisieren.
Mit Mustangs wird meist der klassische Surf-Sound assoziiert, daher jetzt ein entsprechendes Beispiel.

Audio Samples
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Clean: Steg-PU, Surf-Sound
Wir waren schon sehr überrascht, was für unter 150 Euro möglich ist
Wir waren schon sehr überrascht, was für unter 150 Euro möglich ist

Mit einer gehörigen Prise Federhall und einem Slap-Delay kommt ein authentischer Surf-Sound zustande, der schlicht und ergreifend Spaß macht. Der Steg-Tonabnehmer bietet einen durchsetzungsfähigen, aber nicht schrillen Grundsound, also eine gute Ausgangsbasis.

Audio Samples
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Clean: Hals-PU, Funk-Style

Der Ton ist relativ holzig, was in diesem Fall auch durchaus gewollt ist. Die Attacks werden direkt und dynamisch wiedergegeben. Aufgrund der ausgeprägten Mitten setzt sich der Hals-PU im Bandkontext gut durch.
Im nächsten Beispiel bringe ich den Amp in den Crunch-Modus und schalte wieder alle drei Positionen durch, beginnend am Hals.

Audio Samples
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Crunch: Alle 3 PU-Positionen

Interessanterweise zeigt sich der Hals-PU hier recht glasig und gar nicht so durchsetzungsstark wie im cleanen Kanal des Amps. Dafür kann die Mittelstellung und der Steg-Singlecoil mit guten Resultaten punkten. Der Nebengeräuschpegel steigt aufgrund der Singlecoils an, selbst in der Mittelstellung ist keine Linderung zu vernehmen.
Ich habe im letzten Beispiel den Amp in den High-Gain-Kanal gebracht und schalte auch hier alle drei Positionen der Pickups durch.

Audio Samples
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High-Gain Sound: Alle 3 PU-Positionen

Nein, das ist sicherlich nicht ihre Spielwiese, aber dafür ist die Harley Benton auch garnicht ausgelegt, denn die Kombination aus kurzer Mensur und Singlecoils mag den cleanen Amp einfach mehr.
Trotzdem kommen interessante Klänge heraus, die dem experimentierfreudigen Musiker ein Lächeln ins Gesicht zaubern dürften. Unter uns und Hand auf’s Herz: Einen solchen Sound, der hier problemlos mit der Kombination aus Gitarre und Amp gelingt, den zaubert man nicht einfach so aus einem Effektgerät oder einem Plugin!

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Fazit

Mit der MS-60 PB schraubt Harley Benton die Messlatte, was für unter 150 Euro möglich ist, noch ein bisschen höher. Verarbeitung und Einstellung sind bis auf die Bearbeitung der Bundstäbchen gut, was sich in einer tollen Bespielbarkeit widerspiegelt. Auch am Amp macht die MS-60 eine sehr gute Figur, auch wenn sie sich in der Hard- und Heavy-Abteilung nicht unbedingt zu Hause fühlt. Ansonsten zeigt sich die Gitarre klanglich ausgesprochen flexibel und nahezu prädestiniert für Liebhaber der Surf-Music. Dank ihrer kurzen Mensur von lediglich 610 mm lässt sie ein sehr entspanntes Spielen zu. “A lot of bang for the buck”, wie der Engländer zu sagen pflegt – und dem habe ich in diesem Fall nichts hinzuzufügen!

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Sound
  • Preis-Leistung
Contra
  • Bünde nicht sorgfältig abgerichtet
  • Lautstärkeunterschiede zwischen Hals- und Steg-PU
Artikelbild
Harley Benton MS-60 PB Test
Für 119,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Harley Benton
  • Modell: MS-60 PB
  • Serie: Vintage-Serie Limited Edition
  • Herstellungsland: China
  • Korpus: Linde
  • Hals: kanadischer Ahorn, geschraubt
  • Griffbrett: Palisander
  • Bünde: 22
  • Mensur: 610 mm
  • Sattelbreite: 41mm
  • Brücke: Tune-o-matic
  • Tonabnehmer: 2x Wilkinson WVSC Vintage Style Singlecoils
  • Besonderheiten: Matched Headstock, Ein/ Aus Schalter für jeden Pickup
  • Gewicht: 3376 Gramm
  • Preis: 139,00 Euro
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