Das Angebot an edlen Regelverstärkern ist heutzutage sehr vielseitig: Viele Toningenieure und Produzenten nutzen Software-Plugins, andere schwören eher auf die „gute alte Hardware“ im Rack. Der FATSO reiht sich hier sehr gut ein, er ist eine gelungene Kombination aus Kompressor/Limiter, Bandsättigungs-Generator und Transienten-Prozessor. Eben diese Zusammenstellung der in Abhängigkeit arbeitenden Regelverstärker macht aus dem EL7 ein universell einsetzbares Soundgestaltungstool. „Analog Tape Simulator“ nennt Entwickler Dave Derr seinen digital kontrollierten Analog-Prozessor. Die Simulation beruht auf kontrollierter Ergänzung 2ter und 3ter Obertöne, zur Erzeugung wahrnehmbarer Transparenz im Mitten- und Höhenbereich.
Einsatzgebiete für den FATSO sind nicht nur das Mastering, sondern auch alle Signale, denen es an Präsenz und Klarheit fehlt. Ein direkter Vergleich mit anderen Geräten ist schwer möglich, da diese Gerätebauart in Analogtechnik bis dato einmalig ist. Wir waren also gespannt, wie sich der FATSO in unserem Studio-Alltag bewähren würde…
Anzeige
Details
Der FATSO ist ein stereo-linkbares Zweikanal-Studiogerät im 19“-Rackformat mit einer übersichtlich gestalteten Frontseite. Die Parametereinstellungen und Pegelanzeigen werden gut ablesbar mit farbigen Leuchtdioden dargestellt. Die Rückseite verfügt über symmetrische XLR- und Klinken-Anschlüsse, die wahlweise verwendet werden können. Das Gerät besitzt ein internes abgeschirmtes Netzteil. Das Gehäuse wirkt robust und gut verarbeitet. Pro Kanal gibt es nur zwei Potentiometer für In- und Output-Pegel, wobei der Input-Regler gleichzeitig den Threshold für die Dynamikbearbeitung einstellt. Dies bedeutet: Je höher der Input-Level desto stärker die Dynamikbearbeitung (Gain-Reduction).
Kompressoren/Limiter sowie „Warmth“, „Tranny“ und „Bypass“ werden über Taster aktiviert und eingestellt. Bei gleichzeitigem Drücken der „Warmth“-Taster lassen sich die Sättigungseinheiten der Kanäle für den Stereo-Betrieb linken. Die Kompressoren/Limiter im FATSO sind wichtige Basisparameter für die Einstellung der „Warmth“ des Tape-Simulators. Sieben „Wärmestufen“ stehen zur Verfügung, um das Signal mit Obertönen anzureichern. Je nach Position der „Warmth“ und Verwendung der Kompressoren, die auf den „Warmth“-Parameter Einfluss nehmen, sind komplexe Wechselwirkungen im Klangeindruck wahrnehmbar. Sowohl Kompressoren/Limiter als auch der Tape-Simulator arbeiten mit einer Festeinstellung des Kompressionsverhältnisses (Ratio) und der Zeitkonstanten (Attack/Release).
Die erste Kompressoreinstellung „Buss“ soll dem SSL Summenkompressor mit Soft- Knee Funktion nachempfunden sein. Der zweite „GP“ (General Purpose) einem mit schnellem Attack arbeitenden DBX 160. Der dritte im Bunde heißt „Tracking“ und ist eine Emulation des legendären UREI 1176 mit kurzen Regelzeiten. Zu guter Letzt „Spank“: Ein Limiter der – auf voller Frequenzbreite – dem Listen/Mic-Kompressor einer SSL-Mastersektion entspricht. Bei aktiviertem „Spank“ wird der Ausgangspegel festgesetzt (Locked Output Level). Alle genannten Kompressor/Limiter-„Modelle“ können einzeln oder in Kombination verwendet werden – zum Beispiel Tracking, Buss oder GP in Verbindung mit Spank. Einen zusätzlichen Klangaspekt bietet der zuschaltbare Ausgangsübertrager (engl. Transformer) „Tranny“, der dem Sound eine crispe Färbung verleiht: Hier gilt, je höher der Output, desto stärker die Färbung. Leider ist über diesen Taster auch die Bypass-Funktion (True Bypass) schaltbar, was in der Praxis gern mal zu lautstarken Überraschungen führen kann. True Bypass bedeutet hier übrigens, dass auch die In- und Output-Levelregler umgangen werden, was einen direkten A/B-Hörvergleich schwer möglich macht.
Dies könnte auch der einzige Nachteil des FATSO sein, denn gerade die beim EL7 nicht zugänglichen typischen Parameter eines guten Kompressor/Limiters tragen einen großen Teil zum Sound bei. Wahrscheinlich würde der EL7 dann in einer Preiskategorie landen, für die man schon die ganz große Brieftasche braucht, mit einem entsprechenden Manual, das fünf Aktenordner füllen würde – nicht zu vergessen das dadurch bedingte Jahr Einarbeitungszeit.
Interlude And now for something completely different! Ein kleiner Ausflug in die Signalverarbeitungstheorie… Das menschliche Ohr nimmt harmonische Verzerrungen ab ca. 2 % THD (Total Harmonic Distortion) wahr. Beim Signalfluss durch ein elektrisches Gerät werden immer harmonische Obertöne (Verzerrungen) hinzugefügt, die in ihrer Zunahme prozentual betrachtet werden. Allgemein gilt, je weniger THD desto weniger Klangveränderung.
Zurück zum FATSO: Der EL7 erreicht durch eine präzise Erzeugung von Obertönen (Verzerrungen) eine analoge Klangfarbe, die wir als angenehm empfinden. Schon beim Einschleifen des FATSO werden bei Studionormpegel ca. 1 % THD erzeugt. Allein durch den Input-Regler kann eine THD von bis zu 5 % erreicht werden. Die sieben Stufen der „Warmth“ machen es möglich, diesen Wert auf bis zu ca. 25 % THD anzuheben. Dies entspricht klanglich in etwa einem halb aufgedrehten Marshall-Amp . . . daher immer sorgfältig die Pegeleinstellung beobachten!!!
Anzeige
Praxis
In allen getesteten Anwendungen machte der FATSO eine gute Figur: Ob im Channelstrip, im Insert der Schlagzeuggruppe oder als „Mastering-Plugin“ – alle Signale, die über einen zu geringen Anteil an Frische und Sounddynamik verfügten, machte er fett. Ein sehr wirkungsvolles Studio-Tool, mit dem man also sensibel umgehen muss – denn alle Parameter stehen immer in Abhängigkeit zueinander. Bei Extremeinstellungen der „Warmth“ (Stufe 6/7) werden die klanglichen Veränderungen so stark, dass man unangenehme Verzerrungen wahrnimmt. Sehr schnell können extreme Einstellungen am Ziel vorbei schießen. Aber richtig eingesetzt, rockt diese Kiste echt das Haus!
Nachdem man sich kurz mit Bedienerhandbuch und Blockschaltbild vertraut gemacht hat, ist der Umgang mit dem EL7 recht einfach. Etwas gewöhnungsbedürftig bleibt nur das Handling der Taster mit Mehrfachfunktion. Der FATSO ist ein gut verarbeitetes Gerät, was man für den Preis auch erwarten kann. Schon auf den ersten Blick waren wir Freunde: Große Potis und wenig Knöpfe. Das mochten wir sehr. Kaum Grundrauschen, keine Knacksgeräusche, einfach super. Typisch für Geräte dieser Güteklasse (wie auch den 1176 oder Urei LA2A) ist die klassische Threshold-Regelung über den Input-Regler. Schon nach dem Einpegeln stellten wir eine hörbare Veränderung unseres Testmaterials fest: mehr Body, mehr Frische ¬– insbesondere bei zugeschaltetem „Tranny“-Ausgangsübertrager. Auffällig für uns waren die klanglichen Abhängigkeiten zwischen den Kompressor/Limiter-Einstellungen in Zusammenwirken mit der „Warmth“.
Click to enlarge
Die Varianten im Einzelnen:
„Buss“ empfanden wir als luftig, offen, sehr angenehm, kein Pumpen, braucht etwas mehr Input, um zu arbeiten – egal, ob Beat oder akustische Gitarre.
„GP“ packt kräftig zu, matscht nicht, pumpt mit hohen Input-Pegeln wie die Hölle. Sollte also mit Samthandschuhen eingestellt werden!
„Tracking“ – gelungen! Gute Regelzeiten, kann mit dem Original leider nicht mithalten, was das normale Kompressionsverhalten anbelangt, da nicht auf die klassischen Regelparameter Einfluss genommen werden kann.
„Spank“ ist ein echter Knaller: Super Verdichtung, hohe Transparenz, neigt schnell zum Pumpen.
Es ist klasse, dass man „Spank“ mit allen Kompressorvarianten kombinieren kann. Zum Beispiel: „GP und Spank“ – selbst bei extrem pumpender Kompressoreinstellung macht der Limiter das Signal ohne hörbare Verluste einfach platt. Hierdurch generiert man ein extremes Maß an Lautheit und Durchsetzungsvermögen. Aus diesem Grund findet der EL7 seinen Platz auch im Mastering. Die Eigenheiten der Kompressortypen sind deutlich zu unterscheiden, so dass man sofort ein „Gehör“ für die richtige Auswahl entwickelt.
„Warmth“ erzeugt eine erstaunliche Höhenverdichtung, hat aber wenig hörbare Auswirkung auf tieffrequente Signale – kein Matschen und Blubbern.
Damit man sich nun einen besseren Eindruck verschaffen kann, wovon wir geschrieben haben, hört hier unsere Klangbeispiele:
Wir haben den FATSO eingeschaltet, ein Signal durchgeschickt und waren begeistert. Probieren ist erlaubt, erwünscht und wird belohnt. Der EL7 ist einfach zu handhaben und bietet eine unglaubliche Vielseitigkeit an Einsatzgebieten, so lange man sich im hochfrequenten Bereich aufhält. Bei tieffrequenten Signalen verhält sich der Fatso eher unauffällig und bei Extremeinstellungen matschig. Dieses Gerät gibt einem tatsächlich die Möglichkeit, Klangfarben zu „malen“ und das Signal mit Brillanz anzureichern. Ob es darum geht, einem Gesangssignal mehr Präsenz (Sprachverständlichkeit) zu verleihen oder eine höhere Verdichtung eines Stereo-Mixes (eine echte Soundwand) zu generieren – er ist ein echter Hinhörer. Vorsicht ist bei Extremeinstellungen geboten! Ebenso neigt man dazu, bei gelungenen Einstellungen, ein neues Signal nicht erneut zu bewerten. Preset-Warnung!!! EL7 FATSO: Da kommt Freude auf! Wer ihn hat, kann sich glücklich schätzen. „Producer-Tool“ ist wohl die richtige Bezeichnung für den FATSO. In jedem Studio eine klanglich/musikalische Ergänzung, die ihresgleichen sucht!
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.