Dreadbox Erebus Test

Mit dem analogen Desktop-Synthesizer Erebus ist der noch relativ jungen Athener Synthesizer-Schmiede Dreadbox ein beachtlicher Erfolg gelungen. Anfangs kam man mit der Produktion kaum nach, sodass der Dreadbox Erebus seit seinem Erscheinen Ende 2014 immer wieder ausverkauft war. Nun haben wir ein Testgerät auftreiben können und möchten in diesem Test klären, ob der zweistimmig paraphone Synthesizer dem Hype gerecht wird. Getestet wurde der Dreadbox Erebus V2, der gegenüber der V1 mit ein paar kleinen Verbesserungen aufwartet.

Dreadbox Erebus ist ein paraphoner Analog-Synthesizer

Dreadbox bauen ihre Synthesizer, Eurorack-Module und Effektgeräte auf heimischem Grund und Boden und in Handarbeit, so steht es geschrieben. Allein das hebt die Firma von vielen anderen Herstellern ab. Wie der jüngere Synthesizer-Bruder Dreadbox Hades trägt der Erebus den Namen einer Gottheit aus der griechischen Mythologie: Erebus ist der Gott der Finsternis. Na, das kann ja heiter werden!

Details

Der Dreadbox Erebus ist ein fast durchgängig analog aufgebauter, kompakter Desktop-Synthesizer. Lediglich seine digitalen Komponenten sind das MIDI-Interface und Bestandteile des „LoFi Echos“, ansonsten ist alles analog. Es gibt kein Display und keinen Programmspeicher, das Bedienfeld gibt immer den gerade eingestellten Sound wieder. Ansteuern lässt sich der Erebus über MIDI oder CV/Gate, wodurch er sich in einem modularen Umfeld ebenso wohl fühlt wie in einem DAW-basierten Studio. Ich verwende in diesem Test ein MIDI-Masterkeyboard und eine DAW mit MIDI-Interface.
Das Gehäuse aus lackiertem, solidem Blech wird von zwei hölzernen Seitenteilen flankiert und steht auf vier kleinen Kunststofffüßen. Die Konstruktion macht einen hochwertigen und sehr soliden Eindruck, nichts wackelt oder verhält sich anderweitig verdächtig.
Mit im Karton sind zwei Patchkabel und ein 15V-Netzteil, sonst nichts. Ein englisches Handbuch kann man sich als PDF auf www.dreadbox-fx.com herunterladen. Hierin findet man u.a. Informationen dazu, wie man den MIDI-Kanal einstellt, auf dem der Erebus empfängt, nämlich per DIP Schalter (Mäuseklavier) im Inneren des Gehäuses, das man zu diesem Zwecke aufschrauben muss. Über das Filter des Erebus lässt sich der Anleitung die Anmerkung entnehmen, dass hier mit einer pre-fed Schaltung gearbeitet wird. Das bedeutet, dass die Filterresonanz als Grundeinstellung leicht angehoben ist, das Filter klinge so generell etwas aggressiver. Auch dass man bis zu vier Erebus in Reihe schalten kann und so bis zu insgesamt acht Stimmen erhalten kann, steht dort. Und vieles mehr.

Fotostrecke: 5 Bilder Viele Mu00f6glichkeiten auf engem Raum

Anschlüsse

Auf der Rückseite findet man neben der Buchse für das externe Netzteil einen Audioausgang (Klinke), einen Audioeingang (Klinke) sowie je einen fünfpoligen MIDI-In- und MIDI-Thru-Anschluss.

Klangerzeugung

Auf der Bedienoberfläche sind 22 Drehpotis in verschiedenen Größen angeordnet, dazu gesellen sich fünf Kippschalter und ein Steckfeld mit 15 Miniklinkenbuchsen, worüber sich der Erebus intern patchen und mit anderem analogen bzw. modularen Equipment kombinieren lässt. Die Eckdaten der geradlinigen und übersichtlichen Klangerzeugung sind schnell umrissen:

  • VCO1: Sägezahn- oder Rechteckschwingung, Tune, Oktavlagen 8′,16′ oder 32′, Glide, PWM über das Patchfeld
  • VCO2: Sägezahn- oder Dreiecksschwingung, Tune, Oktavlagen 4′, 8′ oder 16′, Glide
  • Mixer: Rechtsanschlag des Potis = nur VCO1 hörbar, Mittelstellung beide VCOs gleich laut, Linksanschlag = nur VCO2 hörbar
  • Tonumfang: C1 bis C4
  • Betriebsmodi: Unison mit High Note Priority, paraphon mit Last Note Priority
  • Filter: 12 dB Lowpass, pre-fed Schaltung, regelbare Filterresonanz mit Selbstoszillation
  • Filter Keyboard-Tracking: nein
  • Filter Audioeingang: ja
  • Filter-Hüllkurve: ADSR, Depth-Regler, Retrigger On/Off. Besonderheit: Sustain kann auch negative Werte darstellen.
  • VCA-Hüllkurve: AR, per Steckfeld ist der VCA auch von der Filter-Hüllkurve modulierbar
  • LFO: Dreieck- und Rechteckschwingung, Frequenz 0,009 Hz (110 Sekunden) bis 30 Hz (0,033 Sekunden)
  • Delay: „Vintage Style“, Time, Feedback, Mix
Fotostrecke: 2 Bilder Patchbuchsen fu00fcr ungewu00f6hnliche Routings …

Patchfeld

Das Steckfeld des Erebus ermöglicht die Zuweisung weiterer Modulationen per Patchkabel. Darüber hinaus lässt sich der Synthesizer mit anderen CV/Gate-fähigen Synthesizern verbinden oder in ein Modularsystem integrieren. Gerade in Zeiten des Eurorack-Booms ist das interessant; mit seinen Miniklinkenbuchsen ist der Erebus geradezu prädestiniert als Ergänzung oder Basis für ein Eurorack-System. Folgende Buchsen stehen zur Verfügung:
Quellen: 

  • MOD mit Depth Poti (= Modulationsrad eines Masterkeyboards)
  • GATE
  • ENV mit Depth Poti
  • CV1
  • CV2
  • LFO

Ziele:

  • OS1
  • OS2
  • VCF
  • CV
  • ECHO (= Time des Delay)
  • GATE
  • LFO/R (= LFO-Frequenz)
  • PW (für Pulsbreitenmodulation der Rechteckschwingung von VCO1)
  • VCA

MIDI

Im Vergleich zu den recht umfangreichen Patchmöglichkeiten ist die MIDI-Implementierung des Dreadbox Erebus eher rudimentär. Empfangen werden lediglich Noten, Pitch Bend und der CC #1 (Modulationsrad). MIDI-Noten werden in CV/Gate-Signale umgewandelt, wodurch sich der Erebus auch als MIDI-to-CV-Interface einsetzen lässt. Die Regler der Klangerzeugung senden und empfangen kein MIDI, auch Velocity wird nicht erkannt. Wie bereits beschrieben, lässt sich der Empfangskanal über DIP-Schalter im Gehäuseinneren ändern. Die Voreinstellung ist OMNI (Empfang auf allen MIDI-Kanälen), alternativ kann einer der Kanäle 2-7 ausgewählt werden.

Praxis

Der Dreadbox Erebus ist ohne Umschweife an den Start gebracht. In den ersten 15 Minuten schwankt die Stimmung der VCOs noch stark, sodass ich am Anfang permanent nachstimmen muss. Ein Stimmgerät sollte man also parat haben.
Ich wende mich aus Neugier gleich den Besonderheiten des grün-grauen Griechen zu, Delay und Patchfeld. Das von Dreadbox so bezeichnete „LoFi Echo“ bietet die Parameter Time, Feedback und Mix. Dreht man den Parameter Feedback voll auf, erhält man das typische Aufschaukeln, das man von Eimerketten- oder Tape-Delays kennt. Mit dem Mix-Poti stellt man das Verhältnis von trockenem und Effekt-Signal ein. Über eine Buchse im Patchfeld lässt sich die Delay-Zeit modulieren, zum Beispiel vom LFO. Wählt man beim LFO ein sehr langsames Tempo, bekommt man mit dem Delay des Erebus sogar eine Art Chorus-Sound hin.

Audio Samples
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Delay Chorus Dry-Wet Delay Aufschaukeln und Austuckern

Weiter geht’s mit dem Steckfeld. Hier lassen sich interne und externe Steuerspannungen zu Modulationszwecken heranziehen. Mit den Patchkabeln verbindet man Modulationsquellen mit Modulationszielen. Ein einfaches Beispiel: Verknüpft man MOD (Output) mit PW (Input), so kann man mit dem Modulationsrad des Masterkeyboards die Pulsbreite von VCO1 verändern. Die Intensität der Modulation lässt sich zusätzlich mit dem „Depth“ Mini-Poti am MOD Output regeln. Im ersten Beispiel im folgenden Audioplayer ist eine Basslinie mit PW-Modulation per Modulationsrad zu hören, der VCO2 erklingt eine Oktvave höher und mit Dreieckschwingung. In der zweiten Hälfte des Beispiels schalte ich beide VCOs „off“, der Erebus wird aber weiter vom gleichen MIDI-Signal getriggert. Man hört die Oszillatoren noch ganz leise und auch ein Grundrauschen bei jedem Ton.

Audio Samples
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Verschiedene Pulsbreiten u0026 VCOs off (Eigenrauschen) Lead_OscModVCF Lead_LFOModVCF Verschiedene_Basslines Paraphon Polyfake1_Paraphon_Delay Polyfake2_Paraphon_Delay Filter_AudioIn Ohne Mod_LFOmodVOC2_LFOmodVCF

Das Filter, das ich zu Beginn meines Tests erstmal links liegen gelassen hatte, entpuppt sich schnell als der Star dieses Teams. Es hat (für meine Ohren) einen sehr lebendigen, präsenten, warmen und durchsetzungsfähigen Klang. Seine Spezialitäten liegen jedoch mehr im Bereich der Mitten und Tiefmitten, weniger im ganz tiefen Bereich. Es ist mehr ein Rocker als ein Hip-Hopper. Der Regelweg des Cutoff-Reglers ist gut dosiert, man kann hier geschmeidig durch verschiedene Sweetspots gleiten. Das Gleiche gilt für den Resonanzregler. In den Maximaleinstellungen der Filterresonanz gerät das Filter in Eigenschwingung. Die folgenden Beispiele der Filtersweeps zeigen (neben teilweise grenzwertig lautem Gekreische) sehr schöne Obertonverschiebungen. Positiv zu bewerten ist außerdem, dass die Filterresonanz selbst bei hohen Werten kaum tiefe Klanganteile „klaut“.

Audio Samples
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VCF_ResoDreiviertel_ACHTUNG_OHREN VCF_ResoMax_ACHTUNG_OHREN

Unison & Paraphon

Der Erebus kann in zwei verschiedenen Betriebsmodi arbeiten: Unison mit High Note Priority oder zweistimmig paraphon mit Last Note Priority. Die Note Priority Einstellungen sind leider unveränderbar.
Der paraphone Modus verhält sich identisch zum Unison, sofern man nur eine Note zur Zeit spielt. Spielt man zwei oder mehr Noten gleichzeitig, teilen sich die zwei VCOs die Stimmen auf. VCO1 spielt immer die tiefste Note, VCO2 spielt immer die nächst höher gelegene Note. Alle weiteren Noten, die möglicherweise zusätzlich gespielt werden, ignoriert der Erebus.
Im Handbuch erfahre ich, dass es noch einen zusätzlichen paraphonen Modus gibt, bei dem der VCO2 von den Pitch-Befehlen des Keyboards entkoppelt wird und immer einen statischen, vom Benutzer festgelegten Ton spielt. VCO1 verhält sich in diesem Modus „normal“ und verändert seine Frequenz. Das klingt dann so: Der obere Ton bleibt immer stehen, die untere Stimme bewegt sich. Auch hört man, dass das hinzu gemischte Delay deutlich rauscht. Für den einen ist so ein Rauschen ein Manko, für den anderen „willkommener Schmutz“ oder die viel beschworene analoge Wärme. Ich gehöre zu letztgenannter Fraktion.

Audio Samples
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Paraphon_SpezialMode

Kritikpunkte

Leider kam es im Laufe dieses Tests im MIDI-Betrieb mehrfach zu Notenhängern. Meistens dann, wenn ich den Erebus mit vielen schnellen Noten bei gleichzeitigem Poti-Schrauben herausgefordert hatte. Im Studio ist das kein großes Ding (ein kurzes Rein-Raus des Netzsteckers bringt den nicht enden wollenden Ton zum Schweigen), im Live-Betrieb aber umso fataler. Auch nicht so optimal ist die Anordnung der Potis. Sie stehen so dicht beieinander, dass man öfters mal aus Versehen irgendwo gegen kommt. Zum Beispiel an die (prominenten) Tuning-Potis der Oszillatoren.

Fazit

Der Dreadbox Erebus ist ein vielseitiger, warm und kräftiger klingender analoger Desktop-Synthesizer mit einer tadellosen Verarbeitung. Er wartet mit einem präsenten, sehr überzeugenden 12 dB Tiefpassfilter auf und verfügt dank zweistimmiger Paraphonie, semi-modularem Patchfeld und LoFi-Echo über eine große Soundpalette. Sein Einsatzbereiche sind Bässe, Leads, zweistimmige Pads, Geräusche und Atmosphärisches. Was man auch macht, es klingt immer gut; in puncto inspirierender Klang und Schrauberspaß performt der Erebus absolut souverän. Zudem lässt er sich über das Steckfeld problemlos in modulare Umgebungen integrieren. Es sind aber auch einige Minuspunkte zu verbuchen, etwa die fehlende Implementierung von MIDI-Velocity und die gelegentlichen Notenhänger im MIDI-Betrieb. Wer in erster Linie auf Bass-Sounds aus ist, sollte sich unbedingt auch den Geschwister-Synthesizer Dreadbox Hades anschauen!

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Klang und Soundvielfalt
  • Sound des 12 dB Filters
  • sehr gute Verarbeitung
  • zweistimmig paraphoner Modus
  • Lofi-Echo
  • Steckfeld für zusätzliche Modulationen und/oder Integration in modulare Systeme
  • Audioeingang
  • Möglichkeit zur Kaskadierung von max. vier Erebus (Polychain)
Contra
  • Gelegentliche Notenhänger im MIDI-Betrieb
  • Lange Aufwärmphase der Oszillatoren
  • Potis auf dem Panel dicht angeordnet
  • Einstellung des MIDI-Kanals per DIP Schalter im Gehäuseinneren
  • Keine Verarbeitung von MIDI-Velocity
  • Note Priority nicht veränderbar
Artikelbild
Dreadbox Erebus Test
Für 499,00€ bei
FEATURES
  • analoger, monophoner bzw. 2-fach paraphoner Desktop-Synthesizer
  • VCO1: Sägezahn oder Rechteck, PWM per Patchverbindung
  • VCO2: Sägezahn oder Dreieck
  • Filter: 12 dB Lowpass mit Resonanz und Envelope
  • VCA mit eigener AD-Envelope
  • Patchfeld: 15 Miniklinkenbuchsen
  • Anschlüsse: Audio In (Klinke), Audio Out (Klinke), MIDI In/Out MIDI Befehle: Pitch, Note/Gate On-Off, Mod Wheel (per Patchbay), Pitch Wheel
  • MIDI-Kanäle 1-7 oder omni, Kanalauswahl per DIP-Schalter im Gehäuseinnern
  • Abmessungen: 22,5 x 16 x 7,5 cm
  • Gewicht: 1,4 kg
PREIS
  • UVP: 549,00 Euro
  • Straßenpreis: ca. 530 Euro
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Profilbild von Jakob Paulussen

Jakob Paulussen sagt:

#1 - 12.06.2016 um 07:20 Uhr

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Hallo, die Notenhänger beim Erebus entstehen durch Aftertouch. Schaltet man dies beim Midi-Keyboard aus, gibt es keine Notenhänger mehr. Dieses Problem hatte auch ich bei meinem Erebus V2 und war froh, als ich dies herausgefunden hatte.

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