DPA d:dicate ST4006A Test

Wer einen Test bei bonedo über ein Stereoset DPA d:dicate 4006A liest, dem muss man das Unternehmen DPA wahrscheinlich nicht vorstellen. Für den Fall, dass es doch so notwendig ist: Die Dänen von DPA sind – da ist sich die Audiowelt im Grunde einig – Hersteller hervorragender Mikrofone und werden meist in einem Atemzug mit Schoeps, Microtech Gefell, Sennheiser und einigen anderen genannt. Zusätzlich zur eigentlich ausschließlichen Belieferung des absoluten Profi-Marktes sind im letzten Jahrzehnt auch presiwertere Kandidaten im Produktportfolio aufgetaucht.

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Die beiden 4006A-Mikros des Stereosets sind im Prinzip Derivate der alten, nichtmodularen 400x-Serie, welche zwar einerseits für ihre exorbitante Klangqualität, aber eben auch für ihren zwar gerechtfertigten, aber dennoch saftigen Preis bekannt ist. Entgegen früheren Bekundungen hat man vor einigen Jahren doch den Schritt getan und ein Modularsystem auf Basis der Familie um die beliebten 4006 herum ins Leben gerufen. Wir haben die Konfiguration mit dem klassischen langen A-Body getestet.

Details

Das A-Team und das Phantom

“4006A” als Mikrofonbezeichnung der beiden Stäbchen ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Druckempfängerkapseln MMC4006 mit 0,63”-Nickelmembran und dem angesprochenen A-Body. Dieses Team liefert die besten technischen Werte, dafür warten B- und C-Verstärker mit anderen Features auf, etwa Kompaktheit und kleinerer Preis. Alle drei Systeme arbeiten mit 48V-Phantomspeisung (welche für die Kapselvorspannung übrigens nicht herangezogen wird, denn diese arbeitet mit einer permamenten Vorspannung durch eine Elektretschicht auf der Gegenelektrode zur Membran). Das DPA-eigene 130V-Prinzip, welches bei den Schwestern der 4003, 4004 und 4041-S verwendet wird, gibt es nicht in der d:dicate-Welt. Der Vorteil des 130V-Systems ist eine höhere Dynamik, doch Nachteile gibt es ebenfalls: Die Stecker sind speziell (4pol-XLR), die Kabel dürfen nicht sehr lang sein und es gibt nur wenige Vorverstärker, die 130V-Speisung anbieten (meist als Option): DPA HMA5000, Grace Design m201/801/802, Millennia-Preamps und solche von Prodigy Engineering. Da ich die 130V-Mikrofone der Dänen gut kenne, habe ich meinen Koffer als persönliche Referenz zum großen Vergleichstest mitgebracht. Dieser beinhaltet neben den Mikrofonen auch das Speiseteil, eine Stereoschiene, Kabelage, Windschutze, diverse Grids, Cones und Kugelaufsätze. Ein derartiger Koffer ist für die aktuelle 48V-Ausgabe der 4006A auch verfügbar und nennt sich 3506A. Zum Review im Testmarathon lag uns jedoch der deutlich kompaktere ST4006A-Koffer vor.

Fotostrecke: 7 Bilder MMC4006-Kapsel auf dem A-Body

Fliegender Koffer?

Vor dem Inhalt soll es um die Verpackung gehen: Das ST4006A ist in einem Peli-Case beheimatet. Kein Nachbau, sondern ein echtes Peli. Das ist nicht einfach nur angemessen, sondern wahrlich “standesgemäß”. Pelis können auch mal runterfallen, im Regen stehen oder geflogen werden. Das ist gar nicht so unwichtig: Druckempfänger haben grundsätzlich eingeschlossenes Luftvolumen. Natürlich muss dieses dem Umgebungsdruck angepasst werden, sonst würde der Wechsel von Tiefdruck- und Hochdruckgebieten, die sich auf Wetterkarten so fröhlich hin- und herschubsen, zu einer Membranauslenkung führen. Da ein derartiges Signal im Millihertzbereich tontechnisch irrelevant ist (und man in der Tontechnik Mikrofone benötigt, keine Barometer), befindet sich eine kleine Kapillare in der Kapsel, die einen Druckausgleich ermöglicht. Durchmesser und Länge bestimmen die untere Grenzfrequenz der Mikrofonkapsel – da die Druckverhältnisse in Flugzeugen sich aber sehr flott ändern können, ist es nur sinnvoll, Druckempfänger in einer Verpackung möglichst luftdicht verschließen zu können.

Praktisch: Peli-Case
Praktisch: Peli-Case

Höhen-EQs zum Aufschrauben

Im nun erschöpfend beschriebenen Koffer findet man die beiden Mikrofone, Datenblätter, zwei Windschutze und separate Grids. Dies ist eine Besonderheit des dänischen Herstellers: Durch unterschiedlich dimensionierte und gearbeitete Kapselaufsätze lässt sich die Höhenanhebung durch den Druckstaueffekt steuern. Das kleine, trapezförmige Close-Miking-Grid DD0254 nimmt die Höhen sehr stark, das DD0251-Freifeld-Grid etwas zurück. Das schwarze DD0297 wird im Diffusfeld verwendet, um dort eine lineare Aufnahme zu ermöglichen. Natürlich lässt sich so etwas vortrefflich auch zur Klanggestaltung anwenden. Die “Nose Cones” UA0777, welche einen annähernd linearen Frequenzgang über das gesamte Polar Pattern ermöglichen (erkauft durch eine durchaus auffällige Welligkeit von bis zu 3 dB über die Einfallsrichtung), liegen dem kleinen Set jedoch nicht bei. Abhängig vom gewählten Aufsatz und dem Besprechungsabstand ist der frontale Frequenzgang natürlich in den Höhen unterschiedlich, üblicherweise zeigt er sich vom Infraschallbereich bis etwa 10 Kilohertz jedoch bretteben. DPA gibt – eine der rühmlichen Ausnahmen unter den Mikrofonherstellern – auch den Phasenfrequenzgang der MMC4006-Kapsel an, der vor allem durch einen sehr sanften Verlauf auffällt.

Beide Kapseln des Sets
Beide Kapseln des Sets

Wertanlage

In Verbindung mit den A-Bodys ergeben sich andere – natürlich zunächst banal “bessere” – Werte als mit einem der anderen Verstärkermodule der d:dicate-Serie. Der Frequenzgang nicht nur der Kapsel, sondern der kompletten Kombination läuft bei einer Toleranz von ±2 dB von 10 Hz bis 20 kHz. A-gewichtet rauscht das elektronisch symmetrierte Kleinmembran-Mikrofon mit 15 dB, 1% THD ist bei 139 dB(SPL) erreicht. Ein Pad-Schalter zur Vordämpfung um 20 Dezibel liegt versteckt in der XLR-Anschlussbuchse. Das ist sogar noch umständlicher als ein zwischen Kapsel und Body einschraubbares Dämpfungsglied, wie es manche anderen Hersteller anbieten. Was hätte gegen einen etwas einfacher zugänglichen Schalter gesprochen?

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