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AKG K812 Test

Dass der österreichische Hersteller AKG seit Jahrzehnten hervorragende Kopfhörer baut, ist hinlänglich bekannt. Dass der K812 als aktuelles Topmodell auf der „Straße“ ca. 800 bis 900 Euro teurer ist als die bisher aktuellen Flaggschiffe der Marke, ist in der Tat bemerkenswert. Aus diesem Grund möchte ich, bevor ich mich ausführlich den Eigenschaften des Testobjekts widme, ein paar allgemeinere Gedanken loswerden, was den Kauf eines Kopfhörers für einen vierstelligen Eurobetrag rechtfertigen könnte.

Als Kopfhörer offener Bauweise sind Misch- und Masteringaufgaben der prädestinierte Einsatzzweck des AKG K812 im Studio. Aufgaben, welche normalerweise unter Einsatz von Studiomonitoren bewerkstelligt werden, aber seien wir doch einmal ganz ehrlich: Die Abhörbedingungen in mittlerweile vielen sogenannten „Studios“ sind aus einer Vielzahl von Gründen kompromissbehaftet bis mangelhaft. Das Bauen bzw. Mieten „gut“ klingender Räume im Sinne klassischer Tonstudios ist selbst in Profikreisen durch allgemein knappe Budgets nur einem begrenzten Personenkreis vorbehalten bzw. werden derartige Räumlichkeiten häufig nur zu Aufnahmezwecken genutzt. Angesichts dieser Situation scheinen hochwertige Kopfhörer als „Misch-Studio-Ersatz“ gerade recht zu kommen, und mittlerweile gibt es eine Vielzahl von selbsternannten Referenz-Kopfhörern, die um die Gunst der Käufer werben. Derartige Modelle kann man bereits für moderate, dreistellige Eurobeträge erwerben, wogegen für den K812 ein derzeitiger Straßenpreis von rund 1300 Euro verlangt wird – für einen dynamischer Kopfhörer ist das ein Betrag, der bestimmt viele potentielle Interessenten, mich eingeschlossen, zunächst einmal abschreckt oder zumindest sehr hellhörig werden lässt. In dieser Preisregion tummeln sich ja bereits die ersten elektrostatischen Kopfhörer, welche ja auch gern im Mastering genutzt werden. Was könnte denn nun dafür sprechen, eine solche Investition zu tätigen, vorausgesetzt die Eigenschaften rechtfertigen den Preis?

1.) Beständiger Wert
Hochwertige Audio-Hardware wird häufig über einen langen Zeitraum genutzt, und nicht selten haben derartige Geräte eine soliden Werterhalt. Nicht wenige Menschen sind bereit knapp 1000 EUR für ein Mobiltelefon auszugeben, das man vielleicht nur zwei bis vier Jahre nutzt, wogegen sich ein teurer Channelstrip, Analogsynthesizer und auch Kopfhörer zu einem wertvollen Lebenspartner entwickeln kann.

2.) Wer am falschen Ende spart…
Man könnte z.B. hinter das Thema „Kopfhörer“ einen Haken setzen! Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Kompromisse bei Geräten aus finanziellen Gründen in der Summe mittelfristig teurer sein können. Durch eine „90 plus X – prozentige“ Zufriedenheit gibt es ständige Optimierungszyklen, die dazu führen können, dass man im Endeffekt mehr Geld ausgibt, als hätte man sich gleich das optimale Wunschgerät angeschafft.

Und für professionelle Anwender möchte ich noch folgende Gedanken hinzufügen:

3.) Qualitätssteigerungen zahlen sich meistens aus

01_AKG_K812_Test_Aufmacher


Falls durch ein Gerät eine deutliche Qualitätssteigerung und in unserem Fall auch Mobilität erzielt wird, ist dies eine sinnvolle Investition, die das Geschäft belebt und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit amortisiert.

Diese rein subjektiven Gedankengänge sind prinzipiell geräteunabhängig. Aber keine Angst, dies soll kein amateurhaftes Existenzgründungsseminar oder gar eine Philosophiestunde werden!

Im Folgenden stellt sich also die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, derartige Überlegungen über die Anschaffung eines K812 anzustellen, denn ein Kopfhörer in dieser Preisregion muss NICHT automatisch top sein! Einige Wochen zuvor stand mir ein noch teureres Spitzenmodell eines anderen etablierten Herstellers zur Verfügung, welches ich gegen keinen Teller Suppe eingetauscht hätte. Stolzer Preis und selbstbewusste Marketingversprechen machen eben noch kein gutes Gerät! Schmerzen im Geldbeutel sind folglich auch nicht immer gut für die Ohren. Wie also schlägt sich also der AKG K812 im bonedo-Test?

Details

Bauweise

AKGs K812 ist ein dynamischer Kopfhörer in offener Bauweise mit ohrumschließenden Ohrmuscheln, dessen Gewicht (ohne Kabel) sich mit satten 390 Gramm am oberen Ende der mir bekannten Skala befindet. Vielleicht ist das hohe Gewicht der Grund für die Abkehr vom AKG-typischen Mechanismus der selbstjustierenden Größenanpassung. Das Kopfband des K812 wird erstmalig über eine solide anmutende und gut funktionierende Rasterverstellung der Kopfgröße angepasst. Der insgesamt etwas sperrige Kopfhörer bietet keinerlei Klappmechanismen o.ä. zum Transport.

Der K812 hat ergonomisch geformte Ohrpolster aus echtem Leder.
Der K812 hat ergonomisch geformte Ohrpolster aus echtem Leder.

Verarbeitung

Der K812 ist keine K702/712 Pro-Variante mit noch edlerem Materialmix! Die Optik hebt sich von den anderen gehobenen AKG-Modellen ab, lediglich die Form der Ohrmuscheln und natürlich die Markenapplikationen lassen eindeutig erkennen, dass der Kopfhörer aus der Heimat der berühmten Kaffeehäuser und Sachertorte stammt. Trotz auffälliger technischer Finessen, wie den kardanisch gelagerten Ohrmuscheln, wirkt das neue AKG-Spitzenmodell auf mich optisch eher klassisch-konservativ mit einem Hauch 90er Jahre HiFi-Romantik. Vermutlich wollte man sich bewusst vom plakativen „Raumschiff Voyager“-Design und Material-Kompositionen Marke „Neureich“ direkter Konkurrenten des gleichen Preissegments absetzen, um den seriösen Profistatus zu unterstreichen. Doch der hochwertige Materialmix des K812, u.a. mit Kopfbügeln aus umhülltem Federstahl und Ohrmuschelaufhängungen aus Aluminium, braucht sich definitiv vor niemandem verstecken. Teile des Kopfbandes sowie die Ohrmuscheln sind aus atmungsaktivem Echtleder gefertigt. Top! Dem Preis entsprechend, gibt es in dieser Kategorie nur Gutes über den, in Wien handgefertigten, Kopfhörer zu berichten. Des Weiteren spricht die Austauschbarkeit aller Bauteile für einen langlebigen Einsatz des K812.

Mitgelieferte Kabel und Co.

Der AKG-Kopfhörer wird mit einem abnehmbaren, glatten und knickgeschützten Kabel von drei Metern Länge ausgeliefert. Laut Hersteller besteht dies aus sauerstofffreiem, „hochreinem Kupfer (OFC)“, welches für Audioanwendungen besonders geeignet sein soll. An dessen einem Ende befindet sich das etablierte Duo aus vergoldetem 3,5mm-Klinkenstecker mit Schraubadapter auf 6,35mm, am anderen Ende ein sogenannter dreipoliger LEMO-Anschluss. Diese Steckverbindung, die besonders im Rundfunk- und TV-Bereich Verwendung findet, ist verriegelbar und gilt als ausgesprochen hochwertig. Schade nur, dass man dadurch eventuell vorhandene Kopfhörerkabel, z.B. alternativer Länge oder Spiralkabel nicht nutzen kann. Ich vermute, dass mittelfristig Kabelalternativen über den Zubehörhandel verfügbar sein werden. Die einseitige Kabelführung befindet sich übrigens, mittlerweile fast standardmäßig, auf der linken Seite.

Eine weitere Besonderheit ist der, im Lieferumfang enthaltene Kopfhörerständer Omega der Marke Sieveking. Dieses echthölzerne Schmuckstück stellt durch einen separaten Verkaufspreis von rund 100 Euro einen nicht unerheblichen Mehrwert dar. Nett, allerdings wäre mir persönlich eine maßgefertigte Transport-Box oder -Tasche, wie Beyerdynamic sie einigen Modellen beilegt, lieber gewesen, da nomadisierende Engineers und Producer eindeutig zur Zielgruppe des K812 zählen!

LEMO-Stecker statt Limo-Service
LEMO-Stecker statt Limo-Service

Technik und Kennzahlen

Wen wundert´s, dass der AKG-Primus in diesem Bereich eher klotzt als kleckert! Die technischen Daten, welche in den Features am Ende dieses Testberichts explizit aufgelistet sind, entsprechen oder besser übertreffen die Anforderungen an einen professionellen Kopfhörer der Spitzenklasse sehr großzügig. Erwähnenswert ist, dass AKG auch bei offenen, audiophilen Modellen den Trend zum niederohmigen Kopfhörer fortführt. Mit einer Nennimpedanz von 36 Ohm liefert der K812 an sämtlichen Zuspielern ein souveränes Bild ab.

Ähnlich den sogenannten „Tesla-Modellen“ von Beyerdynamic (T1, T70, T90), welche bereits hier getestet wurden und mir parallel zu diesem Test zur Verfügung standen, ist der 1,5 Tesla Neodym-Antrieb die herausragende technische Besonderheit des K812. Dieser leistungsstarke Antrieb, gepaart mit einer 53mm (!) großen Membran unterscheidet den AKG K812 von der sogenannten Varimotion-Technologie der bisherigen Topmodellen der Marke (K712, K702, K702 65th Anniversary Edition). Laut AKG ist diese Technik das Fundament der beispiellosen „Klangtreue und Neutralität“ des Kopfhörers – mehr dazu später.

Auf weitere Zahlenspiele möchte ich mich an dieser Stelle nicht einlassen, da technische Daten in den meisten Fällen NICHTS über die Wiedergabequalitäten eines Kopfhörers aussagen, sondern potentielle Käufer auch gerne mal in die Irre führen. Meine ausführlichen Testeindrücke bezüglich der Wiedergabeeigenschaften erfahrt ihr im folgenden Praxisteil dieses Testberichts.

Bei AKG gibt es den Ständer frei Haus!
Bei AKG gibt es den Ständer frei Haus!
Kommentieren
Profilbild von Thomas

Thomas sagt:

#1 - 03.08.2014 um 15:10 Uhr

0

Vielen Dank für diesen ausführlichen Test. Ich war schon kurz davor den "Kaufen" Button bei Thomann anzuklicken. Mich verunsichert allerding dieses Review "http://www.innerfidelity.co...", ob diese Kopfhörer wirklich so natürlich klingen. Der Tester äußert dort und im zugehörigen Youtube-Video relativ unverblümt, dass der AKG mit der Abbildung der oberen Mitten und Höhen Probleme hat und er energiereiche Musik zu harsch erklingen lässt und er diesen deshalb nicht für Audio-Professionals empfehlen kann.
Aber jeder hört ja ein bißchen anderst.

    Profilbild von Spankous

    Spankous sagt:

    #1.1 - 01.05.2018 um 17:53 Uhr

    0

    Mich würde auch eine Meinung darüber interessieren. Ich hab mehrere tests aber auch menschen gefunden die alle erwähnen das der 812 nicht das beste das es gibt ist wenn es um die mitten geht und das er harsch und nasal klingen kann... Hat jemand hier Erfahrung damit?

    +1
Profilbild von Peter Koenemann

Peter Koenemann sagt:

#2 - 04.08.2014 um 14:39 Uhr

0

Hallo Thomas, die Äußerungen des Testers sind für mich absolut nicht nachvollziehbar. Wie dem auch sei, dank des allgegenwärtigen Rückgaberechts gibt es aber keinen Grund zur Verunsicherung. Wenn ein gekauftes Gerät nicht Deinen Erwartungen entspricht, kannst Du es dem Händler zurücksenden. Nur Mut, ich denke Du wirst es nicht bereuen!

Profilbild von Daniel

Daniel sagt:

#3 - 19.01.2015 um 06:12 Uhr

0

Mich würde ein Vergleich zu den Kopfhörern PS1000e und PS500e von Grado interessieren, über die man leider sehr wenig zu lesen bekommt ...

Profilbild von Olli

Olli sagt:

#4 - 13.03.2015 um 02:55 Uhr

0

Hallo Daniel, falls es noch nicht zu spät ist:
Habe mich heute beim Händler meines Vertrauens durch einige Kopfhörer gehört und würde die K812 den Grado PS1000e vorziehen, diese klingen für mich etwas überbetont in den Mitten. Die Auflösung ist relativ ähnlich. Die Quelle war ein Oppo HA-1.

Profilbild von Fiete

Fiete sagt:

#5 - 19.04.2020 um 21:31 Uhr

0

Ich habe mir u.a. aufgrund dieses Tests den Kopfhörer bestellt und muss leider sagen dass er alles andere als neutral oder linear ist. Die Kurve in des K812 in Sonarworks ist ab 2khz aufwärts eine einzige Schlangenlinie, mit schmalen Peaks von bis zu +9dB und einem Dip von -6dB. Das kann man auch in der online Demo von Sonarworks so sehen.
Der Test sollte in dieser Hinsicht auch korrigiert werden, da einige Aussagen sehr irreführend sind und es sich ja hier um klar messbare Fakten handelt.
Durch diese Kurve klingt der Kopfhörer für mich schnell überfordert und billig in den Höhen, vor allem wenn man es mit komplexerem Material zutun hat. Teilweise kommt er schon bei (eigentlich guten) Mixen mit einem Shaker und zwei HiHats an seine Grenzen. Das hat auch wenig mit Problemen im Mix zutun, sondern hängt viel mehr damit zusammen ob die vom KH angehobenen oder abgesenkten Frequenzen dem Mix schmeicheln oder eben nicht. Dieses Problem wurde ja auch in anderen Reviews häufig angesprochen.
Wenn man allerdings diesen Frequenzgang korrigiert klingt dieser Kopfhörer tatsächlich grandios. Er ist detailliert mit einer sehr schönen Auflösung des Raums und einer guten Darstellung der Bühne und der Dynamik. Auch ist er der erste Kopfhörer mit dem ich den ganzen Tag lang arbeiten kann ohne das er zu unbequem wird oder die Ohren zu sehr ermüdet.
Dennoch bin ich mir nicht sicher ob ich ihn behalte. 850€ sind ziemlich happig für einen Kopfhörer den man ohne EQ Korrektur praktisch kaum zum Arbeiten verwenden kann.

    Profilbild von Peter Koenemann

    Peter Koenemann sagt:

    #5.1 - 20.04.2020 um 13:23 Uhr

    0

    Hallo Fiete,
    danke für deinen Kommentar! Es ist schade, dass der Kopfhörer nicht deinen Erwartungen entspricht. Ich nutze den K812 seit inzwischen 6 Jahren und bin nach wie vor der Ansicht, dass seine ausgewogene Frequenzwiedergabe dem Abhören mit Studiomonitoren - ich arbeite seit Jahren mit hochwertigen Genelec, Adam Audio und Neumann Monitoren - am nächsten kommt. Nun gibt es wahrscheinlich keinen Kopfhörer weltweit ohne eine Welligkeit im Frequenzgang, doch solange dies nicht der Natürlichkeit und Beurteilbarkeit entgegenwirkt, toleriert man es. Speziell in den Höhen trifft der K812 die ausgewogene Mitte zwischen "Referenzkopfhörern" namhafter Hersteller, die deutlich(!) schärfer klingen als auch spürbar "muffigeren" Exemplaren. Dass die Wiedergabeeigenschaften von Kopfhörern subjektiv sehr unterschiedlich beurteilt werden, ist nicht neu und kann sehr viele Gründe haben, wie beispielsweise Anatomie, Hörpräferenzen, potentielle Serienstreuung u.s.w. Somit sehe ich als Autor dieses Testberichts keinen Anlass die Beurteilung des AKG K812 zu korrigieren.

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