AKG C451 B/ST Test

Das AKG C451 B im bonedo-Test – Das C451 B des österreichischen Herstellers AKG taucht in unzähligen Mikrofonlisten diverser Studios, aber auch Veranstalter und PA-Verleiher auf. Genau so häufig wird es diskutiert, sei es beim abendlichen Bier oder in den Foren der Live- und Studio-Zünfte. Dabei scheint sich abzuzeichnen, dass das Kleinmembran-Kondensatormikrofon in die Produktkategorie “love it or hate it” fällt. So zu polarisieren, schafft nicht jedes tontechnische Gerät, erst recht nicht jedes Kleinmembran-Mikro, das ja eigentlich zu einer gemeinhin eher unaufdringlichen Gattung zählen sollte.

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Schon ungehört könnte man sagen, dass also etwas dran sein muss am AKG C451 B. Nicht unerheblich dabei ist sicherlich die Geschichte des Mikrofons, denn es ist natürlich nicht einfach vom Himmel gefallen oder war nach einer simplen Produktankündigung vor ein paar Jahren auf einmal in den Shops dieser Welt erhältlich. Nein: Das 451 B hat eine Ahnenreihe, die sich vor der von D12 VR, C12 VR, C414 XLII/XLS und D112 nicht verstecken muss. Mit seinem Urahn C451 EB (übrigens AKGs erstes FET-Mikro) gemein hat die heutige Version, die 2001 das Licht der Welt erblickte, vor allem das Kapseldesign. Eine der wesentlichen Eigenschaften der einstmals austauschbaren CK1-Kapsel war damals die sehr frequenzkonstante Niere, die einen sehr hochwertigen Umgang mit Off-Axis-Signalen ermöglichte. Heute ist das C451 B ein nichtmodulares System. Wie eigentlich immer, gibt es auch bezüglich des AKG-Stäbchens eine eiserne “Früher-war-alles-besser”-Fraktion, die diese Neuauflage (wie meist eigentlich alle Neuauflagen klassischer Mikros) rigoros ablehnt. Ob man diesen Personenkreis guten Gewissens als Betonköpfe denunzieren darf oder ob er Recht hat, ist einer der Aspekte dieses Tests.

Details

Zwei Grenzfrequenzen für das Hochpassfilter

Ein AKG C451 B kleidet sich in klassisches Silber, genaugenommen ist es matt vernickelt. Ziemlich lang ist es, das Stäbchen, ordentliche 16 Zentimeter! Dafür beherbergt es auf seinem Metallkorpus aber auch verschiedene Schaltfunktionen. Wie man sich denken kann, handelt es sich dabei um Filterfunktionen und Pegelabschwächung. Der -3dB-Punkt des Hochpassfilters kann wahlweise auf 75 oder 150 Hz gesetzt werden, in beiden Fällen handelt es sich um doppelpolige Steilheit, also 12 dB/oct. Und natürlich kann das Filter auch deaktiviert werden.

Zweistufiges Pad

Ebenfalls dreistufig ist die Vorabsenkung, die dem C451 B um einen um den Faktor 3 oder 10 höheren Grenzschalldruck verhelfen kann. In Stellung Null, also ohne Pad, liegt dieser bei 112 Pascal (als Schalldruckpegel 135 dB SPL), in 10dB- und 20dB-Stellung treten die 0,5% Klirr dementsprechend bei 335 und 1120 Pa (was 155 dB SPL entspricht) auf. Das Eigenrauschen liegt nach gehörangepasster Filterung bei 18 dB (A). Dies stellt einen Wert dar, wie er typisch ist für moderne Kleinmembran-Kondenser, die dann nutzbare Dynamik lässt sich (mit der A-Bewertung) auf 117 dB errechnen. Den Feldleerlauf-Übertragungsfaktor gibt AKG mit (recht geringen) 9 mV/Pa an, die Impedanz wie so häufig einfach mit “kleiner als 200 Ohm”, womit man sich anpassungsmäßig auf der sicheren Seite befindet.

Fotostrecke: 3 Bilder Charakteristisches Kapseldesign des C451

Nicht wählerisch

Die Dynamikwerte lassen sich nur mit der üblichen Speisespannung von 48 Volt erreichen. Dass das 451 auch mit 9 und 24 Volt betrieben werden kann, ist aber natürlich ein Pluspunkt. Überhaupt kann das AKG mit verschiedenen Ausgangssituationen gut umgehen. Die empfohlene Betriebstemperatur liegt in einem Bereich, für den manche Hersteller gerade einmal die Lagerung erlauben: -20 bis +60 °C!

Kleiner Huckel im Frequenzgang

Ohne Filterung und bei ausreichend naher Besprechung zeigt sich der Pegelfrequenzgang des Stäbchens sehr ausgewogen, lediglich zwischen 5 und 20 kHz erhebt sich der Graph um wenige Dezibel mit einer Mitte von etwa 12 kHz. Immerhin wird das 451 als brillant und höhenreich dargestellt. Das zu überprüfen ist aber Aufgabe des nun folgenden Praxisteils. Doch zuvor noch ein paar Worte zum Lieferumfang: Getestet haben wir das Mikrofon nicht einzeln, sondern als Stereoset. Die beiden 451er machen es sich in einem geräumigen Aluminiumkoffer gemütlich und teilen sich ihren Platz mit je einem Windschutz und einer Mikroklemme, außerdem gibt es eine kleine Stereoschiene. Der Herstellungsort der Mikrofone ist übrigens Österreich.

Praxis

Lange Kleinmembraner sind nicht so unauffällig und flexibel zu positionieren wie kürzere Vertreter, aber die Dicke von nur 19 Millimetern und das unscheinbare Mattnickelfinish machen das zumindest optisch wieder wett. Die Schalter haben einen perfekten Widerstand, lassen sich jedoch ohne Hilfsmittel wie Kugelschreiber nicht bedienen. Gut: Die Mikros sitzen ziemlich spack (also “fest”) in den Halterungen.

Bekannter Anblick seit vielen Jahren: 451er im Einsatz
Bekannter Anblick seit vielen Jahren: 451er im Einsatz

Nicht nur mechanisch sind die AKG-Kondensatormikros sehr robust, auch klanglich. An der Akustikgitarre zeigen sie sich – entgegen der Annahme, die man eventuell aufgrund des Frequenzgangs hat – leicht präsent, ja fast schon etwas (hoch-)mittig. Diese Eigenschaft würde in übertriebendem Maße einen etwas grobschlächtigen Charakter zur Folge haben, bei den C451 B ist es eine in Pop- und Rock-Mixes gerne mitgenommene Hilfe, um Signale ein wenig nach vorne zu holen. Gut dabei ist, dass dieser leichte Support nicht gewollt oder künstlich klingt, wie man es bei vielen sehr preiswerten Mikrofonen beobachten kann. Bemängeln könnte man allenfalls, dass die AKG-Stäbchen es in den Mitten ein wenig an Offenheit und Luftigkeit vermissen lassen. Sie klingen dadurch etwas dichter, gedrungener und kompakter.

Audio Samples
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AKG C451 B Referenz Schoeps CMC-64

Die Höhen sind recht ausgewogen, zeichnen naturgetreu und agieren auch dynamisch gut. Unter den Mikrofonen mit etwas “aufgemotzten” Höhen und Hochmitten gehören sie zu den Besten, auf keinen Fall klingen sie künstlich oder gar verwaschen. Doch im Gegenzug kann für manche Signale das Air-Band etwas zu kurz kommen. Von Natur aus klingelige Crashes oder Hi-Hats etwa können mit 451ern mikrofoniert schön aggressiv und sehr durchsetzungsfähig und “Achtziger-mäßig” sein, andersherum aber auch stark schneidend und beißend. Ein solches Signal ist im beschriebenen Fall aber eher etwas für Großmembran-Mikrofone, Bändchen oder eben gemächlichere und gemütlichere Kleinmembraner. Wahrscheinlich ist es der oberste Frequenzbereich, der im Vergleich zu sehr hochwertigen und teuren Vertretern der Gattung Nieren-Kleinmembraner das Stereobild etwas kleiner wirken lässt, doch handelt es sich dabei nur um Nuancen. Zudem ist die Verwendung als Hauptmikrofonsystem sicher nicht die häufigste Anwendung für die 451er. Diese Einschätzung wird unterstützt durch die Ausstattung, die vor allem im Nahbereich lauter Instrumente sinnvoll wird: Für das (sehr sauber arbeitende) Pad ist das direkt nachvollziehbar, doch auch die Hochpassfilterung wird nicht nur benutzt, um Störgeräusche zu entfernen oder den Klang kreativ zu beeinflussen, sondern auch, um die oft unnatürlich wirkende Bassanhebung durch den Proximity-Effekt abzumildern. Bei Becken/Hi-Hats klingt eine derartige Überbassung meist grauenvoll. Bei den Low-Cuts wurde offenbar nicht gespart, denn auch sie verrichten einen hervorragenden Job!

Fazit

AKGs C 451 B sind keine zarten Feingeister, sondern eher Rock’n’Roller – im Kern hat sich der 451-Charakter über die Jahre ganz klar bewahrt. Die robusten Mikrofone verleihen Signalen das Quäntchen an Durchsetzungskraft, das hilft, sie im Mix klarer zu positionieren. Wer das sucht, ist mit diesen Stäbchen gut beraten, wer warme und runde Signale benötigt, naturgemäß eher nicht. Für einen vernünftigen Preis erhält man mit dem C 451 B/ST ein Stereoset, das vor allem bei Rock-/Pop-Recordings sehr gute und gut passende Signale liefert. Es sei an dieser Stelle besonders für geschlagene Akustikgitarre, kernige Overheads und sonstige Schallquellen empfohlen, die deutlich herausgearbeitet werden sollen.

Pro
  • durchsetzungsfähiger, dennoch natürlicher Sound
  • gute Schaltfunktionen
Contra
  • für manche Anwendungen etwas zu aggressiv
Nicht umsonst Klassiker unter den Kleinmembran-Kondensatormikrofonen: AKG C 451 B
Nicht umsonst Klassiker unter den Kleinmembran-Kondensatormikrofonen: AKG C 451 B
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 9 mV/Pa
  • THD+N: 18 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 135 dB SPL (0,5 % THD)
  • Hochpassfilter: 75 Hz, 150 Hz (12 dB/oct)
  • Vordämpfung: 10 dB, 20 dB
  • Preis (Paar): 999,- € (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • durchsetzungsfähiger, dennoch natürlicher Sound
  • gute Schaltfunktionen
Contra
  • für manche Anwendungen etwas zu aggressiv
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AKG C451 B/ST Test
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Nicht umsonst Klassiker unter den Kleinmembran-Kondensatormikrofonen: AKG C 451 B

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