Denon DN-X1600 Test

Praxis

Effekte
Wer keine Soft-FX nutzt, weil er zum Beispiel mit herkömmlichen Schallplatten oder Audio-CDs auflegt, der könnte gefallen an Denons eingebauten Klangverbiegern finden. Mit einem breit gefächerten Spektrum von 14 unterschiedlichen Genrevertretern und einem nachgelagerten bipolaren FX-Filter kann der DJ schon so manche kreative Eingebung auf den Dancefloor projizieren. Er kann die FX-Ausgabe im Vorfeld auf dem Kopfhörer prüfen, das übersichtliche Display zeigt ständig aktuelle Parameterwerte an. Ausgewählt wird mit dem Push-Encoder. Mit an Bord sind Delay, Echo, Flanger, Filter, Pingpong, Trans, Phaser, Reverb, Echo-Reverb, Loop, Reverse-Loop, Pitch, Beat-Break und Scratch. Wir hören mal rein.

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Delay Echo Filter Phaser Pingpong Pitch Trans Flanger Reverb Echoreverb

Vier Effekte möchte ich gesondert erwähnen, weil sie noch nicht so häufig in Clubmixern zu finden sind.

Der Beat-Breaker ist ein wahrer Soundhäxler und wird DVS-User zurecht an den Deckadance-Relooper oder VDJs Beatgrid erinnern. Er zerlegt den aktuellen Beat in Sechzehntelnoten. Das Raster auf dem Display besteht ebenfalls aus 16 Blöcken (4×4). Ausgewählte Teilbereiche werden durch den ersten Sound des aktuellen Taktes ersetzt. Werkseitig sind bereits 10 Programme voreingestellt, dazu kommen fünf User-Patterns.

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Beatbreaker

Loop und Reverse Loop
Ein Loop wird per Tastendruck in voreingestellter Länge eingefangen. Da der Zyklus manuell ausgelöst wird und nahtlos läuft, aber nicht beat-synchronisiert wird, ist es anzuraten, zunächst mit 100 Prozent WET oder voll DRY zu arbeiten. Wenn der Takt nicht genau getroffen oder der BPM-Wert nicht korrekt ausgewertet wurde, kann es zu einem Versatz kommen, der in der Mischung zu unangenehm auffallenden Holperern führt. Bei den Loop-FX übernehmen die Beat-Tasten die Aufgabe eines Loopcutters und halbieren oder verdoppeln die Längen in einem Rahmen von 1/16 bis 8/1 Beats. Der Reverse-Loop-FX funktioniert wie ein Standard-Loop, das entnommene Audiomaterial spielt jedoch rückwärts. Mit den Loop-Effekten kann der DJ, ein bisschen Konzentration vorausgesetzt, auch Rolls und Censors im Stile von Serato-Scratch-Live erzeugen. Dazu blendet er wiederholt zwischen dem (Reverse-) Loop und dem weiterlaufenden Original-Track. Das ist etwas komplizierter als mit SSL-MIDI-Shortcuts, zudem müssen der Originalsong und die Schleife absolut synchron takten. Obendrein wäre ein Dry/Wet Fader mit Hard-Cut dieser Aufgabe eventuell besser gewachsen. Für die besagten Einsatzbereiche kann der DJ, sollten die beiden Audiosignale aus dem Gleichlauf geraten, den Originalsong per Jogwheel bremsen. Pitch-Bend für die Loops sind nicht dabei.

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Loop Reverse Loop

Der Scratch-FX ist noch recht selten am Mischpult zu finden. Ich möchte ihn daher ebenfalls an dieser Stelle einreihen.

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Scratch

Mit den Beat-Tastern werden Auto-Modulationszeiten gesetzt, welche sich typenbedingt in werkseitig vorgegebenen Längen unterscheiden. Zum Beispiel hat der Gater-ähnliche Trans-Effekt einen Spielraum von 1/16 bis 8/1, der Flanger hingegen 32/1 bis ¼. Der aktuelle Beatcounter-Wert dient als Basis für die Synchronisation. Hier hat der Anwender die Auswahl zwischen einer automatischen Tempo-Erfassung des zuletzt angewählten Kanals oder des Masters. Alternativ erfolgt eine Mittelwertberechnung manueller Eingaben über TAP. Obendrein ist es möglich, das Timing schrittweise um eine Millisekunde per Hand zu ändern. Schade, dass die Beleuchtung der Effektsektion nicht über alle Komponenten reicht. Für meinen Geschmack hätten die Konstrukteure ruhig noch PARAMETERS, BACK und die BEAT-Tasten mit einbeziehen können. Auch eine Werte-Anzeige für das Kombi-Filter (PARAMETERS) hätte nicht geschadet. Links Tiefpass, rechts Hochpass, das Filter klingt potent. Allerdings hat der DJ keinen Zugriff auf die Resonanz.

Was die steuerbaren Parameter der einzelnen Effekte angeht, sollte man den Testkandidaten nicht an den Möglichkeiten einer DJ-Software a´la Traktor oder Serato messen, denn da herrscht am DENON X1600 eher Purismus. Schaut man sich hingegen das Feld der Clubmixer-Konkurrenten an, kann man der Effekt-Sektion Clubtauglickeit attestieren, denn die gebotene Auswahl klingt nicht nur fett, sondern ist auch intuitiv zu bedienen. Unliebsame Extremsounds, die in ungeübten Händen akustische Verwirrung stiften könnten, braucht der Akteur kaum zu fürchten. Bei zeitkritischen Typen muss er naturgemäß damit rechnen, dass sie aus dem Timing geraten, wenn der Beatcounter sich verrechnet oder aufgrund eines Breaks von einer Sekunde auf die nächste eine völlig andere Einschätzung des Songtempos vornimmt. Das ist aber nichts Neues, damit kämpfen ziemlich viele hardwareseitige BPM-Analysen.

MIDI
Bis auf wenige Ausnahmen sendet die komplette Bedienoberfläche des Mixers auf Wunsch auch MIDI-Steuerbefehle. So etwa die Cue-, Effekt- und Mic-Buttons sowie die Pots der Hauptkanäle, die FX-Sektion, alle Fader und die Booth/Master-Knöpfe. Damit keine Wertesprünge stattfinden, wenn der DJ auf MIDI schaltet, friert der Mixer die aktuellen Einstellungen an den Hauptkanälen ein und aktiviert den Pick-up, sobald es zurück in den Mixer-Modus geht. Die vorherigen Werte müssen also abgeholt werden. Das Display zeigt die Richtung und Distanz an.

Wie Eclers Evo4 oder Ranes 68 verfügt auch der Testkandidat zusätzlich über eine eigenständige MIDI-Sektion. Vier Push-Encoder und ebenso viele Buttons senden auf vier MIDI-Pages bis zu 48 Steuersignale und zwar 12 pro Layer. Diese Art der Konstruktion macht gerade Schule, prima. Allerdings muss sich der Käufer – im Gegensatz zu den vorher erwähnten doppelseitig bestückten Modellen – mit nur einer Sektion auf der rechten Außenseite zufriedengeben. Außerdem wäre eine kleine Status-LED neben der Schaltfläche für die aktive MIDI-Page wünschenswert.

Erfreulicherweise stellt Denon als Alternative zum USB-MIDI-Betrieb auch eine 5-Pol-Schnittstelle bereit. Das bringt zum einen ältere Ausstattung ins Spiel, zum anderen sind gerade Besitzer eines Mac-Book-Pro oftmals mit zwei USB-Buchsen Typ-A ohne einen Hub schnell mit ihren Möglichkeiten am Ende. Da schafft eine MIDI-Standardbuchse noch mal Platz für ein Triggerpad oder ein Fußpedal. Die MIDI-Clock lässt sich im Übrigen für USB und 5-Pol separat oder simultan aktivieren.

DVS-Setup
Nun soll das Timecode-gepowerte Traktor-Scratch Pro Setup an den Start gehen. Zu diesem Zweck werden je zwei Plattenspieler und zwei CD-Player mit den Eingängen am Mischpult verbunden. Dafür ist zuvor die Soundkarte einzurichten. Für Windows liegt der passende ASIO-Treiber auf CD vor, der Apfel ist zunächst auf mindestens OS X SL10.6.4 upzudaten. Zusätzlich empfiehlt der Hersteller, den Mixer mit Denons aktuellem Firmware-Update 1020 zu flashen, damit es nicht zu Audioaussetzern auf dem Mac kommt. Die Sample-Raten von Mischpult und Software müssen unbedingt identisch sein. Es ist nicht möglich, die Vorgaben im laufenden Betrieb, respektive in-the-mix zu ändern. Ferner muss das Pult im Setup-Menü auf Mac oder PC Betrieb eingestellt sein. Hat der DJ die Input-Matrix an den benötigten Kanälen auf P1-P4 gestellt und den USB-B-Modus aktiviert, taucht der Testkandidat in Traktor als Denon DN-X1600 auf. Sobald der Besitzer auf External-Control (2/4) schaltet, richtet die Berliner Software das korrekte Routing selbstständig ein. Dann noch die Timecodes in die Lade oder auf den Teller, und der Spaß kann beginnen. Hört sich vielleicht etwas kompliziert an, ist aber in wenigen Minuten erledigt. Mit vier Zuspielern kann man schon ordentlich Fahrt aufnehmen. Kommen Loop-Decks ins Spiel, sind die wahlfreien Kontureinstellungen der Linefader sehr nützlich. Die Effektsektion trägt ebenfalls ihren Teil zur Langzeitmotivation bei. Auf dem Mac konnte ich mit den voreingestellten 4 Millisekunden Latenz sehr flüssig arbeiten.

Alle Jahre wieder…
Das Jahr neigt sich dem Ende und mancher nutzt die Gelegenheit, um sich selbst noch einmal kräftig zu beschenken. Kommen wir also zum Thema Investition, das sicherlich nicht nur für Erstkäufer interessant ist. Um ein qualifiziertes Setup wie das zuvor beschriebene auf die Beine zu stellen, muss man schon ein wenig tiefer in die Tasche greifen. Zwei MK2-Plattenspieler der Häuser Technics (Stückpreis 700 Euro) oder Vestax (Stückpreis 750 Euro) schlagen mit etwa 1400 Euro zu Buche, dazu kommen zwei Tonabnehmersysteme, wie Ortofon-Scratch a 100 Euro, zwei CD-Geräte wie Pioneers CDJ-350 mit einem Anschaffungspreis von 600 Euro, Kabel für nen Zwanziger und nicht zu vergessen ein Traktor-Scratch-Upgrade für 299 Euro, eventuell noch ein Mittelklasse-Notebook und natürlich der Testkandidat für je einen Tausender. Die Gesamtkosten belaufen sich somit in der Summe auf knapp 5000 Euro (!). Wahrlich nichts für den Partykeller-Aktivisten. Ein DJ-Set bestehend aus einem Mischpult und zwei MIDI-Controllern gestaltet sich nur halb so teuer und ist zudem auch noch platzsparender. Die Kontrollettis könnten aus Traktor Kontrol X1-Einheiten, Allen & Heath Xone:1D, Stantons Da Scratch oder Geräten aus der Hamburger Faderfox-Schmiede bestehen. Eine Traktor Pro- oder Duo-Lizenz genügt – sie ist bis zum Jahresende zu einem um fünfzig Prozent reduzierten Sonderpreis erhältlich. Die Verkabelung ist schnell vollzogen. PA und Monitorboxen wandern ans Mischpult, die Controller an den Rechner – in diesem Fall ein Traktor Kontrol X1 für die Decks A/B und ein Faderfox DX3 für die Decks C/D. Die Steuereinheiten passen gut an die Außenflanken des Pults. Wir mixen extern, die Einstellungen am Denon dürfen in DVS-Stellung verharren. Und der Kostenfaktor? Ein 4GB-RAM Doppelkern Intel Notebook vom Elektro-Discounter (599 Euro), der Mixer (1000 Euro), Software (299) Euro und 2 Controller (450 Euro) machen zusammen weniger als 2500 Euro aus, also knapp die Hälfte des vorangegangenen Equipments. Immer noch kein Schnäppchenpreis, aber sicherlich keine schlechte Alternative für Timecode-resistente Deejays elektronischer Spielrichtungen, die sich in den Testkandidaten verguckt haben und auf vier Decks arbeiten wollen. Wer zwischendurch einmal nur mit der MIDI-Sektion arbeiten will, könnte folgendes Mapping anlegen: Jede MIDI-Page steuert ein Traktor-Deck. Encoderfunktionen: Browse/Load, Pitch/Master, Loopcutter/Active, Search/Setcue. Buttonfunktionen: Play/Pause, Sync, Bendplus, Bendminus.

Mein Bruder und ich
Man möchte gar nicht glauben, dass der Denon DN-X1700 der große Bruder des Sechzehnhunderters ist. Sicherlich, er hat ein hoch auflösendes Display, längere Mastermeter und zwei unabhängige Effektgeräte mit je 12 Effekten. Dafür verzichtet er aber auf die MIDI-Sektion und die Traktor-Scratch-Pro-Zertifizierung. Und auf den praktischen DVS-Modus. Mir persönlich fällt da die Wahl leicht, denn der Aufpreis von 700 Euro scheint mir doch etwas überzogen.

Ich muss schon sagen, so einen Allrounder wie den Denon DN-X1600 kann man schnell ins Herz schließen. Sicher sind 1000 Euro eine Menge Holz, mit seinem Mehrkanal-USB-Interface und der MIDI-Sektion fällt er aber definitiv in die Kategorie Langzeitinvestition. Im Club oder in der Tanzbar stellt das Pult in Kombination mit analogen Zuspielern und einem seitengelagerten MIDI Controller a´la Xone:X1 für nahezu jeden DJ und jede DJ-Software ein passendes Arbeitswerkzeug. Die Intensität der Buttons und Leuchtkränze am Mischpult könnte allerdings etwas stärker ausfallen. Neben Traktor Scratch Pro sind auch Mixvibes, Deckadance, Virtual-DJ und Konsorten schnell eingebunden und konfiguriert. Allerdings sollte der DJ sicherheitshalber eine CD oder eine Schallplatte im Gepäck haben, denn für den Wechsel zwischen zwei Notebook-Artisten ist eine Trennung des Interface erforderlich. Und somit das kurzzeitige Einbinden einer alternativen Audioquelle. Via V-Link kann der Sechzehnhunderter sogar Daten an die Videomischer Roland V-4 oder V-8 senden. Leider ist zum Testzeitpunkt keines dieser Geräte vor Ort verfügbar, sodass die Funktionsweise hier nicht überprüft werden kann. Doch es sind nicht nur Profis und Semiprofis, die sich angesprochen fühlen sollten. Auch fortgeschrittenen Hobbyanwendern mit entsprechendem Budget möchte ich den Denon ans Herz legen, gerade wenn sie Platten und digital auflegen.

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Profilbild von Kubiq

Kubiq sagt:

#1 - 09.08.2011 um 00:06 Uhr

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Hallo,
Erstmal danke für den tollen ausführlichen Bericht. Der hat unter anderem dafür gesorgt, dass meine Kaufentscheidung auf den x1600 gefallen ist.
Eine Frage hätte ich allerdings auch. Du schreibst, dass man die FX auf dem Kopfhörer vorhören kann, allerdings höre ich die bei mir nicht. Muss man das evtl erst einschalten. Allerdings weiss ich nicht wo. Der cue Knopf auf der effektsektion scheint keine Funktion zu haben...Danke und viele Grüße,
Kubiq

Profilbild von twi..

twi.. sagt:

#2 - 30.08.2011 um 21:54 Uhr

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hey kubiq erst must du den effect auf einen kanal legen, danach den effect anschalten ,dan kannst du in der effect sektion die taste cue drücken der effect wird dan über den master und über die kopfhörer zur gleichen zeit wieder gegeben. ich glaub anders geht das nicht :)
beim dn-x 1500 ging das das man auch den effect vohrhören konnte befohr er über den master ausgegeben wirt.bis denne

Profilbild von Merdee

Merdee sagt:

#3 - 08.11.2011 um 21:43 Uhr

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Ist es Möglich die Midi Funktionen des Mixers zu nutzen und zusätzlich einen Controller (z.B. Traktor X1) anzuschließen?Grüße!!

Profilbild von peter

peter sagt:

#4 - 09.11.2011 um 18:15 Uhr

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Hallo Merdee.
Absolut. Du kannst unter Traktor so viele MIDI-Controller einsetzen, wie du willst.
Gruß
Peter

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