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Boss SY-300 Test

Der Boss SY-300 Gitarrensynthesizer steht für neue Sounds und Klangerweiterungen, ohne dass es dafür spezielle Gitarren oder Pickups bräuchte. Der SY-300 sollte sich also mit jeder Gitarre und jedem Bass verstehen, der über einen Tonabnehmer verfügt. In Sachen Gitarrensynthesizer hat Roland/Boss ohnehin Pionierarbeit geleistet. Bereits 1977 wurde mit dem GR-500 der erste Synthesizer vorgestellt, der mit einer Gitarre angesteuert werden konnte. Allerdings nicht mit jeder, es musste schon die GS-500 sein, die über ein 24-pol-Kabel mit dem Synth verbunden wurde. Die späteren Gitarrensynthesizer benötigten zwar keine spezielle Gitarre mehr, aber einen sogenannten hexaphonischen Tonabnehmer, der jede Saite einzeln abnimmt. Dessen unattraktive Optik war für viele Gitarristen schon ein Hinderungsgrund, sich mit einem Guitar-Synth anzufreunden. Außerdem waren auch Tonerkennung und Umsetzung nicht unbedingt für ihre Schnelligkeit bekannt. Die Latenz war sehr hoch, der Ton kam sehr spät und sorgte dafür, dass das Spielgefühl und Timing des Gitarristen mitunter ziemlich grenzwertig war.

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In den fast 40 Jahren seit der Vorstellung des ersten Gitarrensynthesizers hat die Technologie erhebliche Fortschritte gemacht. Und man hat gelernt, dass der Gitarrist in der Regel auch keinen Wert auf Standard MIDI-Sounds wie Akkordeon oder Saxophon legt. Analoge Synthesizer-Sounds sind gefragt. Außerdem machen es die aktuellen leistungsstarken Prozessoren möglich, einen Gitarrensynthesizer mit normalen Pickups anzusteuern. Plug in and Play sozusagen. Der Hersteller verspricht, dass all das mit dem SY-300 möglich sein soll – eine Botschaft, der wir in diesem bonedo-Test auf den Grund gehen wollen.

Details

Gehäuse/Optik

Platz ist kostbar, das wissen vor allem die Hersteller von Effektgeräten, daher ist auch unser Testkandidat in einem verhältnismäßig kleinen Gehäuse untergebracht. Im Gegensatz zu einigen Vorgängern aus der GR-Serie, die ihr Dasein in Kunststoff-Gehäusen fristeten, hat Boss dem SY-300 ein Stahlblech-Outfit verpasst, robust und roadtauglich mit vier stabilen Fußschaltern.
Als Zentrale dient auf der Oberseite das grafische LC-Display, um das sich einige Schalter und Regler postieren, die zum Einstellen des Synth-Sounds gebraucht werden. 

Fotostrecke: 5 Bilder Der SY-300 steckt in einem robusten Stahlblech-Gehäuse

Alle Anschlüsse sind auf der Rückseite geparkt, neben dem Eingang für die Gitarre haben wir erst einmal eine Thru- und eine Return-Buchse, an die bei Bedarf externe Effektgeräte angeschlossen werden. Der Thru-Output liegt in der Signalkette direkt hinter dem Input und lässt sich auch dazu nutzen, das direkte Gitarrensignal an einen normalen Gitarrenamp zu schicken, was die Investition in einen Signal-Splitter erübrigt. Weiter geht es mit den Ausgängen, und da war Boss nicht geizig und hat uns mit Main Out & Sub Out gleich doppelt versorgt, und das in stereo. Der Sub Out kann an verschiedene Stellen im Signalweg geroutet werden, dadurch ist man für unterschiedliche Einsätze gewappnet. Leider hat der SY-300 keinen XLR-Out, was für die Live-Performance noch sinnvoller gewesen wäre, denn mit einem solchen spart man sich die DI-Boxen. Eine MIDI-Schnittstelle (In, Out/Thru) gibt es auch, über die zum Beispiel Presets von einem externen Switcher umgeschaltet werden.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite des SY-300 ist gut bestückt

Zur Kommunikation mit dem Computer steht ein USB-Anschluss bereit, über den der komplette Synth-Sound aufgenommen werden kann, denn in dem Fall dient der SY-300 als Audio-Interface. Durch das flexible Routing ist es aber auch möglich, nur das direkte Gitarrensignal aufzunehmen und den Synth-Sound über das Monitoring zu hören. Die aufgenommenen Spuren könnten dann nachträglich per “re-synthesizing” noch einmal den SY-300 durchlaufen und entspannt eingestellt werden. Außerdem lassen sich über die USB-Schnittstelle die eigenen Sounds mit der Boss Tone Studio App am Computer verwalten und neue Sounds in das Gerät laden. Weitere Kontrollmöglichkeiten bietet der EXP/CTL Anschluss, der entweder auf ein Expression-Pedal oder zwei Fußschalter wartet.

Expression-Buchse, USB-Port und Netzanschluss nebst Power-Schalter
Expression-Buchse, USB-Port und Netzanschluss nebst Power-Schalter

Struktur/Bedienung

Wir schauen uns zuerst einmal den generellen Aufbau des SY-300 an. Der Synth-Sound wird mit drei individuell einstellbaren Oszillator-Einheiten (Oszillator=Synthetische Klangerzeugung) erzeugt, die im Gerät mit OSC1, OSC2, OSC3 bezeichnet werden. Vier Effektsektionen (FX1-4) stehen zur Verfügung, die frei hinter OSC1-3 geschaltet werden können. Ebenfalls frei verschaltbar ist der SUB Out. In unserem Bild würde am Sub Out das gleiche Signal anliegen wie am Main Out. So könnte man zum Beispiel Mixer/PA mit dem Main Out Signal füttern, für das unabhängige Monitoring nimmt man direkt den Sub Out, an dem dasselbe Signal anliegt. Der Sub Out könnte auch so platziert werden, dass man das Signal direkt hinter einem OSC abgreift.

Signalverlauf
Signalverlauf

Mit dem grundsätzlichen Aufbau von drei Synthesizer- (Oszillator) Einheiten sind eine Menge an Klangmöglichkeiten in unserem Testgerät vorhanden. Mit den Schaltern kann ebenfalls ins Geschehen eingegriffen werden, neben dem On/Off-Switch, der den Synth aktiviert, gibt es drei Control-Schalter, die frei belegbar sind und mit denen man zum Beispiel Effekte hinzuschalten oder Sektionen ein- und ausschalten kann. Das Editieren der Sounds ist gitarristenfreundlich gestaltet, im Display werden bis zu vier Parameter dargestellt, die dann mit den darunter stehenden Reglern eingestellt werden. Mit den Page-Tastern blättert man weiter und stellt zusätzliche Parameter ein.

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Praxis

Wir beginnen unsere Reise erst einmal recht oberflächlich und hören uns einige Presets an.

Audio Samples
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Preset 21: Craftwork Preset 20: PhasedStrings Preset 11: ManInMotion Preset 42: MonsterBass Preset 63: SliceACake

Das war eine kleine Auswahl aus den 70 Presets, aber die Marschrichtung ist recht klar. Analog Synth ist angesagt, viele Sounds mit Arpeggiator/Slicer, und das Ganze mit einem erstaunlich guten Tracking. Das alles ist überhaupt nicht mehr vergleichbar mit den älteren GR-Synthesizern. Der Ton ist direkt präsent, man kann auch tatsächlich die Arpeggiator Sounds zu einem Drumbeat spielen, ohne dass man Herz-Rhythmus-Störungen bekommt. Außerdem reagiert der SY-300 sehr gut auf den Anschlag an der Gitarre. Ich habe beim Monsterbass-Beispiel Ghostnotes gespielt, die sind auch mit dem entsprechenden Sound zu hören. Da gabs bei den Vorgängern oftmals ganz wilde Tonausgaben. Auch der angewählte Tonabnehmer hat Einfluss auf den Sound, was zwar nicht so gravierend ist, wie wenn man die Gitarre direkt in den Amp spielt, aber das ist auch abhängig vom angewählten Sound und wie weit der Klang der Gitarre dabei verbogen wird. Der SY-300 benötigt schon etwas Ausgangspegel von der Gitarre – Humbucker-Gitarren liefern grundsätzlich eine bessere Ansprache, aber man hat die Möglichkeit, den Eingangspegel (Input Sens) nachzuregeln. Das Ganze lässt sich pro Patch oder auch global einstellen und abspeichern.
Die Ansprache auf Bendings oder den Tremolo-Hebel ist absolut unproblematisch, hier ist ein Lead-Synth-Preset, bei dem ich etwas stärker mit dem Tremolohebel gearbeitet habe. Das wäre mit früheren Gerätschaften in dieser Art nicht möglich gewesen.

Audio Samples
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Preset: Lead Synth
Vielseitigkeit und Sounds konnten im Test überzeugen
Vielseitigkeit und Sounds konnten im Test überzeugen

Jetzt geht es ins Detail und wir werfen einen Blick und ein Ohr auf die Zusammensetzung eines Sounds. Ich habe hierfür das Preset 7 – Hyper Rhythm genommen. Der Sound setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
OSC1: Saw
OSC2: Saw
OSC3: Saw mit Sequencer
Die Basis jeder Synth-Einheit (OSC1-3) bildet die Auswahl der Wellenform. Davon hat der SY-300 sieben verschiedene im Angebot: Sinus (SIN), Sägezahn (SAW), Triangel (TRI), Rechteck (SQR), Puls-Wellenform (PWM), zwei Sägezahnwellen – mit leicht unterschiedlicher Tonhöhe (DETUNE SAW) und Noise. Zusätzlich kann Input hinzugewählt werden, dann wird das Gitarrensignal durch den Prozessor gejagt und lässt sich mit internen Effekten kombinieren. Weiterhin stehen für jede Sektion (OSC1-3) neben der Wellenform (Wave/Pitch) noch Filter/Amp, LFO, Sequenzer und Layer zum Einstellen des Grundsounds zur Verfügung. Der Sequenzer ist in 16 Schritten genau einstellbar, Intervalle von -24 bis +24 können angewählt werden. Ihr seht, hier ist eine ganze Menge Finetuning am Grundsound machbar. Für Soundtüftler ist das eine hervorragende Spielwiese für eigene Klänge. Das Ganze ist sehr strukturiert aufgebaut – klar, ein Tube Screamer lässt sich etwas einfacher einstellen, aber das sollte jedem klar sein. Wer sich einen Moment mit der Kiste befasst, der hat recht schnell den Durchblick. Die mitgelieferte Bedienungsanleitung gibt auf 12 Seiten einen groben Überblick zu den wichtigsten Themen, wer tiefer in die Materie einsteigen möchte, sollte sich auf jeden Fall den Parameter Guide von der Boss-Website herunterladen. Dort sind alle Parameter aufgelistet und beschrieben. Zu den drei Synth-Einheiten, die natürlich im Mischungsverhältnis einzeln eingestellt werden können, kommen noch vier Effekteinheiten, ebenfalls frei im Signalweg schaltbar. Für jede Einheit stehen 21 Effekte zur Auswahl. Die Signalkette seht ihr in der folgenden Grafik und in den Audiobeispielen hört ihr zuerst die einzelnen Komponenten und dann den kompletten Sound.

Signalverlauf der Effekte
Signalverlauf der Effekte
Audio Samples
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Preset 07: OSC 1 Preset 07: OSC 2 Preset 07: OSC 3 Preset 07: Komplett

Richtig interessant wird es, wenn man den Synth-Sound mit dem Gitarrensignal mischt. Da kann man Pad-Sounds unter die Gitarre legen oder Sequenzer-Pattern mit fetten Powerchords abfeuern. Im nächsten Beispiel habe ich die Gitarre über den Thru Out an einen Amp geschaltet und Synth und Gitarrensignal auf unterschiedliche Spuren aufgenommen. Ihr hört zuerst die Signale einzeln, dann zusammen.

Audio Samples
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Gitarrensignal über Thru Out Synthsignal Gitarre- und Synthsignal zusammen gemischt

Auch mit einem Bass lässt sich der SY-300 ansteuern, hierbei ist es wichtig, dass man ´Bass` in der Input-Sektion einstellt, dann reagiert der Synth besser auf die tiefen Frequenzen. Hier ist ein Beispiel, bei dem ich unter den Original-Bass (über Thru Out) einen Synth-Bass Sound vom SY-300 gelegt habe. Die Klangveränderung des Synth-Sounds wird über den Anschlag gesteuert.

Audio Samples
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E-Bass mit Synth-Bass Sound gemischt
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Fazit

Wer seine Gitarrensounds erweitern möchte, hat mit dem SY-300 den richtigen Partner. Boss schlägt mit ihm einen neuen Weg ein und gibt dem SY-300 eine Menge analog klingender Synth-Sounds mit auf den Weg. Die lassen sich allesamt sehr gut editieren und eröffnen die Möglichkeit, eigene und spezielle Klänge zu erzeugen. Die Basis liefern drei unterschiedlich einstellbare Synth-Einheiten und vier Effektsektionen, die zusammen mit dem flexibel schaltbaren Signalweg sehr individuelle Sounds ermöglichen. Das Besondere am SY-700 ist natürlich, dass man ihn mit jeder E-Gitarre, E-Bass oder Akustik-Gitarre mit Pickups ansteuern kann, ein spezieller Tonabnehmer wird nicht benötigt. Auch das Tracking ist durch den Einsatz eines sehr leistungsstarken Prozessors wesentlich besser, der auch dafür sorgt, dass die Latenz verschwindend gering ist und auch Bendings oder heftige Aktionen mit dem Tremolohebel machbar sind. Wer auf der Suche nach speziellen Sounds für die Gitarre ist, sollte den SY-300 unbedingt antesten.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Synth Sounds
  • Aufbau, flexibles Routing
  • vier Effekteinheiten
  • Tracking, Ansprache
  • kein spezieller Pickup nötig
Contra
  • kein XLR Out
Artikelbild
Boss SY-300 Test
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Boss
  • Modell: SY-300
  • Typ: Gitarren-Synthesizer
  • Sounds: 3 gleichzeitig spielbare Synthesizer-Sektionen
  • Effekte: 4 Effektprozessoren
  • Regler: Output Level, Select, 4 Multi-Funktions-Regler
  • Anschlüsse: Input, Thru, Return, Mains Out (L, R), Sub Out (L, R), MIDI In, MIDI Out/Thru, USB
  • Schalter: On/Off, CTL 1, CTL 2, CTL 3
  • Display: Grafisches LC Display
  • AD/DA Wandlung: 24 Bit, 44,1 kHz Sampling Rate
  • Speicher: 70 Presets, 99 User
  • Maße: 255 x 191 x 70 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 1,75 kg
  • Zubehör: Netzteil
  • Preis: 765,00 Euro UVP
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