API 560 Test

Ein grafischer EQ als seriöses Studiotool – kann das gut gehen? API beweist genau das, und zwar seit rund vier Jahrzehnten. Der 560 ist vielleicht nicht der Topseller im Programm des amerikanischen Herstellers, aber nichtsdestotrotz erfreut er sich bei Kennern großer Beliebtheit.

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Warum haben grafische EQs eigentlich so einen schlechten Ruf? Da genügt ein Blick auf die kompakte Stereoanlage auf dem Flohmarkt-Grabbeltisch… als „EQ des armen Mannes“ kommt dieser Entzerrer-Typ vermehrt überall dort zum Einsatz, wo unsere verwöhnten Tontechniker-Ohren lieber nicht so genau hinhören wollen. Vielleicht blickt unsere Zunft bisweilen auch mit etwas Dünkel auf die Beschallungstechniker und deren Equipment herab, denn überall dort, wo ein P.A.-System an einen Raum angepasst werden soll, verlässt man sich traditionell gerne auf grafische EQs. Und dort haben wir es dann mit Entzerrern zu tun, die vielen Anforderungen genügen müssen, wo aber nicht unbedingt das Kriterium im Vordergrund steht, kritische Goldohren mit audiophilem Feingenuss zu streicheln.

Details

Wer den grafischen EQ aber in die Schublade der nicht ernstzunehmenden Gerätschaften packt, der tut diesem Funktionsprinzip nicht nur Unrecht, er verpasst möglicherweise auch richtig was. Unsere Toningenieur-Vorfahren waren da bsiweilen etwas schlauer: In den 60er-Jahren setzten einige – vor allem amerikanische – Hersteller sehr auf dieses Prinzip, die in der damaligen Equipment-Landschaft definitiv zum Highend-Sektor gezählt wurden. Mischpultkanalzüge wie der Electrodyne 712 verfügten beispielsweise über eine grafische EQ-Sektion. Zu Erinnerung: Electrodyne ist einer der klassischen amerikanischen Mischpulthersteller der ersten Generation. Berühmte Studios wie Warner, Decca und Capitol, aber auch Motown und Stax setzten in den 60er-Jahren auf Konsolen dieses Herstellers. Auch der legendäre Motown-EQ, ein 19“-Monstrum, von dem nur ein paar Dutzend Exemplare gefertigt wurde und der heute zu den am meisten gesuchten EQ-Raritäten zählt, setzte auf das Prinzip fester Filterfrequenzen.
Vielleicht kann man es also so sehen: Irgendwann setzte sich dieses Prinzip im „Consumer-Bereich“ durch, vermutlich, weil ein grafischer EQ schön übersichtlich ist und anders als ein vollparametrischer Entzerrer auch von absoluten Audio-Laien bedient werden kann. Und da die wenigsten dieser EQs tatsächlich gut klangen, bekam der grafische EQ eben seinen schlechten Ruf. Einer Kassette wie dem API 560 sollte man sich dennoch unvoreingenommen nähern, denn wenn API für irgendwas bekannt ist, dann für hervorragenden Sound.

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Die Funktionen des API 560 sind schnell erklärt. Es handelt sich um einen grafischen EQ mit zehn Bändern, die im Oktavabstand den Bereich von 31 Hz bis 16 kHz überstreichen, also den gesamten Bereich, den wir gemeinhin in der Musikproduktion nutzen. Der 560 arbeitet mit den Mittenfrequenzen der einzelnen Bänder, die absoluter Standard bei zehnbandigen Grafik-EQs sind: 31, 63, 125, 250 und 500 Hz sowie 1, 2, 4, 8, und eben 16 kHz, wobei jedes Band einen maximalen Hub von ±12 dB bietet. Auch der 560 verfügt über API’s berühmtes „Proportional-Q“-Prinzip, das wir bereits von den semiparametrischen Kassetten 550a und 550b  kennen: Bei niedriger Filteramplitude sind die Bänder sehr breit abgestimmt, geht man mehr in die Vollen, so werden die Bänder schmaler. Somit sollen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Einerseits smoothes Sweetening, andererseits die Isolierung von Problemfrequenzen.
Alle Flachbahn-Fader verfügen über eine griffige Mittenrastung, zudem sind sie im sensiblen Bereich von ±4 besonders fein aufgelöst. Der 560 lässt sich also nicht nur schnell resetten, man kann ihn auch trotz der recht kurzen Faderwege ziemlich gut dosieren. Daneben verfügt der EQ lediglich über einen Bypass-Knopf samt roter LED-Anzeige. Das war’s dann auch schon mit den Meldungen von der funktionalen Front.

Die Technik im Gehäuse ist allerdings einen weiteren Blick wert. Nicht überraschend ist, dass auch der 560 über die API-typische Ausgangsstufe verfügt, die um einen Übertrager und den legendären, diskreten 2520-Op-Amp herum aufgebaut ist. Der restliche Inhalt des Moduls dürfte aber denjenigen verblüffen, der bei API zuallererst an voll-diskrete Analogschaltungen denkt. Denn im 560 verrichten insgesamt acht IC-Op-Amps ihren Dienst – was anderes wäre bei den aktiven RC-Filtern, mit denen der 560 arbeitet, auf dem engen Raum der 500-Kassette auch kaum möglich. Insgesamt drei LF356-Op-Amp-ICs von National Semiconductor sitzen am Eingang des Moduls sowie als Buffer zwischen den Ein- und Ausgangsstufen sowie der eigentlichen EQ-Schaltung. In dieser kommen fünf LM1458, abermals von National Semiconductor, zum Einsatz: Je zwei Filterbänder teilen sich einen dieser Doppel-Op-Amps.
Damit, so könnte es ein kompromissloser Class-A-Fetischist formulieren, kehrt API hier gewissermaßen von der „reinen Lehre“ ab – aber das sollte uns nicht allzusehr irritieren. Denn erstens dürfte ja allgemein bekannt sein, dass aktuelle IC-Schaltungen der guten, alten Class-A-Technik in einigen Belangen sogar überlegen sein können, und zweitens gilt so oder so das alte Motto: „If it sounds right, it is right!“ Und davon wollen wir uns im nächsten Abschnitt überzeugen.

Praxis

Zunächst einmal: Wo setzt man solch einen EQ überhaupt ein? Tja, da gibt es viele Möglichkeiten… Es gibt keinen Bereich, in dem sich ein grafischer EQ per se verbietet, man sollte mit dem 560 also getrost in alle Richtungen experimentieren. Dennoch gibt es ein paar Anwendungsbereiche, in denen der 560 traditionell sehr gerne zum Einsatz kommt. Das wären zum einen Bassdrum und Snare, zum anderen aber auch Basslines sowie generell Subgruppen-Signale. Aber wenn es eine Standard-Domäne des 560 gibt, dann sind das sicherlich die beiden genannten Schlaginstrumente, zwei Signale, die immerhin zu den wichtigsten im Mix gehören. Viele mikrofonierte Bassdrums neigen zu einem etwas dünnen, pappigen, manchmal gar „topfigen“ Klang. Genau so ein Beispiel haben wir auch für diesen Test ausgewählt. So eine Bassdrum braucht zunächst ein solides Grundton-Fundament, und das bekommt sie mit dem 63-Hz-Band. Anschließend ziehen wir etwas Mulm bei 250 Hz sowie dieses aggressive Klicken etwas oberhalb von 2 kHz heraus. Schließlich können wir noch das Anschlagsgeräusch bei 8 kHz betonen. Das Ergebnis: eine ungemein fette, voluminöse Kick, und das wirklich im Handumdrehen! Auch das Bass-Beispiel zeigt, wieviel Volumen und Fundament der 560 spielend und mühelos herauskitzeln kann.

Audio Samples
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Bassdrum Original Bassdrum Boost 31, 63, 8k Cut 250, 2k Bass Original Bass Boost 63, 125, 2k, 4k Vocals Original Vocals Boost 2k, 4k, 8k, 16k

Bei den Vocals hingegen zeigt sich ein Nebeneffekt dieses Schaltungsprinzips, das sich auch mit APIs hochwertigen Schaltkreisen wohl nicht ganz vermeiden lässt. Auch die Vocals lassen sich effektiv – bei Bedarf auch gar drastisch – verbiegen, allerdings tritt hier eine gewisse klangliche Härte hervor. Diese muss man definitiv vernünftig in Verhältnis rücken, denn der 560 klingt keineswegs schrill und harsch. Aber APIs EQ-Urgestein 550a kann letztlich doch mit einem geschmeidigeren, runderen Ton begeistern. Ein Blick auf die Platinen liefert auch die Erklärung: Einmal vefügt ein aktiver, grafischer EQ über erheblich mehr Technik im Signalweg. Wenn diese auch noch aus ICs besteht, dann zeigt die Erfahrung, dass man es eher mit einer gewissen klanglichen Härte zu tun bekommen kann.
Doch auch wenn der 560 vielleicht nicht so ein mollig-weicher Vocal-Veredler wie der passive Pultec ist, so sollte man diesen Punkt nun auch nicht überbewerten. APIs grafische Kassette bietet all die Qualitäten, die man von den anderen EQs des Herstellers gewohnt ist: genau diesen trockenen, knochigen Punch, dieses klangliche Gewicht und die Durchsetzungsfähigkeit, die man bei API schlichtweg erwarten kann, darf und muss.

Fazit

Auch wenn der 560 auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheinen mag, so ist er doch ein würdiger Vertreter von APIs EQ-Portfolio. Unter seinen Kollegen mag er als das „Rauhbein“ durchgehen, aber das kann, etwa was die Durchsetzungsfähigkeit von Bassdrum und Snare betrifft, durchaus von Vorteil sein. Und es muss auch noch einmal betont werden, wie mühelos der EQ auch größere Signalverbiegungen übe die Bühen bringt. Der Punch im Tiefbasskeller ist jedenfalls beinahe unheimlich; selbst wenn man den EQ hier nicht voll ausfährt, stellen sein Punch und Volumen so manches Plug-In in den Schatten.
Schaltungstechnisch stecken etwas weniger „Leckerbissen“ im 560 als bei den anderen API-EQs, was wohl auch in einem etwas günstigeren Preis resultiert – ein Umstand, den wir durchaus wohlwollend aufnehmen. Wer sich für API-EQs interessiert, der sollte dieses Teil auf jeden Fall auch ausprobieren. Es muss nicht immer der 550a sein, in manchen Fällen wird man den 560 sicherlich sogar den Vorzug geben – und kann ganz nebenbei noch mit ein paar Vorurteilen über grafische EQs aufräumen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • hervorragende Klangeigenschaften
  • sehr einfache Bedienung
Contra
Artikelbild
API 560 Test
api_560_04
Technische Spezifikationen
  • Class-A-Ausgangsstufe auf Basis von APIs 2520-Op-Amps
  • Ausgangsübertrager
  • 10 Filterbänder im Oktavabstand mit ±12 dB
  • Preis: € 895,- (UVP)
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