API 550a und 550b Test

Trotz zahlreicher Neuerscheinungen von Drittanbietern markieren APIs semiparametrische EQs immer noch eine Referenz, an der sich andere Entzerrer messen lassen müssen – auch jenseits des 500-Formats. Auch wenn sich API-Konsolen in Europa nie richtig durchsetzen konnten, zählen die Mischpulte dieses Herstellers von der US-Ostküste doch zu den größten Klassikern der Tonstudiotechnik. Zahllose Produktionen, vor allem im Bereich des Rock und artverwandten Genres, konnten im Laufe der Jahrzehnte von APIs einzigartigen Qualitäten profitieren. API-Pulte werden geliebt für ihren Punch, für einen knackigen Sound. Sie gelten als präsent, aber natürlich, direkt, aber niemals unschön aggressiv.

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Einen gehörigen Anteil daran hat die EQ-Kassette, die seit den späten 60er-Jahren in diesen Konsolen eingesetzt wird: 550a. Nur wenige Equalizer werden gemeinhin zur Königsklasse gezählt. Die Neve-Kassetten 1073, 1084 und 1081 zählen dazu, der ehrwürdige Pultec EQP-1A, und eben auch die im direkten Vergleich zunächst etwas unscheinbare Kassette von API. Was aber macht diesen EQ so faszinierend, was sind die Eigenschaften, wegen derer er einst auf den tontechnischen Olymp gehoben wurde?

Details

Zunächst einmal ist der 550a ein typisches Kind seiner Zeit, der zweiten Hälfte der 60er-Jahre. Der vollparametrische EQ war noch nicht entwickelt, und allerorten waren findige Designer dabei, die simplen Zweiband-Tonblenden früher Mischpult-Designs aufzubohren. Um 1967, als der 550a auf den Markt kam, waren Dreiband-EQs mitnichten eine Selbstverständlichkeit!
Mit 21 EQ-Punkten, verteilt über drei sich überlappende Bänder, bietet der 550a eine Flexibilität, die damals unerhört war, und die auch heute noch für die wesentlichen klangformenden Aufgaben vollkommen ausreicht. Die typischen konzentrischen Doppel-Drehschalter bieten jeweils 7 EQ-Punkte sowie eine maximale Filter-Amplitude von ±12 dB, einstellbar in fünf Schritten – 2, 4, 6, 9 sowie 12 dB. Die beiden äußeren Bänder lassen sich wahlweise in Peaking- und Shelving-Charakteristik betreiben, zusätzlich kann ein Bandpassfilter aktiviert werden, das den Frequenzgang auf 50 Hz bis 15 kHz begrenzt: In der Vinylära sicherlich nützlicher als heute, aber dennoch eine Ergänzung, die bisweilen praktisch ist – auch wenn separate Hoch- und Tiefpassfilter aus heutiger Sicht einen weitaus größeren Nutzwert hätten. Ein Betriebsschalter samt roter LED komplettiert die Bedienelemente.

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Daneben hat der 550a einige Eigenschaften, die man ihm nicht auf den ersten Blick ansehen kann, aber nichtsdestotrotz großen Anteil am Klangverhalten der Kassette haben. Zunächst einmal war API damals stolz, den EQ als „reziprok“ bewerben zu können. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Anhebungen exakt die gleiche Kurve haben wie Absenkungen, und die Bänder auch nicht interaktiv agieren, die Kurven sich also nicht abhängig von den Einstellungen der anderen Bänder verändern. Das ist ein großer Unterschied zu den passiven EQs der damaligen Ära, die teilweise – siehe Pultec – deutlich weniger vorhersehbar zu Werke gehen. Und weiterhin erfand APIs damaliger Chefdesigner Saul Walker auch das sogenannte „Proportional Q“-Prinzip, das zwar nicht alleinig für den großen Erfolg des EQs verantwortlich ist, dessen Klangcharakter aber doch zu einem sehr wesentlichen Teil mitbestimmt. Gemeint ist damit, dass der EQ bei kleineren Amplituden sehr breitbandig abgestimmt ist, die Bänder aber bei stärkeren Anhebungen bzw. Absenkungen zunehmend schmaler werden. Das hat gleich mehrere positive Auswirkungen: Zum einen verhält sich der 550a damit sehr „musikalisch“, bei geringen Amplituden glänzt er mit geringen Phasenverschiebungen. Und trotzdem kann man auch härter zupacken, ohne dass dann benachbarte Frequenzen zu stark mitbeeinflusst werden. Es geht also beides: Eher sanftes Sweetening ebenso wie das kräftige Herauspicken ganz bestimmter Frequenzen. Und ganz nebenbei macht dieses Funktionsprinzip ein separates Bedienelement für die Filtergüte überflüssig – und damit auch erst möglich, drei EQ-Bänder auf so engem Raum anzubieten.

Als klassischer aktiver EQ ist der 550a in RC-Technik aufgebaut; die Filter werden ohne Spulen realisiert, sondern mit einer Kombination verschiedener Widerstände und Kondensatoren. Die Verstärkung in der Kassette übernehmen dabei zwei der legendären „2520“-Operationsverstärker, die seit je her zur Basis der API-Technik gehören, ein weiteres Vermächtnis des Ur-Designers Saul Walker. Diese gekapselten OpAmps sind voll diskret mit Einzektransistoren in Class-A-Technik aufgebaut. Diese halbleiterfreie Zone ist typisch für diese Ära, denn ICs setzten sich erst viel später durch. Die Kassette verfügt zudem über einen elektronisch symmetrierten Eingang, während am Ausgang ein Übertrager weiteren Einfluss auf das Klanggeschehen einbringt. Ein Detail illustriert die überragende Qualität von APIs analoger, diskreter Schaltungstechnik: Der Headroom wird mit +30 dBm angegeben, ein sagenhaft guter Wert der definitiv im absoluten Spitzenfeld liegt. Damit geht den Kassetten auch bei ordentlichen Bass-Anhebungen niemals die Puste aus…

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Das aufregendste Hardware-Merkmal sind darüber hinaus wohl die typischen, aus massivem Aluminium gefrästen Knöpfe an den Drehschaltern. Diese sehen nicht nur klasse aus, sie erfüllen auch eine ganz handfeste Funktion; erlauben sie doch, den EQ einzustellen, ohne dass man hinsehen muss: ein ganz großer Vorteil gegenüber Plug-ins und auch anderen Hardware-Designs, da man sich auf diese Weise voll auf den Klang konzentrieren kann und im Zweifelsfall den Kopf auch nicht aus dem Sweet Spot vor den Monitorboxen heraus bewegen muss.
Nachdem sich der 550a schon viele Jahre bewähren konnte, wurde ihm als Nachfolger der 550b zur Seite gestellt. Beide Kassetten werden jedoch weiterhin parallel angeboten. Der 550b trägt dem allgemeinen Bedürfnis nach mehr Flexibilität Rechnung, bietet er doch ein viertes Filterband und damit insgesamt satte 28 EQ-Punkte. Auf das Bandpassfilter muss man hier verzichten (verschmerzbar!), auf die Peaking/Shelving-Umschaltung hingegen nicht. Ansonsten teilen sich beide Module die gleichen grundsätzlichen technischen Merkmale – inklusive der beiden 2520-OpAmps und des Ausgangsübertragers.

Man könnte also meinen, der 550a sei seit der Markteinführung seines Nachfolgers obsolet, aber das ist keineswegs so: Beide Module unterscheiden sich durchaus in ihrem Klangcharakter, und damit sind wir schon mittendrin in der nächsten Sektion.

Praxis

(Fast) quadratisch, praktisch, gut – die Module müssen einfach in einen Träger der Wahl eingeschoben werden und stehen dann unmittelbar zur Verfügung. Ein Manual ist nicht erforderlich, die Bedienung dank der übersichtlichen Funktionalität bis ins letzte Detail selbsterklärend.

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Damit also zur eigentlichen Hauptsache, dem Klangverhalten der beiden API-Kassetten. Um hier einen Referenzrahmen zu setzen: Die klassischen Neve-Module im Aufbau des 1073 könnte man als dick, leicht reibelig, sämig-voluminös charakterisieren. Ein Pultec hingegen klingt ähnlich voluminös im Bass, aber noch ein Quäntchen weicher. Von diesen beiden „Persönlichkeiten“ setzt sich der 550a recht deutlich ab. Er klingt direkter, konturierter, weniger sanftmütig, durchaus präziser. Insbesondere Bass-Anhebungen treten mit einer fast schon knochigen Direktheit hervor: stets punchy, aber der Sound geht niemals aus dem Leim, er bordet nicht über, verliert niemals seine Trennschärfe. Solche Eigenschaften prädestinieren die API-EQs natürlich für den Einsatz auf den Drums, und hier ist man keineswegs limitiert auf die rockistischen Genres. Im Gegenteil: Auch und gerade typische Club-Bassdrums lassen sich mit dem API zu einer Größe aufblasen, die schlichtweg begeistert. Und bei aller Schwärze im Frequenzkeller bleibt doch immer die nötige Definition erhalten.

Audio Samples
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Vocals Original Vocals High-Shelf, 9dB/7k (550a) Drumloop Original Drumloop Boosts: 4dB/50 und 3dB/10k (550a) Bassdrum Original Bassdrum Boosts: 6dB/50 und 6dB/12,5k, Dip -4dB/200 (550a)

Dieser Charakter zieht sich recht kohärent durch den gesamten Frequenzgang. Man mag dem 550a keineswegs Härte unterstellen, aber die ganz weiche, feingeistige Höhenbearbeitung gelingt mit anderen EQs bisweilen besser. Seidig klingt der 550a gewiss nicht, er bewahrt sich stets diese knochige Direktheit, die überall dort besonders gut kommt, wo Präsenz und Durchsetzungskraft gefragt sind.
Zu den speziellen Klangeigenschaften des API-EQs gehört weiterhin ein gewisser Kompressionseffekt, der auch dann greift, wenn der EQ neutral eingestellt ist. Ein Signal allein schon durch die Kassette zu schleifen kann den Klang gleichzeitig ruhiger und griffiger machen, Impulse werden fein verrundet, das Signal sitzt besser im Mix: ein je nach Material durchaus subtiler Effekt, den man aber keineswegs unterschätzen sollte.

Im Vergleich zu den durchsetzungsfähigen, aber durchaus runden Ergebnissen des 550a geht der 550b ein gutes Stück schärfer zu Werke:

Audio Samples
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Vocal-EQ (550a) Vocals-EQ (550b) Drumloop-EQ (550a) Drumloop-EQ (550b) Bassdrum-EQ (550a) Bassdrum-EQ (550b)

Der Vierband-EQ klingt etwas weniger ausgewogen als sein Dreiband-Pendant – man könnte den 550a leicht überzeichnend als „vintage“ bezeichnen, den 550b als „modern“. Damit bietet sich letzterer immer dann an, wenn noch klarere Kante gefahren werden muss. Insbesondere im Heavy-Segment, beispielsweise auf den Gitarren, schwören selbst Tontechniker auf den 550b, die ansonsten dem 550a den Vorzug geben würden. Somit sollte man diese Frage keineswegs nur aufgrund der Funktionalität entscheiden, sondern vor allem auf Basis des unterschiedlichen Charakters. Wer „digital“ klingende DAW-Signale glätten und verrunden möchte, der fährt sicherlich mit dem 550a besser, wer allerdings auf maximale Durchsetzungsfähigkeit setzt, der sollte sich wahrscheinlich für den 550b entscheiden. Auch nebeneinander machen beide EQs eine gute Figur – als Variationen des selben Themas ergänzen sie sich blendend.

Fazit

Echte Kritikpunkte sucht man hier vergeblich. Oder, in anderen Worten: Die API-EQs sind eben, was sie sind. Klar könnte sich der ein- oder andere hier oder da noch ein weiteres Funktiönchen wünschen, doch wahrscheinlich macht genau das auch einen Klassiker aus: Dass ein bestimmtes Konzept so rund – fast möchte man sagen: vollkommen – abgeliefert wurde, dass einfach keine Fragen offen bleiben. Klar kostet so etwas dann auch eine Stange Geld, denn gemessen am Funktionsumfang sind die API-Kassetten leider nicht ganz billig. API lag schon immer auf der teureren Seite des Spektrums, und derzeit arbeiten auch die Wechselkurse nicht gerade für günstige Preise von US-Studiotechnik auf dieser Seite des Atlantiks. „Wert“ sind die API-Module ihren Preis aber allemal, denn die Ergebnisse, die die beiden EQ-Brüder abliefern, sind unschätzbar gut. Wahre Klassiker eben…

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • hervorragende Klangeigenschaften
  • hoher Headroom
Contra
Artikelbild
API 550a und 550b Test
Für 1.449,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • semiparametrische Filter mit Proportional-Q-Design
  • schaltbares Bandpassfilter (550a)
  • äußere Bänder wahlweise mit Peaking- oder Shelving-Charakteristik
  • voll diskretes Class-A Design auf Basis von APIs 2520-OpAmps
  • Ausgangsübertrager
  • Preise:
  • 550a: € 1175,- (UVP)
  • 550b: € 1235,- (UVP)
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Kommentieren
Profilbild von Henry

Henry sagt:

#1 - 21.01.2020 um 17:25 Uhr

0

Danke für den ausführlichen Test!Wäre man besser bedient mit einem Paar 550a, wenn man sich eine analoge Hardware Kette in einer Lunchbox zusammenstellt, oder sollte man einfach preamps und Kompressoren kaufen, und mit plugins Eqen? 2 Stück Neve clone sind schon dabei. Manche sagen Preamps wären wichtig, andere wiederum schwören auf EQs.

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 22.01.2020 um 07:11 Uhr

    0

    Hallo Henry,und wiederum andere schwören auf alles. :-) Im Ernst, diese Frage ist nicht leicht zu beantworten und hängt von der Art zu arbeiten (z.B. to-tape clean oder schon bearbeitet?), Musikstilen und natürlich vorhandenem Equipment ab. Besitzt man ein Interface mit guten Preamps als Grundlage, sind Dynamics oder EQs vielleicht eher sinnvoll als Preamps. Ich persönlich kann mittlerweile ohne besondere Preamps (über-)leben, im Rack sind mehr Dynamics als EQs. Es geht bei solchen Entscheidungen auch um andere Dinge, finde ich: Für mich ist eher ein Grund, EQs als Plug-Ins zu nutzen, dass ich sie einfacher automatisieren kann, ich gehöre zu den Leuten, die Dynamics eher statisch einsetzen.Mit besten Grüßen (und der Hoffnung, jetzt nicht noch zusätzlich Verwirrung gestiftet zu haben)
    Nick Mavridis (Redaktion Recording)

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