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Gibson SG Standard Ebony Test

„Jemand wird sich an den spitzen Hörnern noch verletzen“ , so lästerte Lester William Polfus, besser bekannt unter dem Namen Les Paul, Anfang der 60er Jahre über das Aussehen der SG. Um das bissige Statement des Gitarristen richtig einschätzen zu können, muss man allerdings wissen, dass Gibson sein Sortiment im Jahr 1961 einer generellen Überholung unterzog, der zum Beispiel auch die Les Paul zum Opfer fiel. Offizielles Nachfolgemodell wurde besagte SG.

Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass eine so erfolgreiche Gitarre wie die Les Paul ersatzlos gestrichen wurde? Nun Fender hatte mit den Modellen Stratocaster und Jazzmaster gut vorgelegt und die Umsatzzahlen von Gibson- Instrumenten im Allgemeinen und der, in Sachen Design als eher traditionell geltenden, Les Paul im Speziellen, waren mehr und mehr rückläufig. Um sich von dem Ruf als reiner Jazzgitarrenbauer zu lösen, begann man im Hause Gibson auf moderneres Design zu setzen. Und das konsequent und so nahm man die Les Paul komplett aus dem Programm und füllte die Lücke mit der SG. Kein Wunder also, dass der Namensgeber der legendären Les Paul seinerzeit „not amused“ war. Erst 1968, nachdem Eric Clapton auf einer Paula für Furore sorgte, wurde die legendäre Gitarre wieder in das Programm aufgenommen und wird bis heute ohne Unterbrechungen gefertigt.

Die Buchstaben SG standen für Solid Guitar und sollten unterstreichen, dass es sich bei dieser Gitarre um eine E-Gitarre mit massivem Korpus handelte. Der auffälligste Unterschied zur Les Paul war der doppelte Cutaway, der das Spielen in den hohen Lagen vereinfachen sollte. Außerdem war der Korpus der Gitarre wesentlich dünner (es fehlte die aufgeleimte Ahorndecke), was das Gesamtgewicht der SG im Vergleich zur Les Paul erheblich verringerte. Die ersten SG´s waren ausschließlich mit Vibratosystem ausgestattet erhältlich (Maestro Vibrola, oder auch Bigsby). Später wurden dann aber auch Stoptail-Saitenhalter wie bei der Les Paul verbaut.

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Durch die verwendeten Humbucker liefert die SG einen Gibson-typischen druckvollen Sound, der besonders im verzerrten Bereich gut zur Geltung kommt. Bedingt durch den dünnen, massiven Mahagonikorpus wird der Klang der SG allerdings meist als viel direkter und perkussiver empfunden, als der einer Paula. Daher ist der Einsatzbereich dieser Gitarre quasi schon genetisch vorbestimmt: Rock!
Pete Townshend (The Who) und Tony Iommi (Black Sabbath) spielten ihre Riffs in den 60ern und 70ern mit  SGs und haben damit Rockgeschichte geschrieben. Der bekannteste SG-User  aber kommt aus Australien und trägt gerne Schuluniform: Angus Young von AC/DC. Angus soll angeblich aus jedem Jahrgang mindestens eine SG in seiner Sammlung haben. Aber auch in anderen Bereichen ist die Gitarre mit den zwei Hörnern ein gerne gesehener Gast. So hat beispielsweise auch Frank Zappa einige seiner abgefahrenen Ideen auf einer SG ausgelebt.

Die uns zum Test vorliegende SG Standard ist dem Stil einer SG aus den späten 60ern nachempfunden: Zwei Humbucker, ein großes Schlagbrett und Tune-o-matic Bridge statt Tremolo sind die Markenzeichen dieser Orientierung. Zwar wurde die Technik  etwas verfeinert, im Großen und Ganzen sollte der Klang und Spirit dieser goldenen Zeit der Rockmusik aber übernommen werden. Schaun mer mal…

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KORPUS
Der Korpus der SG Standard besteht, wie in alten Zeiten, aus Mahagoni. Auch an der Formgebung wurde selbstverständlich nichts verändert. Sehr schmal und an der Oberkante des Bodys leicht abgerundet, passt sich der Gitarrenkorpus wunderbar an die Rundungen des spielenden Gitarristen an.

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Durch den flachen Hals/Korpusübergang und den erst am 21. Bund ansetzenden Double-Cutaway, sind auch die hohen Lagen sehr gut erreichbar. Das geht bei fast keiner anderen Gitarre so gut, wie bei einer SG. Die tiefschwarze Hochglanzlackierung hört auf den Namen „Ebony“ ist sauber aufgebracht und lässt einen Blick auf die Holzmaserung zu . Die Oberseite des Korpus wird durch ein 3-lagige Schlagbrett geschützt (schwarz/weiß/schwarz), in das auch die beiden Humbucker eingelassen sind. Am Hals findet sich ein Gibson 490R Humbucker, am Steg wurde ein 498T Humbucker in Front gebracht. Beide Pickups kommen mit verchromten Kappen und orientieren sich am Sound von  ´57-Classic-Vintage-Humbuckern. Im Vergleich zum Vorbild sind die hohen Mitten des 490R allerdings etwas ausgeprägter und die verwendeten Alnico II Magneten, sorgen für ein singendes Sustain. Der mit Alnico V  Magneten beladene 498T an der Bridge bietet eine etwas höhere Ausgangsleistung als seine Vintage-Brüder und verwöhnt  dabei mit intensiven Mitten und sanften Höhen.

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden in der SG verbauten Pickups liegt im Abstand der Pole-Pieces. Dieser ist, passend zum jeweiligen Einsatzgebiet, so bemessen, dass die Saiten bei beiden Tonabnehmern direkt über den Pol-Schrauben liegen und so optimal abgenommen werden können.

Die Bedienelemente  Pickup-Wahlschalter (3-Wege Toggle), Regler (2x Volume, 2x Tone, Farbe: Schwarz) und Buchse sind, wie bei der SG üblich, unten rechts auf dem Korpus platziert.

In Sachen Saitenhalter/Bridge setzt Gibson bei der SG Standard auf eine Tune-o-matic Brücke und ein Stopbar-Tailpiece – beide im verchromten Finish. Die Bridge ist höhenverstellbar und jeder einzelne Saitenreiter kann mit einem kleinen Schlitzschraubenzieher separat justiert werden. Dabei ist der Bereich zum Einstellen der Oktavreinheit etwas breiter bemessen, als bei älteren Modellen.

HALS
Der Hals der SG besteht traditionell aus Mahagoni. DieVerbindung mit dem Korpus erfolgt durch Verleimung – auch das die klassische Wahl. Das Griffbrett wurde aus Palisander gefertigt. Die 22 Medium Bünde sind sauber eingesetzt und glatt poliert. Bendings sind so ohne Reibung oder andere ungewünschte Störungen möglich.

Auch das cremefarbene Halsbinding und die Trapez-Inlays wurden sauber an ihren jeweiligen  Platz gebracht. Für eine optimale Orientierung während des Spiels sorgen Dots im Griffbrett-Binding. Die Halsform wird als „Rounded“ bezeichnet. Im Vergleich zum dünnen Korpus hat man es hier schon mit einem ordentlichen Stück Holz zu tun. Das Profil ist C-Förmig, lässt sich aber gut bespielen.

Auf der nach hinten abgewinkelten Kopfplatte finden wir die sechs Stimm-Mechaniken des Typs „Green Key“ – also auch in dieser Hinsicht gibt sich die SG klassisch. Und das gleich gilt auch für die Form und das Aussehen der Kopfplatte: Oben befindet sich der Gibson-Schriftzug, in der Mitte ein Perlmutt-Logo und darunter dann die Kunststoffabdeckung für die Stellmutter des Halsstabes – alles typisch Gibson SG also!

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PRAXIS/SOUND
Zum Lieferumfang der  SG gehört ein stabiler Formkoffer, der Innen mit weißem Plüsch ausgeschlagen ist. Die Gitarre ist ab Werk mit einem 010-046 Satz Saiten bespannt. Hals- und Saitenlage sind gut eingestellt.

Unser Test startet ganz brav mit den Clean-Sounds. Trotz des relativ dünnen Korpus lassen sich der SG auch warme Jazz-Sounds entlocken. Hals-Pickup gewählt, die Höhen an der Gitarre etwas zurückgenommen, und schon kann es los gehen (Clean 1).

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Clean 1 Clean 2 Clean 3

Die These, man könne mit der SG nur Rock spielen, wird hier schon mal gründlich widerlegt. Setzt man auf die Kombination Hals- und Steg-Pickup, dann sind auch funky Sounds drin. Sehr schön schlank, gutes Durchsetzungsvermögen und auch die Ansprache für perkussive Sounds ist sehr gut (Clean 2). Der Stegtonabnehmer ist ebenfalls für Clean-Sounds gut zu gebrauchen (Clean 3). Dazu muss man wissen, das  Steg-Tonabnehmer oft zu schrill klingen,  vor allem dann, wenn man Strumming spielt und etwas härter in die Saiten haut. Bei der Test-SG ist das allerdings kein Problem. Das Ergebnis ist ein schöner klarer Sound, der in den Höhen keine nervigen Frequenzen aufweist.

Jetzt kommen wir aber zu den ausgewiesenen Stärken dieser Gitarre: Ihre Anwendung im verzerrten Bereich. Dem 490R am Hals lassen sich bluesige Klänge entlocken. Die SG klingt weich(Crunch 1), hat aber immer noch genügend Höhen, um sich bei Solo-Sounds mit leichtem Verzerrungsgrad optimal durchzusetzen.

Audio Samples
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Crunch 1 Crunch 2 Crunch 3

Angezerrte Rock Riffs klingen mit der Kombination Hals/Steg-Pickup „angenehm dreckig“ (Crunch 2). Mein absoluter Favorit in diesem Zusammenhang ist allerdings der am Steg kauernde 498T. Mit seiner Unterstützung kann der typische AC/DC Sound erzeugt werden. Die Gitarre reagiert wunderbar. Jede Nuance des Anschlags wird detailgetreu wiedergegeben. Bei härterem Anschlag erhält der Sound einen wunderbar bissigen und aggressiven Charakter. Genau so soll eine Rock-Gitarre reagieren (Crunch 3).

Aber nicht nur im Blues/Classic Rock Bereich macht die SG eine gute Figur. Auch Metal Riffs mit reduzierten Mitten (Scoop Sound) klingen absolut ansprechend. Dadurch, dass die SG im Bassbereich nicht so fett klingt (im Vergleich zu einer Les Paul), lassen sich mit dieser Gitarre bei herunter gestimmten Saiten  sehr gute Ergebnisse erzielen. Sie hat die nötige Ausgangsleistung um den Amp ordentlich zu verzerren, lässt aber im Frequenzbild noch genügend Raum für den nötigen Bass.

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Metal

Bleiben wir noch einen Augenblick im Hi Gain Bereich und testen zunächst einmal die regelbare Dynamik. Hierbei wird das Volume Poti an der Gitarre stark heruntergepegelt, während das Gain am Amp hoch eingestellt bleibt. Im besten Fall sollte jetzt ein cleaner Sound erklingen. Wenn man das Volume Poti an der Gitarre anschließend komplett aufdreht, sollte dann wieder der übliche Hi Gain Sound zu hören sein. Hier, das Ergebnis.

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Dynamic Chords Distortion

Bei heruntergeregeltem Volume Regler ist der Sound zwar leicht verzerrt, der Dynamikbereich ist aber absolut O.K. Kommen wir zur Überprüfung der „Akkordverständlichkeit“. Es werden die Akkorde E, G, D und A bei hohem Verzerrungsgrad angeschlagen. Die Akkorde sollten auch jetzt noch als solche zu erkennen sein (Chords Dist).

Verzerrt, aber immer noch eine deutliche Tonübertragung – da kann man nicht meckern. Apropos meckern. Da gibt es doch noch etwas zu bemängeln. Stichwort Stimmstabilität. Diese ist nämlich ein klarer Schwachpunkt der SG. Da die Sattelkerben nicht ausreichend befeilt wurden, bleibt besonders die G-Saite gerne dort hängen. Und das ist schon beim Stimmen extrem nervig, Man dreht am Wirbel, der Ton verändert sich nicht und ist dann auf einmal viel zu hoch, weil die, in der Sattelkerbe festgeklemmt Saite durch den steigenden Saitenzug schlagartig freigegeben wurde. Beim Spielen ist es ähnlich. Ein kleines Bending auf der G-Saite, die Saite ist gedehnt (höher), klemmt im Sattel und rutscht beim Re-Bending nicht mehr zurück. Das kann einen schon ganz schön Nerven kosten. Natürlich lässt sich dieses Problem schnell beheben, indem man die Sattelkerbe etwas weiter ausfeilt. Aber wenn ich über 1000 Euro für ein Instrument ausgebe, dann möchte ich mich mit solchen Kleinigkeiten nicht herumärgern!

Das war es aber auch schon, was es zu bemängeln gibt. Zu guter Letzt hören wir uns noch einen Lead Sound der Gitarre an. Typisch SG: Höhenbetont, dynamisch im Anschlag und mit einem sehr guten Durchsetzungsvermögen. Mit dieser Gitarre wird man definitiv gehört. Sie hat zwar nicht den fetten Ton und das Sustain einer Les Paul, aber genügend Output, um einen singenden, obertonreichen Sound zu erzeugen und klingt dabei einfach eine Spur dreckiger. Mir gefällt´s.

Audio Samples
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Lead
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FAZIT

Wenn man das Problem mit der Stimmstabilität einmal gelöst hat, wird man an diesem Instrument viel Freude haben. Die Gibson SG Standard HC klingt sehr gut und lässt sich dabei auch wirklich gut spielen. An das etwas dickere Halsshaping hat man sich schnell gewöhnt. Besonders gut gefällt mir das gelieferte Frequenzspektrum. Mit dieser Gitarre hat man keine Probleme, sich in der Band Gehör zu verschaffen. Die Bässe kommen knackig, die Mitten und Höhen sind prägnant und setzen sich gut durch. Obwohl sie auch im Clean-Bereich gut rüberkommt, liegen die Stärken der SG ganz deutlich im Bereich der verzerrten Sounds. Vor allem das Dynamikverhalten bei Distortion Sounds hat mir beim Testen sehr viel Freude bereitet. Die Übertragung des Anschlags ist vorbildlich. Vor allem, wenn man stärker in die Saiten haut und einem dieser wunderbar höhenbetonte „Dirty-Sound“ um die Ohren fliegt. Das lässt schon mal Rückschlüsse auf das bevorzugte Einsatzgebiet der SG ziehen. Gitarristen, die im Rock tätig sind, egal ob Metal oder Alternative, sollten diese Gitarre unbedingt mal anspielen. Das Preis/Leistungsverhältnis würde ich als O.K. bezeichnen.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Sound
  • Bespielbarkeit
  • Ansprache
Contra
  • Verarbeitung (Sattel)
Artikelbild
Gibson SG Standard Ebony Test
Für 875,00€ bei
Technische Daten
  • Hersteller: Gibson
  • Model: SG Standard HC
  • Finish: Heritage Cherry
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni
  • Profil: Rounded
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsbr.Sattel: 44mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 53mm
  • Mensur: 629mm
  • Bünde: Medium
  • Mechaniken: Green Key
  • Pickups: 490R (Hals), 498T (Steg) mit Alnico Magneten
  • Regler: 2x Volume, 2x Tone
  • Brücke: Tune-o-matic
  • Preis: 1299,- Euro
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