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Electro-Harmonix Tone Tattoo Test

Das analoge Electro Harmonix Tone Tattoo Multi-Effektpedal im bonedo-Test – ich kann mich noch an die ersten Multi-Effekte erinnern. Das waren damals Geräte ohne Ampsimulation, ohne digitale Anzeigen und so etwas wie einen USB-Anschluss gab es natürlich auch noch nicht. Ibanez hatte Anfang der Achtziger die Idee, einfach drei Tretminen in ein Gehäuse zu zimmern und nannte das Ganze UE300. Kurze Zeit später kamen die 19“ Rackteile und dann ging der ganze Wahnsinn los. Höher, schneller, weiter, bis hin zu Pedalen, die auf kleinstem Raum alle nur denkbaren Effekte versammeln, von denen jeder einzelne bis in die Tiefen seiner Tonerzeugung in jedem Detail editiert werden kann. Nicht wenigen Gitarristen treibt allein die Vorstellung, zum Einstellen seiner Effekte über ein kleines Display oder den Rechner stundenlang digitale Parameter einstellen zu müssen, den Panikschweiß auf die Stirn.

ElectroHarmonix_ToneTattoo_004FIN


Und vielleicht ist das auch einer der Gründe dafür, dass wir uns mittlerweile wieder in Richtung Ursprung zurückbewegen. Während Line 6 recht erfolgreich versucht, mit M13 und M9 seinen Multi-Effektgeräten den Stompbox-Charakter zurückzugeben, geht Electro Harmonix konsequent noch einen Schritt weiter (zurück) und vereint wie Ibanez damals im UE300 beim Tone Tattoo drei analoge Effektpedale unter einem Dach. Das Ganze ohne Displays, lediglich mit Reglern einstellbar, wobei jeder Effekt einzeln aktiviert werden kann. Das Gehäuse teilen sich ein Metal Muff (Zerrer), ein Neo Clone (Chorus) und ein Memory Toy (Delay). Das Gerät geht für schlanke 219 Euro über den Ladentresen, allerdings kommt man mit den drei Einzelgeräten auf 214 Euro. Deshalb wollen wir herauszufinden, wo die Unterschiede liegen, wenn es denn welche gibt.

Details

Gehäuse/Optik

Das Tone Tattoo kommt in einem unlackierten Medium-Size Aluminium-Druckgussgehäuse, das mit den Maßen 150 x 120 x 69 mm (B x T x H) auf jeden Fall einen geringeren Platz auf dem Pedalboard einnimmt als drei einzelne Pedale. Wenn man dann noch die Ersparnis an Kabeln und eventuellen Batterien für die Einzeltreter dazunimmt, dann liegt man mit dem Tone Tattoo unterm Strich doch etwas günstiger, vor allem bleibt einem der Kabelsalat erspart. Die Oberseite ziert eine aufgeklebte Folie in Tattoo-Optik, und hier finden wir auch die neun großen Regler (schwarz mit weißem Markierungsstreifen) in einer 4-1-4 Aufstellung. In der unteren Hälfte sind die drei Standard-Fußschalter in einer Reihe positioniert, mit denen die Effekte einzeln geschaltet werden können. Das Gerät besitzt übrigens keinen True- sondern einen gepufferten Bypass. Die jeweiligen Effektsektionen sind farblich voneinander abgesetzt, links das Delay in rot, der Metal Muff auf der rechten Seite hat einen grünen Hintergrund, während der Neo Clone Chorus in der Mitte blau unterlegt ist. Jede Abteilung hat außerdem eine eigene Status-LED.

Fällt auf dem Pedalboard definitiv auf: EHX Tone Tattoo
Fällt auf dem Pedalboard definitiv auf: EHX Tone Tattoo

Bedienung

Das Tone Tattoo lässt sich im Vergleich zu den „großen“ Multi-Effekten sehr überschaubar und einfach bedienen, es gibt hier keine zweite Bedienoberfläche oder versteckte Untermenüs, sondern nur ein paar Regler und Schalter. Folgende Parameter können für die einzelnen Pedale eingestellt werden:
Memory Toy:
Delay – regelt die Verzögerungszeit
Feedback – bestimmt die Echo-Wiederholungen
Blend – justiert das Verhältnis zwischen Direkt- und EffektsignalGain – bestimmt den Eingangspegel des Signals, das im Memory Toy ankommt
Neo Clone:
Rate – regelt die Geschwindigkeit des Chorus-Effekts
Depth-Schalter – bestimmt die Intensität des Effekts
Metal Muff:
Treble – regelt die hohen Frequenzen
Bass – regelt die tiefen Frequenzen
Volume – legt die Gesamtlautstärke des Metal Muff fest
Drive – bestimmt den Verzerrungsgrad

Während das Metal Muff Einzelpedal über eine Dreiband-Klangregelung (Bass, Middle, Treble) verfügt, finden wir bei der Tone Tattoo Version eine leicht abgespeckte Version vor, bei der die Mitten per Scoop-Schalter in zwei Stufen abgesenkt werden können. Die dritte Schalterstellung ist ´Off´, in ihr bleiben die Mitten neutral. Leider ist der Schalter etwas wacklig auf den Beinen, man sollte ihn nicht sonderlich hart rannehmen. Das Metal Muff Einzelpedal hat eine schaltbare Boost-Funktion, die hier nicht integriert ist, dafür gibt es im Tone Tattoo ein regelbares Noise Gate, das mit einem Taster aktiviert wird. Mit dem kleinen Threshold-Regler wird bestimmt, ab welchem Eingangspegel ein Signal die Rauschsperre passieren darf. Dieser ragt nicht sehr weit aus dem Gehäuse heraus und verlangt zum Einstellen etwas Fingerspitzengefühl. Aber in den meisten Fällen stellt man einmal den Pegel ein, und der bleibt dann auch so. Hier muss nicht permanent geschraubt werden.  

Fotostrecke: 5 Bilder Memory-Toy-Abteilung des EHX Tone Tattoo
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Praxis

Metal Muff

Der Metal Muff erzeugt eine amtlich Metal-Säge und zeigt sich schon in der Grundstellung recht höhenbetont, was aber sehr positiv für die Durchsetzungskraft ist. Der Höhenregler verfügt über einen ziemlich großen Wirkungsgrad, sodass man durchaus auch mit komplett abgedrehten Höhen einen trockenen Wüstensound zaubern kann, genau so, wie sich auf der anderen Seite sehr giftige Riffs mit viel Treble abfeuern lassen. Vom Gain-Faktor her gibt es natürlich die volle Breitseite – wer einen dynamischen Verzerrer sucht, ist hier fehl am Platz, denn unser Testkandidat ist eher für harte Sounds mit viel Sustain zuständig. Selbst bei geringen Gain-Einstellungen erhält man ein stattliches Rockbrett, das übrigens sehr gut dazu geeignet ist, Gitarren mit Single Coils etwas Feuer unter dem Hintern zu machen. Das Noise Gate im Metal Muff ist eine sinvolle Ergänzung, es lässt sich optimal auf die benutzte Gitarre und den Spieler einstellen. Vor allem klingt es bei geringen Threshold-Werten noch natürlich aus, nimmt aber den Dreck akkurat aus den Spielpausen. Der Mid Scoop geht ebenfalls verschärft zur Sache, schon bei der Lo-Einstellung werden die Mitten recht annehmbar herausgefiltert. Bei den Scoop-Sounds leidet etwas die Durchsetzungskraft, hier sollte man unter Umständen am Pegel nachregeln. Bei den folgenden Beispielen ist nur der Metal Muff im Einsatz.
Der Metal Muff in Mittelstellung, alle Regler auf 12 Uhr.

GitarreTrebleBassVolumeGainMid Scoop
Les Paul12121212Off
Audio Samples
0:00
Muff Middle

Der Metal Muff mit viel Gain und den drei Mid Scoop-Einstellungen Off, Lo und Hi.

GitarreTrebleBassVolumeGainMid Scoop
Les Paul13141116Off-Lo-Hi
Audio Samples
0:00
Muff Scoop Off Muff Scoop Lo Muff Scoop Hi

Neo Clone

Analoge Chorus-Sounds mit einem sehr warmen Klang generiert diese Pedalabteilung. Die Regelmöglichkeiten sind nicht unbedingt überragend, ich hätte mir statt des Depth-Tasters ein Depth-Poti gewünscht, aber dafür ist das Gerät umso einfacher einzustellen. Der Effekt erzeugt einen breiten Chorus, der manchmal etwas out-of-phase klingt. Im nächsten Beispiel hört ihr den Klangunterschied zwischen den beiden Depth-Modi, einmal Lo und dann Hi mit mehr Effekttiefe.

GitarreRateDepth
Strat11Lo-Hi
Audio Samples
0:00
Clone Depth Lo Clone Depth Hi

Mit maximaler Rate und gedrücktem Depth-Schalter (Hi Mode) kommt man einem Rotary-Sound nahe.

GitarreRateDepth
Strat17Hi
Audio Samples
0:00
Clone Depth Max

Memory Toy

Auch hier sind Analogsounds angesagt, und die können sich hören lassen. Delay Gourmets, die auf klare und saubere Echos stehen, werden nicht so beeindruckt sein, denn der Memory Toy ist eher für die schmutzige Seite zuständig, passend zum Gesamtkonzept. Die Delays sind leicht angezerrt und eiern auch ein wenig. Daher ist der Sound mit höherem Effektanteil zwar immer etwas verschwommener, aber für gewisse Einsatzbereiche auch genau richtig. Man kann hier lange Delay-Feedbacks erstellen oder auch kurze Slapback Sounds, die Verzögerungszeit von 30 – 550 ms ist absolut ausreichend. Schön wäre natürlich ein Tap-Schalter, aber wenn man nun den komplett analogen Weg geht, dann muss es auch ohne klappen. Hier sind zwei Beispiele.
Der Memory Toy mit langem Feedback.

GitarreDelayFeedbackBlendGain
Strat1516910
Audio Samples
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Memory Toy Feedback

Der Memory Toy mit starkem Effektanteil.

GitarreDelayFeedbackBlendGain
Strat1411129
Audio Samples
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Memory Toy 2
Wie klingen die drei Effekte des EHX Tone Tattoos in Kombination?
Wie klingen die drei Effekte des EHX Tone Tattoos in Kombination?

Kombinationen

Bei den Kombinationen muss man etwas sparsamer mit den Effektanteilen und dem Gain umgehen, denn bei zu hoher Verzerrung und reichhaltigem Chorus kann der Sound schnell sehr breiig werden. Für extreme Einsätze ist das in Ordnung, aber bei den Brot-und-Butter-Sounds sollte man vorsichtiger dosieren. Hier sind zwei Beispiele von Effektkombinationen:
ZZ Top Style Blues-Rock mit Metal Muff und ganz kurz eingestelltem Delay.

GitarreTrebleBassVolGainMid ScoopDelayFeedbBlendGain
Les Paul713149Off9889
Audio Samples
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Blues Rock

Alle drei Effekte hintereinander im Stile eines viel zu früh gestorbenen Sängers und Gitarristen.

GitarreTrebleBassVolGainMid ScoopDelayFeedbBlendGain
Les Paul10131411Lo8Lo1311
Audio Samples
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Kurt Lead
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Fazit

Das Tone Tattoo-Pedal von Electro Harmonix erfüllt seine Aufgaben ordentlich und solide. Es vereint mit Metal Muff (Distortion), Neo Clone (Chorus) und Memory Toy Delay drei analoge Effektpedale in einem Gehäuse. Zwar ist der Preisunterschied zu den drei Einzelpedalen eher marginal, aber beim Tone Tattoo spart man sich Verkabelung, Netzteile oder Batterien. Klanglich liegt das Ganze in der Mittelklasse, Chorus und Delay erzeugen warme Analogsounds und der Metal Muff bietet eine amtliche Metal-Zerre. Natürlich muss man gegenüber teuereren Einzelgeräten wie zum Beispiel dem Memory Man Delay Abstriche in Sound und Hardware machen, aber als Einsteiger-Effektgerät oder für spezielle „Dirty-Sounds“ ist das Tone Tattoo auf jeden Fall eine gute Wahl.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • drei Effekte in einem Kasten
  • Analogsounds von Chorus und Delay
  • Bedienbarkeit
  • Noise-Gate
Contra
  • Schalter nicht knackfrei
  • Klangwiedergabe
Artikelbild
Electro-Harmonix Tone Tattoo Test
Für 229,00€ bei
Electro Harmonix Tone Tattoo: 3-in-1-Bodeneffekt
Electro Harmonix Tone Tattoo: 3-in-1-Bodeneffekt
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Electro Harmonix
  • Modell: Tone Tattoo
  • Typ: analoges Multi-Effektgerät
  • Regler: Treble, Bass, Volume, Gain, Threshold, Rate, Delay, Feedback, Blend, Gain
  • Schalter: Mid Scoop, Depth
  • Anschlüsse: Input, Output, 9V DC
  • Stromverbrauch: 75 mA
  • Spannung: 9V (Netzteil – im Lieferumfang)
  • Maße: 150 x 120 x 69 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 600 Gramm
  • Preis: € 219,- (UVP)
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Fällt auf dem Pedalboard definitiv auf: EHX Tone Tattoo

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Rocke sagt:

#1 - 06.02.2013 um 20:17 Uhr

0

Vielen Dank für den ausführlichen Test.
Grüße
Musiker Board
Rocke

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