Ibanez SR805-AWT „Aged Whisky Burst Flat“ Test

Eines gleich vorweg: käme dieser Bass aus Deutschland, würde er um ein Vielfaches mehr kosten! Doch Ibanez fertigt seine Instrumente ja bekanntlich nicht hierzulande, sondern unterhält ein fähiges Netzwerk in Fernost, das weiß, wie man gute Bässe und Gitarren baut.

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Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass dieser 5-Saiter aus der sportlichen Soundgear-Premium-Serie “made in Indonesia” nicht nur optisch, sondern gerade klanglich punkten kann. Und jetzt die Sensation: der Preis kann durch die günstigere asiatische Produktion weit unter dem 1000-Euro-Bereich eingeloggt werden. Aber der Reihe nach …

Details

Mit einem Mahagoni-Body geht die Grundausrichtung des Instruments in eine eher “smoothe” Richtung. Mit der Holzkombination aus Bubinga und Jotoba für den geschraubten Hals – beides sehr harte Klanghölzer – wird jedoch die nötige Spritzigkeit im Attack erzielt, sodass ein ausgewogenes Klangbild mit einem etwas dunkleren Timbre realisiert wird. Das Deckenholz wurde durch die Verwendung von Maserpappel (poplar burl) sehr edel gehalten und ist zusammen mit dem sensationellen “Aged Whisky Burst Flat”-Finish ein echter Hingucker. Die hauchdünne Lackierung ermöglicht darüber hinaus ein extrem tolles haptisches Erlebnis; die feinen Unebenheiten im Holz lassen sich noch prima erspüren. Anfangs mag das vielleicht für den einen oder anderen sogar etwas irritierend sein, aber es unterstreicht wirkungsvoll die “handmade”-Note und den sehr edlen Charakter dieses Ibanez-Zöglings!

Fotostrecke: 4 Bilder Der Ibanez SR805 spricht eine klare Sprache, die …

Die Hälse der neueren Instrumente aus der SR-Serie besitzen glücklicherweise wieder etwas mehr “Fleisch” – man hat also nicht mehr das Gefühl, der Hals könnte einem bei einem harten Einsatz in der Hand auseinanderbrechen. Durch die bewusste Verwendung des harten Jotoba-Holzes wird hier außerdem auch die nötige Stabilität gewährleistet.
Das Palisander-Griffbrett unterstreicht hingegen die klangliche und optische Ausrichtung des SR805 und ist mit wunderschönen ovalen Abalone-Inlays versehen. Die goldene Hardware empfinde ich persönlich zwar als etwas übertrieben, aber das ist bekanntlich Geschmacksache. Sie passt allemal gut zu dem restlichen edlen Erscheinungsbild des eleganten Asiaten!
Dass die Erbauer mitdenken und Innovationen zulassen, zeigt sich auch beim Zugang zum Halsstab, denn hier muss nicht mehr geschraubt werden: Einfach die Saiten etwas lockern, das Kunststoffdeckelchen zur Seite klappen, und schon hat man freien Zugang zum Halsstab. Diese Lösung ist ebenso einfach wie effektiv!

Fotostrecke: 5 Bilder 24 Medium-Bünde wurden sauber und passgenau …

Die massive Brücke ebnet den Weg für einen schwingungsfreudigen Ton, welcher von den in der Mittelklasse bekannten MK1-Tonabnehmern von Bartolini sauber übertragen wird. Die Dreiband-Elektronik ist rein aktiv gestaltet – passiv lässt sich das gute Stück also leider nicht spielen, obwohl es die passiven Bartolinis eigentlich erlauben würden. Eine Ersatzbatterie sollte daher immer im Gigbag mit dabei sein!

Fotostrecke: 3 Bilder Die Strings werden ganz einfach von oben in die Brücke eingehängt.

Als Mittenband lassen sich mithilfe eines Kippschalters drei verschiedene Frequenzen anwählen, die dann geboostet oder gecuttet werden können. Zur Auswahl stehen 250, 450 oder 700 Hz. Eine tolle Sache, da diese Frequenzen super für den Bass greifen und man nicht lange zu fummeln braucht, um eine gute Einstellung zu finden.

Fotostrecke: 6 Bilder Die beiden Soapbars des Traditionsherstellers Bartolini …

Praxis

Unser Ibanez-Testkandidat lässt sich wunderbar und ohne Murren einstellen. Viel muss ich allerdings nicht tun, denn das Werkssetup entpuppt sich als sehr gut. Dementsprechend leicht zu spielen ist der SR805 denn auch.
Allein an das enge Stringspacing von nur 16,5 mm musste ich mich zunächst etwas gewöhnen, da ich breitere Spacings gewohnt bin. Aber gerade Spielern, die von einem 4- auf einen 5-Saiter umsteigen, bzw. etwas kleinere Hände oder eine noch nicht ganz ausgereifte Technik der Greifhand haben, kommen diese Saitenabstände natürlich sehr gelegen. Bei Akkordspiel und Double Stops ist das enge Stringspacing ohnehin ein Vorteil, weil die Wege und Abstände für die Finger doch erheblich kürzer sind.
Nun aber zu den Klangbeispielen, damit ihr einen Eindruck von dem Sound des Ibanez SR805 bekommt: Im ersten Soundbeispiel hört ihr, was der Bass zu leisten vermag, ohne die Klangregelung einzusetzen. Alle Regler hier unangetastet in der Mittelposition und beide Tonabnehmer kommen gleichermaßen zum Einsatz. Der Volumenregler ist voll aufgedreht. Hier ernten wir einen kernigen Allround-Sound, der eigentlich schon keine großen Wünsche offen lässt. Ich habe bei meinem Klangbeispiel extra weit über das Griffbrett gespielt (inklusive Double Stops), um die Vielseitigkeit und Ausgeglichenheit im Ton des Ibanez zu demonstrieren:

Audio Samples
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Fingerstyle: beide PUs, Klangregelung neutral (Mittenposition)

Im zweiten Beispiel hören wir nun den Bridge-Tonabnehmer alleine. Dieser klingt erwartungsgemäß mittiger und nasaler, besitzt aber überraschend viel “Bauch”, um in der Band für das nötige Fundament zu sorgen. Um die Mittenklangregelung dazu ein wenig zu fordern, spiele ich beim Klangbeispiel ein Lick mit etwas geboosteten Mitten und schalte nacheinander das Frequenzband um. Ihr merkt schon: Double Stops machen wirklich großen Spaß auf diesem Instrument!

Audio Samples
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Fingerstyle: Bridge-PU, leichter Mittenboost durch alle Frequenzbänder (250/450/700 Hz)
Die umwerfende Verarbeitungsqualität aller Ibanez-Instrumente ist schon seit vielen Jahren weltbekannt!
Die umwerfende Verarbeitungsqualität aller Ibanez-Instrumente ist schon seit vielen Jahren weltbekannt!

Als nächstes wird der Daumen ausgepackt! Dazu nehme ich beide Tonabnehmer mit gleichzeitigem Bass- und Höhen-Vollboost in Betrieb. Hey, das knallt und schmatzt ja richtig satt – und tönt zugleich sehr kernig! Sehr schön finde ich übrigens, wie sich die tiefe B-Saite einbindet: das tiefe C aus meinem Klangbeispiel kommt wirklich glasklar rüber:

Audio Samples
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Slapstyle: beide PUs, Bass- und Höhenboost

Auch ein Beispiel mit dem Plektrum darf natürlich nicht fehlen! Nur mit dem Halstonabnehmer gespielt, kommt der Sound sehr schön rockig-fett und fast schon precimäßig daher. Die Klangreglung habe ich abermals mit einem Mittenboost eingesetzt, d.h. dasselbe Lick habe ich dreimal gespielt und dabei nacheinander durch die Frequenzbänder geschaltet:

Audio Samples
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Pickstyle: Neck-PU, Mittenboost durch alle Frequenzbänder (250/450/700 Hz)

Zum Abschluss habe ich noch es noch ein kleines Schmankerl für euch: eine kleine jazzige “Kurzkomposition” von mir, in welcher der Ibanez mit seinen vielen Klangfacetten und seinem aufgeräumten Ton glänzen darf. Auf der linken Seite hört ihr die Chords (mit beiden Tonabnehmern gespielt und einem Mittencut bei 250 Hz). Auf dem rechten Kanal liegt der Walking Bass, der nur mit dem Halstonabnehmer und einem Mittencut bei 400 Hz gespielt wird. In die Mitte habe ich schließlich noch den Solobass gemischt, der nur mit dem hinteren Tonabnehmer eingespielt wurde – bei gleichzeitigem Höhencut. Wie ihr hören könnt, funktioniert der Bass mit seinem klaren Sound auch bei diesem dichten Bassfrequenzgerangel, ohne dass ich irgendetwas am Mischpult am EQ etc. nachregeln musste. Auch die künstlichen Flageoletts machen übrigens richtig Spaß, da das Ansprechverhalten einfach klasse ist!

Audio Samples
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Jazz-Style: Links: Chords – Mitte: Solo – Rechts: Walking

Fazit

Nicht nur wer auf Whisky steht, ist bei diesem Bass gut aufgehoben, denn dieser Ibanez kann so ziemlich alles! Hat man sich erst einmal mit der Klangregelung und vor allem mit den drei Mitten-Frequenzbändern vertraut gemacht, so eröffnen sich zahllose Möglichkeiten der Tonformung.
Auch die Bespielbarkeit dieses Ibanez-Basses ist klasse – einzig das für die Soundgear-Bässe typische etwas enge Stringspacing fand ich persönlich anfangs gewöhnungsbedürftig. Gleichzeitig hat es mich aber auch schon nach kurzer Zeit inspiriert, z.B. viele Double Stops in mein Spiel zu integrieren.
Wer eine klare “Edelbass-Attitüde” sucht, jedoch nicht das nötige Kleingeld für einen Bass aus einer erlesenen hiesigen Manufaktur (wie Marleaux, Human Base, Franz Bass etc.) ausgeben kann, ist mit diesem eleganten SR 805 “von der Stange” durchaus gut bedient. Ich selbst war übrigens schon immer ein heimlicher Soundgear-Fan dank der wieselflinken Bespielbarkeit und dem stets praxisorientierten Sound. Und eben dies hat sich mit dieser aktuellen Version auch wieder einmal für mich bestätigt! Nicht umsonst fühlen sich Endorser wie Adam Nitti, Gerald Weasley oder Andrew “The Bullet” Lauer sichtlich wohl mit ihren Ibanez-Instrumenten.
Das einzige wirkliche Manko stellt für mich die rein aktive Funktionsweise dar. Ansonsten kann ich hier allerdings eine eindeutige Kaufempfehlung aussprechen, denn dieser Bass macht in nahezu jeder Stilistik eine tolle Figur!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • variable Soundausrichtung
  • praxisorientierte Elektronik
  • sehr gute Bespielbarkeit
  • top Verarbeitung
  • tolle Optik
  • günstiger Preis
Contra
  • leider kein Passivbetrieb möglich
Artikelbild
Ibanez SR805-AWT „Aged Whisky Burst Flat“ Test
Für 870,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Ibanez
  • Modell: SR 805 1P02
  • Herstellungsland: Indonesien
  • Farbe: Aged Whiskey Burst Flat
  • Hals: fünfteilig Jatoba/Bubinga, geschraubt, 864 mm / 34“ (long scale)
  • Saitenabstand/Stringspacing: 16,5 mm
  • Korpus: Mahagoni mit Maserpappeldecke
  • Griffbrett: Palisander mit ovalen Abalone-Einlagen
  • Bünde: 24 Medium Frets
  • Tonabnehmer: Bartolini MK-1 passiv
  • Elektronik: Ibanez Custom Dreiband-EQ mit Mittenfrequenzwahl (250/450/700 Hz)
  • Brücke: Accu Cast B305, 16,5 mm
  • Hardware: vergoldet, schwarze Potiknöpfe
  • Preis: 899,- Euro (UVP)
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Profilbild von Denis

Denis sagt:

#1 - 05.07.2016 um 08:25 Uhr

0

Bei Ibanez ist mir oft das geringe Korpusgewicht im Verhältnis zu Hals aufgefallen, ich kenne aber auch hauptsächlich die Einsteigermodelle. Was die Ergonomie angeht, sind die natürlich top. Ich glaube ich lass mal von meiner ursprünglichen Meinung über Ibanez ab und teste nochmal gründlich. Die scheinen ja echt gute Modelle zu haben.

    Profilbild von lars.bonedo

    lars.bonedo sagt:

    #1.1 - 05.07.2016 um 10:28 Uhr

    0

    Hi Denis!Die üppigen Shapings haben natürlich den Nebeneffekt, dass dabei eine Menge Holz auf der Strecke (oder besser: der Werkbank) bleibt. Das Resultat kann da schon mal ein etwas anderes Feeling als bei "herkömmlichen" Bässen sein, die ja in der Regel weniger schlank ausfallen. Dafür liegen die Ibanez-Bässe aber auch sehr anschmiegsam am Körper, was den Effekt möglicherweise wieder ausgleicht. Ich persönlich finde den Tragekomfort recht angenehm, aber eine kleine Umgewöhnung ist es auch für mich in der Tat immer wieder.Viele Grüße, Lars

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