Warm Audio WA-251 Test

Das Warm Audio WA-251 hat sich vor allem durch die Zahlenkombination „251“ ein Review bei uns verdient. Schließlich ist das altehrwürdige ELA 251, das hier offensichtlich zitiert wird, nicht irgendein Röhrenmikrofon gewesen.

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Vielmehr sind die unter dem Label Telefunken verkauften Klassiker unter der Ägide AKGs entstanden und sind in Schaltung und besonders Kapseldesign sehr nah am AKG C12, also dem Mikrofon, das am Ehesten in der Lage ist, mit dem Ruf des Neumann U 47 zu konkurrieren.
Wer jetzt überlegt, ob nicht ein originales 251 vielleicht eine Option wäre, der weiß vielleicht nicht um die Preise, die dafür aufgerufen werden (und die Wartungsprobleme, die zusätzlich ins Haus stehen können). Auch die Information, dass das aktuelle Telefunken-Unternehmen sehr originalgetreu neue Mikros der 251-Range anbietet, können kaum trösten. Außer natürlich, man hat kein Problem damit, mal eben fünfstellige Eurobeträge für ein Mikrofon vom Konto abfließen zu lassen. Schnell landet man auf dem Boden der Tatsachen und somit bei einem der vielen Hersteller vielleicht nicht ganz originalgetreuer, aber preiswerter Nachbauten von klassischem Studioequipment. Neben Peluso und Golden Age sind es vor allem Warm Audio, die sich damit einen Namen gemacht haben. Nun also der neueste Streich, das WA-251.

Details

Am richtigen Ort gespart

Wo kann man beim Mikrofonbau am Einfachsten sparen? Richtig, am Gehäuse. Warm scheinen diesmal mehr als bei WA-47, WA-47jr und WA-14 auf die Kosten des Gehäuses geschaut zu haben und das WA-251 in eine der einfachsten Verpackungen gepflanzt, die erhältlich ist. Schlimm? Das ist Budget- und Geschmackssache: Wer Warm-Produkte kauft, dem sind die meisten Produkteigenschaften abseits des Themas „Sound“ wohl ziemlich egal. Das Gehäuse erinnert farblich an die originalen ELAs, ist aber von deutlich schlanker Statur und wird von einem Korb gekrönt, der an Neumann UM57 und Microtech Gefell UM 92.1S erinnert. Das Fußteil ist ganz einfach abschraubbar und gibt den Blick auf die Doppeltriode (6072/12AY7) des slowakischen Herstellers JJ, die Bauteile (unter anderem von WIMA) und den CineMag-Ausgangsübertrager frei. Am Mikrofonständer montiert wird das Warm WA-251 mittels einer einfachen Spinne, die wie eine Holzbox, das Röhrenmikrofonkabel und natürlich das Netzteil mit der Kapselumschaltung zu Kugel, Niere oder Acht zum Lieferumfang gehört. Auch Spinnen-Ersatzgummis und ein Reduziergewinde fehlen nicht unter den Beigaben.  

Fotostrecke: 8 Bilder Das Warm-Logo, hier auf der Vorderseite des Mikrofons, steht für preiswertes, aber gutes Equipment “klassischer” Prägung.

Kapsel der CK-12 nachempfunden

Das filter- und padlose Röhrenmikrofon erzeugt bei 132 dB(SPL) einen Anteil an Verzerrungsprodukten von 0,5% des Gesamtsignals. Das Rauschen hingegen ist mit 12 dB(A) angegeben. Die Schallwandlung übernimmt eine Kapsel, die, wie sollte es auch anders sein, der CK-12 nachempfunden ist. Auch die „WA-12-B-60V“ ist also eine randkontaktierte Großmembran-Doppelkapsel mit Messingeinfassung. Als wichtigste Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Polardiagramme lässt sich zumindest für die axiale Besprechung anhand der grafischen Frequenzgänge erkennen, dass die Niere über einen Dip im Sprache-Schärfebereich verfügt, also besonders zwischen 6 und 7 kHz. Die Acht wird mit einer leichten Erhöhung um die 5 kHz und etwas schlankerem Bass wohl etwas direkter klingen, die Kugel weist eine etwas verhaltenere Schärferücknahme als die Niere auf. Wie das insgesamt klingt, kann man anhand von Linien auf dem Papier aber nicht feststellen, dazu muss das Mikrofon im Betrieb zeigen, wie es sich verhält.

Die verbaute Kapsel wird auch im WA-14 verwendet.
Die verbaute Kapsel wird auch im WA-14 verwendet.

Praxis

Färbend, aber transparent

In der Praxis zeigt sich das Wam Audio WA-251 direkt als ein Soundmaker, der aber nicht übertrieben zu Werke geht. Mir gefällt auf Anhieb, dass der Klangcharakter zwar über deutliche Anreicherung mit Harmonischen einhergeht, das Grundsignal dabei jedoch transparent bleibt. Das gelingt bei Weitem nicht jedem preiswerten Röhrenmikrofon. Insgesamt ist es zwar von sehr guter Detailzeichnung und Feindynamik, aber ein wenig weicher als das Microtech Gefell UM 92.1S, welches immer auch ein wenig „Ellenbogen“ im Mix zeigt und oft entsprechend gezähmt werden muss. Besonders im Bereich zwischen 20 und 50 Zentimetern ist das WA-251 sehr schön ausgewogen, zeigt feine, wohldosierte Höhen und eine effektive Verringerung des Zischbereichs. Ich meine, den Übertrager etwas stärker heraushören zu können als beispielsweise beim 92 und dieses als etwas signalferner wahrnehmen zu können. Das ist jedoch minimal – und rechtfertigt natürlich auch den enormen Preisunterschied des 251 zu meinem Gefell. Dieses kostet deutlich mehr als drei Mal so viel. Der generelle Klangcharakter bleibt auch bei geringeren Abständen vorhanden, wenngleich die Transparenz etwas stärker abnimmt als beim UM 92.1S. Es dröhnt beim Warm Audio aber glücklicherweise nichts, wenngleich der etwas fundamentalere Bass, der dem Original nachgesagt wird, im Warm durchaus umgesetzt wurde. Und auch die nicht axiale Besprechung meistert das WA-251 in Nierenstellung sehr gut: Als Instrumentenmikrofon mit einigem Raumklang und bei Spill, ob bewusst oder unvermeidlich, ist das 251 eine gute Besetzung. Sogar die Poppempfindlichkeit ist ganz gut.  

Klingt besonders in Nierencharakteristik klasse: WA-251 (hier Blick von der Rückseite).
Klingt besonders in Nierencharakteristik klasse: WA-251 (hier Blick von der Rückseite).

Niere – das beste Pattern

Wenn man das Pattern umschaltet, sollte man in jedem Fall die Abhöre muten, denn das knackst nicht nur ein wenig, sondern ganz gehörig. Im Omni-Modus, also auf Kugel geschaltet, zeigt sich das Warm Audio WA-251dann ein wenig löchriger als mein Vergleichsmikrofon, zudem fehlt dann auch Fundament. Schaltet man auf das bidirektionale Pattern der Acht, wird das axiale Signal nicht einfach wie bei vielen derartigen Mikros präsenter und knackiger, sondern für meine Begriffe etwas zu höhenarm und verliert in den Tiefen etwas Zeichnung. Für mich steht fest: Das Warm Audio WA-251 ist ein ganz toll klingendes Mikrofon – wenn man das Signal der rückseitigen Membran aus dem Signalweg lässt und dem dünnen Häutchen nur die Aufgabe der Richtwirkungssteuerung für die vordere zugesteht. Der Fairness halber muss ich sagen, dass diese Problematiken sehr viele ähnlich gebaute Mikrofone besitzen (darunter deutlich teurere) und der geschätzte Anteil der umschaltbaren Mikrofone, die im Praxisbetrieb niemals abseits der Nierenposition benutzt werden, bei wahrscheinlich deutlich über 75% liegt.  

Audio Samples
0:00
Warm Audio WA-251, Niere, 10 cm Warm Audio WA-251, Niere, 30 cm Warm Audio WA-251, Niere, 30 cm, 45 Grad Warm Audio WA-251, Niere, 70 cm Warm Audio WA-251, Acht, 10 cm Warm Audio WA-251, Acht, 30 cm Warm Audio WA-251, Acht, 30 cm, 45 Grad Warm Audio WA-251, Kugel, 30 cm Microtech Gefell UM92.1S, Niere, 10 cm Microtech Gefell UM92.1S, Niere, 30 cm Microtech Gefell UM92.1S, Niere, 30 cm, 45 Grad Microtech Gefell UM92.1S, Niere, 70 cm Microtech Gefell UM92.1S, Acht, 30 cm Microtech Gefell UM92.1S, Kugel, 30 cm Audio-Technica AT5045, 10 cm Audio-Technica AT5045, 30 cm

Bis 10 Zentimeter Nähe klasse

Im Nahbetrieb kann das 251 nicht ganz mit MG UM 92.1S und Audio-Technica AT 5045 mithalten, zeigt sich aber besonders im Nierenpattern reichlich kontrolliert und nicht zu poppanfällig. Unter zehn Zentimetern Besprechungsabstand leiden im Vergleich die Höhen etwas. Mit 10 oder 15 Zentimetern hat man jedoch eine tolle Kombination: Edle Farbe, hohe Details, volle, wuchtige Bässe und gleichzeitig einen wichen und schmeichelnden Mittencharakter. Gerade für „harte“ Stimmen und kurzkonsonantige, spitze Sprachen und Aussprachen kommen diese Eigenschaften wie gerufen.  

Fazit

Auch wenn ich einiges zu kritisieren habe, bleibt das Warm Audio WA-251 ein wirklich toll klingendes Mikrofoen für einen wirklich sehr fairen Preis. Um diesen zu erreichen, haben Warm auch die sinnvollsten Wege bestritten und dort gespart, wo es zu verschmerzen ist. Das Hauptaugenmerk lag nicht auf Kugel und Acht, sondern auf der Optimierung des wichtigsten Patterns, der Niere. Und das ist voll gelungen. Insofern muss man es gar nicht umschalten, das schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe (kein Umschalten – keine Knackser). Das Gehäuse ist sehr einfach gehalten, aber funktionell. Auch wenn da jetzt Contras stehen und keine volle Punktzahl, so ist das WA-251 dennoch eine Kaufempfehlung wert – es ist schließlich eines der besten preiswerten Röhrenmikrofone

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • gute Klangeigenschaften der Niere
  • recht edler Grundklang
  • nicht aufdringlich
  • transparent
  • hervorragende Eignung für eine Vielzahl Quellen
  • preiswert
Contra
  • sehr hochpegliges Umschaltknacksen
  • Eigenschaften von Kugel und Acht fallen gegen Niere ab
Artikelbild
Warm Audio WA-251 Test
Für 879,00€ bei
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Features und Spezifikationen
  • umschaltbares Großmembran-Röhrenmikrofon
  • randkontaktierte Doppelmembran-Kapsel
  • Richtcharakteristika: Kugel, Niere, Acht
  • Eigenrauschen: 12 dB(A)
  • max. Schalldruckpegel: 132 dB SPL
  • Lieferumfang: Mikrofon, Kabel, Spinne, Ersatzgummis, Netzteil, Koffer
  • Preis: € 899,– (Straßenpreis am 24.4.2019)
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