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Strymon Deco Test

Das Strymon Deco in unserem aktuellen bonedo-Test gehört zu den Effektpedalen, die sich den Vintage-Sounds der alten analogen Originale verschrieben haben. Flanger und Chorus sind neben dem Delay die am häufigsten verwendeten Effekte in der heutigen Popmusik, wobei wir deren Entdeckung der Experimentierfreudigkeit von Toningenieuren der 50er und 60er Jahre zu verdanken haben. Neben dem Bandechoeffekt, den man ursprünglich mithilfe von Endlosbandschleifen und mehreren Tonköpfen erzeugte, waren Flanging- und Choruseffekt damals nur im Tonstudio durch die Kombination mehrerer Bandmaschinen möglich. Dazu musste man zuerst die gewünschte Spur auf eine zweite Maschine kopieren mit der Option, den Grundsound per Bandsättigung zu manipulieren und anzuzerren. Anschließend wurden beide Bandmaschinen gleichzeitig gestartet und die Signale gemischt, während ein Tontechniker durch Drücken auf den Flansch (engl. flange) die Geschwindigkeit einer der beiden Maschinen veränderte.

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Deshalb auch der Name “Flanging”. Dieser Effekt war alles andere als gleichmäßig und wurde teilweise sogar absichtlich bis zu einem massiven “Eiern” übertrieben, wie bei dem legendären Gitarrensolo von “While my guitar gently weeps” oder dem gesamten Playback in dem Status Quo Song “Pictures of Matchstick Men”. Erst mit dem Aufkommen von Eimerkettenspeicher war es Mitte der 70er Jahre möglich, Flanging- und Chorussounds auch in ein Pedalgehäuse zu packen.

Details

Konzept

Das Deco von Strymon ist kein Choruspedal, sondern die Emulation einer Bandmaschine, deren imaginäre Bandsättigung und unregelmäßige Gleichlaufmanipulationen man, wie in den 60er Jahren, gezielt dem Originalsignal beimischen kann. Der erzielte Effekt ist weitaus subtiler als der eines “normalen” Chorus oder Flangers. Selbst die simulierte Bandsättigung kann so manchen Röhrenamp das Fürchten lehren. Hier haben die Ingenieure von Strymon wirklich exzellente Arbeit geleistet – für jeden, der alte Beatles-, T Rex- oder 10CC-Aufnahmen mag und auf psychedelische Hippie-Sounds steht, eine wahre Fundgrube.

In dem edlen Metall-Gehäuse findet die Elektronik des Deco ein stabiles Dach über dem Kopf
Tape-Flanging- und Tape-Chorus-Sounds im Stil der 60er und 70er Jahre sind die Kernkompetenz des Deco

Bedienelemente

Das Gerät ist in zwei Effektsektionen unterteilt, die mit den beiden Fußtastern getrennt ein- und ausgeschaltet werden. Auf der linken Seite ist die Bandsättigungsabteilung des Gerätes, die lediglich aus dem “Saturation”-Poti für den Grad der Bandsättigung und dem Volume-Regler für die Ausgangslautstärke der Sektion besteht. Die Modulationseinheit ist weitaus komplexer aufgebaut.

Fotostrecke: 4 Bilder Das Pedal besteht aus zwei Effektsektionen…

Mittig befindet sich ein Miniswitch, der die imaginäre Bandmaschine in unterschiedliche Modes versetzt. Im “Sum”-Modus befindet sich die Modulationseinheit in Phase. Dementsprechend phasengedreht wird das Effektsignal dem Originalsignal in der mittleren Position “Invert” beigemischt, wodurch sich hier besonders realistische Tape-Flangingsounds realisieren lassen. Der Bounce-Modus ermöglicht einen breiteren Stereoeffekt, wenn man das Pedal in einem aufwendigeren Setup betreiben möchte. Lag Time regelt die Zeitverzögerung, mit der das Effektsignal der emulierten Bandmaschine dem Originalsignal beigemischt wird. Bis 11 Uhr erhält man einen Tape-Flanging-Effekt, zwischen 12 und 14 Uhr klingt es wegen der etwas längeren Verzögerung ähnlich wie der Choruseffekt einer eiernden Bandmaschine. Ab der 15-Uhr-Einstellung geht es von einem Slapback-Delaysound allmählich in ein Delay über. Allerdings bietet das Gerät in Sum- und Invert-Modus eine, und im “Bounce-Modus” nur zwei Wiederholungen. Deshalb lässt sich das Strymon Deco leider nicht zu einem vollwertigen Delaypedal umfunktionieren, obwohl es eine maximale Verzögerung von bis zu 500 Millisekunden bietet. Aber gut, dazu wurde es auch nicht konzipiert. Kommen wir zum Wobble-Regler. Hier wird die Stärke des Bandeierns eingestellt. In der 0-Position eiert nichts und man erhält einen feststehenden Kammfiltereffekt, der sich so mithilfe des “Lag Time”-Reglers durchstimmen lässt. Einen ähnlichen Effekt kennen einige sicher noch vom legendären Deluxe Electric Mistress Flanger, den man auch bestens als Filter missbrauchen kann, um sehr abgefahrene und phasige Sounds zu erzeugen. Bringt man den Wobble-Regler in die 9-Uhr-Position, erhält man eine leichte Modulation, die sich besonders gut für Flangingeffekte eignet. In höheren Einstellungen entstehen immer stärkere Modulationen, die im Gegensatz zum Chorus unregelmäßig und wie bei einem Zufallsmuster strukturiert sind. Deshalb klingt der Effekt hier auch wesentlich unkitschiger, als man es vom gemeinen Chorus- und Flangerpedal her kennt.

Die Anschlüsse

Neben dem Anschluss für das mitgelieferte 9-Volt-Netzteil, ohne das man das Pedal nicht betreiben kann, findet man auf der Stirnseite vier Klinkenbuchsen. Die Eingangsbuchse kann wahlweise in Mono oder Stereo betrieben werden, ab Werk ist das Gerät auf mono eingestellt. Um das Pedal in ein komplexes Stereosetup einzubinden, muss man den Boden abschrauben und einen Jumper verändern, der den Eingang als Stereoklinkenbuchse aktiviert. Als Ausgang dienen zwei Monoklinkenbuchsen. An der vierten Buchse findet ein Expressionpedal oder ein Strymon Tap Switch Anschluss.

Strymon hat alle Anschlüsse des Pedals auf der Nordseite untergebracht
Strymon hat alle Anschlüsse des Pedals auf der Nordseite untergebracht

Doppelfunktionen bei eingeschaltetem Pedal

Wenn man beide Fußtaster gleichzeitig gedrückt hält, erhalten alle Regler eine zweite Funktion. Mit dem Volumepoti kann man nun den Bassbereich bearbeiten, während der Saturation-Regler die oberen Frequenzen modelliert. Blend boostet den rechten Teil des Pedals um bis zu 3 dB, während der Lag Time Regler in diesem Modus die “Auto Flange Time” festlegt. Diese Funktion wird aktiviert, wenn man den rechten Fußschalter gedrückt hält. Der Wobble-Regler verändert das Stereoimage.

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Mehr Informationen

Doppelfunktionen beim Einschalten des Pedals

Wenn man beide Fußtaster gedrückt hält und danach das Netzteil einsteckt, lassen sich globale Voreinstellungen des Pedals vornehmen. Mit Saturation wird in diesem Modus die Funktion der Expressionbuchse voreingestellt. Im ersten Drittel des Regelweges arbeitet die Buchse mit einem Expressionpedal zusammen. Im zweiten Drittel kann man die Delaytime mittels optional erhältlichem Tap Switch einstellen, während man im letzten Drittel des Regelweges ein Preset per Favorite Switch abspeichern kann. Der Blend-Regler bietet die Wahl zwischen True- und Buffered-Bypass. Hierbei wird intern ein Relais ein- bzw. ausgeschaltet und das Poti arbeitet im Grunde genommen wie ein Schalter. Vor der 12-Uhr-Stellung hat man einen unbeeinflussten True-Bypass und danach einen Buffered-Bypass. Der dritte im Bunde ist der Lag Time Regler, mit dem man den Input zwischen Instrumentenlevel und Studiolevel umschaltet.

Zeit, das Pedal in Aktion zu erleben....
Zeit, das Pedal in Aktion zu erleben….
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Praxis

Sound und Praxis

Bis auf die beiden letzten Audiobeispiele habe ich das Pedal wie ein normales Bodenpedal benutzt und vor einen cleanen Fender Deluxe gehängt. Die erzielten Sounds haben trotz der digitalen Seele des Pedals nichts von dem kalten Klangverhalten vieler seiner Mitbewerber. Sie klingen durch die Bank organisch, rund und irgendwie nicht perfekt, sondern rotzig und analog. Das Pedal ist in der Lage, eine Bandsättigung zu emulieren, die von einer dezenten Sättigung bis hin zu einem geschmackvollen Overdrivesound erstklassige Verzerrungen liefert. Im ersten Soundbeispiel habe ich die Saturation allerdings nur dezent eingesetzt. Später kommt dann noch eine leichte Modulation hinzu.

Audio Samples
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Dezente Saturation mit leichter Modulation

Bringt man mehr Saturation ins Spiel, erhält man eine luftige und harmonische Verzerrung, die je nach verwendeter Gitarre fast schon nach einer AC 30 Sättigung klingt. Eine längere Delaytime liefert gleichzeitig auch einen Hauch mehr 1968er Hippie-Feeling.

Audio Samples
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Mehr Saturation und längere Delaytime

Selbst bei maximaler Saturation klingt die Verzerrung immer noch organisch, obwohl die Dynamik jetzt naturgemäß eingeschränkt ist. Ich habe sehr viele Verzerrer getestet, und obwohl es sich hier um eine Bandsättigung handelt, kann die Saturation-Einheit vielen Lowgain-Verzerrern locker das Wasser reichen.

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Maximale Saturation

Wird der Lag Time Regler auf Maximum gedreht, erhält man ein Delay mit einer Verzögerung von 500 Millisekunden. Der Bouncemodus, der im Stereobtrieb einen fetten Ping-Pong Chorus/Delaysound erzeugt, bringt im Monobetrieb zwei Echowiederholungen. Das ist wegen der nicht vorhandenen Feedbackfunktion zwar kein richtiger Delayersatz, aber zu diesem Zweck wurde das Pedal ja auch nicht entwickelt. Trotzdem klingt der Sound in Verbindung mit maximaler Saturation und dem Stegpickup meiner Stratocaster eindrucksvoll fett.

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Maximale Saturation mit Lag Time Regler auf Maximum
Tape-Flanging- und Tape-Chorus-Sounds im Stil der 60er und 70er Jahre sind die Kernkompetenz des Deco
Tape-Flanging- und Tape-Chorus-Sounds im Stil der 60er und 70er Jahre sind die Kernkompetenz des Deco

Ein warmes und authentisches Slapback-Delay zu erzeugen, ist nicht einfach. Bei vielen Geräten klingen diese Einstellungen schnell nach Badezimmer und bieten nicht den klassischen Charme alter Aufnahmen, die man von Elvis, John Lennon oder vielen Country Musikern her kennt. In nächsten Beispiel hört man zuerst den unbeeinflussten Klang, dann den Slapbacksound, den ich zum Schluss noch mit einem dezenten Schuss Bandsättigung aufgemotzt habe.

Audio Samples
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Erst clean, dann Slapbacksound und Bandsättigung

Dreht man den Blend Regler auf Maximum, ist nur der Sound der imaginären Bandmaschine zu hören. Je nach Einstellung des Wobble-Reglers und der Saturation erzeugt man so einen leicht kaputten Ton, der eine eiernden Bandmaschine imitiert. In diesem Beispiel ist das unregelmäßige Eiern der Modulation besonders gut herauszuhören.

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Blend Regler auf Maximum – Eiern der Modulation

Der Flanger-Modus klingt warm und unaufdringlich. Ich habe schon etliche Pedale getestet und besessen, aber einen ähnlichen Sound wie hier habe ich selten gehört. Der Effekt ist trotz der typischen Auslöschungen organisch, unmetallisch und weich.

Audio Samples
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Flanger Sound

Zum Schluss noch zwei Soundbeispiele, die ich im Stereomodus eingespielt habe. Im Gegensatz zu den Ergebnissen vor dem Gitarrenamp lassen sich im Stereomodus auch psychedelische Stereoeffekte erzeugen, und das ohne langes Herumexperimentieren. Solche Sounds kennt man von Hendrix oder den Beatles, aber auch von Bands wie Queen Of The Stone Age. Die Verzerrung im letzten Audiobeispiel stammt diesmal übrigens nicht vom Deco Pedal, sondern von meinem alten 100 Watt Marshall JMP mit vorgeschaltetem Baldringer Dual Drive.

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Stereo Modus – Soundbeispiel 1 Stereo Modus – Soundbeispiel 2
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Fazit

Das Strymon Deco erzeugt beeindruckende psychedelische Tape-Flanging- und Tape-Chorus-Sounds im Stil der 60er und 70er Jahre, die man damals nur im Tonstudio mit zwei modifizierten Bandmaschinen generieren konnte, live auf der Bühne gab es keine Möglichkeit. Obwohl man mittlerweile alle möglichen und unmöglichen Effekte kaufen kann, habe ich bisher noch keine Bandmaschinen-Simulation im Stompboxformat gehört. Alleine die Saturation halte ich für einen der besten Lowgain-Verzerrer, die ich in den letzten Jahren gespielt habe. Ein Antest-Muss für Klangforscher und Leute, die auf der Suche nach dem etwas anderen Modulationseffekt sind.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Sounds
  • einfache Bedienung
  • sehr weiche, harmonische Verzerrungen möglich
Contra
  • Keins
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Strymon Deco Test
Für 337,00€ bei
Mit dem Deco ist Strymon ein großer Wurf gelungen: 5 Sterne!
Mit dem Deco ist Strymon ein großer Wurf gelungen: 5 Sterne!

Technische Spezifikationen

  • Effekte: Tape Saturation, Tape Echo, Tape Chorus, Tape Flanger
  • Regler: Saturation, Volume, Blend, Lag Time und Wobble
  • Schalter: Tape Saturation Bypass, Doubletrack Bypass, Minitoggle für Sum, Invert und Bounce,
  • Wandler: 24 Bit / 96 kHz A/D D/A Wandler
  • Metallgehäuse
  • True-Bypass oder Buffered-Bypass
  • inkl. 9V Netzteil
  • Preis: 329,00 Euro
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