Stanton Groovemaster V3 MP4 Test

Stanton hat neben seinen bewährten Headshell-Abtastern seit einigen Jahren auch diverse Komplett-Systeme im Angebot. Der Groovemaster V3 ist mit einem elliptischen Diamanten ausgestattet und laut Hersteller das ideale System für Producer & Remixer. Geliefert wird im Doppelpack, in einem trendigen Mini-Flightcase für unverbindliche 261 Euro.

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Kontrahenten in diesem Feld sind der Ortofon Concorde Nightclub MkII für 179 Euro und das 680 E V3 von Stanton für 99 Euro, jeweils Einzelpreise, wohlgemerkt. Ob sich der Groovemaster V3 tatsächlich einen festen Platz im Studio der anvisierten Zielgruppe verdient hat?

DETAILS

Das schicke, transparente Mini-Flightcase des Groovemaster V3 MP4 ist zunächst ein echter Blickfang. Beim Aufmachen stellt sich aber schnell heraus, dass das Case zwar schön anzusehen, aber leider nicht besonders praktisch ist. Den Deckel muss man nämlich nach dem Öffnen festhalten, da dieser ansonsten von selbst wieder zufällt. Die beiden Plastik-Schalen, in denen die Systeme gebettet sind, sind zwar etwas weich, aber die Nadeln der beiden Tonabnehmer werden beim Transport durch die praktischen Schutzkappen aus Kunststoff geschützt. Mal ganz abgesehen davon, dass die Stantons ja nicht fürs Club-Hopping, sondern zur stationären Installation vorgesehen sind. 
Ein zweiter Blick offenbart, dass die beiden Tonabnehmer sauber verarbeitet und lackiert sind. Ähnlich wie bei der Concorde-Serie von Ortofon sind die Griffe der Stanton-Tonabnehmer ziemlich glatt und rutschig. Der leicht hervorstehende Stanton-Schriftzug verleiht dem Ganzen zwar etwas Grip, dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass einem der Tonabnehmer aus den Fingern rutscht. 
Die vier Kontakte sind vergoldet, verfügen über einen recht großen Durchmesser und eine abgerundete Oberfläche. Das sorgt für eine bestmögliche Verbindung zu den Anschlüssen des Tonarms. Hier gibt es nichts zu meckern. Der Nadelträger des Systems ist ziemlich dick und somit ideal vor Umknicken bei versehentlicher Überbeanspruchung (z. B. Nadel fällt auf die Slipmat) geschützt. Sehr gut gefällt mir auch die hellrote Markierung der Nadelspitze. So ist ein exaktes Absetzen auf der Platte nach Augenmaß überhaupt kein Problem. 
Der Test mit der Justier-Schablone verrät, dass der Überhang mit knapp 53 mm nicht ideal auf Technics-Laufwerke (Überhang 52 mm) abgestimmt ist. Bei anderen Plattenspielern kann dies aber durchaus der Idealwert sein. In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf den ausführlichen Beipackzettel hinweisen, der Informationen zur korrekten Montage und sämtliche relevanten technischen Daten enthält.

PRAXIS

Nachdem der Tonabnehmer auf dem Tonarm montiert und dessen Höhe angepasst ist, kann der Praxistest beginnen. Da das System Auflagekräfte von zwei bis fünf Gramm zulassen soll, beginne ich mit dem Minimum. Mal sehen, ob dieser relativ geringe Wert auch unter härteren Bedingungen funktioniert. Leider hüpft mir die Nadel bei diesem Setting unkontrollierbar aus der Rille, sobald ich eine laut gepresste Maxisingle auflege. Solche Tonträger sind insbesondere für DJs alltäglich genutzte Medien. Da in diesem Fall ein sicheres Abspielen gar erst ab etwa drei Gramm möglich ist, sollte der angegebene Mindestwert seitens des Herstellers eigentlich nach oben korrigiert werden. 
Bei leisen Tonträgern reichen zwei Gramm Auflagekraft für langsame Backspins, aber nicht für Basic-Scratches. Mixing wäre ab diesem Wert zwar möglich, aber nur mit entsprechender Vorsicht. Damit die Nadel sicher in der Spur bleibt, benötigt es für schnelle Backspins rund 3,8 Gramm. Auf schnelle, komplexere Scratches entfallen stattliche vier Gramm. Da der Nadelträger des Groovemasters ziemlich starr aufgehängt ist, erzeugt er erfreulicherweise beim Bewegen der Platte nur sehr wenig Störsignal-Anteile. 
Der Tonabnehmer ist prinzipbedingt wie seitens des Herstellers angekündigt nicht für Scratch- und Battle-DJs konzipiert, sondern für die mixende Fraktion hergestellt. Aufgrund der relativ hohen Auflagekräfte ist er allerdings kein besonders plattenschonender Vertreter seiner Zunft.  

Bei der Aufnahme der Soundbeispiele stellte sich heraus, dass Stantons Groovemaster bezüglich des Ausgangspegels zu den Spitzenreitern im Testumfeld gehört. Er ist gerade mal ein halbes Dezibel leiser als die beiden Top-Scorer Ortofon Concorde S-120 und Numark CS-1. Entsprechend kraftvoll wirkt er in der Gesamtbetrachtung. Hohe Frequenzen werden vom System sauber definiert und druckvoll wiedergegeben, während der mittlere Teil des Spektrums auf mich minimal breiig wirkt. Dem Sub-Anteil der Bässe fehlt es ein klein wenig an Durchsetzungsvermögen. Insgesamt landet der Groovemaster klanglich im oberen Mittelfeld. 

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Audio Samples
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Stanton Groovema V3 MP4

Zweite Meinung

(Daniel Wagner) 
Bei dem uns hier vorliegenden System handelt es sich um einen robusten Tonabnehmer mit einem sehr stabilen Nadelträger. Der Griff ist rutschig, weswegen einem das System aus den Fingern flutschen kann. Der verwendete Diamant ist elliptisch geschliffen. Aus diesem Grund sollte die Abtastung insbesondere bei hohen Frequenzen gut sein, was auch so von Stanton beworben wird. Die Scratch-Eigenschaften werden seitens des Herstellers nicht so hoch eingeschätzt, weswegen die Company das Tool als Producer-System bewirbt. 
Zu Anfang habe ich den V3 MP4 mit den laut Hersteller möglichen 2 Gramm Auflagekraft auf einer leisen LP ausprobiert. Das funktionierte tadellos. Gary Raffertys „Baker Street“ klingt dabei, wie ich es noch nicht so oft gehört habe. Luftig, aber vor allem extrem räumlich. Da gibt’s nichts zu beanstanden. Die seidigen Höhen der Platte kommen hervorragend zum Tragen. Die Mitten hingegen finde ich ein wenig unpräziser. Die phatten Housebeats von Groove Armada klingen straff und knackig. Die Subbässe könnten allerdings über ein wenig mehr Durchsetzungskraft verfügen. Ein rasches Zurückdrehen der Platte funktioniert bei einer Auflagekraft von 2 Gramm allerdings nicht, geschweige denn Backspins. Hierfür sind schon mal mindestens 3 Gramm nötig, und selbst die reichen nicht für jedes Vinyl. 
Eine Maxisingle bei 45 RPM, schön laut gepresst, so wie sie oft bei mir zum Einsatz kommt, braucht für einen reibungslosen Mix-Workflow satte 4 Gramm Auflagegewicht, sodass die Hersteller-Empfehlung meinerseits nur zu unterschreiben ist. Der Groovemaster V3 eignet sich hervorragend für das Studio bzw. zur Digitalisierung von Vinyl, doch für den rauhen DJ-Alltag ist er, ehrlich gesagt, nur bedingt geeignet, weil hohe Auflagekräfte eben nicht besonders plattenschonend sind.

FAZIT

Stantons Groovemaster V3 ist ein gut verarbeiteter Tonabnehmer mit vergoldeten Kontakten und einem sehr stabilen Nadelträger. Zu seinen Stärken zählen vor allem klangliche Aspekte mit einer guten Räumlichkeit und einer sehr präzisen Hochton-Wiedergabe. Darüber hinaus liefert er einen sehr hohen Ausgangspegel. Bei der angepeilten Zielgruppe der Remixer & Produzenten könnte er Gefallen finden. Hier bietet dieses System klanglich gute Ergebnisse, wie man sie zum Sampeln benötigt. Dennoch könnte der Sound insbesondere bei den Subbässen ein wenig durchsetzungsfähiger sein. Unser Testkandidat landet in dieser Disziplin deswegen im oberen Mittelfeld. 
Ich möchte dieses System allen Profis und Semiprofis empfehlen, in deren Home- oder Projektstudios in erster Linie Digitalisieren angesagt ist. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Tonabnehmer sauber verarbeitet
  • Hochwertige vergoldete Kontakte
  • Stabiler Nadelträger
  • Helle farbige Markierung der Nadel
  • Störsignal-Anteil ist bei Scratches sehr gering
  • Gute Mixing-Eigenschaften
  • Sehr räumlicher Klang
  • Hoher Ausgangspegel
Contra
  • Etwas glatter, rutschiger Griff
  • Nadel springt bei Mindestauflagekraft und laut gepressten Platten aus der Rille
Artikelbild
Stanton Groovemaster V3 MP4 Test
Für 199,00€ bei
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Features/technische Daten
  • Bauart Komplett-Tonabnehmer mit SME-Bajonettanschluss
  • Frequenzbereich 20 Hz – 20 kHz
  • Ausgangsspannung 7 mV
  • Kanaltrennung >30 dB
  • Kanalbalance
  • Gleichspannungswiderstand 830 Ohm
  • Induktivität 810 mH
  • Auflagedruck 2 – 5 Gramm
  • Eigengewicht 18 Gramm
  • Nadelschliff elliptisch, 0,7 mm, Diamant
  • Ersatznadel NG3
  • Preis (Paar) 261,00 Euro UVP
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