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St. Blues 61 South P90 NB Test

Für viele von uns hat schon der Name der Stadt einen musikalischen Unterton. Memphis, Tennessee klingt nicht nur deshalb im Gedächtnis nach, weil Chuck Berry und viele andere es im Text unzähliger Songs verewigt haben, sondern weil es wie New Orleans als die Wiege des Blues gilt und viele große Namen – nicht nur aus diesem Genre – mit der Stadt verbunden sind. Dass ein Gitarrenhersteller deshalb auf die Idee kommt, sich Saint Blues Guitars zu nennen, erscheint unter diesem Aspekt gar nicht mehr so abwegig. Seit 1984 gibt es die Firma mit dem salbungsvollen Namen, die sich nach längerer Pause 2005 neu aufstellte und seit dieser Zeit Gitarren entwirft, die in Korea gebaut und in den USA fertig gestellt werden.


Nachdem wir bereits die große Schwester der St Blues 61 South mit Bigsby-System getestet haben, ist jetzt das etwas günstigere Teil ohne Tremolo am Start. Auch die Frage, ob man mit einer St Blues Gitarre stilistisch festgelegt ist, haben wir im ersten Test ausreichend geklärt, denn das Instrument ist in der Lage, weitaus mehr als nur Blues-Sounds zum Klingen zu bringen. Deshalb gehen wir jetzt auch mit einer etwas anderen Erwartungshaltung an den Test unserer aktuellen Testkandidatin und sind gespannt, wie sie sich präsentiert.

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Details

Korpus
Die 61 South ist eine Semiakustik-Gitarre, deren Form einer Les Paul ähnelt. Der Korpus ist etwas kleiner und an der Unterseite flach, also nicht mit den Paula-typischen Rundungen versehen. Mit einer Korpusdicke von 47 mm ist man aber mit ES oder Les Paul auf gleicher Höhe. Der Esche-Korpus ist in einem Natural Burst Finish lackiert, ein dunkler Orange-Ton mit cremefarbenem Binding an beiden Seiten der Zarge. Alle Handwerksarbeiten sind ausgezeichnet ausgeführt und geben keinen Grund zur Beanstandung, aber das kennt man mittlerweile von vielen in Korea gefertigten Produkten. Hardware- und Pickup-Bestückung erinnern mehr an eine Tele, die Brücke ist auf einer Metallplatte befestigt, auf der ebenfalls der Single Coil Pickup leicht schräg verschraubt ist.

Die Saiten werden durch sechs in den Korpus eingelassene Metall-Hülsen geführt und laufen dann paarweise über drei Messingreiter, die in der Höhe mit zwei Inbusschrauben verstellbar sind. Befestigt sind diese an 20 cm langen Schrauben, die per Kreuzschlitzschraubendreher justiert und mit deren Hilfe so die Oktavreinheit eingestellt werden kann. Für optimale Saitenlage und Intonation sollte also gesorgt sein. Auf einer weiteren Metallplatte sind der Pickup-Wahlschalter und die beiden Regler für Lautstärke und Klang angebracht. Der Hals-Tonabnehmer befindet sich auf dem cremefarbenen Schlagbrett aus Kunststoff.

Pickups
Am Hals haben wir einen P90 Tonabnehmer, der von Kent Armstrong designt wurde. Ein Single-Coil steht am Steg zur Verfügung und kann mit dem Tone-Poti (Push/Pull) auf „Coil Tapping“ umgeschaltet werden. Die Tonabnehmer sind mit zwei (P90) beziehungsweise drei (Single Coil) Schrauben in der Höhe verstellbar. Beide Pickups haben eine gute Ausgangsleistung und reagieren auch nicht sonderlich empfindlich auf Einstreuungen. Bei Hi-Gain-Sounds ist der Nebengeräuschpegel für Single Coil Pickups relativ gering. Geschaltet werden sie über einen Drei-Wege-Schalter, mit dem die Kombinationen Hals, Hals & Steg, Steg-Pickup möglich sind.

Hals
Der einteilige Ahornhals ist mit dem Korpus über vier Schrauben verbunden, das Ganze sitzt ausgezeichnet – keine Zwischenräume, die besten Vorraussetzungen für eine gute Tonübertragung also und ausreichendes Sustain. Ebenso sauber sind die 21 Jumbo Bünde auf dem Griffbrett eingefasst. Alles perfekt verarbeitet, keine abstehenden Kanten, die Bünde sind gut poliert und auch das schlanke C-Profil trägt zum angenehmen Spielgefühl bei. Die Gitarre liegt gut in der Hand, die Halskrümmung ist ab Werk bestens justiert und wer eine etwas höhere Saitenlage mag, der kann sofort mit viel Freude losrocken. Hier schnarrt nichts, die Saiten können gut schwingen und vertragen auch mal einen kraftvollen Anschlag.

Zur Orientierung gibt es die üblichen Dot-Marker (schwarz) auf dem Griffbrett und an der Halskante. Der Hals-Korpus-Übergang am 17. Bund und das Cutaway ermöglichen optimales Spiel bis in die höheren Tongefilde und der 21. Bund ist mühelos erreichbar. Die Saiten laufen über einen sehr gut gefeilten Knochensattel geradlinig zu den Wilkinson Stimm-Mechaniken, und lediglich für die E- und B-Saite gibt es einen Saiten-Niederhalter. Die Kopfplatte ist schmal im leicht abgewandelten Tele-Style und hat deshalb auch alle Mechaniken auf einer Seite. Diese verrichten hervorragende Arbeit, keine Übertragungsprobleme oder tote Punkte beim Stimmvorgang. Den Zugang zum Halsstab finden wir am unteren Ende der Kopfplatte, quasi unter dem Sattel.

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Praxis

Same procedure as every year … Beim Praxistest wird die Gitarre langsam und behutsam von clean bis zur vollen Zerre geführt. Zu Beginn hören wir uns die verschiedenen Pickup-Kombinationen mit einem linear eingestellten Cleansound an. Das heißt, dass kein Frequenzbereich stark von der Klangregelung am Verstärker überbetont wird und wir so eine recht objektive Vorstellung vom klanglichen Grundcharakter der Gitarre erhalten. Der P90 am Hals hat einen sehr warmen Sound mit ausgeprägtem Bassbereich und eine gute Ausgangsleistung, die den Amp schon bei bei härterem Anschlag leicht ins Schwitzen bringt.

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Clean Neck

Der Stegpickup geht da eher in die komplett andere Richtung. Hier wird es wesentlich dünner im unteren Bereich, der Pegel ist auch etwas geringer, dafür klingt das Ganze brillanter.

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Clean Bridge

Logischerweise vereint die Kombination von beiden Pickups die Charaktere und man erhält eine gute Mischung.

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Clean Neck & Bridge

Die drei Kombinationen sind klanglich sehr verschieden und man kann mit dieser Basis eine große Bandbreite von Sounds für die unterschiedlichsten Musikrichtungen erzeugen. Fast hätte ich es vergessen: Es gibt noch zwei weitere Möglichkeiten, denn der Steg-Pickup kann auf Coil-Tapping umgeschaltet werden. Dadurch wird der Sound in den unteren Mitten noch etwas ausgedünnt und man bekommt einen schlankeren Ton. Hier zuerst der Steg-Pickup einzeln.

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Clean Bridge Tap

Und jetzt das Ganze noch mit der Kombination von Hals- und Steg-Tonabnehmer.

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Clean Bridge & Neck Tap

Mit dem warmen, fetten Ton des P90 lassen sich wunderbar Jazzsounds erzeugen. Hier kommt natürlich auch die semiakustische Bauweise vorteilhaft zur Geltung. Was mir sofort extrem positiv auffällt, ist die Tonwiedergabe des P90 Pickups. Am Amp wurde im Vergleich zu den vorangegangenen Beispielen nichts verstellt, ich habe lediglich mit den Fingern statt mit dem Plektrum angeschlagen. Der Klangunterschied ist wirklich ganz deutlich zu hören und genau so soll es auch sein. Die Tonbildung und Klangerzeugung muss hundertprozentig an den Amp weitergegeben werden.

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Jazz

Auf der nächsten Seite wird’s crunchy!

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Jetzt geht es in der etwas schmutzigeren Ecke. Der Amp wird gewechselt, ein leicht angezerrter Marshall ist am Start und auch in dieser Disziplin kann die St. Blues voll und ganz überzeugen. Mit der Kombination beider Pickups erhält man den typischen crispen Crunchsound, den man von der Tele kennt – Stones und Kollegen lassen grüßen!

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Crunch Neck & Bridge

Aber auch der Single-Coil am Steg kann gut rocken. Die Ausgangsleistung bringt den Amp erstaunlich weit zum Zerren und der leicht mittige Sound hat selbstverständlich auch eine enorme Durchsetzungskraft innerhalb der Band.

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Crunch Bridge

Der Halspickup hat allerdings einen komplett anderen Sound parat: muffiger Distortion á la Eric Clapton bei Cream, der berühmte Woman Tone.

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Cream Crunch

Hier gibt es nichts zu meckern, die Klangpalette deckt eine große Bandbreite unterschiedlichster Sounds ab und das Ganze selbstverständlich mit einer guten Ansprache, der Ton kommt sofort, knackige Rhythmus-Sounds sind absolut unproblematisch und wie man bereits bei den Cleansounds hören konnte, übertragen die Tonabnehmer wirklich jede Nuance des Gitarrenspiels. Nachdem der P90 am Hals den Test als perfekten Klang-Übertrager im Clean-Bereich bestanden hat, ist jetzt der Steg-Pickup an der Reihe. Ich habe bei mittlerer Verzerrung am Amp zuerst leicht mit den Fingern angeschlagen und dann hart mit dem Pick. Das Ergebnis ist ausgezeichnet. Mit den Fingern ist der Ton clean und weich, bei harter Betätigung mit dem Plektrum gibt’s das volle Brett!

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Dyna Pick

Es geht weiter mit den High-Gain-Sounds. Hier kommen wir selbstverständlich mit dem Single-Coil an die Grenzen, einen amtlichen Metal-Sound kann die St. Blues nicht erzeugen. Das ist auch gar nicht tragisch, denn dafür ist sie eigentlich nicht gebaut, und alles muss sie nun wirklich nicht können. Trotzdem entlockt sie dem Amp eine passable Ladung Verzerrung, absolut ausreichend für Classic Rock-Riffs und den entsprechenden Solo-Sound. Auch das Sustain ist sehr gut und bei entsprechendem Anschlag können problemlos Artificial Harmonics erzeugt werden. Das Instrument quietscht und schreit in allen Lagen … Hier erst mal ein Powerchord-Riff mit Drop-D-Tuning.

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HiGain

Downtunings sind übrigens kein Problem für die Gitarre. Das Tracking auf der E-Saite ist selbst beim Herunterstimmen auf C immer noch sehr gut und das Timing leidet nicht unter einer schlabbernden Saite. Die direkte Ansprache ist auch bei diesen Tunings noch vorhanden. Als nächstes hört ihr die Klangvariationen der beiden Pickups mit einem Hi-Gain-Sound in Verbindung mit dem Tonregler. Dieser senkt ab 2 kHz die Höhen ab. Der Wirkungsgrad ist nicht extrem, aber das muss auch nicht sein, denn der P90 klingt ohnehin recht warm, da muss nicht viel bei den Höhen abgesäbelt werden. Im folgenden Hörbeispiel ist zuerst der P90 mit abgedrehtem Tonregler, dann voll aufgedreht am Start. Danach folgt der Steg-Pickup, ebenfalls mit voll aufgedrehtem Tonpoti.

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Tone

Zum Abschluss noch ein Hörbeispiel mit der St. Blues 61 South im Bandgefüge. Hier gibt es nichts zu bemängeln. Das Instrument fügt sich problemlos ins Playback von Bass und Schlagzeug ein und hat ein gutes Durchsetzungsvermögen. Am Anfang ist der Halspickup in Verbindung mit einem Fuzz zu hören, dann kommen links und rechts die Rhythmusgitarren mit einem angezerrten Sound (Steg Pickup). Für das Slide-Solo war wieder der P90 im Einsatz.

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St.Blues Groove
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Gutes Teil mit weiten Klangvariationen, bedingt durch die Auswahl der beiden Tonabnehmer. Die 61 South NB ist sehr gut verarbeitet und mit einer ausgezeichneten Hardware bestückt. Vom Steg bis zu den Stimm-Mechaniken lässt die Qualität auch im Detail keine Wünsche offen – beste Voraussetzungen also für angenehmes und inspiriertes Arbeiten. Der Hals ist schön schlank und lässt sich gut bespielen. Was mich am meisten beeindruckt hat, war die vorzügliche Tonübertragung der Pickups. Hier wird jede Feinheit des Gitarrenspiels 1:1 an den Amp weitergeleitet – Dynamik pur! Die drei Pickup-Kombinationen können sehr unterschiedliche Sounds erzeugen und machen die Gitarre zum idealen Instrument für die unterschiedlichsten Musikrichtungen. Auch wenn es einige unter uns anders sehen mögen: Qualität hat ihren Preis und den ist die 61 South NB auf jeden Fall wert!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Pickups, Soundvielfalt
  • Ansprache, Dynamik, Ton-Übertragung
  • Angenehmes schlankes Halsprofil
Contra
Artikelbild
St. Blues 61 South P90 NB Test
Für 998,00€ bei
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Technsiche Daten St.Blues 61 South P90
  • Hersteller: St. Blues
  • Model: 61 South P90 NB
  • Finish: Natural Burst
  • Korpus: Esche (Semi Akustik)
  • Hals: Ahorn
  • Profil: Medium C
  • Griffbrett: Ahorn
  • Halsbr.Sattel: 42,4 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 52,7 mm
  • Halsdicke 5. Bund: 22,8 mm
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: 21 Jumbo Frets
  • Mechaniken: Wilkinson Deluxe
  • Pickups: Kent Armstrong Designed P90 (Hals), Single Coil Pickup (Steg)
  • Regler: Volume, Tone (Push/Pull Poti)
  • Brücke: Wilkinson WTB Bridge mit Messingreitern
  • Tremolo: Bigsby Licensed
  • Preis: 998,- Euro
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