Shure KSM137 Test

Das KSM137 im bonedo-Test – Den Testbericht über das Kleinmembranmikrofon Shure KSM137 würde ich gerne mit einem Zitat beginnen, wenn ihr erlaubt: “Bei der Entwicklung des KSM137 flossen über 75 Jahre Erfahrung in der Audiotechnik ein, die es zu einem der besten Mikrofone auf dem Markt machen.” Ein starkes Statement, das genau so auch unter dem Dank für den Kauf auf der ersten Seite des Manuals steht, das mit dem Kondensatormikrofon-Stereoset ausgeliefert wird.

Shure_KSM1375


Zugegeben: Shure ist unbestreitbar einer der wichtigsten und kommerziell erfolgreichsten Mikrofonhersteller der Welt, man denke nur an SH55, 520DX, SM57, SM58 und SM7B – die aber, mit Verlaub, allesamt Tauschspulenmikrofone sind. Aber eine fleißige Marketingabteilung darf natürlich auf den Busch klopfen, auch wenn eine lange, in die Entwicklung einfließende Erfahrung ein Produkt nicht automatisch zu einem der besten der Welt machen muss. Aber hier geht es nicht darum, PR- & Marketingabteilungen zu ärgern, sondern herauszufinden, wie es mit den hochgelobten Produkten aussieht. Stolz darf Shure mit Recht auf seine Mikrofone sein. Auch auf das KSM137?

Details

Seltenheit: 25 dB Pad

Natürlich zerpflücke ich das Shure KSM137 nicht physisch, sondern nehme es zunächst virtuell bezüglich seiner Eckdaten auseinander. Zunächst springt jedoch die Form des in edlem Mattnickel gehaltenen Metallkorpus ins Auge, da das Gehäuse im Bereich der Kapsel einige Millimeter größer ist als am zwei Zentimeter durchmessenden Schaft, jedoch nicht so extrem wie etwa beim Microtech Gefell M294/295. Auf der Länge von 12,2 cm macht das Auge an den Schallöffnungen halt sowie an den beiden Schaltern, die unter dem Logo aufgereiht sind. Eingestellt werden kann zum einen eine Vordämpfung von 15 oder sogar 25 Dezibel und zum anderen die Beeinflussung der Tiefenwiedergabe. Den Pegel um maximal 25 dB vordämpfen zu können, beschert dem KSM137 eine 1%-Klirrgrenze bei 159 dB SPL, die bei Pad-Stellung auf Null ja sonst bei 134 dB läge. Wählt man am Preamp eine höhere Eingangsimpedanz als 1 kOhm, steigt dieser Wert sogar deutlich an.

Fotostrecke: 5 Bilder Filter und Pad beim Kleinmembranmikro von Shure

Zweimal 14

Die Empfindlichkeit des Kondensatormikrofons liegt bei 14 mV/Pa, das Eigenrauschen trägt die gleiche Zahl vor dem obligatorischen “dB(A)”. Wer möchte, kann diese Werte verschlechtern, indem das Mikrofon nicht an 48 Volt Speisespannung betrieben wird, sondern weniger. Bis hinunter zu 12 Volt sind möglich. Die Kapselvorspannung muss nicht mit externer Speisung aufgebaut werden: Hinter der Mikrofonkapsel, die durch die Abstandsänderung zwischen der Mylar-Membran und der Elektret-Backplate die Druckunterschiede der Membranvorder- und -rückseite ausgibt, schließt sich der Mikrofonverstärker an. Dieser arbeitet in Class-A-Technik und ohne Übertrager.

Drei verschiedene Hochpassfilter

Im Standard-Frequenzgang fällt ein Hubbel von einigen wenigen dB auf, welcher sein Zentrum etwas unter 10 kHz hat. Unter 200 Hz verringert sich der Pegel bei größerer Entfernung zur Schallquelle, sicherlich, um zu starken Auswirkungen des Proximity Effects entgegenzuwirken. Als Druckgradientenempfänger nimmt aber auch beim Shure KSM137 im Nahfeld die Bassübertragung zu. Wer das verhindern, aber die Mikrofonierungsentfernung nicht vergrößern möchte, der kann zur zweiten der beschriebenen Schaltfunktionen greifen. Shure hat eine in der Praxis angenehme Lösung gefunden: Eine der beiden Schaltstufen ist ein richtiges Hochpassfilter, welches mit drei Polen (also 18 dB/oct) sehr entschlossen zu Werke geht. Der -3dB-Punkt dieser Filterstufe liegt bei 80 Hz, also knapp unterhalb der tiefen E-Saite. Deutlich weniger resolut arbeitet der Bass-Roll-Off, dessen Grenzfrequenz zwar mit 115 Hz deutlich höher, aber dessen Flankensteilheit mit nur 6dB/oct deutlich gelassener den zugedachten Job verrichtet. Nicht schaltbar ist übrigens ein fest integriertes Infraschallfilter mit einer Grenzfrequenz von 17 Hz. Es ist eigentlich keine Besonderheit, mit einem festen RC-Glied den tieffrequenten “Mulm”, der ohnedies keinerlei musikalische Bedeutung hat, weit vor dem A/D-Wandler (der dies sowieso tut) herauszusieben, doch Shure nennt ihn in den Unterlagen.

Definitiv einer der besten am Markt: der Mikrofonhalter!

Wer nur ein einzelnes KSM137 erstehen will, der kann das gerne tun, doch machen Kleinmembran-Kondensatormikrofone bekanntlich erst im Stereoset so richtig Spaß. Dieses kommt im Hartplastikkoffer mit dem großen, schönen Vintage-Logo und besteht neben dem wohl für amerikanische Audioprodukte immer noch so wichtigen “Bumper-Sticker” , einem gedruckten Manual, einer Garantiekarte, zwei Mikrofonklemmen, zwei Windschützen und einem Stereo-Mount für die beiden Mikroklemmen. Wenn ihr jetzt denkt, ich würde darüber lästern, habt ihr euch aber getäuscht: Die Überschrift dieses Absatzes soll überhaupt nicht ironisch erscheinen! Besonders für Koinzidenzverfahren finde ich den A27M so praktisch, dass ich mir wohl einen zulegen werde – er ist nämlich auch separat erhältlich!

Praxis

Der Shure-Stereohalter ist wirklich praktisch, wenn man im XY arbeiten möchte: Will man den Winkel verändern, reicht es meist, die Standard-Mikrofonhalter zu verdrehen und die Mikrofone darin etwas weiter herauszuziehen oder zurückzuschieben. Nicht ganz so begeistert bin ich von der Bedienlogik, die mich zugegebenermaßen etwas verwirrt hat: Beim Pad befindet sich die Neutralstellung in der Mitte, ich bin es bei mehrstufigen Vordämpfungen eher gewohnt, sie zuzuschalten und dann weiter zu verstärken. Ok, es wäre konsequent, wenn es bei der Bassfilterung genauso wäre, doch dem ist nicht so. Hier ist sogar alles noch obskurer: Von der Neutralstellung geht es eine Schaltposition zum steilen Filter, schaltet man weiter, aktiviert man das flachere Filter. Zwar erschließt sich mir in dieser Vorgehensweise keine Logik, aber dafür ist man mit den vielen Schaltfunktionen sehr flexibel und kann sich auch nah an sehr laute Schallquellen heranwagen, ohne dass man mit Überbassung oder Verzerrung (oder womöglich beidem) rechnen muss. Lauscht man den Shure KSM137 im Ruhebetrieb, zeigt sich, dass trotz der Pegelfestigkeit auch das subjektive Rauschen angenehm gering ist. Damit lassen sich also schon sehr viele Aufgaben im Studiobetrieb meistern. Doch es gibt noch andere fürsprechende Eigenschaften: Auch außerhalb des Studios auf Bühnen sind die genannten Wesenszüge vorteilhaft. Dazu gesellt sich, dass Shure-Mikrofone üblicherweise recht robust sind, und auch ein KSM137 wird mit seinem Metallkorpus und der mit Gaze und Lochblech geschützten Membran keine Ausnahme machen.

Fotostrecke: 2 Bilder Kann ein wenig verwirren: unterschiedliche Bedienlogik von Filter und Vordämpfung

Im Stereobetrieb wurden die beiden Shure KSM in erster Linie mit einer Akustikgitarre überprüft. Dabei haben sich die Stäbchen zunächst ausgewogen und luftig präsentiert. Ganz eindeutig sind sie schnell und transparent, das Air-Band ist fein gezeichnet, die Bässe straff und ohne Neigung zum Verwaschen. Samtig-seidig klingen sie jedoch nicht, sie klingen eher kernig, vielleicht sogar etwas zu hart. Dies sorgt einerseits für durchsetzungsfähige Signale (vielleicht merkt man hier, wie wichtig Shure der Live-Sektor ist), andererseits haben die Signale nichts “edles”. Hört man sich eine Weile in die Mikrofone ein, meint man auch, einen etwas resonierenden, nachziehenden Charakter in den Hochmitten/Höhen feststellen zu können. Manchmal wirkt das Signal eine Nuance zu schrabbelig.

Audio Samples
0:00
Shure KSM 137 Referenz Schoeps CMC-64

Unter den Filtern gefällt die deutlich weniger engagiert zugreifende 6dB-Version deutlich besser. Die dreimal steilere Variante verändert den Bereich im niedrigen Passband ein klein wenig, vor allem zwischen 100 und 300 Hz. Aber auch das ist kein Showstopper. Wirklich hervorragend zeigen sich die Kleinmembraner von Shure, wie sie auch jenseits der Hauptaufsprechrichtung arbeiten. Wirklich signifikante Unregelmäßigkeiten erfährt die Übertragung sehr weit hinten in Richtung Off-Axis, also schon bei sehr geringen Pegeln. Das macht sich im Stereobetrieb bezahlt, wo das Stereoset ein nicht nur konturiertes, sondern wirklich messerscharfes Bild zu zeichnen vermag. Selbst für ausgedehnte Klangkörper bei Mono-Mikrofonierung (Schlagzeug!) und wichtige Rauminformationen ist das eine sehr gute Sache!

Fazit

Das Stereoset aus zwei Shure KSM137 kann vor allem durch die Bauqualität, die Ausstattung mit Filtern und zweistufigem Pad, eine hervorragend frequenzkonstante Richtcharakteristik und generell gutem Klang punkten. Zudem wird den beiden sehr flexibel einsetzbaren Kondensatormikrofonen im Koffer ein wirklich durchdachter Stereohalter mitgegeben. Ob die Kleinmembraner wirklich zu den “besten Mikrofonen auf dem Markt” gehören, ist natürlich eine Frage der Auslegung. Möchte man prägnant klingende Signale zur Verfügung haben und mit seinen Ausgaben deutlich unter 1000 Euro bleiben, ist das Shure-Set tatsächlich eine gute Wahl.

Pro
  • flexibel durch Filter und Pad bis 25 dB
  • rauscharm
  • robust
Contra
  • Hochmitten haben leicht schepperige Note
Arbeitstiere: Shure KSM 137
Arbeitstiere: Shure KSM 137
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 12-48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 14 mV/Pa
  • THD+N: 14 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 134 dB SPL (1% THD+N)
  • Vordämpfung: 25 dB
  • Filterung: 115 Hz (6 dB/oct), 80 Hz (18 dB/oct)
  • Preis (Paar): 854,- € (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • flexibel durch Filter und Pad bis 25 dB
  • rauscharm
  • robust
Contra
  • Hochmitten haben leicht schepperige Note
Artikelbild
Shure KSM137 Test
Für 898,00€ bei
Hot or Not
?
Shure_KSM1375 Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)
  • LD Systems ICOA Pro Series - All you need to know!
  • Watch THIS if you use analog gear! Everything you need to know about the Freqport FreqInOut FO1